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vom:
13.07.1998


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Eurofighter stoppen!:

  Die Kampagnenzeitung

Edelschrott zum Spazierenfliegen

Wolfgang Menzel

Mit dem Eurofighter sollen die deutschen Luftstreitkräfte modernisiert werden, behaupten seine Apologeten. Doch der Eurofighter wird bei seiner frühesten Indienststellung ab 2002 (realistisch ist 2005) bereits technisch antiquiert und für die "moderne Luftverteidigung" so gut wie unbrauchbar sein.


Sein Anforderungsprofil stammt noch aus kalten Kriegszeiten. Militärische Abschreckung funktioniert aber - wenn überhaupt - nur dann, wenn eine deutliche zahlenmäßige oder eine technologische Überlegenheit glaubhaft dargestellt werden kann. Beides ist beim Eurofighter nicht der Fall. Als Abfangjäger sollte er es mit der extrem wendigen russischen MIG 29 und der Suchoi Su-27 aufnehmen können. Größtmögliche Wendigkeit im Nahkampf, starke Beschleunigung und hohe Endgeschwindigkeit waren die damaligen Trends im Jagdflugzeugbau. Die DASA folgte dieser Doktrin, ohne jedoch technologisch mithalten zu können. Denn aus den USA kamen dann Tarnkappenfähigkeit gegen feindliches Radar (Stealth) und Schubvektorsteuerung für extreme Flugmanöver hinzu. Die amerikanische F-22 ist mit diesen Eigenschaften 50% teurer als der Eurofighter.

Doch braucht die Luftwaffe einen Jäger zum Luftkampf innerhalb der Sichtweite, dem sog. ´dogfighting`? Und gegen wen soll sie in den nächsten 30 Jahren kämpfen? In Luftkampfszenarien der Zukunft spielt der Nahkampf auf Sichtweite praktisch keine Rolle mehr. Die Piloten sollen ihre teuren ´Technologieträger` möglichst außerhalb der Gefahrenzone halten. Sichtkontakt gibt es nicht mehr. Per Satellitenkommunikation werden Daten der Luftüberwachung, z.B. von AWACS-Flugzeugen, an den Bordcomputer des Jägers übermittelt. Dieser fliegt mit ausgeschaltetem Radar oder Stealth-Eigenschaften nur so weit, bis seine Langstreckenraketen das feindliche Flugzeug erreichen können. Er setzt die Lenkflugkörper in Bewegung, dreht ab, kehrt zur Basis zurück, läßt seine Maschine neu bewaffnen und wertet die Satelliten-Daten aus, die ihm den Abschuß des Feindes melden.

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Der enorme Entwicklungsaufwand beim Eurofighter für die Delta-Flügel mit Canards zur Steigerung der Manövrierfähigkeit im Überschallbereich mit den daraus resultierenden Problemen bei der digitalen Flugsteuerung - alles für die ´Katz`. In hochbeweglichen Lenkwaffen, die die "no escape zone" erheblich vergrößern, liege die Zukunft, sagen Militärexperten, nicht in der Beweglichkeit des Flugzeugs.

Daß der Eurofighter die veraltete Phantom (38 Abstürze) ersetzen soll, behauptet nicht einmal mehr der Verteidigungsminister ernsthaft: "Die altersbedingte Ablösung von Tornado bietet die Gelegenheit, die Struktur der Jagdbomberflotte der Luftwaffe auf die Vielzahl der künftigen Aufgaben hin zu optimieren", sagte Rühe am 17.1.96 vor dem Verteidigungsausschuß des Bundestages. "Präzise Einzelzielbekämpfung", Unterstützungs- und Jagdaufgaben könne der Eurofighter "mit entsprechend angepaßter, abstandsfähiger Munition erfüllen". "Durch die Auffächerung des Bestands einerseits und durch die Mehrrollenfähigkeit des EF 2000 andererseits erhöht die Luftwaffe ihre Flexibilität für lageangemessenes Handeln. Vor allem auch für Kriseneinsätze steht damit ein breiteres Spektrum an Handlungsoptionen zur Verfügung." Deshalb will Rühe 40 Eurofighter in der Version ´leichter Jagdbomber` als Ersatz für ein Geschwader Tornado (23 Abstürze) ordern. Er kauft damit die Katze im Sack.

Zwar ist im Gegensatz zum schwedischen Gripen JAS 39 noch kein Eurofighter bei Testflügen und Vorführungen abgestürzt, aber auch nur deshalb, weil man ihn wegen Computer- und Softwareproblemen bei der Flugsteuerung quasi nur ´im 2. Gang` zu fliegen wagte. Ob zudem die Jagdbomberversion die anvisierte Bombenlast überhaupt aufnehmen können wird - Bombenschächte lassen sich zwar einbauen, es fehlt nur der Platz, die Bomben zu lagern - ist ungewiß. Auch die Leistungsfähigkeit der Bewaffnung steht bisher nur auf dem Papier. Die von Rühe verharmlosend "Munition" genannte Hauptbewaffnung des Jägers befindet sich noch im Entwicklungsstadium (und ist auch im Kaufpreis nicht enthalten): vier Mittelstrecken-Luft-Luft-Raketen AMRAAM und zwei AIM-132 ASRAAM Kurzstreckenflugkörper oder wahlweise IRIS- T-Raketen plus vier weitere Luft-Luft-Raketen für mindestens 2,2 Mrd. DM. Allein die IRIS-T-Entwicklung sollte den Bundesrechnungshof auf den Plan rufen: Das Infrorot-Suchsystem der Bodenseewerk Gerätetechnik (BGT) ist erst in der Definitionsphase (28 Mio DM) und wird auf 450 Mio DM Entwicklungskosten veranschlagt. Mit einem Blickwinkel von 90 Grad soll es ´um die Ecke` schielen und damit der russischen Wimpel R-73 (AA-11 Archer) das Wasser reichen können. Das Pikante an der Sache: dieses mittels Helmvisier des Piloten gesteuerte System gehört zur Standardausrüstung der MIG 29, von der die Bundeswehr einige Exemplare besitzt. Auch die vergleichbare Python-4 im französischen Konkurrenzmodell Rafale hat nach Expertenmeinung bereits zu den Russen aufgeschlossen.

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Die Russen würden gern mit den Deutschen ins Geschäft kommen und bieten dafür, anders als die auf technologische Geheimhaltung bedachten USA, umfassende technologische Zusammenarbeit an: "Jedes Land würde über die vollständige Dokumentation verfügen. Wir arbeiten doch schon heute mit der DASA hervorragend zusammen, in Manching, wo die Migs auf Nato-Standard umgerüstet und gewartet werden," sagte MIG- Chefkonstrukteur Anatolij Beloswet kürzlich in einem Interview (Die Woche, 29. August 1997).

Gegen wen soll der auf erprobter aber veralteter Technologie beruhende Eurofighter der deutschen Luftwaffe kämpfen? Wen will die Bundesregierung mit dem Eurofighter abschrecken?

Aus militärtechnischer Sicht ist der Eurofighter alles andere als ein großer Wurf. Auch wenn er kein ´Witwenmacher` werden sollte wie der Starfighter der 60er Jahre, wird die Bundeswehr keine große Freude an dem Flugzeug haben. Nur die DASA profitiert, wenn um 2007 in Europa pro Woche durchschnittlich ein Eurofighter vom Produktionsband rollen wird. Unter Hinweis auf die veränderten Anforderungen und die rasante technische Entwicklung bietet sie der Bundesregierung schon heute ein Nachfolgeflugzeug an. DASA-Lobbyisten werben gegenwärtig in Bonn für das Projekt FTT (Fliegender Technologieträger): den Jagdbomber des nächsten Jahrhunderts. Andere haben schon längst erkannt, daß die Eurofighter-Technologie eine Sackgasse ist. In Großbritannien haben bereits die Studien für ein Future Offensive Aircraft, den Tornado-Nachfolger, begonnen. Der in Fachkreisen als ideales Jagdflugzeug der Zukunft gehandelte britisch-amerikanische Joint Strike Fighter (JSF) soll ab 2007 lieferbar sein.

Die Abgeordneten des Bundestages sollten daraus die Konsequenz ziehen und gegen den Eurofighter stimmen. Weder die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes würde durch einen Verzicht beeinträchtigt noch dessen technologische Leistungsfähigkeit. Die Mär vom Spin-off-Effekt militärischer Produkte auf zivile Entwicklungen ist schon lange widerlegt. Die antiquierte und zivil völlig unbrauchbare Eurofighter-Technologie stellt dies einmal mehr unter Beweis.


Dr. Wolfgang Menzel ist Mitarbeiter im Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg e.V. (RIB)

E-Mail:  w.menzel@gaia.de
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