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Erstellt:
22.09.1997


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zu: Cassini - Inhalt

Protokoll des Gesprächs mit Dr. Gerhard Strobl (Leiter Bereich Development High Efficiency Solar Cells bei ASE) vom 12. August 1997

Cassini-KritikerInnen im Gespräch mit NUKEM-Tochter Angewandte Solarenergie (ASE)

Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum

Entwurf

Protokoll des Gesprächs mit Dr. Strobl von ASE am 12. August 1997

geschrieben von Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum; freigegeben durch Dr. Strobl, ASE am 22. August 1997 vorbehaltlich der Genehmigung durch die Geschäftsleitung der ASE

Gesprächsdauer: 90 Minuten


Teilnehmer/innen:

Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum

Wolfgang Schlupp-Hauck, Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen

Dr. Gerhard Strobl, Leiter des Bereichs Development High Efficiency Solar Cells bei der Firma Angewandte Solarenergie - ASE GmbH, Heilbronn



Zunächst gab uns Dr. Strobl einige Informationen zur Firma ASE: ASE war ab 1994 ein joint venture-Unternehmen der NUKEM GmbH und der Daimler-Benz Aerospace AG (DASA). Seit 1996 ist sie eine 100 %ige Tochter der NUKEM und somit der Rheinisch-Westfälischen Energieversorgung (RWE).

Im Heilbronner Werk werden seit 1964 Solarzellen für die Raumfahrt, noch nicht ganz so lange auch für terrestrische Anwendungen entwickelt und hergestellt. Innerhalb der ASE gibt es ein eigenes Profit Center für den Bereich Raumfahrt. Für terrestrische Anwendungen ist Deutschland ein relativ kleiner Markt. Weltweit ist ASE Lieferant für etwa 50 % der Siliziumsolarzellen für Raumfahrtanwendungen. Um auf dem terrestrischen US-amerikanischen Markt besser Fuß fassen zu können, wurde vor Ort eine Firma aufgekauft und die ASE Americas Inc. gegründet.

Danach unterhielten wir uns über die momentanen Möglichkeiten, für tiefe Weltraummissionen Solarenergie einzusetzen. Die Reihenfolge der Gesprächspunkte ergab sich zufällig. Es wurden folgende Punkte angesprochen:

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Cassini - Inhalt
Galliumarsenid (GaAs) ist im Kommen, vor allem aus den USA; die Entwicklung kommt vor allem aus dem militärischen Bereich.

Im Auftrag der ESA begann ASE 1991 mit der Forschung für Solarzellen für die Nutzung im tiefen Weltraum bis zur Entfernung des Jupiters; eine konkrete Mission, in der diese Zellen genutzt werden sollen, war damals noch nicht geplant. Hintergrund war, daß für rein europäische Weltraummissionen die RTG-Technologie nicht zur Verfügung stand, aber auch noch keine Alternative für tiefe Weltraummissionen bereit stand. Außerdem sind Solarzellen viel billiger als Plutoniumgeneratoren. Der Entwicklungsvertrag mit der ESA bezog sich auf den Zeitraum 1991 bis 1996.

Die häufig erwähnte Presseerklärung der ESA von 1994 bezog sich darauf, daß der technische Durchbruch gelungen war, einen Wirkungsgrad von 25 % zu realisieren.

Aufgrund der Entfernung von der Sonne (Erde: 1 AU [astronomische Einheit]; Jupiter 5,2 AU; Saturn 9,54 AU) stehen in Jupiter-Entfernung nur noch 3,7 % des Lichts zur Verfügung, das an der Erde ankommt; in Saturn-Entfernung ist es nur noch rund 1 %. 1994 gelang es ASE, mit den neu entwickelten Solarzellen den gefürchteten "Broken Knee"-Effekt zu vermeiden, der üblicherweise unter LILT- (low [light] intensity, low temperature) Bedingungen auftritt. An diesem Effekt scheiterten seit den 70er Jahren Versuche, Solarzellen für tiefe Weltraummissionen zu entwickeln. Dies führte bislang dazu, daß die Energieversorgung bei tiefen Weltraummissionen nur mit RTGs sichergestellt werden konnte.

Für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten stand dem Team für die Entwicklung der Si-Zellen neben den ESA-Geldern (ca. DM 2 Mio.) ein ergänzendes ASE-Forschungsbudget zur Verfügung. Ergebnis des Projekts war eine neue Si-Zelle in Einzelexemplaren. Aus dieser kann durch "Abspecken" eine ganze Produktfamilie für unterschiedlichste Anwendungen entstehen. Für die Rosetta-Mission zum Kometen Wirtanen wird der ESA die komplexeste "Königsversion" dieser Produktfamilie angeboten (die HI-ETAr NR LILT-Zelle [NR steht für non-reflective]).

Parallel zur ASE wurden von CISE, einem italienischen Forschungsinstitut, ebenfalls im Auftrag der ESA GaAs-Zellen entwickelt; allerdings diente auch hier die ASE als Generalunternehmer. (CISE hat seinen Sitz in Mailand und beschäftigt sich überwiegend mit Forschung; es hat nur einen kleinen Fertigungsbereich.) Der Wirkungsgrad der GaAs-Zellen von CISE entspricht dem der Si-Zellen von ASE, allerdings sind die Zellen deutlich schwerer.

Inzwischen wurden von ASE 1.000 der HI-ETA-Solarzellen produziert, die von der ESA für das formale Qualifikationsprogramm unter realistischen Bedingungen getestet werden. Eine Entscheidung, welche Zellen für Rosetta verwendet werden, ist noch nicht gefallen. Für diese Produktions- und Testphase wird im Rahmen des Rosetta-Budgets von der ESTEC (dem holländischen Entwicklungsbereich der ESA) weiteres Geld bereitgestellt.

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Cassini - Inhalt
Mit 25 % Wirkungsgrad ist das denkbare Maximum für Solarzellen erreicht; diesen Wirkungsgrad unter den Lichtverhältnissen des Saturn zu "retten" hält Dr. Strobl für schwer aber trotzdem für machbar.

Rosetta soll mit einem 50 m2 großen Solarpanel ausgestattet werden. Das ist für europäische Satelliten bisher das größte Panel. Zum Zwischenspeichern der Energie werden Batterien verwendet.

Dr. Strobl wies uns darauf hin, daß seines Wissens die NASA erklärt habe, daß bei neuen Weltraumprojekten vorzugsweise Solarenergie eingesetzt werden darf, sofern dies technisch machbar ist.

Hauptabnehmer der ASE-Solarzellen für Weltraumanwendungen sind staatliche oder private Auftraggeber. Haupteinsatzgebiet sind erdnahe Satellitenmissionen. Tiefe Weltraummissionen bilden in der Raumfahrt generell die Ausnahme und sind kein finanziell lukratives Marktsegment (Rosetta ist für ASE bislang das einzige Projekt für den tiefen Weltraum).

Außer im Weltraum werden Solarzellen von ASE auch terrestrisch genutzt, z.B. in Autosolardächern.

Solarzellen für Saturnmissionen müßten erst noch entwickelt werden. Und wenn es sie gibt, könnte die NASA sie keinesfalls für Cassini verwenden. Cassini ist so schwer, daß das zusätzliche Gewicht der Solarpanels für jede Trägerrakete zu viel wäre. Das bedeutet konkret, daß eine solare Saturnmission daran ausgerichtet werden müßte, wieviel Strom durch alternative Energiequellen bereitgestellt werden kann. Ob eine solche Mission dann aus wissenschaftlicher Sicht noch sinnvoll ist, kann Dr. Strobl nicht beurteilen.

Es fehlt an Geldern, um die nächste Solarzellengeneration für tiefe Weltraummissionen zu entwickeln. Die Entwicklungsbudgets von ASE kommen einerseits aus dem Gewinn der Solarzellenproduktion und andererseits von staatlichen Auftragsgebern.

Der Spin Off-Effekt von der Weltraumtechnologie für terrestrische Anwendungen ist bei der Solarzellenentwicklung beträchtlich; die umgekehrte Richtung ist eher selten der Fall. Das hat damit zu tun, daß es bei Weltraummissionen besonders wichtig ist, einen hohen Wirkungsgrad und ein möglichst geringes Gewicht der Solarzellen zu erreichen. Das bedeutet zwar, daß die Solarzellen ziemlich teuer sind, insgesamt machen sie Weltraummissionen aber billiger oder überhaupt erst möglich.

ASE hat relativ wenige Mitbewerber in dem Marktsegment der Raumfahrt-Solarzellen.Eine Mitbewerberfirma sitzt in Japan, zwei oder drei sind in den USA. In Europa ist bisher nur die ASE im Bereich der Weltraum-Solarzellenfertigung konsequent engagiert. Durch die ganze Satellitentechnik ist dieses Marktsegment inzwischen sehr kommerziell ausgerichtet. Die ASE produziert pro Jahr etwa 500.000 Raumfahrt-Solarzellen.

E-Mail:   regina.hagen@jugendstil.da.shuttle.de





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