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27.08.1998


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Presseerklärung des Versöhnungsbundes zum 1. September 1998

Atomare Aufrüstung in Indien und Pakistan

Versöhnungsbund e.V.

Uetzersen 24.08.98

Nicht die anderen gehören an den Pranger gestellt, sondern wir müssen auf unsere Privilegien verzichten.

Zwei neue Länder sind im Frühjahr dieses Jahres zu Atommächten geworden: Indien und Pakistan. Die Nuklearbomben, die diese Länder getestet haben, sind "Mini-Bomben". Aufgrund ihrer begrenzten Sprengkraft sind sie für einen "kontrollierten Atomwaffeneinsatz" geeignet und möglicherweise sogar vorgesehen. Indien hat bereits eine Mittelstreckenrakete - Agni - getestet, die die Atomköpfe befördern kann, und mit der pakistanischen Atombombe ist nun zum ersten Mal auch die muslimische Welt im Besitz von Nuklearwaffen. Beide Länder rüsten bereits seit Jahren intensiv gegeneinander auf und erreichen dabei Zuwachsraten bis zu 25%. Immer wieder ist es in den vergangenen Jahrzehnten zwischen ihnen zu kriegerischen Konflikten gekommen. Die atomaren Waffen in den Arsenalen Indiens und Pakistans sind mit ihrer neuen Errungenschaft außerdem zu potentiellen "Lieferländern" für die atomre Aufrüstung avanciert, da sie durch keine internationalen Verträge gebunden sind. Die Ausbreitung nuklearer Waffen und die weitere Gefährdung menschlichen Lebens durch Atomwaffen sind bedrohlich angewachsen.

Die Tests haben in aller Welt Entsetzen und Empörung ausgelöst. Das Entsetzen zu Recht, die Empörung zu Unrecht. Denn die Aufteilung der Welt in Besitzende und Nichtbesitzende funktioniert nicht mehr. Indien und Pakistan empfinden die bisherige Regelung zu Recht als diskriminierend und wollen ebenfalls zu den Priviligierten gehören, die im Besitz von Atomwaffen sind. Der 1970 abgeschlossene Atomwaffen-Sperrvertrag Non Proliferation Treaty (NPT), räumte dieses Vorrecht lediglich den USA, der UdSSR, Frankreich, Großbritannien sowie China ein. Die anderen mehr als 180 Vetragspartner wurden dadurch entschädigt, daß es ihnen ermöglicht wird, Materalien, wissenschaftliches Know-how und die Technologien zur Nutzung von Atomenergie für zivile Zwecke zu erhalten. Die Atomwaffenstaaten hatte sich in der Vereinbarung 1970 verpflichtet, über Abrüstung und Abschaffung des nuklearen Potentiales zu verhandeln.

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Antikriegstag - Übersicht
Aber diese Abrüstungsverpflichtung ist im NPT nicht im einzelnen konkretisiert worden. Weder wurden die einzelnen Schritte zu einer vollständigen Abschaffung von Atomwaffen festgelegt noch wurde ein Zeitplan definiert. Im Artikel VI der NPT heißt es lediglich: "Jede Vertragspartei verpflichtet sich, in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendingung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle." Der Ende der 60er Jahre ausgehandelte NPT sollte zunächst für 25 Jahre gelten und fünf Jahre auf Konferenzen überprüft werden. 1995 wurde anläßlich der Konferenz zur Überprüfung und zur Verlängerung des Atomwaffenvertrages entschieden, die Vereinbarung unbefristet zu verlängern, um damit dem Wunsch der Atomwaffen-Staaten und ihren Verbündeten zu entsprechen. Ein großer Teil der atomwaffenfreien Statten empfand diesen Vertrag als diskriminierend, aber schloß sich der Verlängerung an, weil zusätzliche Versprechen gemacht und ein umfassender Atomwaffenstoppvertrag vereinbart wurde. Nach den indischen und pakistanischen Atomwaffentests kann jetzt nur noch das vollständige Verbot der atomaren Rüstung und eine Vereinbarung über die Vernichtung aller bestehenden Nuklearwaffen innerhalb eines begrenzten Zeitraumes die weitere Ausbreitung des nuklearen Waffenpotentials verhindern.

- Der Weltgerichtshof der UNO in Den Haag hat
  bereits im Juli 1996 festgestellt, daß die Drohung
  mit und die Anwendung von Atomwaffen
  völkerrechtswidrig ist.

- Eine vom australischen Premierminister
  zusammengerufene Expertenkommission, mit dem
  früheren Verteidigungsminister Robert Mc. Namara
  und dem Friedensnobelpreisträger Josef Rotblat,
  ist der Auffassung, daß Atomwaffen ohnehin nutzlos
  sind, da sie nicht einsetzbar sind, ohne große
  Teile der Erde zu zerstören. Außerdem: "Der
  Besitz von Atomwaffen durch einen Staat birgt
  stets den Anreiz, daß andere Staaten sie
  erwerben."

- Eine forsa-Umfrage vom Juni 1998 stellte fest, daß
  87% der Bürger in Deutschland der Meinung sind,
  daß die Atommächte zur Schaffung einer atomfreien
  Welt schnellstmöglich mit der Verschrottung der
  eigenen Atomwaffen vorangehen sollten. 93% der
  Bürger halten Atomwaffen grundsätzlich für
  völkerrechtswidrig und meinen, sie dürfen weder
  produziert noch gehortet werden. 87% der
  Bürger stimmten der Aussage zu, daß die
  Bundesregierung dafür sorgen solle, daß die auf
  deutschem Boden gelagerten Atomwaffen umgehend
  beseitigt werden.

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Antikriegstag - Übersicht
Die Politiker müssen endlich auf die Feststellung des Internationalen Gerichtshofes, die Expertenaussagen und die Meinung der Bevölkerung reagieren.

Die Bundesregierung hat den Pakistanis bei der Aufrüstung geholfen, um sie angeblich gegen die Afghanen zu schützen. Sie hat außerdem den Bau von Atomkraftwerken in Pakistan unterstützt. Die bundesdeutschen Vertreter in den internationalen Gremien haben nichts dazu beigetragen, eine Vereinbarung über die Vernichtung der heute noch vorhandenen Atomwaffen durchzusetzen. In unserem Land selbst lagern derzeit noch 140 Atomsprengköpfe, und deren Abzug erscheint unseren Politikern nicht sonderlich dringlich. Die Feststellung des Weltgerichtshofes in Den Haag, daß die Drohung mit und die Anwendung von Atomwaffen völkerrechtswidrig sei, hat in der deutschen Sicherheitspolitik keinerlei Spuren hinterlassen. Unsere Regierung erklärt auch zehn Jahre nach Ende des Kalten Krieges noch, "die Notwendigkeit, an der Option des nuklearen Ersteinsatzes festzuhalten... (sei) bislang im Bündnis (NATO) von niemandem in Frage gestellt worden." Dies sind die Fakten, die es uns verbieten sollen, Indien und Pakistan an den Pranger zu stellen. Diese Länder vollziehen nur nach, was wir als Recht für uns in Anspruch nehmen.

Seit Georg Lebers "Runderneuerung der Bundeswehr" sind nicht mehr so viele milliardenteure Großprojekte von einer deutschen Regierung auf den Weg gebracht worden wie in den letzten Rühe-Jahren vor der Bundestagswahl im September dieses Jahres. Doch - dies lehren uns Indien und Pakistan - Privilegien lassen sich auf Dauer nicht festschreiben. Kein Lamentieren über die, die für sich das gleiche Recht wie die NATO-Staaten in Anspruch nehmen, hilft weiter, sondern allein der Verzicht auf die dem Militär gegebenen "Vorrechte". Dies bedeutet mit Blick auf die Nuklearwaffen, daß sie umgehend und überall auf der Erde abgeschafft werden müssen.

- Wir fordern aufgrund der gefährlichen Entwicklung
  von den Politikern unseres Landes, daß Deutschland
  der internationalen Forderung nach vollständiger
  Abrüstung von Nuklearwaffen zustimmt und dies auf
  internationaler Ebene durchsetzt.

- Wir fordern, daß unser Land atomfrei wird. Während
  aus den neuen Bundesländern alle früher
  vorhandenen Atomwaffen abgezogen wurden, lagern
  in den alten Bundesländern immer noch über 140
  Nuklearwaffen. Nach Abzug dieser Waffen kann
  Deutschland atomfreie Zone werden und dadurch
  einen Beitrag auf dem Weg zu einer atomfreien Welt
  leisten.

- Wir fordern außerdem, daß die NATO die Schaffung
  von atomfreien Zonen in Zentral- und Osteuropa
  vorantreibt und bereits jetzt eine Politik des
  Nicht-Erstschlages durch Nuklearwaffen erklärt.

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Antikriegstag - Übersicht
Gegen die ober- und unterirdischen Atomtests ist eine internationale Vereinbarung beschlossen worden. Nun sind internationale Verhandlungen mit dem Ziel der vollständigen atomaren Abrüstung und das Verbot aller Formen der Nuklearwaffenforschung und -entwicklung nötig.

Der Versöhnungsbund unterstützt mit diesen Forderungen die Arbeit des internationalen Netzwerkes "ABOLITION 2000", das eine schnellstmögliche Abschaffung aller Atomwaffen von unserer Erde und ein neues Jahrhundert ohne Atomwaffen anstrebt.



E-Mail:   kolwe@online.de





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