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Erstellt:
26.05.1998


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Nuklear-Doktrin

NATO setzt auf Atomwaffen

Volker Böge

Nach dem Zusammenbruch des realsozialistischen Lagers und seines Militärpakts - der Warschauer Vertragsorganisation - war der NATO der Feind abhanden gekommen. Das stellte die westliche Militärallianz vor erhebliche Legitimationsprobleme. Die herrschende Politik im Westen mußte eine neue Daseinsberechtigung für die NATO auch ohne "Bedrohung aus dem Osten" begründen, da man auf den eigenen Militärpakt auch unter den neuen Bedingungen keinesfalls verzichten wollte.

Ein wesentliches Ergebnis der Reorganisations- und Relegitimierungsbemühungen war die Ausarbeitung eines neuen strategischen Konzepts der NATO, das schließlich auf einer NATO-Gipfelkonferenz in Rom im November 1991 verabschiedet wurde. In diesem "neuen" Konzept (nachzulesen u.a. im Bulletin der Bundesregierung Nr. 128 vom 13. 11. 1991, S.1039-1048) finden sich allerdings erstaunlich viele Ladenhüter der alten Strategie wieder. So wird an der nuklearen Abschreckung, die stets mit der sowjetischen nuklearen Bedrohung begründet worden war, auch nach Wegfall dieser Bedrohung festgehalten. Mehr noch: Selbst die Option zum Ersteinsatz von Nuklearwaffen und die Stationierung von Atomwaffen in Europa werden aufrecht erhalten.

Im neuen strategischen Konzept heißt es dazu: Die NATO werde "für die vorhersehbare Zukunft eine geeignete Zusammensetzung nuklearer und konventioneller Streitkräfte beibehalten, die in Europa stationiert sind und auf dem gebotenen Stand gehalten werden, wo dies erforderlich ist, allerdings auf einem beträchtlich niedrigeren Niveau. Einzig Nuklearwaffen machen die Risiken jeglicher Aggression unkalkulierbar und unannehmbar" (Bulletin, S. 1044), und: "In Europa stationierte und der NATO unterstellte Nuklearstreitkräfte stellen ein wesentliches politisches und militärisches Bindeglied zwischen den europäischen und den nordamerikanischen Mitgliedsstaaten des Bündnisses dar. Das Bündnis wird daher angemessene nukleare Streitkräfte in Europa beibehalten" (ebd., S.1047).

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Zeitung Atomwaffen abschaffen! - Inhalt
Zwar wurde die Anzahl der "substrategischen" Nuklearwaffen der NATO in Europa in der Folge tatsächlich erheblich reduziert, aber von einer Entnuklearisierung Europas kann ebensowenig die Rede sein wie von einer Entnuklearisierung der NATO-Strategie. Die Logik der nuklearen Abschreckung beherrscht nach wie vor das sicherheitspolitische Denken im westlichen Block. Noch immer hat die NATO rund 700 Atomwaffen in Europa stationiert. Dabei handelt es sich um britische und US-amerikanische Atombomben für nuklearfähige Flugzeuge, die großteils in Großbritannien und der Bundesrepublik lagern. Überdies haben Frankreich und Großbritannien noch ihre eigenen nationalen Nuklearstreitkräfte, die sie auch weiter modernisieren.

Die NATO beabsichtigt nicht, ihre "substrategischen" Nuklearwaffen in Abrüstungs- oder Rüstungskontrollverhandlungen einzubringen. Vielmehr hat die US-Regierung ausdrücklich beschlossen, hinsichtlich dieser Waffen keinerlei Rüstungskontrollinitiativen zu ergreifen. NATO-Atomwaffen in Europa werden uns also - wenn es nach dem Willen herrschender Politik geht - noch lange weiter erhalten bleiben.

Auch wenn die größere Öffentlichkeit dies heutzutage kaum noch wahrnimmt, so stellen diese Waffen und die Strategie, in die sie eingebunden sind, nach wie vor eine Bedrohung sowohl für die hier lebenden Menschen dar, als auch für die Menschen in den Ländern, die als potentielle "Adressaten" von Nuklearschlägen gelten können. Friedenspolitisch also ist die Entnuklearisierung Europas nicht nur vonnöten, um eine besonders gefährliche Erblast loszuwerden, sondern auch, um für die Zukunft der Gefahr nuklearer Abenteuer und Unfälle sowie menschenverachtender machtpolitischer Kalküle zu begegnen.

Volker Böge ist Vorstandsmitglied im Komitee für Grundrechte und Demokratie





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