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18.08.1997


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Plutonium in der Weltraumtechnik

Cassini: ein radioaktiver Bumerang

Regina Hagen, Roland Wolff

Im Oktober dieses Jahres will die NASA die Raumsonde CASSINI zum Saturn schicken. Nach dem sie zweimal die Venus umrundet hat, kehrt sie 1999 zurück zur Erde, um beim Vorbeiflug in 500 km Abstand durch die Gravitation eine Bahnänderung zum Saturn zu erreichen. Die Sonde führt insgesamt 32,8 kg Plutonium mit. Kritiker weisen auf das Risiko einer Plutoniumkontamination entweder bei einer Explosion beim Start oder bei einem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre hin. CASSINI könnte dann zum radioaktiven Bumerang werden. Alternativen zum Startkonzept und zur Energieversorgung gibt es offensichtlich, die NASA hält aber am Kernenergiekonzept fest.

Auf der Tagung "Atomwaffen abschaffen - Bei uns anfangen!" des Trägerkreises "Atomwaffen abschaffen" im April in München machte Regina Hagen vom Darmstädter Friedensforum auf die Raumfahrtmission CASSINI und auf den Aspekt "Plutonium in der Raumfahrt" aufmerksam. Über die Mission und Hintergründe berichten für das Strahlentelex Regina Hagen und der Medizinphsiker Roland Wolff.

An Bord von CASSINI befinden sich drei sogenannte radiothermische Generatoren, oder kurz RTGs (Radioisothope Thermoelectric Generator), mit insgesamt 32,8 kg Plutonium. Sie dienen hauptsächlich der Energieversorgung der Geräte zur Datenübertragung von HUYGENS zu CASSINI und zur Erde. Deren Energiebedarf beträgt gerade 750 Watt, also weniger als ein handelsüblicher Haarfön.

RTGs sind langlebige Stromquellen mit einer hohen Wartungsfreiheit, die über Jahre elektrische Leistung abgeben können. Vorteilhaft ist die hohe Energiedichte bezogen auf Masse und Volumen des Energieträgers. Neben der hohen Leistungsdichte fordert man eine im Vergleich zur geplanten Lebensdauer lange Halbwertszeit. Beide Kriterien erfüllt ein Isotop mit einer nicht zu großen Halbwertszeit (kleiner als 1000 Jahre) und einer hohen Strahlungsenergie. Daher sind Alphastrahler vorteilhaft wegen ihrer großen Energie (einige MeV) und ihrer leichten Absorption (kurze Reichweite). Die Strahlenquelle selbst wird gekapselt und dient als Wärmequelle. Am weitesten entwickelt ist das Prinzip der thermoelektrischen Konversion, wobei Wirkungsgrade von 5 bis 10 Prozent erreicht werden [9]. Als günstigstes Radionuklid hat sich Plutonium-238 erwiesen, dessen Energiedichte 450 W Wärmeleistung pro Kilogramm beträgt. Die elektrische Leistung ist erheblich geringer und reicht von einigen bis einigen hundert Watt. [11] Plutonium-238 hat eine Halbwertszeit von 87,74 Jahren. Es wird durch Bestrahlung von Neptunium-237 mit thermischen Neutronen erzeugt; dieses Ausgangsisotop kann bei der Wiederaufarbeitung gewonnen werden. [11]

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Plutonium und seine Ausbreitung in der Atmosphäre

Plutonium kommt in Spuren in Mineralien, bevorzugt in Uranerzen, vor, wo es über Reaktionen von Uran-238 mit Neutronen laufend nachgebildet wird. Die Konzentration beträgt ein Plutonium-Atom auf 1012 Uran-Atome. Damit wird das natürliche Plutoniumvorkommen auf 1 Gramm geschätzt. [11] In einer neueren Veröffentlichung ist von 20-70 kg natürlichem Plutonium (Plutonium-239 und Plutonium-244) die Rede [7]. In Oklu/Gabun sollen in prähistorischer Zeit Gegebenheiten analog denen in einem Kernreaktor bestanden haben, bei denen vor circa zwei Milliarden Jahren mehrere Tonnen Plutonium erzeugt wurden. [7]

In Kernkraftwerken entstehen pro Jahr auf die elektrische Leistung bezogen je nach Reaktortyp insgesamt 0,2 bis 0,6 kg/MWe Plutonium (im schnellen Brüter mehr je nach Kernauslegung). [11] Aus kerntechnischen Anlagen sind 5 bis 60 g Plutonium freigesetzt worden, wobei der größte Anteil aus militärischen Anlagen stammt. [7]

Bei Unfällen mit RTGs ist hauptsächlich die Ausbreitung in der Atmosphäre von Bedeutung, weshalb wir uns im Folgenden auf Plutoniumvorkommen dort beschränken wollen. Langlebige Nuklide aus dem Fallout der oberirdischen Kernwaffentests, wie Plutonium, verteilen sich im Laufe der Zeit relativ gleichmäßig über die Nord- oder Südhalbkugel. Einen Austausch gibt es nicht. Hohe lokale Konzentrationen finden sich am Explosionsort selbst; ein Maximum der je Flächeneinheit deponierten Aktivität ist zwischen dem 40. und 50. Breitengrad zu beobachten. Der Gewichtsanteil von Plutonium-238 bezogen auf das gesamte Plutonium macht dabei nur einige hundertstel Prozent aus. Der Rest verteilt sich auf andere Plutonium-Isotope. An der Alpha-Aktivität des Fallout-Plutoniums ist Plutonium-238 mit 3 bis 5 Prozent beteiligt. Insgesamt befinden sich etwa 3 Tonnen Plutonium durch Kernwaffentest-Fallout in der Atmosphäre. [4] Das entspricht etwa 1,3ù1016 Becquerel Plutonium-239 und Plutonium-240. Bis 1970 sind von den Menschen 7,4ù108 Becquerel aufgenommen worden. Das sind etwa 0,2 g. [7]. Die Aktivitätspegel in der Bundesrepublik werden vom GSF-Forschungszentrum (früher Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH) als sehr gering mit 0,4 Mikrobecquerel je Kubikmeter in der bodennahen Luft und ebenso im Niederschlag angegeben; im Ackerboden mit 200 Millibecquerel je Kilogramm. Die Messungen solch geringer Konzentrationen sind sehr aufwendig und werden nur an wenigen Orten der Welt vorgenommen. [4]

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Mehr als die Hälfte des auf der Erdoberfläche deponierten Plutonium-238 stammt nicht aus den Kernwaffentests, sondern wurde 1964 beim Absturz eines amerikanischen Satelliten mit einer Isotopenbatterie vom Typ"SNAP 9-A" freigesetzt (siehe unten). Ab 1966 wurde danach eine Aufstockung des eher geringen Plutonium-238-Pegels gemessen. Das Verhältnis von Plutonium-238 zu Plutonium-240 und Plutonium-241 stieg von 3:5 aus dem Kernwaffenfallout auf 1:1. Bis Mitte der siebziger Jahre hatte es wieder den alten Wert erreicht. [4]

Plutonium oxidiert schnell. Plutoniumoxidteilchen lagern sich in der Luft an Aerosole an. Ferntransport findet nur bei besonders feinkörnigen Staubteilchen statt; schwere Aerosole sinken wegen der Schwerkraft sehr schnell zu Boden. Die Transportentfernungen hängen von der Höhe der Plutoniumemission und der Wetterlage ab. [4] Wegen ihrer elektrostatischen Ladung und ihres geringen Gewichts sedimentieren die Oxidteilchen sehr langsam."Sie lagern sich als Kondensationskeime an alle Fremdkörper in der Luft an und können mit diesen relativ leicht ausgewaschen werden." [11]

Plutonium und seine radiologische Bedeutung

"Feine Aerosole werden von den Reinigungsmechanismen der Nase und der Bronchien nur zum Teil erfaßt; der größte Teil lagert sich bei Inhalation in den Alveolen der Lunge ab." [11] Sie werden sehr langsam wieder ausgeschieden. Der größte Teil sammelt sich im Laufe der Zeit in den Lymphknoten der Lunge. Die spezifische Aktivität von Plutonium ist etwa eine Million mal größer als die von Uran, daher seine hohe Radiotoxizität. Die meisten Untersuchungen liegen für Plutonium-239 vor, dessen spezifische Aktivität 2,31ù109 Becquerel pro Gramm beträgt. Bei Reaktorplutonium ist sie durch den Plutonium-238-Anteil und die Beta-Aktivität von Plutonium-241 bis zum 10-fachen größer. Die emittierte Alpha-Strahlung von Plutonium-239 hat in Gewebe Reichweiten bis 0,04 mm. Daher ist es für Lebewesen vor allem schädlich, wenn es in den Körper gelangt, also bei Inkorporation. Lösliche Plutoniumverbindungen gelangen über die Blutbahn in Skelett und Leber, schwer lösliche (wie Plutoniumoxid) lagern sich in der Lunge ab. Plutoniumoxid gehört zu den Radionuklidverbindungen mit der höchsten Verweilzeit in der Lunge. Bei Aufnahme mit der Nahrung wird es praktisch vollständig wieder ausgeschieden. [4, 7, 11]

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Plutoniuminkorporationen stammen meist aus dem globalen Fallout und lassen sich in Lunge, Leber und Knochen nachweisen. Bei den Bundesbürgern findet man die höchsten Werte bei den 60- bis 79jährigen. Die Mittelwerte betragen 1,1 Millibecquerel pro Kilogramm Körpergewicht in der Lunge, entsprechend 3,5 im Wirbelknochen und 21 in der Leber (Plutonium-230 und -240). Diese Werte werden als sehr gering eingeschätzt; die Werte für Plutonium-238 sollen etwa 30mal geringer sein. Für einen Erwachsenen wird eine 50-Jahre-Folgedosis von 212,2 Mikrosievert abgeschätzt, wobei 5,2 Mikrosievert vom Plutonium-238 stammen. Plutonium sei nicht nachweisbar bei jungen Menschen, die nach der Periode des globalen Fallouts geboren wurden, heißt es. Dies zeigt, daß die Plutoniumaufnahme bei älteren Menschen über die Atemluft und nicht über die Nahrung erfolgte. [4]

Bei diesen kleinen Aufnahmeraten, wobei es sich um Mittelwerte handelt, geht es nicht um akute Strahlenschäden, sondern um Spätschäden wie Krebs oder Mutationen. Beidem liegt eine Veränderung im genetischen Material der Zelle zu Grunde. W. Mays gibt bei Inhalation von 37000 Becquerel Plutoniumstaub ein Gesamtkrebsrisiko (Lunge, Leber, Knochen) von 2 Prozent an, das heißt 2 Krebsfälle auf 100 Menschen. Diese Abschätzung sei sehr grob, da die Organdosen nicht genau bestimmbar sind und bessere Risikofaktoren entwickelt werden müßten. [4]

Anfang 1976 wurde in der amerikanischen Fachzeitschrift"The Bulletin of Atomic Scientists" vor dem Hintergrund der Waffenherstellung und der Freisetzung vor einer kommerziellen Nutzung von Plutonium gewarnt. [11]

CASSINI-Risiken und bisherige Erfahrungen

Karl Grossmann, engagierter Professor für Journalistik an der State University in New York, nennt die Titan IV-Rakete nicht gerade zuverlässig; 1993 zum Beispiel kam es beim bisher einzigen Testflug auf dem Luftwaffenstützpunkt Vandenberg, Kalifornien, 101 Sekunden nach dem Start zur Explosion. [1, 5] Auch die Zeitschrift"Space News" legt nicht gerade ein gutes Zeugnis über die Titan IV ab. [5]

CASSINI soll zunächst zur Venus fliegen, da die Schubkraft für einen direkten Flug zum Saturn nicht ausreicht. Nach einer zweifachen Venusumrundung kommt die Sonde 1999 mit einer Geschwindigkeit von etwa 68.000 Kilometer pro Stunde zurück zur Erde, die sie in 500 km Höhe umrunden soll. Bei diesem "flyby"-Manöver soll die Bahn der Sonde durch die Schwerkraft geändert werden, so daß sie Saturn erreicht. Kleine Störungen der Satellitenbahn (z.B. Fehler im Lenksystem, kleine Störungen durch Himmelskörper) können zum Wiedereintritt in die Atmosphäre führen. CASSINI würde verglühen und Plutonium als Oxid freisetzen. Die NASA schätzt, daß in diesem "unwahrscheinlichen Fall" "5 Milliarden der geschätzten 7-8 Milliarden Weltbevölkerung ... 99 Prozent oder mehr der Strahlung erhalten können". Von diesem Bevölkerungsanteil sterben laut NASA in den nächsten 50 Jahren 2300 an Krebs. [12] Dieser Wert wird von Strahlenphysikern wie Dr. Ernest Sternglass und Dr. John Gofman und dem Facharzt für Strahlenmedizin Dr. Morgan, als weit unterschätzt beurteilt. [5] Die Wahrscheinlichkeit eines Wiedereintritts wird in der Umweltverträglichkeitsstudie je nach Szenario mit 2,8 bis 7,6 zu 10 Millionen angegeben, die "erwarteten Gesundheitseffekte" mit circa 2 auf Tausend. Bei steilen Eintrittswinkeln erwartet die NASA eine Freisetzungsrate von 20 Prozent des Plutoniums, bei flachen Winkeln 66 Prozent. Beim "durchschnittlichen Wiedereintrittsfall" "würden wahrscheinlich 32-34 % in großer Höhe freigesetzt". [12]

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France Cordova, NASA Chefwissenschaftlerin auf einem Treffen in Washington: "Wir würden heute CASSINI nicht starten. Es ist ein schwieriges Unterfangen (für Goldin, den NASA-Administrator) moralisch damit umzugehen, denn es hat eine Anzahl von enormen Risikofaktoren." (aus Space News, 3/94 nach [1])

Im Sicherheitsbericht für die GALILEO-Mission 1988, bei der die gleichen RTGs verwendet werden wie bei CASSINI (nur zwei statt drei) heißt es: "Der Simulationstest, ob die Pu-haltigen Generatoren dem Explosionsdruck beim Start der Rakete Stand halten würden, ergibt eine vollständige Zerstörung der Generatoren!" "Weiter wird festgestellt, daß die Testgruppe beschlossen hat, daß eine direkt auf den Generator gerichtete Explosion von ihr nicht erwartet wird. Daher wurden die Testergebnisse für die Sicherheitsbewertung nicht herangezogen." [1]

Laut einer Meldung der Denver Post vom 30. Juli 1996 ist nach Angaben von Offiziellen des Los Alamos Nationallaboratoriums, New Mexiko, für den Zeitraum 1993 bis 1995 die Rate von Plutoniumkontaminationen gestiegen (von 193 Fällen auf 244). Dieser Zeitraum deckt sich mit der Verarbeitung des für CASSINI vorgesehenen Plutoniums-238. Darin eingeschlossen sind acht Fälle, in denen Plutonium in die Lungen gelangen konnte. Die Kollektivdosis des Labors war laut Jahresbericht 1995 43 Prozent höher als in einem Vertrag mit der Universität Kalifornien vereinbart. Dies wird unter anderem auf eine bessere Berichterstattung und weniger Geheimhaltung zurückgeführt. Es gibt also schon vor dem CASSINI-Start Plutoniumverseuchungen. [1] Die NASA gibt eine potentielle Strahlenbelastung des Personals durch externe Strahlung beim Umgang mit den RTGs vor dem CASSINI-Start zu. [3]

Solarenergie und Startalternative

Die ESA berichtete in einer Pressemitteilung 1994 von einem technischen Durchbruch bei der Entwicklung von Solarzellen speziell für tiefe Weltraummissionen. Es wurde ein Wirkungsgrad von 25 Prozent angegeben. Die Nutzung thermonuklearer Generatoren sei in Europa nicht verfügbar; daher trete die ESA für die Entwicklung von Energiequellen auf der Basis von hocheffizienten Solarzellen ein. [2] Karl Grossman zitiert die ESA-Physikerin Carla Signori (1995): "Wenn wir genug Geld für die Entwicklung bekommen, könnte die ESA innerhalb von 5 Jahren über Solarzellen für die Stromversorgung einer Saturnmission verfügen." [5] Auf dem Symposium zur "Ambivalenz der Weltraumtechnik" an der TH Darmstadt im März deutete Dr. Gerhard Strobl, Projektleiter der Firma ASE (Angewandte Solarenergie) aus Heilbronn an, daß mit den Solarzellen seiner Firma genug Energie für die CASSINI-Mission erzeugt werden könnte, sofern die Sonde etwas anders konstruiert würde. [2] ASE ist von der ESA mit der Entwicklung von Solarzellen für die ROSETTA-Mission im Jahr 2003 beauftragt. 1989 startete GALILEO zu seinem Flug ins ferne Weltall, ebenfalls mit plutoniumbetriebenen RTGs (22,7 kg Plutonium). Nach Berichten des Jet Propulsion Laboratory der NASA hätte damals bereits Solarenergie alternativ genutzt werden können: "Nach dem momentanen Kenntnisstand ist davon auszugehen, daß die GALILEO-Mission zur Umlaufbahn des Jupiters ohne Änderung des Ablaufs der Mission und ohne Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Ausbeute mit einem dichtbestückten photovoltaischen Solarzellenpanel als Energiequelle durchgeführt werden könnte." [5]

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Hält die NASA an der Nutzung von Plutoniumgeneratoren fest, gibt es bis zum Jahr 2001 vier alternative Starttermine. Zumindest im Jahr 2001 ist ein erneuter Vorbeiflug an der Erde überflüssig. Die wissenschaftliche Ausbeute wäre in diesem Fall geringer, das Projekt etwas teurer, aber das Risiko eines unbeabsichtigten Wiedereintritts in die Erdatmosphäre ausgeschlossen.

SDI lebt weiter - Kernenergie für den Sternenkrieg

Nach allgemeiner Überzeugung ist die von Reagan gestartete Strategic Defense Initiative (SDI) wegen der Kostenexplosion gestoppt worden. Daher waren viele überrascht, auf dem Münchener Kongreß von einer Umorientierung zum Ballistic Missile Defense (BMD) zu hören. [1, 5, 13, 14] Das Gesamtbudget wächst von 3,980 Millionen US-DOLLAR in 1997 auf 4,356 Millionen US-DOLLAR bis zum Jahr 2003. [5] Grossmann zitiert den Oberbefehlshaber des U.S. Space Command, General Joseph W. Ashy, wonach die US-Luftwaffe "in das All expandieren will". "Eines Tages werden wir Ziele auf der Erde - Schiffe, Flugzeuge, Ziele auf dem Land - aus dem All angreifen. Wir werden Ziele im All angreifen, aus dem All ... Das ist politisch ein heißes Thema, aber so wird es sein. Manche Menschen wollen das nicht hören, und es ist sicherlich nicht populär ... aber - so oder so - wir werden im All kämpfen. Wir werden vom All kämpfen, und wir werden den Kampf in das All hinein tragen." [5] Nach Bill Sulzmann, dem Ko-Koordinator des Global Network, will das Pentagon Atomenergie auch für Weltraumwaffen verwenden. Die NASA ist seit dem Ende der Apollo-Missionen in den 60er und frühen 70er Jahren mit Budgetkürzungen konfrontiert. Sie begann, ihre Projekte mit dem Pentagon zu koordinieren und arbeitet seither eng mit dem Militär zusammen. Die amerikanische Luftwaffe betont den Standortvorteil im Weltall. Ein Bericht der US-Luftwaffe spricht von "Energiebeschränkungen" für Weltraumwaffen. "Eine natürliche Technologie, mit der im All eine hohe Energiedichte erzielt werden kann, ist die Atomenergie." Die Clinton-Regierung setzt weiterhin auf Atomenergie im All. Das geht aus einer Grundsatzerklärung von 1993 hervor, wonach "Atomenergie und nukleare Antriebe in der Weltraumfahrt zur wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und nationalen Sicherheit von Weltraummissionen beitragen können". September 1996 veranlaßte die Clinton-Regierung ein Entwicklungsprogramm für militärisch und zivil genutzte Raketen mit Nuklearantrieb.[5]

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Unter diesen Aspekten verwundert es nicht, daß die NASA das Kernenergiekonzept verfolgt und alternative Solarkonzepte nicht ernsthaft betrachtet.

Auf einem Symposium über Atomenergie und Nuklearantriebe im All 1997 in Albuquerque, New Mexiko, haben Wissenschaftler vom Brookhaven National Laboratory Pläne vorgestellt, nach denen hochradioaktiver Müll ins All geschossen werden soll. Dieses Vorhaben wurde vor vielen Jahren aufgegeben, da die Gefahr einer Explosion beim Start oder eines Unfalls nach dem Start als zu groß angesehen wurde. Die NASA plant den Start zweier plutoniumbetriebener Weltraumsonden für eine Mission zum Pluto 1999. Sie prüft auch die Möglichkeit, auf dem Mond und dem Mars Kolonien mit nuklearer Energieversorgung aufzubauen. Auch auf dem Kommunikationssektor laufen Projekte zu nuklearbetriebenen Hochleistungs-Kommunikationssatelliten. [5]

Weltweiter Protest

In dem USA gibt es seit einigen Jahren Protest gegen die Energieerzeugung durch Atomenergie bei Weltraummissionen. Auch die Pläne für Waffen im Weltraum bleiben der dortigen Friedensbewegung nicht verborgen. Koordiniert wird die Bewegung vom "Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space". Bei den Medien ist das Thema nicht beliebt. Der bereits mehrfach zitierte Journalist Karl Grossmann befaßt sich seit Jahren damit. Der Professor für Journalistik an der State University in New York wurde im April 1997 von der Sonoma State University für das am wenigsten beachtete und am stärksten zensierte Thema 1996 ausgezeichnet.

In Deutschland haben sich bislang nur wenige Gruppen dem Problem gewidmet. Jetzt laufen auch bei uns Protestaktionen an, zunächst gegen die CASSINI-Mission. Im Sommer 1994 fragte das "Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space" bei der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V. an, eine Unterschriftenaktion zu starten. [8] An der TH Darmstadt fand im März 1997 das Symposium "Ambivalenz von Weltraumtechnik" statt, auf dem unter anderem auch die CASSINI-Mission behandelt wurde und Karl Grossmann referierte. Es wurde unter anderem von der IANUS-Arbeitsgruppe an der Technischen Hochschule Darmstadt veranstaltet (Adresse siehe unten).

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Die Internationale Strahlenschutzkommission ICRP hat mit den drei grundlegenden Prinzipien im Strahlenschutz unter anderem gefordert: Jede unnötige Strahlenexposition oder radioaktive Kontamination von Personen, Sachgütern oder der Umwelt ist zu vermeiden. Angesichts der Alternative Solarenergie und den besseren späteren Startterminenbesteht die Rechtfertigung für den Einsatz der Kernenergie womöglich allein in der militärischen Nutzung des Weltraums. Allgemein ist man sonst prinzipiell bestrebt, wenn möglich die Nutzung radioaktiver Stoffe oder allgemeiner ionisierender Strahlung durch alternative Verfahren zu ersetzen. Dieser Grundsatz scheint nicht für die Weltraumtechnik zu gelten Auch wenn die Aufnahmeraten von Plutonium und die Anzahl an zusätzlichen Krebsfällen als klein angesehen werden, so sind sie doch vermeidbar und die Plutoniumnutzung zu unterlassen.

Regina Hagen meint: "Angesichts des Alters des Weltalls und der Gefährlichkeit dieser Mission kann ich nicht einsehen, warum die wissenschaftliche Erforschung des Saturn nicht noch einige Jahre oder Jahrzehnte Zeit hat, bis ungefährliche Energieversorgungsmöglichkeiten für solche Weltraummissionen entwickelt wurden."

Referenzen:

1. Caufield, Catherine: Das strahlende Zeitalter. Von der Entdeckung der Röntgenstrahlen bis Tschernobyl, Beck`sche Reihe, München, 1994

2. European Space Agency (ESA): New solar cells with record efficiency, Press Information Note No. 07-94, Paris, 29 April 1994

3. Florida Coalition for Peace and Justice (FCJP): Plutonium (Pu 238), world wide web, 1996

4. Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF): Plutonium, Reihe: Mensch und Umwelt, München, 1989

5. Grossmann, Karl: Plutonium in Space, The Neglected Risks of the Cassini Mission, in: inesap Bulletin, No. 12, March 1997

6. Hermann, Joachim: Großes Lexikon der Astronomie, München, 1980

7. Keller, Cornelius: Grundlagen der Radiochemie, 3. vollst. neu bearb. Aufl., Aarau, Frankfurt/Main, Salzburg, 1993

8. Kopold, Martin: Plutonium im Weltraum - Sternenkriege, Mutlanger Text Nr. 15, Hrsg.: Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V., Mutlangen, 1996

9. Lieser, Karl Heinrich: Einführung in die Kernchemie, 3. neubearb. Aufl., Weinheim, 1991

10. Löb, Horst, et. al.: Kerntechnik bei Satelliten und Raketen. Nuclear engineering for satellites and rockets, Thiemig Taschenbücher, Band 36, München, 1970

11. Müller-Christiansen, K.; Wollesen, M.: Plutonium, Reihe: Stellungnahmen zu Kernenergiefragen, Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) mbH, GRS-S-27, Köln, 1979

12. National Aeronautics and Space Administration (NASA): Final Environmental Impact Statement for the Cassini Mission, June 1995

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13. Neuneck, Götz: The US Counterproliferation Initiative and NATO, in: inesap Bulletin, No. 12, March 1997

14. Yingbo, He: The Potential Capability of BMD Systems and Their Possible Efects on International Security, in: inesap Bulletin, No. 12, March 1997



Anschriften:

Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V., Forststraße 3, 73557 Mutlangen, (07171/75661, Fax: 07171/795384, e-mail: regina.hagen@jugendstil.da.shuttle.de (Infos zu CASSINI und Protestaktionen zusammen mit dem Darmstädter Friedensforum, Broschüre "Plutonium im Weltall - Sternenkriege", DM 5.- + Porto)

Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space, Bruce Gagnon, Florida Coalition for Peace & Justice, P.O. Box 90035, Gainesville, FL 32607, ( (352) 468-3295, e-mail: fcpj@afn.org, http://www. afn.org/~fcpj/index.htm (dort auch weitere Infos zur CASSINI-Mission)

International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, INES-AP, Jürgen Scheffran, IANUS (Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit), TH Darmstadt, Institut für Kernphysik, Schlossgartenstraße 9, 64289 Darmstadt, ( +49-6151-16-468 (J. Scheffran), -3016 (W. Liebert, M. Kalinowski), Fax: +49-6151-166039, e-mail: scheffran@hrzpub.th-darmstadt.de, http://w ww.th-darmstadt.de/ze/ianus/inesap.htm

Dieser Beitrag stammt aus dem Strahlentelex mit Elektrosmog-Report, Nr. 250-251/1997 vom 5. Juni 1997. Probeexemplare kostenlos:

Strahlentelex, Rauxeler Weg 6, 13507 Berlin, Tel.+Fax: 030/435 28 40



Dieser Beitrag wurde entnommen dem Strahlentelex mit Elektrosmog-Report - Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit, Nr. 250-251 vom 5. Juni 1997

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