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Erstellt:
26.09.1997


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zu: Cassini - Inhalt

Gespräch mit Vertretern des European Space Agency`s Operation Center

Gespräch mit dem ESOC am 13.08.97

Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum

Entwurf:

Protokoll des Gesprächs mit dem ESOC am 13. August 1997

geschrieben von Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum

Gesprächsdauer: 45 Minuten


Auf meine Bitte an die ESOC, diesen Protokollentwurf zu bestätigen, erhielt ich anstelle der Freigabe die folgende Antwort: "Aus den Gründen, die wir schon während Ihres Besuches am 13.8.1997 dargelegt haben, sind wir nicht in der Lage, zu dem zugesandten Protokollentwurf Stellung zu nehmen. Eine Freigabe oder Stellungsnahme unsererseits kann daher auch nicht unterstellt werden."

Teilnehmer/innen:

ESOC (European Space Agency"s Operation Center, Darmstadt):

Herr Laue, Leiter des technischen Stabsbüros

Frau Landeau-Constantin, Leiterin der Öffentlichkeitsabteilung

Herr Martens, Abteilung Technische Sicherheit

Herr Smith, Leiter der Flight Operations Division

Stoppt Cassini-Kampagne:

Regina Hagen, Darmstädter Friedensforum

Dr. Martin Kalinowski, Institut für Kernphysik Technische Hochschule Darmstadt

Wolfgang Schlupp-Hauck, Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen

Unmittelbar vor dem Gesprächstermin mit dem ESOC hatten wir einen Pressetermin mit Journalisten und Photographen von Printmedien, Radio und Fernsehen organisiert. Wir gaben mehrere Interviews und wurden mit unserem Transparent "Kein Plutonium ins All" vor dem Haupteingang des ESOC photographiert. Das Fernsehen zeichnete auf, wie wir Listen mit 10.000 Unterschriften gegen die Cassini-Mission an einer langen Leine aus einem Koffer holten. Sie filmten auch, wie wir mit dem Koffer, auf dem groß "Stoppt Cassini" stand, auf das ESOC-Gelände gingen.

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Cassini - Inhalt
Da das ESOC lediglich einen Vertreter der Presse zu unserem Gespräch zuließ, aber mehrere Journalist/innen mitgehen wollten, entschieden wir, das Gespräch ohne Pressebeteiligung zu führen.

Danach begleitete uns der Sicherheitsdienst des ESOC zu einem Besprechungsraum, wo wir bereits erwartet wurden.



Zu Beginn des Gesprächs überreichte Wolfgang Schlupp-Hauck die Listen mit 10.000 Unterschriften gegen Cassini und erklärte kurz die Geschichte des Engagements der deutschen Friedensbewegung, vor allem der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen, gegen das Cassini-Projekt.

Er erläuterte unsere drei Forderungen an die ESA:

Die ESA soll sofort auf einen Stopp der Cassini-Mission hinwirken, da die 32,8 kg Plutonium, die für die Energieversorgung an Bord sind, eine nicht tragbare Gefahr darstellen.

Die ESA soll die Forschung an und Entwicklung von Solarenergie für tiefe Weltraummissionen weiterhin intensiv unterstützen. Ein positives Beispiel ist die Entwicklung der LILT-Siliziumzellen, die im Auftrag der ESA von der Firma ASE (Angewandte Solarenergie) in Heilbronn durchgeführt wurde. Inzwischen werden diese Solarzellen für den Einsatz in der Rosetta-Mission getestet.

Die ESA soll an keinen Weltraummissionen teilnehmen, die mit nuklearen Materialien arbeiten. Bei der Auslegung neuer Missionen soll darauf geachtet werden, daß nicht mehr Energie benötigt wird, als mit alternativen Stromquellen zur Verfügung gestellt werden kann. Ist dies nicht gewährleistet, muß eine Weltraummission so lange zurückgestellt werden, bis die erforderlichen Techniken bereit stehen.

Die ESOC-Vertreter/innen erklärten uns sowohl zu Beginn des Gesprächs als auch mehrmals im Gesprächsverlauf, "Wir sind für Ihre Proteste gegen das Plutonium an Bord von Cassini nicht die richtigen Ansprechpartner. Das ESOC ist lediglich ein untergeordneter Bereich der ESA. Und auch die ESA bei dieser Mission ist nur Juniorpartner der NASA. Die Verantwortung für die Energieerzeugung mit den RTGs liegt bei der NASA. Außerdem haben wir vollstes Vertrauen in unseren Kooperationspartner wie in die Sicherheit der RTGs."

Außerdem äußerten sie: "Wir sind aber bereit, für die Unterschriften als Poststelle gegenüber der ESA in Paris zu dienen und Ihre Bedenken und die genannten Forderungen weiterzuleiten. Wir sind allerdings nicht befugt, mit Ihnen irgendwelche Szenarien zu diskutieren. Auch Ihre geplante Demonstration vor dem Haupteingang des ESOC am 4. Oktober richtet sich an die falsche Stelle. Sie sollten bei der NASA protestieren."

Da die ESOC-Vertreter/innen im wesentlichen unsere Bedenken zur Kenntnis nahmen, aber nicht zu einer Diskussion bereit waren, konnten wir die Punkte, zu denen wir eine Stellungsnahme der ESA einforderten, jeweils nur ansprechen. Ein richtiger Dialog fand nicht statt.

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Cassini - Inhalt
Unsere gestellten aber nicht beantworteten Fragen bezogen sich auf die folgenden Themen:

Gemäß dem amerikanischen Price Anderson Act ist die Haftung für nukleare Unfälle außerhalb der Vereinigten Staaten auf $ 100 Mio. beschränkt. Das internationale Weltraumabkommen sieht keine solche Beschränkung vor. Wie stellt sich die ESA zu dieser Einschränkung und welche Haftung übernimmt die ESA im Falle eines Unfalls von Cassini/Huygens?

Warum wird, wenn ein Stopp von Cassini schon nicht erwogen wird, nicht zumindest die Startalternative im Jahr 2001 gewählt, die ohne einen Wiedervorbeiflug (swing-by) an der Erde auskommt?

Findet innerhalb der ESA und auch des ESOC eine Diskussion über die Verantwortung der Wissenschaftler/innen, Forscher/innen und anderen am Cassini-Projekt beteiligten Personen statt? In welcher Weise stellen sich die ESOC-Mitarbeiter/innen dieser Verantwortung?

Dr. Martin Kalinowski wies darauf hin, daß auch unter den Wissenschaftler/innen an der THD, die mit Forschungsprojekten an Weltraummissionen beteiligt sind, inzwischen eine (schmerzliche) Diskussion über die Mit-Verantwortung an den Aspekten dieser Missionen stattfindet, die nicht unmittelbar ihre Arbeit betreffen. Dazu gehört natürlich auch eine eventuelle Gefährdung durch die Energiequelle einer Weltraumsonde.

Einen Zwiespalt empfanden die Teilnehmer/innen der Stoppt Cassini-Kampagne darin, daß vom ESOC einerseits die Verantwortlichkeit für die Risiken der Mission völlig abgestritten wird. Andererseits fiel gegen Ende des Gesprächs eine Äußerung, in der die Identifikation mit dem Cassini/Huygens-Projekt deutlich wurde: "Ich hoffe, daß wir in einigen Jahren stolz auf den Erfolg sein können. Es wäre das erste Mal, daß wir ein europäisches Missionsteil in einer interplanetarischen Mission hochbringen."

Einen besonderen Kritikpunkt sprach Wolfgang Schlupp-Hauck an. Wiederholt habe sich gezeigt, daß die ESA in ihren Stellungsnahmen kritische Punkte verschweigt. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von plutoniumhaltigen RHUs in der europäischen Sonde Huygens, die uns bislang noch nicht einmal auf ausdrückliche Nachfrage eingeräumt wurde.



Gegen Ende des Gesprächs sprach Regina Hagen die Demonstration am 4. Oktober und die Kundgebung vor dem Haupteingang des ESOC-Geländes in Darmstadt an. Sie erklärte, daß sie gegenüber den Behörden persönlich als Veranstalterin des Protestes auftritt und die Demonstration beantragt hat. Sie sicherte dem ESOC zu, daß von der Kundgebung keine Gefahr für das ESOC ausgehe und die Veranstaltung strikt nach dem Prinzip der Gewaltfreiheit geplant werde. Sie bat die ESOC-Vertreter/innen, sich mit ihr in Kontakt zu setzen, wenn Fragen oder eventuell auch Gerüchte aufkommen. Sie sicherte zu, mit dem ESOC fair und offen über die Veranstaltung zu reden, falls dazu der Bedarf besteht.

Zum Schluß bedankten sich die Vertreter/innen der Stoppt Cassini-Kampagne ausdrücklich bei den Vertreter/innen desESOC, daß sie trotz der schwierigen Umstände zu diesem Gespräch bereit waren.

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Cassini - Inhalt
Die Teilnehmer/innen der Stoppt Cassini-Kampagne warten nach diesem Gespräch mit Spannung auf eine Stellungsnahme der ESA-Zentrale in Paris.

E-Mail:   regina.hagen@jugendstil.da.shuttle.de





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