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vom:
19.11.1999


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Rüstungsexport:

  Hintergrund-Informationen

Exportschlager Waffenlieferungen

Rüstungsexporte dienen nicht allein dem Profit, sondern auch der Außenpolitik

Jochen Hippler

Rüstungsexporte sind nützlich, sonst gäbe es keine. Aber oft konzentriert sich die Aufmerksamkeit nur auf das Naheliegende, nämlich den wirtschaftlichen Gewinn der Exportfirmen und das immer wieder vorgebrachte Arbeitsplatzargument.


Aber zu den wirtschaftlichen Gründen für solche Exporte gehört nicht allein das direkte Profitstreben der exportierenden Unternehmen, sondern viel mehr: Rüstungsproduktion kann heute nur noch betrieben werden, wenn die Stückzahlen sehr hoch sind. Die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten für Spitzentechnologie - und darum handelt es sich in der Regel -. lohnen sich eben nicht für einen kleinen Markt. Damit wird fast jede Rüstungsproduktion - mit der möglichen Ausnahme des großen US-Marktes - sehr schnell von Exporten abhängig. Wer also die Produktion von modernen Großwaffen in einem Land insgesamt abwürgen möchte, braucht eigentlich nur die Exporte zu unterbinden - dann schrumpft der Markt in fast allen Ländern auf einen Umfang, der die Produktion unprofitabel werden lässt. Es ist also kein Wunder, dass die Rüstungsindustrie und die an ihr Interessierten mit Zähnen und Klauen für Exporte kämpfen: sie würden sonst langfristig existenzgefährdend bedroht.

Aber Rüstungsexporte sind eben nicht nur wirtschaftlich und zur Aufrechterhaltung der eigenen Rüstungsindustrie bedeutsam, sondern auch politisch. Ihre potentielle Wichtigkeit liegt auf zwei Feldern: der langfristigen Bindung eines anderen Landes an das eigene und in der Einflussnahme auf die Innenpolitik des anderen Landes. Die Bindungswirkung vieler Rüstungsexporte ergibt sich daraus, dass Waffen- und Technologielieferungen meist nicht im luftleeren Raum erfolgen, sondern wichtiger Teil eines Gesamtpaketes sind. Entsprechende Großlieferungen haben jahrelange Wartungsverträge, die Lieferung von Ersatzteilen und die langfristige Ausbildung fremder Offiziere im eigenen Land zur Folge Es ist klar, dass solche Bindungseffekte vor allem dominanten Großmächten mit enegn Geflecht von Rüstungsexporten gelingen, ezwa den USA und früher der Sowjetunion und den ehemaligen europäischen Kolonialmächten. Militärische Ausrüstung und Ausbildung binden an den Exporteur; sowohl materiell und militärisch, als auch persönlich und psychologisch. Es sollte beispielsweise nicht vergessen werden, dass es seit den 50er Jahren kaum einen putschenden General in Lateinamerika gab, der nicht in der US-kontrollierten Panamakanalzone oder in den USA selbst ausgebildet wurde. So schafft man langfristig Einflusspositionen, selbst wenn sie irgendwann peinlich werden können - wofür General Noriega ein schönes Beispiel ist.

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Die Abhängigkeiten funktionieren auch andersherum: wenn ein Land eine grundsätzlich andere Richtung einschlagen möchte, wird das leicht durch die eigenen Waffenimporte erschwert. Beispiele sind etwa der Iran nach dem Sturm des Schah, der völlig von US-Rüstungslieferungen abhängig war und dann keine Ersatzteile mehr erhielt- womit er der ersten Angriffswelle des Irak 1980 fast schutzlos ausgeliefert war. Ähnliches galt für Nicaragua nach dem Sturz der Somoza-Diktatur und für andere Fälle. Umfangreiche Rüstungszusammenarbeit schafft Bindungen und Einflussnahme, sie erschwert politische Kurswechsel und Distanzierung vom alten Kooperationspartner

Damit sind wir bereits beim zweiten Punkt: der von Rüstungsexporten als Einflussnahme in fremde Innenpolitik. Wenn eine Armee nämlich mit US-amerikanischen, sowjetischen, deutschen oder französischen Waffen ausgerüstet ist, wird sie sich in aller Regel für gute Beziehungen mit diesem Land einsetzen. Sonst würde sie sich von der Quelle ihrer militärischen Stärke abschneiden. Darüber hinaus werden Rüstungsexporte mit der politischen Absicht oder der Wirkung unternommen, die inneren Verhältnisse eines Landes entweder zu stabilisieren oder zu untergraben: eine Regierungsarmee aufzurüsten bedeutet natürlich, die Opposition oder Widerstandsbewegung zu schwächen. Die Rüstungslieferungen an die Türkei erfolgten ja selten unter rein wirtschaftlichem Interesse, sondern um den NATO-Partner gegen die kurdischen Aufständischen zu unterstützen. Zugleich haben in vielen Ländern - und auch hier ist die Türkei ein gutes Beispiel, aber auch Pakistan unter der Diktatur Zia ul-Haqs wäre zu nennen - Rüstungslieferungen entweder das Militär gegen die zivile Regierung oder eine Militärdiktatur gegen die Zivilgesellschaft unterstützt.

In der aktuellen Diskussion um Rüstungsexporte, insbesondere in die Türkei, werden manche Aspekte selektiv ausgeblendet: zwar sollen sie ein politisches Signal an die Türkei sein; das sie stärker an Europa bindet mit sie doch politisch begründet werden. Aber dass genau durch sie das Militär auf Kosten der Gesellschaft, und damit die Organe der Repression und des Bürgerkrieges gegen die Kräfte der Menschenrechte und friedlichen Konfliktregulierung gestärkt werden - das interessiert nicht. Wenn man zugleich die Türkei näher an Europa heranführen möchte und in diesem Kontext immer wieder auf die Kurden- und Menschenrechtsfragen hinweist, dann signalisieren die massiven Waffenexporte genau das Gegenteil: dass nämlich die eigenen Erklärungen so ernst nicht gemeint sein können. Ausgerechnet eine Institution wie das türkische Militär, das nicht nur für zahlreiche Massaker und Vertreibungen verantwortlich ist, die der serbischen Politik in nichts nachsteht, sondern sich auch noch als selbsternannter Vormund über die zivile Politik und die Demokratie versteht.

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Der Text ist erschienen im "Freitag" Nr. 47 vom 19. November 1999

E-Mail:   post@jochen-hippler.de
Internet: http://www.jochen-hippler.de
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