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GKKE-Bericht
Kurzfassung


vom:
13.02.2001


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Rüstungsexport:

Rüstungsexportbericht 2000

Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)

Inhaltsverzeichnis

Anstelle eines Vorwortes

Teil I

Politische Stellungnahme

1. Die Fachgruppe Rüstungsexporte

1.1 Zusammensetzung und Auftrag

1.2 Überblick über die Schwerpunkte des Berichts

2. Zusammenhänge der Argumentation - Parameter der Beurteilung

2.1 Grundlegende Annahmen

2.2 Kriterien der Beurteilung

3. Deutsche Rüstungsexporte 1999/ 2000

3.1 Daten und Bewertung

3.2 Aktuelle Kontroversen

4. Deutsche Rüstungsexportpolitik 1999/ 2000

4.1 Die politisch-gesellschaftliche Debatte um Rüstungsexporte

4.2 Die Politischen Grundsätze vom 19. Januar 2000

4.3 Der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vom 20. September 2000

4.4 Stand des Berichtswesens über Rüstungsexporte in der Europäischen Union

5. Reform der Bundeswehr und Rüstungsexporte - der Bericht der Weizsäcker-Kommission

5.1 Der Stellenwert der Entwicklungspolitik in der sicherheitspolitischen Analyse

5.2 Rüstungsexport als Teil der Umstrukturierung von Streitkräften und Bewaffnung

6. Trends in der europäischen Rüstungsexportpolitik

6.1 Europäisierung der Rüstungsindustrie

6.2Der Trend der multinationalen Fertigung

6.3 Auswirkungen auf eine europäische Rüstungsexportpolitik

6.4 Der "Letter of Intent" von 1998 und seine Umsetzung

6.5 Die Dual-Use-Verordnung aus dem Jahr 2000

6.6 Die Rolle des Europäischen Parlaments und der Nicht-Regierungsorganisationen

7. Die Plage der Kleinwaffen - Herausforderungen an die Entwicklungspolitik

7.1 Symptome der Plage und Kleinwaffenhandel

7.2 Der Bedarf an Konfliktnachsorge

7.3 Ansätze, der Kleinwaffenplage zu begegnen

Teil II

Deutsche Rüstungsexporte 1999

Vergleichende Auswertung statistischer Quellen

1. Internationale statistische Quellen im Vergleich

2.Die Daten des "Rüstungsexportberichts 1999" im Vergleich

Schaubild: Deutsche Rüstungsexporte

Deutsche Grosswaffenexporte

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GKKE-Bericht
Kurzfassung
Anhang

1. Hinweise auf Möglichkeiten, sich weiter zu informieren

2. Mitglieder der Fachgruppe "Rüstungsexporte"





Anstelle eines Vorwortes

Auszug aus dem Statement von Prälat Dr. Karl Jüsten, Katholischer Vorsitzender der GKKE, und Prälat Dr. Stephan Reimers, Evangelischer Vorsitzender der GKKE, bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Rüstungsexportberichtes 2000 am 18. Dezember 2000 vor der Bundespressekonferenz in Berlin

Wie in den zurückliegenden drei Jahren stellt die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) heute erneut ihren Rüstungsexportbericht - dieses Mal also: den Bericht 2000 - vor. Herr Prälat Paul Bocklet hat vor einem Jahr an dieser Stelle gesagt, die Kirchen nutzten die "Adventszeit, das überhaupt nicht besinnliche, dafür aber umso besinnungsbedürftigere Thema der deutschen Waffenlieferungen in die Öffentlichkeit zu bringen". Diesem Wort möchten wir uns uneingeschränkt anschließen.

Wenn die GKKE heute zum vierten Male ihren Rüstungsexportbericht vorlegt, so kann man schon von einer wenn auch noch jungen Tradition sprechen - eine Tradition, an die wir auch in den kommenden Jahren anknüpfen wollen. Denn zum einen haben wir feststellen können, dass unser Bericht eine recht gute Resonanz in den Medien, aber auch bei politisch Verantwortlichen und in gesellschaftlichen Gruppen gefunden hat. Für viele Initiativen in und außerhalb der Kirchen ist der Rüstungsexportbericht der GKKE zu einer wichtigen Service-Leistung für die eigene Arbeit geworden - obwohl er mit seiner Mischung aus Daten und Fakten sowie Analysen des einigermaßen komplexen Bereichs der deutschen wie europäischen Politik gewiss keine ganz leichte Kost ist. Dem hier deutlich gewordenen Bedürfnis nach profunder Information wollen wir auch weiterhin entsprechen.

Mit der Institution eines jährlichen Berichtes wollen wir darüber hinaus versuchen, das schwierige Gebiet der Rüstungsexporte dem starken Trend einer politischen und medialen event-Kultur zu entziehen. Immer wieder haben wir alle ja in den zurückliegenden Jahren die Erfahrung machen können, dass bestimmte Einzelfälle - z.B. die Frage von Panzerlieferungen an die Türkei - in Öffentlichkeit und Politik viel Staub aufgewirbelt haben. Aber kurz nach solchen Eruptionen ist das Interesse an diesem Politikbereich dann wieder fast vollständig zusammen gebrochen. Dem gegenüber bemühen wir uns mit unserem Bericht um ein Stück Kontinuität in der Auseinandersetzung mit der Rüstungsexportpolitik und versuchen, die Gesamtausrichtung dieser Politik in den Vordergrund zu rücken.

Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung ist eine Einrichtung der beiden großen Kirchen in diesem Land. Sie ist zuständig für Fragen der Entwicklungspolitik und der Politik der internationalen Beziehungen. Diese thematische Ausrichtung bestimmt auch die Perspektive, mit der wir uns den Rüstungsexporten nähern. Für uns stehen die Gesichtspunkte der Entwicklungs- und der Menschenrechtsverträglichkeit im Vordergrund. Das Grundanliegen lautet: In der deutschen und der europäischen Politik des Rüstungstransfers dürfen wirtschaftliche Interessen und Interessen der Bündnispolitik nicht dominieren, auch wenn es sich um prinzipiell legitime Interessen handelt. Statt dessen muss ein Vorrang für Entwicklung und Menschenrechte sichergestellt werden.

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GKKE-Bericht
Kurzfassung
Gerade vor dem Hintergrund des Ringens um eine eigene europäische Sicherheitsidentität und der Bemühungen um einer Umstrukturierung der Bundeswehr ist die in den vergangenen Jahrzehnten eher restriktive Rüstungsexportpolitik Deutschlands neuen Herausforderungen ausgesetzt. Deshalb muss nachdrücklich daran erinnert werden, dass die durch Waffenlieferungen angeheizte Rüstungsdynamik in vielen Entwicklungsländern eine enorme Verschwendung von Ressourcen bedeutet. Durch Rüstungsexporte angetriebene Hochrüstung führt in vielen Fällen zur Destabilisierung zwischenstaatlicher Verhältnisse und damit zu einem Umfeld, das der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung entgegenarbeitet, ja solche Entwicklung gelegentlich sogar unmöglich macht und bereits erreichte Entwicklungsfortschritte zerstört.

Für die Grundausrichtung deutscher und europäischer Rüstungsexportpolitik ist zudem daran zu erinnern, dass Waffenlieferungen, die in kurzfristiger Perspektive als vertretbar oder sogar als sinnvoll erachtet wurden, nach einiger Zeit nicht selten in ganz anderem Licht erscheinen. Hier sei nur auf das Beispiel Indonesien hingewiesen.

Die Erfahrungen mehrerer Jahrzehnte lehren: In langfristiger Perspektive ist eine restriktive Politik der Waffenexporte nicht nur im Sinne einer politischen Moral vorzuziehen, sondern sie dient auch den eigenen wohlverstandenen Interessen. Vor allem berücksichtigt nur eine solche Politik angemessen auch die Belange der armen Länder und ihrer Bevölkerungen. Deshalb werden sich die Kirchen auch weiterhin für eine deutsche und europäische Selbstbeschränkung bei der Lieferung von Waffen und Rüstungsgütern einsetzen.





Teil I: Politische Stellungnahme



1. Die Fachgruppe Rüstungsexporte



1.1 Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hat im Jahr 1999 erneut eine Fachgruppe Rüstungsexporte berufen. Ihr gehören Vertreter der Kirchen und Fachleute von wissenschaftlichen Einrichtungen, der Entwicklungszusammenarbeit und aus Nicht-Regierungsorganisationen an. Seit 1997 veröffentlicht die Fachgruppe jährlich einen "Rüstungsexportbericht". Die Texte stellen die verfügbaren Daten über die deutsche Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern des Vorjahres zusammen und unterwerfen dieses Politikfeld einer ethisch angeleiteten Beurteilung. Die Fachgruppe will damit argumentativ eine politisch-gesellschaftliche Debatte darüber in der Absicht anregen,

(1)den Stellenwert der deutschen Rüstungsexporte im Kontext der Friedens-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zu unterstreichen,

(2)dieses Politikfeld transparenter werden zu lassen,

(3)aktuelle Auseinandersetzungen um deutsche Rüstungsausfuhren nicht zu einem Schauplatz politischer Auseinandersetzungen degenerieren zu lassen, die sachfremden Zwecken dienen und die Brisanz des Themas für Frieden und Entwicklung vernebeln,

(4)neuere, drängende Entwicklungen, zum Beispiel bei den Kleinwaffen, in den Zusammenhang von Frieden und Entwicklung zu stellen.



1.2 In diesem Jahr zieht der "Rüstungsexportbericht der GKKE" eine Bilanz der deutschen Politik während des zweiten Amtsjahres (1999/2000) der von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gestellten Bundesregierung. Dabei gilt es unter anderem zu fragen, ob und wieweit sich die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, wie sie am 19. Januar 2000 verabschiedet wurden, in der Praxis bewährt haben. Der am 20. September 2000 veröffentlichte "Rüstungsexportbericht" der Bundesregierung für das Jahr 1999 liefert einen weiteren Anlass, den aktuellen Stand der Rüstungsexportpolitik zu prüfen und in einen europäischen Kontext zu stellen. Andere Schwerpunkte bilden die anstehende Reform der Bundeswehr und die Rüstungskooperation unter den EU-Staaten mit ihren Konsequenzen für den internationalen Waffenhandel und den deutschen Rüstungsexport. Sie werden zunehmend den Referenzrahmen für das politische Handeln und das öffentliche Interesse bestimmen. Außerdem lenkt der Bericht die Aufmerksamkeit auf die Initiativen, der Verbreitung von Kleinwaffen entgegenzutreten. Ein statistischer Anhang stellt die jüngst von der Bundesregierung vorgelegten Daten in einen zeitlich weiterreichenden Zusammenhang und vergleicht sie mit Auskünften, die sich internationalen Statistiken über den weltweiten Rüstungshandel und über die deutsche Position dabei entnehmen lassen.



2. Zusammenhänge der Argumentation - Parameter der Beurteilung



2.1 Die Fachgruppe Rüstungsexporte geht von folgenden Annahmen aus:

(1)Eine Steigerung der Militärausgaben in den ärmeren und armen Regionen der Welt schränkt in der Regel deren Ressourcen ein, um gerechtere Verhältnisse zu schaffen und den Weg zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Entwicklung zu ebnen. Rüstungskäufe und militärische Hilfen aus Industriestaaten an ärmere Staaten und Regionen hemmen deren wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Noch immer klaffen in vielen Entwicklungsländern Militär- und Sozialausgaben weit auseinander.

(2)Versteht man nachhaltige Sicherheit als ein zentrales politisches Ziel der Weltgemeinschaft, so muss sich eine zeitgemäße internationale Sicherheitspolitik der wachsenden Kluft stellen, die sich zwischen dem Interesse an einzelstaatlicher oder regionaler Sicherheit und dem Anliegen, für die Menschen jenseits der Industriestaaten Frieden und Wohlergehen zu gewährleisten, öffnet. Sie wird durch Rüstungsanstrengungen, einschließlich der Weitergabe von Waffen und militärischen Gütern, vergrößert. Die Menschen mit ihrem Bedürfnis, in Frieden zu leben, geraten unter den Druck einer ungebrochenen, wenn auch regional unterschiedlichen Rüstungs- und Konfliktdynamik. Das Leiden der Opfern interner und zwischenstaatlicher Auseinandersetzungen ist unerträglich.

(3)Rüstungsanstrengungen einzuschränken und Rüstungstransfers bindenden Kontrollen zu unterwerfen ist vernünftiger, als nach Kriegen, ökologischen Katastrophen oder wirtschaftlichen Zusammenbrüchen Not- und Katastrophenhilfe in die Wege zu leiten. Diese können zwar die unmittelbare Not lindern, beseitigen jedoch nicht deren Ursachen. Es ist nicht sinnvoll, dass inzwischen mehr Mittel aufgewandt werden, um die unmittelbaren Folgen von kriegerischen Auseinandersetzungen zu beheben, als dafür, langfristig Armut, Verelendung und Naturzerstörung als Gründen der Kriege entgegenzuwirken.

(4)Deutschland als eines der führenden Industrieländer mit steigendem Gewicht in der internationalen Politik kann sich seiner Verantwortung für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung sowie für friedliche Beziehungen in globalen wie regionalen Zusammenhängen nicht entziehen. Dem dürfen kurzfristige wirtschaftliche und politische Interessen nicht entgegenstehen. Die Entscheidungen über Rüstungsexporte werden zwar situativ getroffen, erweisen sich aber über die Zeit hinweg als Vorgänge mit langfristigen Folgen. Auch die deutsche Rüstungsexportpolitik wird immer wieder von einstmals unbedachten, aus heutiger Sicht verhängnisvollen Folgen eingeholt. Rüstungsexporte erweisen sich als ungeeignete Mittel, um entwicklungs- und menschenrechtsorientierte Imperative zu fördern, wie das Beispiel des aktuellen Streits um Rüstungslieferungen an die Türkei zeigt.





2.2 Die Beurteilung der deutschen Rüstungsexporte orientiert sich an folgenden Parametern:

(1)Der politische Umgang mit den Rüstungsexporten steht in unverzichtbarer Wechselbeziehung mit den Anstrengungen der Entwicklungszusammenarbeit. Ebenso muss er der Forderung nach Kohärenz der Ziele und Mittel genügen: Standards der Armutsbekämpfung, der Nachhaltigkeit und der Menschenrechte können nicht auf der einen Seite hochgehalten, auf der anderen Seite aber sogenannten "Sicherheitsinteressen", dem Aufbau einer "europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität" oder dem Wunsch nach wirtschaftlich-technologisch-industrieller Kooperation nachgeordnet werden. Der verhängnisvolle Zusammenhang von Rüstung und Kriegen sowie dem Scheitern von Entwicklungsperspektiven ist hinreichend bekannt und wissenschaftlich wie praktisch aufgeklärt. Die Einsicht verlangt, strukturelle Fehlentwicklungen umzukehren.

(2)Es ist unabdingbar, dass die Rüstungsexporte im Kontext einer Friedenspolitik gesehen werden. Deren Ziel ist es, Konflikte zu verhüten, sie gegebenenfalls einzuhegen und die Zerstörungen zu "heilen", die Kriege und Gewalt den Menschen, ihren politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebenszusammenhängen und der Natur zufügen.

(3)Die deutschen Rüstungsexporte, ihre wirksame Kontrolle und ihr Verhältnis zur Entwicklungspolitik sind inzwischen Teil der politischen und wirtschaftlichen Kooperation in der Europäischen Union. Das Interesse europäischer Staaten, die Rüstungsexportpolitik gemeinsamen europäischen Standards zu unterwerfen, hat aus Gründen der industriellen Kooperation und der politischen Opportunität zugenommen. Insofern werden Schritte zu einer abgestimmten Politik der Kontrolle von Rüstungsausfuhren auch zu einem Prüfstein, wie glaubwürdig Bekenntnisse zur Entwicklungsverträglichkeit im gemeinsamen Handeln der EU-Mitgliedstaaten sind.

(4)Deutschland hat über Jahrzehnte hinweg eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik verfolgt, verglichen mit der Exportpraxis anderer Staaten mit großer Rüstungsindustrie. Sie stützt sich auf entsprechende Vorschriften des Grundgesetzes und daraus folgender Gesetze. Sie sind in den Kanon des politischen Konsenses über deutsche Außenpolitik eingegangen. Es besteht kein Anlass, diese gewonnene Normalität zugunsten des Interesses aufzugeben, auf europäischer Ebene zu einer intensiveren Rüstungskooperation zu kommen. Die deutsche Politik kann sich in ihrem Beharren auf einen solchen Kurs auf politisch-gesellschaftliche Initiativen in vielen anderen europäischen Ländern stützen, die dafür eintreten, das Stichwort einer "ethischen Außenpolitik" nicht nur plakativ zu verwenden. Vielmehr reflektieren sie das verbreitete Verlangen, in der praktischen Politik ein hinreichendes Maß an Glaubwürdigkeit wiederzufinden.

(5)Deutschland ist jetzt dem Beispiel anderer Staaten gefolgt und hat mit dem eigenen Rüstungsexportbericht vom 20.9.2000 Daten über den deutschen Rüstungstransfer vorgelegt. Nach diesem ersten Schritt, der eine Regelmäßigkeit begründen soll, bleibt abzuwarten, ob sich dadurch die Transparenz insgesamt erhöhen und die Transfers von Waffen und Rüstungsgütern der Grauzone entkommen werden, in der sich bislang politische, militärische, wirtschaftliche und persönliche Interessen der Akteure mischen. Selbst wenn aus rechtlichen Gründen in Deutschland derzeit eine parlamentarische Kontrolle der Rüstungsausfuhren auf absehbare Zeit unwahrscheinlich ist, bleibt die umfassende Information des Bundestages und damit der Öffentlichkeit geboten.





3. Deutsche Rüstungsexporte 1999/2000



3.1 Daten und Bewertung

Nach Angaben des Rüstungsexportberichts der Bundesregierung - "Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter" - vom 20. September 2000 (siehe Ziffer 4.3 und Teil II mit dem statistischen Material) wurden im Jahr 1999 Kriegswaffen im Wert von 2,844 Milliardn Dollar exportiert. Wichtigste Empfängeländer waren Israel und die Türkei. Etwa 40 Prozent der Lieferungen gingen an Staaten außerhalb der NATO oder ihr gleichgestellte Staaten. Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um die Lieferung von Kriegsschiffen oder von Materialpaketen zu deren Herstellung.

Rüstungsgüter gemäß der Außenwirtschaftsverordnung im Wert von 6,576 Milliarden DM ausgeführt. Mit einem Anteil von 29 Prozent des gesamten Wertes war die Türkei der wichtigste Empfänger. Weitere 22 Prozent gingen in Entwicklungsländer, vor allem in den Nahen Osten (Israel und Vereinigten Arabische Emirate), nach Südkorea und Nigeria. In 41 Fällen wurde der Export von Kleinwaffen und Munition im Wert von insgesamt etwas mehr als 22 Millionen DM gestattet.

Die Fachgruppe Rüstungsexporte kommentiert die Daten des Rüstungsexportberichts der Bundesregierung (siehe auch Ziffer 4.3) in folgender Weise:

(1)Die Daten des Rüstungsexportberichts vom 20. September 2000 decken sich weitgehend mit den international verfügbaren Statistiken. Sie gehen jedoch über diese hinaus, weil sie auch Lieferungen jenseits von Großwaffen erfassen und zudem über verweigerte Ausfuhrgenehmigungen Auskunft geben. Dieser Gesichtspunkt ist insofern aufschlussreich, als dadurch eine nach Warengruppen differenzierte Genehmigungspraxis erkennbar wird: Es gibt zahlreiche Fälle, in denen einem Staat die Einfuhr bestimmter Güter erlaubt, die anderer aber verweigert wurde.

(2)Der Bericht der Bundesregierung bezieht sich allein auf das Jahr 1999. Deshalb verzichtet er darauf, die Jahresdaten in einen längerfristigen Kontext zu stellen. Sie werden nicht mit den Ausfuhren anderer Rüstungslieferanten verglichen. Gemessen an den Daten aus der ersten Hälfte der neunziger Jahre ist der deutsche Anteil am weltweiten Rüstungshandel zwar zurückgegangen, lässt aber, wie bereits im Vorjahr abzusehen war, für die kommenden Jahre eine erneute Steigerung erwarten. Schon im Vergleich zum Jahr 1998 ist die deutsche Ausfuhr von Kriegswaffen erheblich gestiegen, verursacht durch die Schiffslieferungen an die Türkei und Südafrika: Im Jahr 1998 hatte der Export noch einen Wert von 1,338 Milliarden DM, während er sich im darauffolgenden Jahr auf 2,844 Milliarden DM belief.


Der deutsche Anteil am weltweiten Handel mit Großwaffen betrug im Jahr 1999 nach Angaben von SIPRI circa 6,5 Prozent. Damit gehört Deutschland weiterhin zum Kreis der "großen Exporteure" und nimmt je nach Bewertung den vierten bzw. fünften Platz nach den USA, Frankreich und Russland und vor bzw. nach Großbritannien, aber noch vor China ein.


Abgesehen von dem Trend, dass der internationale Rüstungshandel weiter zunehmen wird, haben deutsche Lieferanten bereits umfangreiche Geschäfte, vor allem im Marinebereich (z.B. mit Südafrika, Israel, Brasilien), abgeschlossen, die demnächst realisiert werden. Neben Lieferungen der Rüstungsindustrie wird im Zuge der Umstrukturierung der Bundeswehr vermehrt der Export von sogenanntem Altmaterial der deutschen Streitkräfte eine Rolle spielen, außerhalb des Angebots der Rüstungsindustrie, bereits früher gelieferte Waffen und Ausrüstung zu modernisieren.

(3)Gemessen an den Willensbekundungen der Bundesregierung, gegen die Verbreitung von Kleinwaffen und entsprechender Munition vorzugehen, sprechen die Zahlen des Rüstungsexportberichts 1999 eine andere Sprache: In viele Staaten, in denen die Menschenrechte nicht geachtet werden und die in inneren Konflikten stehen, wurden ebensolche Güter geliefert. Dass der Wert dieser Lieferungen im Vergleich zu den Großwaffen mit circa 22 Millionen DM vergleichsweise niedrig ist, darf nicht über die Relevanz dieser Waren für die Gewalteskalationen hinwegtäuschen. Auch wenn diese Lieferungen unter die Warenkategorie der "Jagd- und Sportwaffen" fallen, ist nicht auszuschließen, dass sie auch in inneren Konflikten verwandt werden.


Die Fachgruppe teilt außerdem die Klage von Menschenrechtsorganisationen, dass Waffen und Geräte, die zu Folterzwecken geeignet sind, in dem Bericht der Bundesregierung keine Erwähnung finden.



3.2 Unter den Entscheidungen im Jahr 2000, die Ausfuhr von Kriegswaffen und Rüstungsgütern zu genehmigen bzw. zu verweigern, waren zahlreiche umstritten, darunter:

(1)die Lieferung von 1.200 Panzerfäusten nach Saudi-Arabien, die nach Presseberichten gegen die Voten des Außen- und des Entwicklungsministeriums erlaubt wurde;

(2)die Weigerung, militärisches Gerät an Taiwan und Computerausrüstung an die Türkei zu exportieren;

(3)die positiv beschiedene Anfrage der Vereinigten Arabischen Emirate nach einer größeren Anzahl von ABC-Spürpanzern vom Typ Fuchs;

Ungewiss ist, ob und wie die Bundesregierung in dem Fall reagiert, dass seitens der Türkei um die Lieferung von 1.000 Panzer des Typs Leopard II nachgesucht wird (siehe Ziffer 4.2). Mit weiteren Widersprüchen in der Praxis ihrer Rüstungsexportpolitik sieht sich die Bundesregierung auch durch die bereits getroffene Entscheidung konfrontiert, eine Munitionsfabrik durch die Firma Fritz Werner in die Türkei exportieren zu lassen. Dabei handele es sich - so die Befürworter - nur um den Vollzug einer Voranfrage, die die vorangegangene Regierung bereits positiv beschieden hatte. Außerdem diene die Anlage, an deren Fertigung auch Unternehmen in Frankreich und Belgien beteiligt sind, vor allem dazu, den NATO-Partner Türkei in den Stand zu versetzen, seine Truppen mit Munition auszustatten, die den NATO-Standards entspreche. Andererseits ist offensichtlich, dass Deutschland nach den selbst gesetzten Maßstäben eigentlich eine derartige Fertigungsanlage nicht exportieren darf. Wenn die Menschenrechtslage in der Türkei ausschließt, dorthin den Leopard-Panzer zu liefern, dann gelte - so die Gegner der Entscheidung - dies allzumal für eine Munitionsfabrik. Zudem sei erst recht nicht gewährleistet, dass dort hergestellte Munition nicht auch zu anderen Zwecken eingesetzt werden wird und die Vorgaben zur Lizenzfertigung eingehalten werden.

Darüber hinaus macht die aktuelle Kontroverse deutlich, dass mit dem Instrument der "Voranfrage", wie sie potentielle Lieferanten bei angemeldetem Interesse von Kunden bei deutschen Genehmigungsbehörden stellen, sorgfältig umgegangen werden muss. Es ist dabei die Erwartung einer rechtlichen Bindung auszuschließen, soll das Genehmigungsverfahren als solches nicht entwertet werden. Dies droht auch, wenn unter der Vorgabe, dass sich die Umstände nicht grundlegend verändert haben, mit der Entscheidung über eine Voranfrage bereits die endgültige Entscheidung über die Ausfuhrerlaubnis vorweggenommen wird.



4. Deutsche Rüstungsexportpolitik 1999/2000



4.1 Auch im Jahr 2000 ist die deutsche Rüstungsexportpolitik nicht in ruhigere Gewässer gelangt, auch wenn sie im Endeffekt besser sein mag als der Ruf, den sie sich in den Vorjahren erworben hatte. Anstehende Entscheidungen über die Lieferung von Waffen und Rüstungsgütern dienten auch in den zurückliegenden zwölf Monaten immer wieder dazu, das Thema für anders motivierte Kontroversen zu missbrauchen. So sieht die Bundestagsopposition hier eine Möglichkeit, einen Keil zwischen die Regierungsparteien zu treiben. Die SPD als stärkste Regierungspartei wiederum fordert ihren Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen zu Bekenntniserklärungen heraus. Sie bringen die Partei in Konflikte mit ihren eigenen Anhängern, die durch die Regierungsbeteiligung ihre Prinzipien gefährdet sehen. Gleichzeitig kämpfen die verschiedenen Regierungsressorts um Dominanz in den Entscheidungsgremien, wie die trotz Geheimhaltung bekannt gewordenen Abstimmungsergebnisse im Bundessicherheitsrat offenbaren. Den Stimmen des Verteidigungs- und Wirtschaftsministeriums, unterstützt durch das Votum des Bundeskanzlers, unterlagen wiederholt das Außen- und das Entwicklungsministerium. Die Rüstungsindustrie, nicht selten flankiert von Gewerkschaften und Betriebsräten aus den Firmen, nutzt die Möglichkeiten, politisch-gesetzliche Spielräume zu ihren Gunsten auszuloten. Demgegenüber tun sich Öffentlichkeit und Nicht-Regierungsorganisationen schwer, ein kontinuierliches Interesse an den eigentlichen Fragen wachzuhalten und für Zustimmung zu einem weiterhin restriktiven Kurs zu werben. Nicht zuletzt verhindern fehlende personelle und finanzielle Kapazitäten, dass Reaktionen aus diesem Umfeld über den Status von "one-issue"-Unternehmen hinauskommen und ein wirksames Gegengewicht zu den Interessen bilden, die Beschränkungen des deutschen Rüstungsexports weiter aufzuweichen.

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GKKE-Bericht
Kurzfassung
So sehr solche Auseinandersetzungen zum politischen Alltag in Demokratien gehören, so können sie doch den Konsens im Grundgesetz in Frage stellen, dass Rüstungsexporte in der Regel einem friedlichen Zusammenleben von Menschen und Gesellschaften abträglich sind und eine nachhaltige Entwicklung beeinträchtigen. Insofern ist der Rüstungsexport als Thema der falsche Ort für politische Kampfrituale. Die Fachgruppe Rüstungsexporte warnt davor, den deutschen Rüstungsexport zu einem Reizthema politischer Debatten degenerieren zu lassen, bei denen es nicht um die Prinzipien und konkreten Fälle deutscher Rüstungsexportpolitik geht.

Auch wenn es gelingen mag, die öffentlich-politische Diskussion um die Waffen- und Rüstungstransfers zu versachlichen und von überlagernden Interessen zu befreien, bleiben die Mängel der politischen Praxis auf diesem Politikfeld offensichtlich.

(1)Der deutschen Rüstungsexportpolitik mangelt es trotz aller anders lautenden Absichtserklärungen an hinreichender Transparenz, trotz des Fortschritts, den die Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts der Bundesregierung immerhin darstellt. Öffentlichkeit und Parlament erfahren in der Regel erst nachträglich und nicht umfassend von getroffenen Abmachungen, denn unter dem rechtlich geschützten Siegel der Geheimhaltung werden Belange der Interessenten und der Lieferanten höher eingestuft als eine faire Information. Andersgeleitete politische Manöver beeinflussen immer wieder die Meinungsbildung. Dementsprechend umgibt eine Grauzone von Einflussnahme bis hin zur Bestechung diesen Politikbereich, und es bleibt der Justiz mit ihren bescheidenen Mitteln vorbehalten, im Nachhinein Gesetzesverstöße aufzuklären. Statt dessen wären Prävention und Durchlässigkeit im Vorfeld von Entscheidungen geboten.

(2)Die deutsche Rüstungsexportpolitik ist trotz mancher Anstrengungen immer noch nicht kohärent:

  Entwicklungspolitischen Gesichtspunkten wird zu wenig Bedeutung beigemessen. Wenn deutsche Außenpolitik Friedenspolitik sein soll, müssen Sicherheits- und Entwicklungspolitik Hand in Hand gehen. So lange das Eine gegen das Andere ausgespielt wird, werden die politischen Irritationen, die die Entscheidungen für und wider auslösen, kein Ende finden.


  Unwägbarkeiten trägt auch der unterschiedliche Grad an Verbindlichkeiten in dieses Politikfeld hinein, der den einzelnen Regelwerken beizumessen ist. Dies gilt vor allem für die Beziehung zwischen den nationalstaatlichen Vorschriften und den Absprachen auf EU-Ebene, zumal hier die Kompetenzen für Wirtschafts- und Sicherheitspolitik getrennt sind. Mit der sich abzeichnenden verstärkten europäischen Rüstungskooperation (siehe auch Ziffer 6.1) werden diese Differenzen noch zunehmen. Die Fachgruppe Rüstungsexporte rät der Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag von 1998 vorgesehen, in europäischen Zusammenhängen den restriktiven Kurs der Rüstungsexportpolitik nicht preiszugeben und statt dessen auf rechtliche Verbindlichkeit einer zurückhaltenden Praxis zu drängen, da sie zu den Konstanten deutscher Friedenspolitik zählt.

Die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien haben im Jahr 2000 zwei Anläufe unternommen, um den offenkundigen Defiziten der deutschen Rüstungsexportpolitik entgegenzusteuern. Der eine galt der Neufassung der "Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern", der andere der Vorlage eines "Rüstungsexportberichts". Beide Initiativen setzen neue Marken, die in Zukunft Maßstäbe zur Beurteilung der politischen Praxis liefern werden. Werden sie tatsächlich eingehalten, könnten sie einmal im Rückblick die Einschätzung rechtfertigen, dass die deutsche Rüstungsexportpolitik im Jahr 2000 doch besser als ihr Ruf gewesen sei.



4.2 Am 19. Januar 2000 hat die Bundesregierung eine Neufassung der "Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" verabschiedet. Die Regierung löste damit ein Versprechen ein, das die beiden Bundestagsparteien, die die gegenwärtige Regierung tragen, in ihrem Koalitionsvertrag von 1998 gegeben hatten. Vorangegangen waren allerdings zunächst ein mühsames, nahezu unergiebiges Ringen der verschiedenen Regierungsressorts um Formulierungen, die ursprünglich nur gering von den Grundsätzen aus den achtziger Jahren abweichen sollten, und dann ein handfester Streit unter den Koalitionären, ob die Bundesregierung die Lieferung eines Panzers an die Türkei genehmigen sollte, mit dem sich ein deutsches Unternehmen an einem internationalen Wettbewerb beteiligen wollte. Die Türkei hatte wissen lassen, vom Ausgang dieses Vergleichs umfangreiche Bestellungen abhängig zu machen. Deren Wert sollte nach Unternehmensangaben über mehrere Jahre hinweg 14 Milliarden DM erreichen. Angesichts der regierungsinternen Auseinandersetzungen unternahm man einen Neuanlauf, an dessen Ausarbeitung auch Mitglieder der beiden Parlamentsfraktionen beteiligt waren. (Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung hat im Februar 2000 durch ihre Vorsitzenden zu den neuen Politischen Grundsätzen Stellung genommen. Die Bewertung ist im Anhang zum Rüstungsexportbericht der GKKE für das Jahr 1999 veröffentlicht worden.)



4.3 Am 20. September 2000 verabschiedete das Bundeskabinett den "Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüstungsexportbericht 1999)", der dem Bundestag zugeleitet wird. Gemessen an der Aufregung, die in den Vormonaten die deutsche Rüstungsexportpolitik begleitet hatte, erfolgte dies vergleichsweise unauffällig - am darauf folgenden Tag war der Wortlaut des Berichts bereits auf der Internet-Seite des Bundeswirtschaftsministeriums zu finden. Ob dies bereits als "neuer Stil" regierungsamtlicher Informationspolitik zu werten ist oder nur den Umständen geschuldet war, wird sich zeigen, wenn aus der erstmaligen Veröffentlichung in den kommenden Jahren ein Regelfall wird. Von seiner Anlage her folgt der Bericht dem Muster anderer europäischer Staaten, die hier bereits beispielgebend gewirkt haben (siehe Ziffer 4.4).

(1)Als Ziel formuliert der Bericht: "Die Bundesregierung beabsichtigt, durch eine zusammenhängende Darstellung aller in diesem Zusammenhang relevanten Vorgänge zu einem höheren Maß an Transparenz beizutragen". (S. 1)


Die sprachliche Anhäufung von "Zusammenhängen" könnte als Zeichen tatsächlicher Verwirrung gewertet werden, die in einer offensichtlich zu behebenden Unübersichtlichkeit gipfelt. Immerhin gibt die Bundesregierung zu, dass es auf dem Feld der Rüstungsexportpolitik ein Defizit an Transparenz gibt und es noch möglich ist, die Durchlässigkeit zu steigern.

(2)Dass die Bundesregierung sich nach vielen vorangegangenen Ankündigungen entschlossen hat, einen umfassenden Bericht vorzulegen und sich nicht mit einer beschränkten Lösung zu begnügen, begrüßt die Fachgruppe Rüstungsexporte. Das vorliegende Opus beendet die frühere Praxis, entsprechende Zahlen und Kommentierungen erst dann zu veröffentlichen, wenn im Bundestag die entsprechende Anfrage einer Fraktion eingegangen war. Die Fachgruppe Rüstungsexporte hat bereits früher darauf verwiesen, dass dieses Verfahren immer wieder der Dynamik parlamentarischer Arbeit zum Opfer gefallen war, wenn andere politische Vorgaben die Agenda des Bundestages bestimmten. In den Vorjahren blieb oft genug eine solche Anfrage aus, und die Zahlen kamen nicht ans Licht der Öffentlichkeit. Insofern ist die noch einmal bekräftige Bereitschaft der Bundesregierung, nunmehr in ein regelmäßiges, jährliches Berichtswesen einzutreten, ein positives Novum, denn es entlastet die Abgeordneten davon, ihrerseits die Regierung zu veranlassen, die entsprechenden Daten offen zu legen. Das beharrliche Drängen vieler Nicht-Regierungs-organisationen, der Regierungswechsel im Jahr 1998 und das Beispiel anderer Staaten haben hier einen Wechsel der politischen Praxis in Deutschland erreicht.

(3)Der erste Abschnitt des "Rüstungsexportberichts" gibt Auskunft über das gesetzliche Regelwerk, das der deutschen Rüstungsexportpolitik zu Grunde liegt. Ergänzt wird es durch ausführliche Anlagen, die den aktuellen Stand der Gesetze, der Verordnungen, der Warenlisten und der einschlägigen europäischen Regelungen dokumentieren. Außerdem nennt der Bericht die verschiedenen staatlichen Instanzen, die in das Kontrollregime eingebunden sind.


Das Geflecht von Institutionen und Regeln ist in der Tat kompliziert und deckt mit der dargebotenen Komplexität auf, warum gerade auf diesem Politikfeld so viele Möglichkeiten für Rüstungsproduzenten und -händler bestehen, Entscheidungen in ihrem Sinne zu erreichen. Sie sind nachträglich kaum noch zu rekonstruieren, wie die Mühen der Justiz auf diesem Feld zeigen, wenn stichhaltige Anklagen zu erheben und Verstöße zu ahnden sind.

(4)Unter Ziffer I.4 erwähnt der Bericht das Instrument der "Voranfrage". Es ist in den Gesetzen und Verordnungen nicht vorgesehen, sondern hat sich in langjähriger Praxis eingespielt. Es soll Unternehmen erlauben, im Vorfeld möglicher Kaufverträge zu erkunden, ob die gewünschten Güter auch ausgeführt werden dürfen. Haben Unternehmen auf ihre Voranfrage einen positiven Bescheid erhalten, können sie mit einer Ausfuhrgenehmigung rechnen, "vorbehaltlich unveränderter Umstände". Ob sich dieser Vorbehalt auf die Situation in Deutschland als dem Lieferstaat oder auf das Empfängerland bezieht, bleibt in der Darstellung offen - eine Unklarheit, die einmal mehr im Sommer 2000 auftrat, als die Bundesregierung den Export einer Munitionsfabrik in die Türkei erlaubte und dabei auf die bereits Jahre zuvor von ihrer Vorgängerin positiv beschiedene Voranfrage verwies (siehe Ziffer 3.2).

(5)Der Bericht weist unter Ziffer I.5 darauf hin, dass im Berichtsjahr 1999 noch die "Politischen Grundsätze" in der Fassung von 1982 maßgebend waren. Die mittlerweile überarbeiteten politischen Richtlinien für die Genehmigungspraxis sind erst mit ihrer Veröffentlichung am 19. Januar 2000 wirksam geworden. Insofern gesteht der Bericht ein, dass es hier eine Lücke zwischen den politischen Zielen der seit 1998 amtierenden Bundesregierung, wie sie zunächst in den Koalitionsvereinbarungen vom 20. Oktober 1998 festgeschrieben worden waren, und den verfahrensmäßigen Regelungen gegeben hat. Sie ist eine Ursache der zahlreichen politischen Kontroversen um die Rüstungsexportpolitik, denen sich die Bundesregierung und die Koalitionsparteien in den zurückliegenden Monaten gegenüber gesehen haben. In den innenpolitischen Auseinandersetzungen ist der Verweis auf diese "Lücke" als vorgeschobenes Argument bezeichnet worden.

(6)Im zweiten Abschnitt des Berichts ordnet die Bundesregierung ihre rüstungspolitischen Entscheidungen den weltweiten Bemühungen um Abrüstung zu. Sie verweist insbesondere auf das im Jahr 1998 von Deutschland ratifizierte Ottawa-Abkommen, das die Herstellung, die Weitergabe und den Einsatz von Anti-Personenminen verbietet und deren Vernichtung vorsieht. Dagegen finden die in den zurückliegenden Jahren auf den Ebenen der EU und der UN in Gang gekommenen Bemühungen, der "Kleinwaffenplage" (siehe Ziffer 7) Herr zu werden, keine Erwähnung.

(7)Der dritte Abschnitt des Berichts stellt die deutsche Rüstungsexportpolitik in den Rahmen multilateraler Kontrollregime. Dazu zählen unter anderem die international verhängten Embargos, die Bemühungen der EU um eine einheitliche Rüstungsexportpolitik und das "Wassenaar-Arrangement" aus dem Jahr 1996. Dabei verhehlt die Bundesregierung nicht ihre Unzufriedenheit mit dem Stand der multilateralen Kooperation. Die von ihr genannten Defizite verdienen unter dem Aspekt Aufmerksamkeit, ob es gelingen wird, sie in Zukunft auszuräumen:


  Embargos schaffen zwar eine neue Rechtslage, reichen aber nur soweit, wie die Bereitschaft besteht, sie zu befolgen. Jedes verhängte Embargo setzt voraus, es einzuhalten oder dessen Einhaltung durchzusetzen. Gerade die aktuellen weltpolitischen Konfliktherde auf dem Balkan oder in Afrika zeigen jedoch, wie schwer solche kollektiven Absichtserklärungen oktroyiert werden können, wenn zugleich der gegenläufige Wille vorhanden ist, sie zu unterlaufen.


  Der EU-Verhaltenskodex vom 8. Juni 1998 (siehe auch Ziffer 6.3) hat bisher noch keine rechtlich verbindliche Übereinkunft gefunden. Außerdem ist das "Denial-Verfahren" - die Regelung, wie verfahren werden soll, wenn ein Staat ein Ausfuhrbegehren ablehnt und ein anderer Staat um Lieferung gebeten wird - transparenter zu regeln. Noch immer ist die Diskrepanz nicht aufgelöst zwischen dem Streben nach einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und dem im EG-Vertrag festgeschriebenen Recht der Staaten, Belange der eigenen Sicherheit, einschließlich der Herstellung von Waffen wie Rüstungsgütern und des Handels mit diesen Gütern, autonom zu handhaben (siehe auch Kommentierung der Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission unter Ziffer 5.3).


  Das "Wassenaar-Arrangement" aus dem Jahr 1996 ist kein völkerrechtlicher Vertrag, sondern nur eine politische Verpflichtung der 33 Mitgliedsstaaten. Nach Einschätzung der Bundesregierung funktioniert die Kooperation bei dem Transfer von "Dual-Use-Gütern" problemlos. Demgegenüber zeigen sich Defizite bei der wechselseitigen Information über Waffentransfers. Die Bundesregierung fordert deshalb mehr Disziplin und Transparenz bei den Lieferstaaten, was auf weitreichende Missstände schließen lässt, auch wenn Ross und Reiter nicht genannt werden.


  Die Bundesregierung verzichtet darauf, das seit langem bei der UN geführte Waffenregister einer Bewertung zu unterwerfen und Kontrollkonventionen für andere Weltregionen, zum Beispiel im Bereich der Organisation amerikanischer Staaten (OAS), als Vergleich heranzuziehen.


  Ebenso wenig werden die möglichen Folgen der inzwischen unter sechs europäischen Staaten vereinbarten Rüstungskooperation (siehe Ziffer 6.4) für die deutsche Rüstungsexportpolitik gewürdigt. Der Hinweis, der Bericht bezöge sich nur auf das Jahr 1999, erweist sich unter dem Gesichtspunkt, dass er erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 veröffentlicht worden ist, nicht als stichhaltig. Die Fachgruppe Rüstungsexporte hält es für notwendig, schon jetzt die Dimensionen dieser rüstungswirtschaftlichen Zusammenarbeit mitsamt der damit einhergehenden Verpflichtungen als Referenzrahmen für die deutsche Rüstungsexportpolitik zu berücksichtigen.

(8)Der vierte Abschnitt des Berichts stellt die genehmigten bzw. durchgeführten Exporte von Kriegswaffen und Rüstungsgütern dar. Dies geschieht freilich unter dem Vorbehalt des Rechts der am Verfahren Beteiligten, dass ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben. Wollte man den ansonsten anerkannten Anspruch auf Transparenz als demokratierelevantes Kriterium einlösen, müssten dem entgegenstehende Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) für die Fälle der Rüstungsexporte geändert werden, was politisch durchaus möglich wäre. So lange dies aussteht, sehen sich die staatlichen Instanzen - und dies gilt auch für den vorgelegten Bericht - unter der Strafandrohung des Strafgesetzbuches. Unter diesen Kautelen nennt der Bericht für das Jahr 1999 die erteilten Genehmigungen bzw. Ablehnungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern, gegliedert nach Empfängerländern und aufgeschlüsselt nach Produktgruppen und Werten (siehe Ziffer 3.1). Allerdings finden sich keine genauen Beschreibungen oder Stückzahlen der Lieferungen, wie sie das UN-Waffenregister für bestimmte Warenkategorien enthält.


Der Bericht verzichtet jedoch darauf, ausdrücklich die deutschen Zulieferungen zu Fertigungen in anderen Staaten aufzulisten. Sofern Lieferungen unter die Vorgaben des Außenwirtschaftsgesetzes fallen, werden sie zwar genannt, aber nicht von der Lieferung kompletter Systeme unterschieden.


Ferner finden sich keine Hinweise in dem Bericht, ob und inwieweit die geforderten Endverbleibskontrollen durchgeführt werden konnten oder wo sich Abweichungen gegenüber gemachten Zusagen der Empfängerländer haben verifizieren lassen.

(9)In einem Fazit betont die Bundesregierung, dass der Rüstungsexport gemessen an den deutschen Ausfuhren mit 0,3 Prozent im Jahr 1999 nur einen sehr geringen wertmäßigen Anteil hatte. Dieser Anteil sei zudem auf der gleichen Höhe wie im Vorjahr - eine Aussage, die insofern zu relativieren ist, als der deutsche Außenhandel in diesem Jahr seinerseits insgesamt noch einmal um insgesamt 3,9 Prozent gewachsen ist. Das wiederholte Bekenntnis zu einer zurückhaltenden Rüstungsexportpolitik würde sich erst dann in der Praxis bestätigen, wenn der Anteil des Rüstungsexports an den gestiegenen deutschen Ausfuhren nicht nur gleich bliebe, sondern abnähme.


Davon abgesehen verzichtet der Bericht darauf, eine Relation zwischen den deutschen Rüstungsausfuhren und den entwicklungspolitischen Anstrengungen herzustellen.



4.4 Die Fachgruppe Rüstungsexporte hat - wie viele Nicht-Regierungsorganisa-tionen - immer wieder den Mangel an Durchsichtigkeit in der Rüstungsexportpolitik europäischer Staaten beklagt. Dazu gehört es,

-die Genehmigungskriterien und den Ablauf des Genehmigungsverfahrens darzulegen;

-die Fälle von Ablehnungen und deren Gründe offen zu legen;

-detaillierte Angaben zu den erteilten Genehmigungen und den tatsächlich erfolgten Exporten zu machen, indem man Empfängerland und Empfänger (Streitkräfte, Polizei, Rüstungsgüterhersteller, Privatpersonen) identifiziert, das gelieferte Gut in Stückzahl und Produktbeschreibung benennt und die finanziellen Modalitäten des Transfers erläutert.

Auf diesem Gebiet haben die europäischen Staaten in den beiden zurückliegenden Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, indem (1.) sich die EU-Staaten seit 1991 an dem UN-Waffenregister beteiligen, (2.) die Mitgliedsstaaten der EU gemäß dem EU-Verhaltenskodex von 1998 regelmäßig berichten (siehe Ziffer 6.3) und (3.) die meisten Staaten jetzt eigene, zum Teil umfangreiche Berichte ihren Parlamenten vorlegen und sich damit von der früher üblichen Praxis der Geheimhaltung verabschieden.

(1)Das UN-Waffenregister erfasst Rüstungsgüter in sieben Kategorien (Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, großkalibrige Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Angriffshubschrauber, Kriegsschiffe sowie Raketen und Raketenwerfer) und nennt die jeweiligen Empfängerländer. Seit 1999 ergänzen die EU-Staaten die zahlenmäßigen Angaben durch genauere Produktbeschreibungen.

(2)Innerhalb der EU-Staaten lässt sich eine dreifache Abstufung nach dem Grad an Transparenz im Berichtswesen vornehmen:


(a) Zu der Gruppe der transparentesten Staaten gehören Großbritannien, Finnland, Italien und Irland.

  Großbritannien hat seinen im Jahr 1999 erstmals vorgelegten Bericht in diesem Jahr noch substantieller gestaltet. Der Bericht nennt nun für jedes Empfängerland Gesamtzahl und Wert der exportierten Rüstungsgüter, die Anzahl und den gerundeten Wert der erteilten Genehmigungen, die Anzahl der je nach Listenposition erteilten Genehmigungen und eine Auflistung aller Güter, für die eine Ausfuhrgenehmigung erteilt wurde. Auch wird eine nach Gütern differenzierte Übersicht abgelehnter Exportgesuche gegeben. Außerdem ordnet der Bericht die Genehmigungen bzw. Ablehnungen den jeweiligen nationalen wie europäischen Kriterien zu.


  Der finnische Bericht erfasst insgesamt neunzehn Kategorien von Waffen und Rüstungsgütern und schlüsselt deren Wert nach Empfängerländern auf. Im Internet werden erteilte Genehmigungen sofort veröffentlicht, sobald diese erteilt oder verweigert worden sind.


  In Italien erhalten das Parlament und die Öffentlichkeit seit Anfang der neunziger Jahre jährlich einen Bericht, zu dem sechs beteiligte Regierungsressorts ihre Informationen beisteuern, allerdings um den Preis, dass Nicht-Regierungs-organisationen deren Unübersichtlichkeit beklagen. Als einziges Land schlüsselt Italien Wert, Stückzahl und Waffentyp (aber nicht das Empfängerland) der erteilten Genehmigungen und tatsächlichen Exporte nach einzelnen Unternehmen auf. Für jedes Empfängerland nennt der Bericht den Gesamtexportwert. Das Verteidigungsministerium informiert zudem über die Empfänger militärischer Dienstleistungen. Einzigartig im europäischen Vergleich sind auch die Angaben über Finanzierungsmodalitäten der Rüstungsexporte.


  Irland tritt nur als Hersteller und Exporteur von Komponenten, die für militärischen Gebrauch bestimmt sind, und von "Dual-Use-Gütern" in Erscheinung. Es gibt keinen formellen Rüstungsexportbericht, jedoch veröffentlicht die Regierung monatlich auf dem Internet Statistiken mit Angabe der exportierten Güter und des jeweiligen Empfängerlandes.


(b) Einem Mittelfeld an Transparenz lassen sich Belgien, Deutschland (siehe Ziffer 4.3), Frankreich, die Niederlande, Portugal, Spanien und Schweden zuordnen, auch wenn sich die Praxis der genannten Staaten erheblich voneinander unterscheidet. Die Mehrzahl der Berichte enthält zumindest das finanzielle Volumen der Genehmigungen und/oder der Exporte, zum Teil aufgeschlüsselt nach Empfängerländern, -regionen und/oder Listenpositionen. Informationen zu Art oder Stückzahl bestimmter gelieferter oder zugesagter Waffen und Rüstungsgüter tauchen nicht immer auf.


  In Belgien besteht seit 1991 die rechtliche Verpflichtung der Regierung, dem Parlament jährlich über die Umsetzung des "Gesetzes über Import, Export und Transit von Waffen, Munition und Material für den militärischen Gebrauch und verwandter Technologien" zu berichten. Inzwischen wird der Bericht auch veröffentlicht. Er nennt die Anzahl der Genehmigungen je Empfängerland in vier groben Kategorien von Waffen und Rüstungsgütern sowie den Gesamtwert aller Rüstungsexporte in einzelne Länder und Regionen. Einzigartig im EU-Vergleich ist, dass der Empfänger in den jeweiligen Ländern genannt wird, allerdings nur aufgeteilt in die Gruppen "Industrie" (bei Lieferung von Komponenten), "Privat" und "Andere". Bei den Ablehnungen gibt man den Gesamtwert der nicht erfolgten Exporte, aber nicht die Güterkategorie oder die Gründe dafür an.


  Die niederländische Regierung veröffentlicht seit 1998 jährlich einen Bericht, der über den Wert und die nach zwanzig Gruppen gegliederten Arten von gelieferten Waffen und Rüstungsgütern unterrichtet. In den Fällen, in denen ein Ausfuhrantrag abgelehnt wurde, liefern die Niederlande im EU-Vergleich die umfassendsten Informationen, indem sie das vorgesehene Bestimmungsland, eine ausführliche Beschreibung des gewünschten Gutes und den Grund der Verweigerung nennen und sich dabei auf das im EU-Kodex eingeführte Kriterienraster beziehen.


  Schweden war das erste europäische Land, das einen eigenen Rüstungsexportbericht - seit 1985 - vorgelegt hat. Im Blick auf den Grad an Transparenz spielt es freilich heute - im Gegensatz zur dort üblichen Einbindung des Parlaments - keine Vorreiterrolle mehr. In dem Bericht finden sich der Gesamtwert der erteilten Genehmigungen, aufgeteilt in die beiden großen Gruppen "militärische Ausrüstung für den Kampfeinsatz" und "andere militärische Ausrüstungen" und jeweils der Wert der Ausfuhren, nach Empfängerregionen und -ländern gegliedert . Der Bericht nennt auch den Wert der Güter, die er in 28 Kategorien aufschlüsselt. Ungewöhnlich im europäischen Vergleich ist, dass der schwedische Bericht für die größten Rüstungsfirmen auch den Wert der von ihnen ausgeführten Güter benennt.


  Der portugiesische Bericht enthält Informationen zu Genehmigungen und Exporten, mit Angaben zu Wert der Güter, unterschieden nach Empfängerland und -region. Obwohl er nicht als geheim eingestuft ist, ist er doch für die Öffentlichkeit schwer zugänglich.


  In Spanien gibt es seit 1998 einen jährlichen Bericht über Rüstungsexporte, der Angaben zu den Ausfuhren (Wert der exportierten Güter je Empfängerland und Exportwerte, in sechs Güterkategorien unterteilt) enthält. Über erteilte oder verweigerte Genehmigungen wird nicht informiert.


  Frankreich hat im Jahr 2000 zum ersten Mal einen Rüstungsexportbericht vorgelegt, der den Wert der eingegangenen Verträge und der Ausfuhren je Empfängerland nennt. Die ausgeführten Güter werden danach unterteilt, ob sie für den Einsatz zur See, zu Lande oder für die Luft bestimmt sind. Bei den aufgelisteten Ablehnungen nennt man die Kriterien gemäß des EU-Kodex, wobei Angaben zu Typ und Stückzahl fehlen. Außerdem erfasst der französische Bericht nicht die Transfers militärischer Güter im Rahmen militärischer Kooperationsabkommen.


(c) Am wenigsten transparent sind die Genehmigungspraxis und die Exporte aus Dänemark, Griechenland, Luxemburg und Österreich. Luxemburg hat zwar keine eigene Rüstungsindustrie und führt nur in geringen Mengen Jagd- und Sportwaffen aus, spielt aber als Finanz- und Bankenplatz im internationalen Rüstungshandel eine wichtige Rolle, zumal viele international tätige Firmen hier ihren Sitz haben. Griechenland und Österreich veröffentlichen keine Exportdaten, abgesehen von Meldungen zum UN-Waffenregister und im Rahmen des EU-Kodex. Statt dessen gibt es in Österreich einen als "vertraulich" klassifizierten Bericht. Dänemark hat zugesagt, zum Ende des Jahres 2000 erstmals einen eigenen Rüstungsexportbericht vorzulegen.


Neben den genannten Transparenzkriterien spielt zunehmend auch jenes der Zugänglichkeit eine zentrale Rolle. Die Exportberichte Schwedens, Finnlands und der Niederlande werden bereits ins Englische übersetzt und sind neben denen aus Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland im Internet zugänglich.


So lange die einzelnen EU-Staaten noch sehr unterschiedliche Aspekte ihrer Rüstungsexportpraxis offenlegen oder geheimhalten, ist ein präziser Vergleich auf diesem Politikfeld nahezu unmöglich. Deshalb hält es die Fachgruppe Rüstungsexporte zunächst für wünschenswert, dass die deutsche Seite in ihren Bericht die Informationen aufnimmt, die für andere EU-Staaten bereits zugänglich sind. Darüber hinaus zeigt sich der Bedarf, möglichst rasch ein Standardformat für die nationalen Rüstungsexportberichte aufzustellen, das sich unter den Gesichtspunkten der Durchsichtigkeit und des Vergleichs an den bestmöglichen Vorbildern orientieren sollte.



5. Reform der Bundeswehr und Rüstungsexporte



5.1 Am 14. Juni 2000 hat die Bundesregierung eine grundlegende Reform der Bundeswehr in die Wege geleitet. Vorangegangen war die Veröffentlichung des Berichts "Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr", den eine unabhängige Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker ("Weizsäcker-Kommission") erarbeitet hatte. Die politische Auseinandersetzung um die Reform der Streitkräfte entzündete sich vor allem an den verschiedenen Modellen für die personelle Stärke der Bundeswehr und deren Rekrutierung. Dagegen fanden die sicherheitspolitische Analyse der Weizsäcker-Kommission und die Perspektiven für den Auftrag und die daraus folgende Umrüstung wie Neuorganisation der Bundeswehr weitgehend Zustimmung.

Die Fachgruppe Rüstungsexporte nimmt dies zum Anlass, das Dokument einer kritischen Würdigung zu unterziehen, gerade weil sie um die breite Akzeptanz der darin enthaltenen Annahmen und Schlussfolgerungen weiß. Im Folgenden werden zunächst die allgemeinen Überlegungen unter entwicklungspolitischer Perspektive geprüft, bevor dann in einem zweiten Schritt die Ausführungen zum Rüstungsexport kommentiert werden.

(1)Die Weizsäcker-Kommission hält als "nicht-militärische Risiken" fest: "Unruhe und Not werden weiterhin große Teile der Erde erschüttern. Für die Mehrheit der Menschen bedeutet Sicherheit nicht nur die Abwesenheit militärischer Bedrohung, sondern Schutz vor existentiellen Lebensrisiken: Massenmigration als Folge von Unterentwicklung, Überbevölkerung und Hunger oder als Folge von Krieg im Kampf um Grenzen, Ackerland oder Wasser; die pandemische Ausbreitung von Krankheiten; Umweltzerstörung und Klimawandel. Sicherheitsvorsorge bedeutet deshalb auch, eine Entwicklungspolitik zu betreiben, die Konflikten vorbeugt, indem sie dem Übel dort entgegenwirkt, wo es entsteht. In diesem Sinne ist alle Entwicklungspolitik zugleich Sicherheitspolitik. ... Grenzüberschreitende Kriminalität, Menschen-, Waffen- und Rauschgifthandel untergraben die innere Sicherheit. Ein Anwachsen dieser Risiken kann die Autorität demokratischer Institutionen in Frage stellen. Diese Gefahr zu bekämpfen, erfordert verstärkte Zusammenarbeit in der Aufklärung, Ermittlung und polizeilichen Gefahrenabwehr..." (Ziffer 20 - 22 des Berichts).

(2)Als "militärische Risiken" sieht die Weizsäcker-Kommission die Gefahren, die Deutschland wie anderen Industriestaaten aus den langfristigen rüstungstechnologischen Fortschritten in einer Reihe von anderen Ländern erwachsen könnten. Dies gilt vor allem für die Entwicklung von Trägerwaffen mittlerer und interkontinentaler Reichweite, abgesehen von willkürlichen Unterbrechungen der internationalen Kommunikation und von Störungen des Welthandels. Außerdem bleibt das Risiko, dass terroristische Gruppen sich in den Besitz hochzerstörerischer Waffen bringen - ein Akzent, den die Kommission mit einem Hinweis auf den Stellenwert der Medienberichterstattung solcher Vorgänge ergänzt: "Nüchterne Überlegung legt den Schluss nahe, dass Terroristen im Allgemeinen Regierungen unter Druck setzen wollen; dafür brauchen sie ängstliche Zuschauer, nicht ungezählte Tote. Es ist jedoch kein Verlass darauf, dass alle Terroristen sich dieser Logik beugen" (Ziffer 23 - 25 des Berichts).

(3)Die Weizsäcker-Kommission plädiert unter der Überschrift "Der europäische Imperativ" dafür, dass die Streitkräfte der EU-Staaten ihre Aufgabe als gemeinsam zu erfüllende ansehen und alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit nutzen sollen. Neben die Kooperation tritt die Notwendigkeit der Konvergenz. Die Kommission hält fest: "Treten europäische und deutsche Lösungen in Konkurrenz, hat die europäische Gemeinsamkeit Vorrang vor nationaler Optimierung" (Ziffer 51 des Berichts). Daraus leitet die Weizsäcker-Kommission die Empfehlung ab, bei der Beschaffung von Großsystemen (Flugzeugen, Hubschrauber, U-Booten, Schiffen) und bei Logistik und Ausbildung zusammenzuarbeiten. Außerdem fordert sie, die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit der Rüstungsindustrie zu fördern: "Es ist an der Zeit, dass sich die Rüstungsindustrie der EU-Mitglieder auf einen künftigen europäischen Markt hin organisiert" (Ziffer 58 des Berichts), auch wenn dies mit dem Abbau bisheriger Fertigungskapazitäten in Deutschland selbst verbunden ist. Davon werden vor allem Sektoren, in denen Deutschland bisher führend ist, so beim Panzerbau, bei Fahrzeugen, Rohrartillerie und Munition, betroffen sein. "Konsolidierte Kernfähigkeiten sollten national nur noch dann erhalten werden, wenn sich das mit künftigem Ausrüstungsbedarf begründen lässt, also bei Sensortechnik, Optronik, elektronischer Kampfführung, Radartechnik, Aufklärungstechnik und bei Präzisions- und Abstandswaffen und zielsuchenden Waffensystemen" (Ziffer 204 des Berichts).

(4)Die Weizsäcker-Kommission stellt fest, dass die Bundeswehr gegenwärtig für die neuen Aufgaben falsch ausgerüstet ist und Überkapazitäten aufweist. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Hauptwaffensysteme des Heeres halbiert werden kann, sieht man von fälligen Ab- und Umrüstungen bei Luftwaffe und Marine in kleinerem Umfang einmal ab. "Die Kommission empfiehlt, das in der künftigen Struktur nicht mehr benötigte oder bereits überzählige militärische Großgerät so schnell wie möglich zu verringern oder gänzlich auszusondern. ... Nach einer groben Schätzung können die Bestände an Kampf- und Schützenpanzern sowie an gepanzerter Artillerie etwa halbiert werden. Ebenso stark können die Stückzahl des Flugabwehrpanzers ROLAND und des Flugabwehrkanonenpanzers GEPARD schrumpfen. Da in Krisenzeiten die Fähigkeit zum Sperren von Gelände oder von Seeabschnitten an Bedeutung verliert, kann die Anzahl der Minen und Minenleger ebenfalls verringert werden" (Ziffer 200 des Berichts).

Aus der Perspektive der Fachgruppe Rüstungsexporte verdient der Bericht der Weizsäcker-Kommission folgende kritische Würdigung:

a)Die Fachgruppe teilt das entfaltete umfassende Verständnis von globaler Sicherheit, die nicht allein durch militärisch bestimmte Risiken gefährdet ist. Insbesondere gilt dies für die These, dass eine konsequent angelegte Entwicklungspolitik auch der weltweiten Sicherheit dient. Die Weizsäcker-Kommission hat zurecht auf den unübersehbaren Zusammenhang von Waffentransfer, Drogenhandel und grenzüberschreitender Kriminalität aufmerksam gemacht. Diese Faktoren sind Symptome tiefgreifender Zerrüttungen sozialer, ökologischer, wirtschaftlicher und politischer Zusammenhänge. Sie bilden den Nährboden für daraus erwachsende Krisen für Menschen und Gesellschaften sowie deren Zusammenleben. Deren Ursachen und Folgen können nicht von den Streitkräften bearbeitet werden. Vielmehr bedarf es dazu eines umfassenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ansatzes, der in seiner Konkretion auch einschließen mag, Polizei im Rahmen eines Rechtsstaats einzusetzen.

b)Gewiss trifft es zu, dass Industriestaaten sich in Zukunft einer wachsenden Rüstungsdynamik und rüstungstechnologischen Fortschritten gegenübersehen, die von anderen Teilen der Welt ihren Ausgang nehmen. Allerdings kann man nicht die Augen davor verschließen, dass die Industriestaaten weiterhin die wichtigsten Urheber, Promotoren und Vorreiter der Rüstungsdynamik sind. Nicht zuletzt die Vorschläge der Weizsäcker-Kommission selbst, die Bundeswehr im europäischen Kontext neu auszurichten und mit modernen Waffen und zukunftsweisender Rüstungstechnologie auszustatten, unterstreichen einen solchen Impetus. Auch wenn die Kommission noch einmal die Priorität der Abrüstung als politische Maxime festschreibt, ist der Bericht der Weizsäcker-Kommission kein Dokument der Abrüstungsidee. Er wird außerhalb der transatlantischen Welt ebenfalls nicht in diesem Sinne gelesen werden.

c)Aufmerksamkeit verdient der Hinweis der Weizsäcker-Kommission auf die zunehmenden Waffen- und Zerstörungspotentiale, die sich schon heute in den Händen von terroristischen Organisationen befinden. Die Grenzen zwischen ihnen und staatlichen Institutionen sind in vielen Unruhezonen der Welt fließend. Die Waffen gelangen in der Regel über legale wie illegale Kanäle dorthin. Die Fachgruppe Rüstungsexporte teilt die Einschätzung der Weizsäcker-Kommission, dass die Weltmedienöffentlichkeit - Stichwort: "die ängstlichen Zuschauer" - die Wirkung terroristischer Organisationen noch unterstützt.

d)Die Fachgruppe Rüstungsexporte begrüßt die Vorschläge der Weizsäcker-Kommission, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Zukunft vorrangig unter den Bedingungen der europäischen Integration zu gestalten (siehe im Folgenden Ziffer 6). Sie warnt jedoch davor, den damit verbundenen Um- und Rückbau der deutschen Rüstungsindustrie, die sich bisher auf dem Feld der Panzer-, Fahrzeug- und Artilleriefertigung profiliert hat, durch verstärkte Rüstungsexporte zu kompensieren.

e)Die Fachgruppe Rüstungsexporte geht mit der Weizsäcker-Kommission und deren Fazit konform, dass die Bundeswehr für einen neu definierten Auftrag gegenwärtig zu viele und die falschen Waffen hat. Damit eröffnet sich die Chance einer qualitativen Abrüstung, die noch über die neuen, auf dem Istanbuler Gipfel im Jahr 1999 getroffenen KSE-Abmachungen hinaus gehen könnte. Die Vorschläge der Weizsäcker-Kommission bleiben allerdings zu vage bei ihrer Antwort auf die Frage, was mit den überzähligen Waffen geschehen soll. Die Fachgruppe sieht die Gefahr, dass Altmaterial der Bundeswehr auf dem internationalen Rüstungsmarkt angeboten oder als Militärhilfe weiter gegeben und zur Aufrüstung anderer Staaten genutzt wird, sei es, um noch Einkünfte zu erzielen, sei es, um Kosten für die Verschrottung zu sparen oder aber um Konkurrenten auszustechen. Die Devise "prioritär verschrotten und nicht prioritär verkaufen!" verlangt grundsätzlich eine sorgfältige Prüfung, Planung und Umsetzung, wenn Rüstungsschübe anderenorts verhindert werden sollen.



5.2 Die Ausführungen der Weizsäcker-Kommission zum Rüstungsexport stießen auf keinen weiteren Widerspruch in der Öffentlichkeit und in politischen Zirkeln. Sie werden voraussichtlich die zukünftige Praxis anleiten. Am Schluss ihres Kapitels "Ausrüstung und Bewaffnung" widmet die Kommission dem Rüstungsexport zwei Textspalten und schreibt:

(1)"Die Kommission empfiehlt, die nationalen Richtlinien zum Rüstungsexport zu ergänzen und eine Harmonisierung der operativen Bestimmungen des Verhaltenskodex der EU für Waffenausfuhren anzustreben."

(2)"Rüstungsexport ist Teil der Außen- und Sicherheitspolitik. Im Rahmen der Entfaltung der gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik ist es unerlässlich, auch für den Rüstungsexport einvernehmliche Richtlinien und Verhaltensmaßstäbe zu entwickeln. Mit dem europäischen Verhaltenskodex ist ein Verfahren eingerichtet worden, um Grundsätze und Praxis der Mitgliedstaaten allmählich einander anzunähern. Langfristig muss der Artikel 296 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft entfallen. Er nimmt die gesamte Wehrwirtschaft von der Gemeinschaftsregelung aus und überlässt sie bislang nationaler Entscheidung" (Ziffer 205 des Berichts).

(3)"So lange dieser Rechtszustand anhält, steht der Rüstungsexport unter dem Primat nationaler außenpolitischer Grundsätze. Die deutschen Prinzipien zum Export von Rüstungsgütern sind im Januar 2000 neu formuliert worden. Die Kommission begrüßt den Ansatz, die Achtung der Menschenrechte als wichtigen Prüfstein festzuschreiben. Dennoch sind die Grundsätze noch immer in hohem Maße auslegungsfähig. Für eine weitere Modifizierung schlägt die Kommission folgende Kriterien vor:


  Rüstungsexporte in Staaten der NATO, der Europäischen Union und in zweifelsfrei demokratische Staaten sind grundsätzlich genehmigungsfähig.

  Rüstungsexporte kommen nicht in Frage in Staaten, die Menschenrechte gravierend verletzen.


  Der Export von schwimmendem Gerät kann grundsätzlich genehmigt werden, wenn keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. Die Beweislast liegt bei der Genehmigungsbehörde.

  Wenn der Empfängerstaat Partei des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages, der Konvention zum Verbot biologischer und bakteriologischer Waffen und der Chemiewaffenkonvention ist und kein Verdacht eines Vertragsverstoßes bekannt ist, sollte ABC-Schutzgerät grundsätzlich geliefert werden können.


  Im Übrigen gelten für den Export konventionellen Wehrmaterials die Grundsätze des europäischen Verhaltenskodexes für Rüstungsexporte, des Abkommens von Wassenaar, des Raketentechnologie-Kontrollregimes, ferner die Bestimmungen von Waffenembargos der Vereinten Nationen und der Europäischen Union" (Ziffer 206 des Berichts).

(4)"Vor dem Hintergrund der sich europäisierenden Rüstungsindustrie sollten sich die EU-Staaten bald auf eine einheitliche Interpretation der Durchführungsbestimmungen verständigen. Grundsätzlich darf eine deutsche Beteiligung an gemeinschaftlichen europäischen Rüstungsprogrammen durch eine nationale Sonderposition beim Rüstungsexport nicht gefährdet oder gar unmöglich gemacht werden" (Ziffer 207 des Berichts).

Der Umgang der Weizsäcker-Kommission mit dem Thema Rüstungsexport führt aus Sicht der Fachgruppe Rüstungsexporte zu folgenden kritischen Reflexionen:

a)Der Bericht der Kommission handelt die Fragen des Rüstungsexports in dem Kapitel "Ausrüstung und Bewaffnung" ab. Dabei bedient sie sich nicht der sonst üblichen sachlichen und rechtlichen Unterscheidung zwischen Kriegswaffen und Rüstungsgütern, sondern spricht pauschal vom Rüstungsexport oder beschwichtigend von der Ausfuhr von Wehrmaterial. Dies sollte aber nach Ansicht der Fachgruppe Rüstungsexporte nicht als Indiz für eine beabsichtigte Aushöhlung zu Grunde liegender Rechtsnormen dienen.

b)Die von der Weizsäcker-Kommission vertretene These, dass der Rüstungsexport Teil der Außen- und Sicherheitspolitik sei, wird nicht weiter entfaltet oder auf Überlegungen bezogen, wie sie die Kommission im grundlegenden Kapitel I ihres Berichts unter der Überschrift "Risiken und Interessen" dargelegt hat. Statt dessen dient der Verweis auf die außen- und sicherheitspolitische Dimension, ohne dass man noch einmal die entwicklungspolitische Seite der Probleme erwähnt hätte, dazu, den Primat der EU-bezogenen Regelwerke gegenüber nationalstaatlichen Eigenheiten festzuschreiben. So begrüßenswert der Europa-Bezug in der Argumentation der Weizsäcker-Kommission allgemein ist, so verhängnisvoll wäre er, wenn er dazu diente, den Grundlagen der bisherigen deutschen Politik ihren Boden zu entziehen. Ohnehin verzichtet die Weizsäcker-Kommission darauf zu klären, worin die postulierte Harmonisierung des EU-Verhaltens-kodex von 1998 bestehen soll: Zielt die Aussage auf die auch dort auftretenden Konflikte zwischen konkurrierenden Entscheidungskriterien oder aber auf die im Vergleich zur deutschen Genehmigungspraxis laxeren anderen EU-Staaten?

c)Dagegen erscheint aus Sicht der Fachgruppe Rüstungsexporte der Vorschlag der Weizsäcker-Kommission sinnvoll, den Art. 296 der EU-Verträge unter der Bedingung zu modifizieren oder gar zu eliminieren, dass die sicherheits-, demokratie- und entwicklungsbezogenen Komponenten jedes Rüstungsexports auch zur Geltung kommen und nicht wirtschafts- oder industriepolitischen Interessen untergeordnet werden.

d)Die Weizsäcker-Kommission ignoriert im Blick auf die Politischen Grundsätze vom 19. Januar 2000 deren komplexen Gehalt, wenn sie den Akzent allein auf die Menschenrechtssituation im Empfängerland von Rüstungslieferungen legt. Dagegen ist es aus Sicht der Fachgruppe Rüstungsexporte unverzichtbar, die Kriterien der nachhaltigen Entwicklung und des angemessenen Verhältnisses zwischen Sozial- und Militärausgaben auch weiterhin in Rechnung zu stellen. Insofern kann sich die Fachgruppe Rüstungsexporte nicht den Vorschlägen der Weizsäcker-Kommission anschließen, die Politischen Grundsätze im Sinne einer Vereinfachung zu verändern. Dies gilt auch für die Ausnahmeregelungen, die die Weizsäcker-Kommission generell der Genehmigung von Ausfuhren von "schwimmendem Gerät" zuteil werden lassen will. Ohne sich noch einmal mit dem stereotypen Argument auseinander zu setzen, mit U-Booten könne man nicht auf Demon- stranten schießen, berücksichtigt eine allgemeine Freistellung von Schiffslieferungen nicht die ökonomischen und sozialen Folgelasten, die maritime Aufrüstungsprogramme für viele Entwicklungsgesellschaften mit sich bringen. Nicht hinzunehmen ist ebenfalls die Anregung der Weizsäcker-Kommission, die Genehmigungsbehörde hätte ihrerseits dringende Einwände, die zudem gravierend sein müssen, zu begründen, da die bisherige Erfahrung zeigt, wie schwer sich deutsche Behörden immer wieder mit solchem Ansinnen getan haben.

e)Die Fachgruppe Rüstungsexporte schließt sich der Empfehlung der Weizsäcker-Kommission an, ABC-Schutzgeräte nur an solche Staaten zu liefern, die den entsprechenden internationalen Verträgen beigetreten sind. Wäre sie befolgt worden, hätte die Bundesregierung nicht die Lieferung von ABC-Spürpanzern an die Vereinigten Arabischen Emirate genehmigen dürfen. Diese gehören nicht zu den Unterzeichnern von ABC-Waffen-Kontrollregimen.

f)Die abschließende Warnung im Bericht der Weizsäcker-Kommission, nationale Sonderpositionen dürften der favorisierten Europäisierung der Rüstungsprogramme nicht entgegenstehen, darf nach Ansicht der Fachgruppe Rüstungsexporte nicht dazu führen, dass unter dem Vorzeichen einer propagierten "Normalität" die historisch gewachsenen und gesellschaftlich akzeptierten Vorbehalte gegen deutsche Rüstungslieferungen ins Ausland beseitigt werden. Vielmehr wäre im Aushandeln einer gemeinsamen europäischen Rüstungsexportpolitik auf diese Eigenheiten ebenso Rücksicht zu nehmen wie auf Interessen, die die Regierungen anderer Staaten artikulieren. Denn es stellt sich die Frage, ob die hier verdeckt kritisierte bisherige Zurückhaltung nicht ein essentielles Merkmal deutscher Außen- und Friedenspolitik ist und damit deren "Normalität" ausmacht.

Mit dem Bericht der Weizsäcker-Kommission und dem Rahmenkonzept "Die Bundeswehr sicher ins 21. Jahrhundert - Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf", das der Bundesverteidigungsminister vorgelegt hat und von der Regierung gebilligt worden ist, hat die anstehende Reform der Bundeswehr deutlichere Kontur angenommen. Von der praktischen Umsetzung wird auch die deutsche Rüstungsexportpolitik nicht unberührt bleiben. Für die Fachgruppe Rüstungsexporte stellt sich von daher die Aufgabe, auch in Zukunft politische wie praktische Weichenstellungen zu beobachten und unter ihren Kriterien kritisch zu beurteilen. Nach dem jetzigen Stand der Dinge besteht zumindest kein Anlass zur Beruhigung.



6. Trends in der europäischen Rüstungsexportpolitik



6.1 Seit den frühen neunziger Jahren findet eine zunehmende Konzentration der europäischen Rüstungsindustrie statt. Dieser Prozess vollzieht sich in Form von internationalen Übernahmen, Zusammenschlüssen, Joint Ventures, Konsortien sowie des zunehmenden Rückgriffs auf im Ausland produzierte Komponenten und Subsysteme. Die fortgesetzte Transformation der Rüstungsindustrie ist eine Reaktion auf noch immer bestehende Überkapazitäten und die Notwendigkeit, kostengünstiger zu produzieren (aufgrund der gesunkenen Nachfrage im In- und Ausland, der starken Konkurrenz anderer Anbieter sowie des Angebots gebrauchter, aber noch zeitgemäßer Waffen). Trotz bereits erfolgter Schritte in Richtung Rationalisierung und Konversion behindert die im Vergleich mit den USA fragmentierte Struktur der europäischen Rüstungsindustrie deren Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Exemplarisch genannte Entwicklungen signalisieren hier einen Kurswechsel:

(1)So schlossen sich, nach Zustimmung der Europäischen Kommission im Mai 2000, die Rüstungsunternehmen DaimlerChrysler Aerospace (DASA), Aèrospatiale Matra, Construcciones Aeronauticas (CASA) zur EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) zusammen. Dem war die nationale Konzentration der deutschen Luftfahrtindustrie vorausgegangen. Durch die vorgesehene Gründung eines Joint Ventures zwischen EADS und der italienischen Alenia Aeronautica, einer Tochter von Finmeccanica, soll der Einfluss des Unternehmens noch vergrößert werden. Mit der EADS und dem 1999 durch den Zusammenschluss von British Aerospace und Marconi Electronic Systems geschaffenen BAe Systems entstanden die beiden größten Rüstungskonzerne Europas.

(2)Im Bereich des Schiffbaus wurde 1999 der Zusammenschluss zwischen HDW und dem schwedischen Kockums Naval Systems entschieden; bei den Landsystemen hat sich Rheinmetall durch nationale und internationale Aufkäufe vergrößert. Insgesamt hat dieser Europäisierungsprozess die Struktur der deutschen Rüstungsindustrie grundlegend verändert, so dass eine nationale Industrie, wie auch in anderen westeuropäischen Staaten, nicht mehr klar abgegrenzt werden kann.



6.2 Diese Prozesse haben zur Folge, dass das Produktionsland nicht mehr eindeutig identifiziert werden kann und es somit noch schwieriger ist als bisher, nationale Anteile am weltweiten Waffenhandel zu bemessen. Kaum nachvollziehbar ist gegenwärtig die Zulieferung von Subsystemen und Komponenten, die öffentlich verfügbare Statistiken nicht erfassen. Auch innerhalb von Zusammenschlüssen und Joint Ventures sind die Ursprungsländer einzelner Teile eines Waffensystems oft schwer nachprüfbar. Relevante Informationen lassen sich im allgemeinen nur den einschlägigen Fachzeitschriften entnehmen, nicht aber regierungsoffiziellen Angaben.

Der französische Panzer LECLERC wurde für den Export in die Vereinigten Arabischen Emirate mit einem deutschen, von MTU gefertigten Motor ausgerüstet. Die Ausfuhr dieser Schlüsselkomponente wird aber in den verfügbaren Statistiken, wenn überhaupt, nur unter deutschen Ausfuhren nach Frankreich erfasst. Auch das schwedische Kampfflugzeug GRIPEN enthält neben britischen, amerikanischen, schwedischen und im Lizenzbau in Polen hergestellten auch deutsche Teile. Diese Teile werden, integriert in das Kampfflugzeug, als schwedischer Export erfasst und finden sich somit nicht in deutschen Rüstungsexportstatistiken.



6.3 Die Europäisierung der Rüstungsproduktion hat die Rahmenbedingungen der Exportpolitik grundlegend verändert. Europäische Regierungen sind unter Zugzwang gekommen, ihre Regelwerke für die Rüstungsexportpolitik an diese veränderte Realität anzupassen. Da Rüstungsgüter heute im allgemeinen international hergestellt werden, können auch Exportentscheidungen nicht mehr auf rein nationaler Ebenen getroffen werden. Vor diesem Hintergrund, unter dem Druck der Industrie, die auf eine Harmonisierung auf niedrigem Niveau drängt, sowie nicht zuletzt durch das Einwirken von NGOs, die gemeinsame restriktive, effektive und überprüfbare Regelungen fordern, wurde im Juni 1998 der EU-Verhaltenskodex für Rüstungsexporte beschlossen (für eine ausführliche Analyse vgl. GKKE-Rüstungsexport-bericht 1999).

Dies gibt zu folgenden Kommentierungen Anlass:

a)Die Fachgruppe Rüstungsexporte begrüßt, dass erstmals im September 1999 ein Bericht über die Umsetzung des Kodex veröffentlicht wurde und dies regelmäßig fortgesetzt werden soll. Daraus ist ersichtlich, dass die EU-Mitgliedstaaten sich intensiver als zuvor über ihre Rüstungsexporte austauschen und untereinander abstimmen. Leider enthält der erste Bericht kaum aussagekräftige Daten und erlaubt nicht zu beurteilen, wie der EU-Kodex von den einzelnen Mitgliedstaaten interpretiert und konkret umgesetzt wurde. So wird beispielsweise zwar die Anzahl der Genehmigungsverweigerungen genannt, aber es fehlen Angaben über Anzahl, Kategorie und Typ der erfassten Rüstungsgüter, über abgelehnte Empfängerländer und über die Kriterien, auf denen die Ablehnung beruhte. Dass dies möglich ist, zeigt der niederländische Rüstungsexportbericht für 1999, der für jede Genehmigungsverweigerung diese Angaben enthält (siehe Ziffer 4.4).

b)Ob die Genehmigungsverweigerung eines EU-Mitgliedstaates von einem anderen unterlaufen wurde (das sogenannte "undercutting"), wird nicht bekannt gegeben. Zwar wird die Zahl der Konsultationen benannt, die erfolgten, wenn dies beabsichtigt war. Aber die wichtigste Information in diesem Zusammenhang, nämlich das Ergebnis dieser Konsultationen, fehlt.

c)Zudem enthält der EU Bericht keine detaillierten Angaben zu den Genehmigungen, die von den Staaten erteilt wurden, sondern nennt lediglich das Gesamtvolumen der Exporte und die Gesamtzahl der erteilten Genehmigungen für jeden EU-Mitgliedstaat. Transparenz erfordert jedoch die Veröffentlichung von Stückzahlen, Kategorie und Typ der gelieferten Waffen und Komponenten, Empfänger, Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Lieferung sowie Finanzierungsbedingungen, u.a. Bürgschaften. Während nationale Berichte mehr oder weniger detaillierte Informationen zumindest zu einigen dieser Elemente liefern, verharrt der EU-Bericht auf einem niedrigen Transparenzniveau. Insgesamt ist also festzustellen, dass sich die Durchsichtigkeit dieses Politikfeldes durch den ersten Kodexbericht nur begrenzt erhöht hat.

d)Positiv ist der Einblick in die Arbeit der zuständigen Arbeitsgruppe "Konventionelle Rüstungsexporte", COARM, im EU-Ministerrat zu bewerten. Inwiefern der Kodex die einzelnen Behörden bzw. Regierungen in der Entscheidungsfindung beeinflusst hat, lässt sich leider aufgrund der verfügbaren Informationen nicht feststellen. Der zweite Jahresbericht wird erst zum Ende der französischen Präsidentschaft, d.h. Ende 2000, erwartet. Die Fachgruppe Rüstungsexporte fordert die Veröffentlichung eines substantiellen Berichtes, aus dem klar hervorgeht, wie der Kodex umgesetzt wurde. Sie drängt zudem darauf, mit der Veröffentlichung des zweiten Jahresbericht auch eine Überarbeitung des Kodex in Angriff zu nehmen. Der erste Bericht benannte zwar Schwachpunkte, verschob aber eine Verbesserung auf einen späteren Zeitpunkt. (Anregungen dazu enthält der GKKE-Rüstungs-exportbericht 1999.) Darüber hinaus beklagt die Fachgruppe Rüstungsexporte, dass die deutsche Politik und Öffentlichkeit noch zu wenig die Debatte im Europäischen Parlament zu dieser Thematik zur Kenntnis nehmen.



6.4 Die Rüstungsindustrie in der EU drängt auf einheitliche rechtliche und politische Rahmenbedingungen, da sie beklagt, dass nationale Unterschiede die Konsolidierung und den fairen Wettbewerb behindern. Sie fordert, einen gemeinsamen Markt für Rüstungsgüter zu schaffen, die Rüstungsexportkontrollen zu vereinheitlichen und zu vereinfachen sowie den Konsolidierungsprozess finanziell und politisch zu unterstützen. Allerdings waren frühere rüstungspolitische Verhandlungen im Rahmen der EU auf Grund unterschiedlicher Interessenlagen der Staaten wenig erfolgreich; auch die WEAG (= Western European Armaments Group) konnte nur begrenzte Ergebnisse erzielen.

(1)Mit einem "Letter of Intent" vom Juli 1998 begannen deshalb die sechs größten rüstungsproduzierenden Staaten der EU neue, konkrete Verhandlungen über einen gemeinsamen rechtlichen Rahmen für die Rüstungsproduktion. Sie erreichten einen vertragsfähigen Zwischenschritt, als am 27.Juli 2000 auf der internationalen Luftfahrtausstellung in Farnborough/England die Verteidigungsminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Schwedens und Spaniens ein Rahmenabkommen unterzeichneten, um die Umstrukturierung und gemeinsame Aktivitäten einer europäischen Rüstungsindustrie in die Wege zu leiten und politisch-rechtlich abzusichern. Gleichzeitig setzten die Minister Arbeitsgruppen ein, die die Kooperation im Detail weitertreiben sollen.

(2)Dieser völkerrechtliche Vertrag umfasst Versorgungssicherheit, Verfahren in Ausfuhrangelegenheiten, Behandlung sicherheitsrelevanter Informationen, Behandlung technischer Informationen, Forschung und Technologie sowie Harmonisierung des militärischen Bedarfs. Auf Grundlage des abgeschlossenen Vertrages sollen die Teilbereiche weiter ausgestaltet und in Folgeabkommen konkretisiert werden. In einigen Aspekten, u.a. bei der Versorgungssicherheit, einigte man sich lediglich auf vage Formulierungen. Die Initiative steht prinzipiell auch anderen europäischen Ländern offen, auch wenn sie nicht Mitglied der EU sind.

(3)Das von den nationalen Parlamenten, also auch dem Bundestag, zu ratifizierende Abkommen sieht u.a. vor, die Rüstungszusammenarbeit zwischen den Unterzeichnerstaaten zu erleichtern, zum Beispiel durch die Vereinfachung von Transfers zwischen den Vertragsstaaten. Auch wurde ein neues Verfahren für Entscheidungen über Rüstungsexporte vereinbart, wenn ein Produkt von zwei oder mehr Unterzeichnerstaaten gemeinsam hergestellt wird. Vor Beginn der Produktion erstellen die Regierungen der beteiligten Länder gemeinsam Listen möglicher Empfängerländer für spezifische Rüstungsgüter ("weiße Listen"), die je nach technischer Variante differieren können. Wenn sich die Situation in einem Empfängerland im Laufe der Jahre und Jahrzehnte, die zwischen Produktionsentscheidung und der Lieferung fertiger Waffen liegen, "einschneidend" geändert hat, z.B. durch eine "ernsthafte" Verschlechterung der Menschenrechtssituation, ist in einem komplizierten Verfahren vorgesehen, solche Listen auch zu ändern. Die Umorientierung der Politik eines Lieferstaates, z.B. durch Änderungen der gesetzlichen Grundlagen oder einen Regierungswechsel, wird dagegen nicht ausdrücklich als Grund für die Streichung eines einmal zugelassenen Empfängerlandes benannt. Damit verabschiedet man sich von dem bisherigen Prinzip, wonach die Verantwortung für einen Export dem Land übertragen wird, in dem die Endfertigung stattfindet. Deutsche Schlüsselkomponenten wurden so in der Vergangenheit von Frankreich exportiert, wobei die Bundesregierung wenn nicht auf ein Konsultations-, so doch auf ein Vetorecht verzichtet hatte. Das Instrument der "weißen Listen" erhöht zwar die Planungssicherheit der Rüstungshersteller und -lieferanten, stellt aber zugleich neue Anforderungen an die Transparenz einer darauf gründenden Exportpraxis.

(4)Wenn das Abkommen von fünf nationalen Parlamenten ratifiziert worden ist (in Großbritannien ist dies nicht nötig), wird es als erster internationaler Vertrag zu einer europäischen Rüstungs(export)politik weitreichende Folgen haben, wobei noch nicht abzusehen ist, wie sich die veränderten Entscheidungsverfahren für Rüstungsexporte auf die Praxis sowie deren Transparenz und statistische Erfassung auswirken werden.


Die Fachgruppe Rüstungsexporte macht in diesem Zusammenhang auf folgende positiv oder negativ zu bewertende Perspektiven aufmerksam:

a) Das jetzt erreichte Vertragswerk ist vorrangig darauf angelegt, die Rüstungskooperation im EU-Europa voranzubringen. Die damit einhergehende Harmonisierung der Exportverfahren ist demgegenüber eher ein Nebeneffekt. Angesichts dessen ist einmal mehr auf ein Höchstmaß an Transparenz zu drängen, um einen Missbrauch der Ermessensspielräume, wie sie der Vertrag vom 27. Juli 2000 gewährt, zu verhindern.


b) Positiv ist zu bewerten, dass der Vertrag den Unterzeichnerstaaten de jure ein Vetorecht bei Exporten von Kooperationsprodukten einräumt. Dies ist eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation. Derzeitige Praxis ist, dass der Zulieferer die letztliche Entscheidung über die Genehmigung oder Verweigerung von entsprechend gefertigten Kriegswaffen und Rüstungsgütern in die Hand desjenigen Staates legt, in dem der sogenannte Systemführer seinen Sitz hat. Dass hier eine neue Rechtsposition bezogen worden ist, lässt sich auch an der Kritik aus dem Umfeld der Rüstungsindustrie ablesen.


c) Zu befürchten ist allerdings, dass auf Staaten mit vergleichsweise restriktiven Rüstungsexportbestimmungen, zum Beispiel Deutschland oder Schweden, Druck ausgeübt werden wird, das Vetorecht nur in Sonderfällen wahrzunehmen. Im Verhandlungsprozess um die Listen werden möglicherweise Kompromisse mit Zugeständnissen in anderen Feldern der vertraglich geregelten Kooperation oder im Tausch mit je nach Lieferstaat und Produkt unterschiedlich bevorzugten Exportdestinationen erreicht. Der Einfluss einzelner Staaten auf die Festlegungen der Länderlisten hängt davon ab, in welchem Umfang sie jeweils an dem Vorhaben beteiligt sind. Umgekehrt kann das Verfahren dazu führen, dass das Interesse, an einem Kooperationsprojekt teilzunehmen, dem Anliegen übergeordnet wird, restriktive Kriterien bei der Exportentscheidung zur Geltung zu bringen. An die Stelle einer beispielsweise von Deutschland angestrebten grundsätzlich zurückhaltenden gesamteuropäischen Rüstungsexportpolitik kann die Politik eines gemeinsamen Nenners treten, der sich auf weichere Standards gründet.


d) Die Fachgruppe Rüstungsexporte sieht ein Risiko darin, dass die Verhandlungen und die daraus resultierenden Listen geheim gehalten werden. Ohne den Beteiligten einen bösen Willen zu unterstellen, hat sich in der Vergangenheit gezeigt, wie allein ein Höchstmaß an Durchlässigkeit und öffentlicher Teilnahme es verhindert, dass einseitig industrielle Interessen der Kostenminimierung oder der Markteroberung Oberhand gegenüber friedens- und entwicklungspolitischen Zielen erhalten. Ohnehin ist der jetzige Vertragstext für eine Lobbyarbeit der Rüstungsindustrie offen, wenn es dort heißt: "Wünscht die Industrie zu einem späteren Zeitpunkt die Aufnahme eines weiteren zulässigen Bestimmungsorts, so soll sie diese Forderung so früh wie möglich an die betroffenen Vertragsparteien herantragen, um in den Vorteil der in diesem Artikel niedergelegten Verfahren zu gelangen." Dass das Herantragen derartiger Forderungen nicht in neutraler Weise erfolgt, ist durch Rufe der Industrie nach Lockerung der Exportbestimmungen hinlänglich bekannt.


e) Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass der EU-Verhaltenskodex als Mindeststandard für Exportentscheidungen benannt wird. Auf Grund des breiten Interpretationsspielraums ist jedoch zu befürchten, dass der Verhaltenskodex im Sinne niedriger Standards interpretiert wird. Empfängerländer könnten Platz in den "weißen Listen" finden, denen unter nationalen Entscheidungsverfahren keine Rüstungsexporte genehmigt worden wären.


f) Die Fachgruppe Rüstungsexporte hält es für symptomatisch, dass eine sachliche öffentliche und parlamentarische Diskussion zu diesem Thema in Deutschland bisher nicht in Gang gekommen ist, weil Details der Verhandlungen bis zur Unterzeichnung geheim geblieben sind. Selbst danach veröffentlichte das deutsche Verteidigungsministerium den Text des Rahmenabkommens nicht, im Gegensatz zur Praxis anderer Länder, wie z.B. Schweden, wo er problemlos erhältlich und auch schon im Internet zu finden war.


g) Positiv bewertet die Fachgruppe Rüstungsexporte, dass im Gegensatz zu dem bisher gültigen Endfertigungsprinzip nun an Hand der gemeinsamen Entscheidungen über die Listen möglicher Empfänger einzelne Regierungen deutlicher zur Verantwortung gezogen werden können, wenn dem auch entgegenstehen mag, dass diese Listen nicht öffentlich verfügbar sein werden. Auch hier stellt sich wieder die Forderung, Parlamente und Öffentlichkeit in die Entscheidungszusammenhänge einzubeziehen. Wenn Regierungen und Administrationen dazu den Weg nicht öffnen, bleibt es den Parlamenten und der Öffentlichkeit aufgegeben, immer wieder darauf zu drängen.



6.5 Während die Harmonisierung der Exportregelungen für Rüstungsgüter noch relativ am Anfang steht, ist die Angleichung bei Gütern, die militärisch wie zivil nutzbar sind - den sogenannten "Dual-Use-Gütern" - weit fortgeschritten. Eine neue "Verordnung des Rates über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck" trat im September 2000 in Kraft. Sie basiert auf dem Dual-Use-Regime von 1995. Die EU konnte hier tätig werden, weil Dual-Use-Güter nicht unter Art. 296 des EU-Vertrages fallen, der es den Mitgliedsstaaten erlaubt, Rüstungsgüter von den Bestimmungen des gemeinsamen Marktes auszunehmen.

(1)Bestand das ursprüngliche Dual-Use-Regime aus einer Gemeinschaftsregelung und einem Beschluss des Rates im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, der im Anhang u.a. Exportkriterien und eine Liste der zu kontrollierenden Güter enthielt, so sind diese beiden Elemente nun integriert. Alle einschlägigen Güter und Technologien gehören nun in den supranationalen Bereich. Der Europäische Gerichtshof kann die Umsetzung der neuen Verordnung überprüfen.

(2)Die Verordnung vom September 2000 verschärft die sogenannte "catch-all-Klausel", nach der unter bestimmten Bedingungen die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern auch dann der Genehmigungspflicht unterliegt, wenn sie nicht in den umfangreichen Listen aufgeführt sind. Zum Beispiel erweitert die Verordnung die Informationspflicht der Exporteure. Sie müssen die zuständigen Behörden auch dann benachrichtigen, wenn ihnen bekannt wird, dass ein Empfänger, gegen den ein Waffenembargo besteht, ein auszuführendes Gut militärisch verwenden will. Bisher war eine solche Bestimmung nur auf die mögliche Verwendung für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen beschränkt.

(3)Die Verordnung legt den Entscheidungen über die Genehmigung bzw. Verweigerung von Ausfuhren die Kriterien des EU-Verhaltenskodex von 1998 zu Grunde. Zudem wurde ein multilaterales Konsultationsverfahren eingeführt, das dann wirksam wird, wenn zuvor ein Staat oder mehrere Staaten die Ausfuhr verweigert hatten. Die Fachgruppe Rüstungsexporte begrüßt die neue Verordnung für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern und dringt darauf, die hier vorgesehenen Konsultationspflichten zu generalisieren.



6.6 Die Entscheidung über die Ausfuhr von Waffen und Rüstungsgütern ist weiterhin eine Domäne der Exekutive. Gleichwohl interessieren sich nicht nur in den Staaten der EU, sondern auch darüber hinaus Menschen, Gruppen und Parteien verstärkt für das Handeln von Regierungen und Unternehmen auf diesem Feld. Ja, es hat den Anschein, dass die Rüstungsexportpolitik zum Prüfstein politischer Glaubwürdigkeit für Regierungen und Administrationen wird. Nicht ohne Grund durchzieht der Ruf nach größerer Transparenz nicht nur die jährlichen Rüstungsexportberichte der Fachgruppe Rüstungsexporte. Sie taucht auch in den Forderungskatalogen von Parlamenten und gesellschaftlichen Gruppen wie Verbänden auf. Ihr Anliegen profitiert davon, dass vielfältige Informationen, wenn auch nicht systematisch und offiziell deklariert, über vielfältige Kanäle erhältlich und kommunizierbar sind und das Pochen der Exekutiven auf Diskretion relativieren.

(1)Das Europäische Parlament (EP), das in seiner jetzigen Zusammensetzung aus allgemeinen Wahlen in allen EU-Mitgliedstaaten im Jahr 1999 hervorgegangen ist, ist formal nicht an rüstungsexportpolitischen Entscheidungsprozessen beteiligt. Es hat jedoch die ihm zur Verfügung stehenden Einflussmöglichkeiten genutzt und sein Interesse in einer Vielzahl von Entschließungen, schriftlichen und mündlichen Anfragen an Kommission, Rat und Präsidentschaft, sowie in eigenen Anhörungen zur Geltung gebracht. Nachdem allerdings im Frühjahr 2000 die Unterausschüsse für "Abrüstung und Sicherheit" und für "Menschenrechte" abgeschafft worden sind, hat sich die Zahl möglicher Foren verringert. Derzeit kümmert sich die informelle Arbeitsgruppe "Rüstungsexporte" des EP (European Parliament Arms Transfers Working Group) um dieses Thema.


In seinen Stellungnahmen, u.a. in Dringlichkeitsentschließungen, hat sich das EP kritisch zum EU-Verhaltenskodex und dessen Umsetzung geäußert. Ähnlich wie viele NGOs fordert es:


  eine Verschärfung der Menschenrechtskriterien;

  maximale Transparenz;

  parlamentarische Einflussmöglichkeiten,

  die Beteiligung aller EU-Mitgliedstaaten an Konsultationen über die Erteilung einer Genehmigung, selbst wenn diese bereits von einem Mitgliedstaat verweigert worden war;


  wirksame Kontrollen des Endverbleibs, der Lizenzproduktion und der Vermittlung von Waffengeschäften;

  die Einigung auf einen internationalen Verhaltenskodex und die Anwendung des Verhaltenskodexes durch Staaten, die sich um eine Mitgliedschaft in der EU bewerben.


Im "Bericht über den Jahresbericht 1999 des Rates über die Anwendung des Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren", der im Oktober 2000 vom Plenum verabschiedet wurde, mahnte der Berichterstatter Gary Titley von der britischen Labour Partei diese Prioritäten ebenfalls noch einmal an. Zudem kam das EP überein, jährlich eine Entschließung zu dem Jahresbericht des Rates zu verabschieden.


Die Fachgruppe Rüstungsexporte

a) begrüßt das Engagement des EP auf dem Feld der europäischen Rüstungsexportpolitik. Sie selbst sieht sich gefordert, ihre Überlegungen auch auf dieser Ebene zu präsentieren.


b) fordert, die Foren für eine inhaltliche Auseinandersetzung der Parlamentarier und damit der europäischen Öffentlichkeit zu erhalten, wenn nicht auszubauen;

c) beklagt, dass die Aktivitäten des EP, seiner Ausschüsse und Abgeordneten nur unzureichend in die deutsche Debatte vermittelt werden. Angesichts des Stellenwertes, den inzwischen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die Europäisierung der Rüstungsindustrie und die Restrukturierung der nationalen Streitkräfte einnehmen, mutet die in Deutschland zur Zeit anzutreffende Verengung der politischen Debatte um Rüstungsexporte auf ein innenpolitisches Kräftemessen als Anachronismus an.

(2)Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), zu denen ebenso die Entwicklungsagenturen der Kirchen zählen, begleiten den Europäisierungsprozess der Rüstungsindustrie und der -exportpolitik kritisch. Auf europäischer Ebene sind verschiedene Netzwerke zu diesem Thema entstanden, so ENAAT (European Network against the Arms Trade) oder das Forum Rüstungsexporte und zum Teilbereich Kleinwaffen ein Netzwerk europäischer NGOs innerhalb der IANSA (International Action Network on Small Arms). Eine Vielzahl von NGOs sind in ihren jeweiligen Staaten aktiv. Die Schwerpunktbereiche der Organisationen reichen dabei von Menschenrechten, Entwicklung, Abrüstung, Frieden bis zu humanitärer Hilfe.


Dabei bedienen sich die NGOs unterschiedlicher Aktionsformen. Pressearbeit, Stellungnahmen und Konferenzen decken Schwächen gegenwärtiger politischer Ansätze, z.B. des EU-Kodex, auf, mahnen deren Verbesserung an und informieren Parlamente und Öffentlichkeit über Gefahren gegenwärtiger Entwicklungen sowie über alternative Ansätze. Dabei erfahren die NGOs teilweise Unterstützung durch die Regierungen und Administrationen einzelner EU-Mitgliedstaaten wie Schweden oder Irland. Diese räumen gesellschaftlichen Initiativen mehr Bedeutung ein als zum Beispiel das deutsche oder französische System. Diese Arbeit ist von zentraler Bedeutung, wenn eine transparente, kohärente und effektive Rüstungsexportpolitik gefordert und der Lobbyarbeit der Rüstungsindustrie ein Gegengewicht entgegen gestellt werden sollen.


Die Fachgruppe Rüstungsexporte sieht ihre Tätigkeit im Einklang mit den Aktivitäten anderer gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen.



7. Die Plage der Kleinwaffen - Herausforderungen an die Entwicklungspolitik



7.1 Die Mehrzahl der 5 Millionen Menschen, die in den zurückliegenden zehn Jahren kriegerischen Gewalttaten zum Opfer gefallen sind, haben ihr Leben nicht durch den Einsatz von Panzern, Hubschraubern oder schwerer Artillerie verloren, was man gemeinhin mit moderner Kriegführung in Verbindung bringt, sondern durch Maschinengewehre, Handfeuerwaffen und Pistolen sowie durch einfache Granaten oder explodierende Minen. Mehr als 500 Millionen Kleinwaffen sind derzeit im Gebrauch, und in 43 von insgesamt 47 gewaltsam in jüngerer Zeit ausgetragenen Konflikten wurden Kleinwaffen als vorherrschendes Kampfmittel eingesetzt.

Die Verbreitung von automatischen Gewehren und kleinen Maschinengewehren hat paramilitärischen Banden eine Feuerkraft verliehen, die teilweise die regulärer Streit- oder Polizeikräfte weit überschreitet. Moderne Waffen dieser Art können mehr als hundert Schuss je Minute abgeben, einzelne Schützen somit in kürzester Zeit eine Vielzahl von Menschen töten. Mit der ungeheuerlichen Feuerkraft dieser Waffen wandeln sich oft genug ungeübte Zivilpersonen, ja Kinder, zu wahren "Tötungsmaschinen".

(1)Als "Kleinwaffen" werden Pistolen, Revolver, Gewehre und Karabiner bezeichnet. "Leichte Waffen" sind alle anderen Waffen, die ein oder zwei Menschen tragen können, also, Maschinengewehre, bestimmte Raketenwerfer oder kleine Mörser. Diese Arten von Waffen sind leicht und vielerorts erhältlich, relativ preiswert, leicht zu handhaben und langlebig. Anders als Großwaffen wie Panzer oder Flugzeuge werden sie von Regierungstruppen ebenso wie von irregulären Banden und Einzelpersonen eingesetzt. Ja, die Waffengesetzgebung in vielen Staaten erlaubt sogar den legalen Besitz solcher Waffen. (Im Folgenden werden beide Waffenkategorien unter dem Stichwort "Kleinwaffen" zusammengefasst, wie es dem weltweit üblichen Sprachgebrauch entspricht.)

(2)Der weltweite Handel mit Kleinwaffen und leichten Waffen nimmt stetig zu. Schätzungen gehen davon aus, dass mit Waffen dieser Art jährlich zwischen sieben und zehn Milliarden US-Dollar legal umgesetzt werden. Hinzu kommt die illegale Weitergabe solcher Waffen in der Höhe von zwei bis drei Milliarden US-Dollar.


Insgesamt ist es schwierig, den Handel mit dieser Art von Waffen statistisch zu erfassen, da er sich neben den legalen Aus- und Einfuhren vieler dunkler Kanäle bedient. Viele dieser Waffen werden durch Privatfirmen vermarktet. Auch wenn einzelne Staaten, wie z.B. die USA, jetzt begonnen haben, den Handel strengeren Kontrollen zu unterwerfen, so sind dennoch allein aus den Vereinigten Staaten im Jahr 1998 Waffen und Munition im Wert von 463 Millionen US-Dollar an 124 Staaten exportiert worden. Von diesen waren über dreißig in fortwährende innere Unruhen verstrickt, und in mindestens fünf Fällen sind Soldaten der USA oder von UN-Friedenstruppen mit Waffen und Munition attackiert worden, die nordamerikanischer Herkunft waren.

(3)Die wichtigsten Lieferanten sind Russland (mit dem AK-47-Gewehr und dem daraus abgeleiteten AK-74-China (mit der der AK-47 nachgebildeten Waffe vom Typ 56), Belgien (FAL-assault riffle), Deutschland (G-3-Gewehr), die USA (mit dem M-16-Gewehr) und Israel (mit der Uzzi-Maschinenpistole). Hinzu kommen die verschiedenen Nach- und Lizenzherstellungen, die in über 40 Staaten gefertigt werden.



7.2 Die Verbreitung der Klein- und Leichtwaffen hat zunehmenden Bedarf an humanitärer Hilfe geweckt, dem sich UN-Agenturen und internationale Hilfsorganisationen gegenübersehen. So ist der Umfang unmittelbarer Hilfsleistungen in kriegerischen Konflikten während der neunziger Jahre auf jährlich über 5 Milliarden US-Dollar angestiegen, während die anderen Entwicklungsleistungen kontinuierlich sinken. Kurzfristige Aktionen zehren die Mittel auf, die eigentlich für die langfristige Beseitigung der Übel von Armut, Verelendung und Krieg zur Verfügung stehen sollten. So haben bewaffnete Banden mit wenigen tausend Hand- und Leichtwaffen die Resultate langjähriger Entwicklungsanstrengungen wieder zunichte gemacht. Eine auf Frieden und Entwicklung ausgerichtete Politik sieht sich nun mit der Aufgabe konfrontiert, erst einmal zur Rehabilitation von Nachkriegsgesellschaften beizutragen.



7.3 Nun stehen die grassierende Verbreitung der "Kleinwaffen-Plage" und deren Bekämpfung seit mehreren Jahren auf der internationalen Tagesordnung. Im Juli 1998 kam es in Oslo zu einem Treffen von Vertretern aus 21 Staaten, darunter die USA, Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Japan, Mexiko und Südafrika. Im gleichen Jahr startete die EU eine entsprechende Initiative, und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist in dieser Frage zum ersten Mal mit einem gemeinsamen Programm hervorgetreten. Für das Jahr 2001 hat die UNO eine internationale Konferenz zu diesem Problemkomplex anberaumt. (Der GKKE-Rüstungs-exportbericht 1999 hat technische Möglichkeiten, dem Handel und Einsatz von Klein- und Leichtwaffen entgegenzuwirken, bereits vorgestellt.)

Es zeigt sich jedoch, dass es nicht ausreichen wird, dem erfolgreichen Modell der Anti-Personen-Minen-Konvention aus dem Jahr 1997 zu folgen. Denn immer noch erachten viele Staaten Einfuhr oder Produktion der Klein- und Leichtwaffen als unverzichtbar, um ihre innere Sicherheit aufrecht zu erhalten. Auch in Industriestaaten wie den USA gehört der Besitz von Kleinwaffen zum Alltag, und die Regierungen tun sich angesichts gesellschaftlicher Widerstände schwer, deren Missbrauch zu verhindern. Immerhin besteht ein Großteil der deutschen Waffenausfuhren in die USA aus eben diesen Waffen, wie der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung offenlegt.

Deshalb wird es eines mehrdimensionalen Ansatzes bedürfen, um den illegalen Handel mit Klein- und Leichtwaffen zu unterbinden, den legalen Transfer schärferen Kontrollen zu unterwerfen, parallel zur Förderung demokratischer Reformen und wirtschaftlicher Entwicklung, aber auch zu praktischen Schritten, um, wie im Fall der USA, die Nachfrage selbst einzudämmen. Im Einzelnen sollte sich der Ansatz der Rüstungskontrolle für Klein- und Leichtwaffen auf folgende Grundsätze stützen:

(1)So früh wie möglich sollten Informationen über die Konzentration von Klein- und Leichtwaffen in bestimmten Krisen- und Konfliktregionen gesammelt und veröffentlicht werden, um rechtzeitig Trends der politischen und gesellschaftlichen Destabilisierung die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen. Immerhin haben einige Lieferanten in den USA und in Kanada inzwischen begonnen, ihre Exporte öffentlich anzuzeigen, auch wenn es noch an einem systematischen und kompletten Erfassen solcher Transfers fehlt. Das UN-Waffenregister erfasst bisher nur die Weitergabe größerer konventioneller Waffen.

(2)Die größeren Lieferanten militärischer Güter sollten sich strengeren Standards für den Export unterwerfen. Auch wenn viele Klein- und Leichtwaffen auf dunklen Kanälen weitergegeben werden, sind es doch immer noch nur etwa zwölf Staaten, die für die größte Menge der Lieferungen verantwortlich sind. Zu ihnen gehören die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich - und eine Zahl anderer europäischer, asiatischer und lateinamerikanischer Staaten. Wenn sich diese Lieferstaaten auf ein gemeinsames, striktes Kontrollregime dieses Handels einließen, würde sich der Transfer von Waffen in Zonen politischer und gesellschaftlicher Instabilität erheblich verringern.

(3)Ansätze, die Nachfrage nach Klein- und Leichtwaffen zu mindern, sollten gefördert werden. Ein offensichtlich gelingendes Beispiel ist die Initiative der westafrikanischen Staatengruppe ECOWAS aus dem Jahr 1998, ein zumindest dreijähriges Moratorium für die Einfuhr solcher Waffen zu beschließen. Ausgegangen war es von der Friedensinitiative im Bürgerkrieg von Mali in der ersten Hälfte der neunziger Jahre, die sich auf die Hilfe internationaler Organisationen bei der Beseitigung der überzähligen Waffen stützen konnte.

(4)Jenseits dieser Schritte müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den illegalen Handel mit Klein- und Leichtwaffen zu unterbinden. Hier hat sich bisher vor allem die Organisation amerikanischer Staaten (OAS) um erste Maßnahmen bemüht, als im Jahr 1997 ihre Mitglieder sich entschlossen, die illegale Produktion und den schwarzen Handel mit diesen Waffen als kriminelle Handlungen einzustufen, nicht zuletzt um deren Koppelung mit dem Drogengeschäft und der Bandenkriminalität zu bekämpfen. Die US-Regierung bemüht sich, ähnliche Regelungen in die Transnational Organized Crime Convention einzufügen, über die derzeit in Wien verhandelt wird.

(5)Die Erfahrungen u.a. aus Angola, Ruanda, Somalia und Uganda zeigen, dass parallel zu solchen Schritten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um nach Erreichen von Friedensabkommen die ehemaligen Kombattanten wieder in die Gesellschaft zu integrieren. So wäre zu verhindern, dass die Kämpfer zu vagabundierenden Söldnern werden, die bereit sind, sich und ihre Waffen in anderen Konflikten zu verkaufen. Weitere gravierende praktische Probleme schaffen das Einsammeln und Zerstören der überzähligen Waffen. Abhilfe könnten hier bereits erprobte "Rückkauf-Programme" schaffen. Die EU und die Weltbank haben inzwischen Projekte begonnen, um die soziale und wirtschaftliche Rehabilitation von Nachkriegsgesellschaften zu fördern.


An die Bundesregierung richtet die Fachgruppe Rüstungsexporte die Forderung,


  ihre entwicklungs- und friedenspolitischen Maßnahmen in den von der "Kleinwaffenplage" betroffenen Regionen und Staaten fortzusetzen und zu intensivieren;

  das bewährte Engagement von NGOs auf diesem Feld intensiv zu berücksichtigen und weiter auf deren Expertise zu setzen;


  ihren auf verschiedenen Foren bekundeten Willen zu einer zurückhaltenden Rüstungsexportpolitik gerade für dieses Segment der Waffenausfuhren tatsächlich zu realisieren und auch auf andere Exporteure in diesem Sinne einzuwirken;


  sich im internationalen Kontext für ein effektives Regime zur Kontrolle des Transfers von Kleinwaffen einzusetzen.



Teil II



Deutsche Rüstungsexporte 1999
Vergleichende Auswertung statistischer Quellen




Vorbemerkung

Am 20. September 2000 hat die Bundesregierung ihren ersten "Rüstungsexportbericht" verabschiedet und dem Deutschen Bundestag zugleitet. Gleichzeitig wurde der Bericht auf den Internetseiten des Bundeswirtschaftsministeriums der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Bericht nennt für das Jahr 1999 die Genehmigungen für Rüstungsexporte gemäß Außenwirtschaftsgesetz bzw. Außenwirtschaftsverordnung und die tatsächlich erfolgten Ausfuhren von Kriegswaffen gemäß Kriegswaffenkontrollgesetz. Beide Abgrenzungen unterscheiden sich von denen, die in internationalen Statistiken üblich sind, denn die deutsche Übersicht enthält auch Lieferungen von Teilen, die in den internationalen Statistiken nur unvollständig erfasst werden.

Dennoch besteht damit zum ersten Mal die Möglichkeit, offiziell vorgelegte Daten und Kommentierungen mit international erarbeiteten Daten und Zahlenreihen zu vergleichen, längerfristige Trends zu identifizieren und die deutsche Position im weltweiten Rüstungshandel zu bewerten. Die nachfolgende Auswertung bezieht sich im ersten Teil auf die internationalen Statistiken und geht im zweiten Teil ausführlich auf den Rüstungsexportbericht der Bundesregierung ein.



1. Internationale statistische Quellen im Vergleich

Im Folgenden werden Angaben zu deutschen Rüstungsexporten aus folgenden internationalen Quellen analysiert:

-SIPRI-Datenbank zum internationalen Waffenhandel,

-Waffenhandelsdaten der US-Regierung und des US-Kongresses.

Die Daten des International Institute for Strategic Studies (IISS), London, die in den zurückliegenden Jahren im GKKE-Rüstungsexportbericht gelegentlich Verwendung fanden, sind hier nicht berücksichtigt, da sie nicht disaggregiert vorliegen.

Im GKKE-Rüstungsexportbericht 1997 waren die Unterschiede im Zuschnitt und in der Erfassung der Zahlen verschiedenen Ursprungs ausführlich diskutiert worden. Festzuhalten bleibt auch heute, dass zeitnahe Angaben weniger verlässlich sind als solche, die sich auf weiter zurückliegende Zeiträume beziehen. Deshalb ist geraten, Zahlen für das Jahr 1999 mit Zurückhaltung zu interpretieren, denn es ist zu erwarten, dass spätere Erkenntnisse sie nach oben korrigieren. Durchschnittswerte über mehrere Jahre versprechen größere Zuverlässigkeit.

Die Auswertung führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

1.Die vorliegenden Zahlen für 1999 zeigen für das Ende der 90er Jahre einen leicht ansteigenden Trend des bundesdeutschen Exports von Waffen und Rüstungsgütern, verglichen mit der Mitte der 90er Jahre. Das Niveau liegt allerdings immer noch unter dem der ersten Hälfte der 90er Jahre (Schaubild 1).

2.Allerdings ist davon auszugehen, dass die Rüstungsexporte im neuen Jahrzehnt deutlich ansteigen werden. Hauptgrund für den zu erwartenden Zuwachs sind eine Reihe von größeren Exportgeschäften, vor allem im Marinebereich. Diese bereits im letzten Rüstungsexportbericht der GKKE gemachte Prognose kann auf Grund der jetzt vorliegenden Daten zu Neuverträgen (Schaubild 1) als gesichert angesehen werden.

3.Der Wiederanstieg der deutschen Rüstungsexporte muss im Zeichen eines generellen Wachstums der weltweiten Rüstungsexporte gesehen werden. Die deutsche Rüstungsindustrie scheint aber, vor allem wegen der umfangreichen Exporte von Kriegsschiffen, überproportional von der Zunahme des weltweiten Waffenhandels profitiert zu haben.

4.Nach SIPRI-Angaben wurden 1999 Großwaffen im Wert von ca. 2,8 Mrd. DM exportiert (in laufenden Preisen und Wechselkursen, für Details vergleiche Tabelle 2). Die entsprechenden Angaben in der US-amerikanischen Datenbasis (CRS) zeigen Werte von 2,3 Mrd. DM für Lieferungen und 7,6 Mrd. DM für Neugeschäfte.

5.Die Werte der noch auszuführenden Bestellungen, die aus der US-amerikanischen Statistik hervorgehen, deuten auf eine dramatische Veränderung im deutschen Rüstungsexport hin. Während in den Jahren 1995-1997 relativ wenig Neugeschäfte abgeschlossen wurden, stiegen die Verkaufsvolumina in den Jahren 1998 und 1999 auf Rekordhöhe. Der Wert für 1998 beträgt nach den korrigierten Werten in der genannten Quelle 9,8 Mrd. DM, der für 1999 immerhin noch 7,6 Mrd. DM. Diese Bestellwerte von zusammen 17,4 Mrd. DM lassen ein Ansteigen des deutschen Rüstungsexports auch bei einer restriktiveren Rüstungsexportpolitik ab Januar 2000 erwarten. Umfangreiche Geschäfte, die bereits abgeschlossen wurden, aber über mehrere Jahre abgewickelt werden, betreffen Lieferungen von Panzern nach Spanien und Schweden, Kampffugzeugen (Eurofighter) nach Griechenland sowie von Kriegsschiffen nach Südafrika, Malaysia und in die Türkei. Weitere Angaben zur Größenordnung dieser Geschäfte finden sich im beigefügten Auszug aus dem SIPRI-Waffenhandelsregister (Tabelle 2).

6.Der deutsche Anteil am weltweiten Handel mit Großwaffen, der nach SIPRI-Angaben in der Mitte der 90er Jahre bei etwa 8 % (Mittel der Jahre 1994-96) lag, ist zwar deutlich zurückgegangen, betrug aber 1999 immerhin 6,5 %.


Nach der US-amerikanischen Statistik lag der deutsche Anteil an den weltweiten Lieferungen für 1994-96 bei 5% und für 1999 bei 3,5 %. Bei Neugeschäften waren die Anteile 3% für 1994-96 und 13,2 % für 1999.

7.Deutschland bleibt unter den "großen Rüstungsexporteuren. In der SIPRI-Statistik nimmt Deutschland 1999 den 4. Rang ein, nach den USA, Frankreich und Russland, aber noch vor Großbritannien. Nach den US-amerikanischen Zahlen für Lieferungen lag Deutschland 1999 auf Platz 5, hinter den USA, Großbritannien, Frankreich und Russland, aber z.B. deutlich vor China.

8.Wenn auch die Menge der Bestellungen 1998 und 1999 schwimmendes und fliegendes Großgerät betraf, hat der Export von Altgerät aus Beständen der Bundeswehr gegenüber der Mitte der 90er Jahre eine wieder zunehmende Bedeutung (Tabelle 2).

9.Für den überwiegenden Teil bundesdeutscher Rüstungsexporte werden andere Industrieländer als Abnehmer verzeichnet (Tabelle 1). Im längerfristigen Mittel der 90er Jahre gehen etwa zwei Drittel der Rüstungsexporte in Industrieländer, ein Drittel in Entwicklungsländer (definiert als außereuropäische Länder ohne USA, Kanada und Japan). 1999 ist in der SIPRI-Statistik vermutlich ein Ausreißer, der durch den hohen Exportwert nach Israel (U-Boote) zustande kommt. Der Anteil der Lieferungen an Industrieländer ist für Deutschland deutlich höher als im weltweiten Durchschnitt, wo er etwa ein Drittel beträgt. In den Angaben für Deutschland sind allerdings mögliche indirekte Lieferungen durch Re-Export von aus Deutschland gelieferten Bauteilen nicht berücksichtigt. Die Statistik der Neugeschäfte (CRS) deutet darauf hin, dass der Anteil der Entwicklungsländer auch in der nächsten Zeit konstant bleiben wird.

10.Die regionale Zuordnung der Empfänger zeigt einige Übereinstimmungen, aber auch Unterschiede zwischen den Quellen (Tabelle 1).

Größte Empfängergruppe nach SIPRI waren 1999, auf Grund der U-Boot-Lieferung an Israel, die Nahost-Staatengruppe, gefolgt von den NATO-Staaten und den Staaten in Asien (ohne Japan und Nahost). Lieferungen nach Südamerika, wohin lange kaum exportiert wurde, haben nach SIPRI 1999 auf Grund von Lieferungen nach Brasilien wieder zugenommen. Nach Afrika werden für 1999 keine Lieferungen verzeichnet. Größte Empfängergruppe unter den "Entwicklungsländern" nach US-amerikanischen Zahlen waren 1996-99 Asien und Nahost. Lieferungen nach Afrika wurden nicht verzeichnet. Durch die Verkäufe von Schiffen nach Südafrika lag Afrika aber bei den Bestellungen 1996-99 an erster Stelle, gefolgt von Asien.


Noch vor der Türkei und Griechenland war nach SIPRI-Zahlen 1999 Israel der wichtigste Abnehmer bundesdeutscher Rüstungswaren. Weitere wichtige Abnehmer im Jahr 1999 waren nach SIPRI Brasilien, Südkorea und Indien (Tabelle 1).

11.Nach SIPRI-Angaben wurden 1998 Großwaffen an 17 Länder geliefert, wovon 5 Entwicklungsländer waren. Wird der Betrachtungszeitraum 1993-1997 gewählt, so lieferte Deutschland Großwaffen insgesamt an 41 Länder, darunter 17 Entwicklungsländer.



2. Die Daten des "Rüstungsexportberichts 1999" im Vergleich

1.Nach amtlicher bundesdeutscher Statistik wurden 1999 Kriegswaffen im Wert von 2,844 Milliarden DM exportiert. Dies ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als Kriegswaffen im Wert von 1,338 Milliarden DM exportiert wurden. Wichtigste Empfängerländer waren, wie bei der SIPRI-Statistik, Israel und die Türkei (Tabelle 2). Ca 40 Prozent der Lieferungen gingen in Entwicklungsländer. Dies entspricht den Größenordnungen der internationalen Statistiken. 99 Prozent der Lieferwerte von Kriegswaffen an Entwicklungsländer betrafen Kriegsschiffe und Materialpakete zur Herstellung von Kriegsschiffen.

2.Insgesamt wurden 1999 9373 Einzel- und 62 Sammelgenehmigungen für den Export von Rüstungsgütern nach der Definition der Außenwirtschaftsverordnung erteilt. Der Gesamtwert der Genehmigungen betrug 6,576 Mrd. DM. Dies ist etwas höher als die entsprechende Angabe in der US-amerikanischen Statistik der Bestellungen. Mit weitem Abstand wichtigstes Land war die Türkei mit über 29% des gesamten Wertes aller Genehmigungen. Ca. 22 Prozent der Genehmigungen betrafen Entwicklungsländer. Wichtigste Region war der Nahe Osten mit einem Anteil von 14 Prozent an den gesamten Genehmigungen. Länder unter den Entwicklungsländern, für die Genehmigungen im Wert von mehr als 100 Mio. DM erteilt wurden, waren Israel mit 477 Mio. DM (vor allem U-Boote und Teile für Schiffe), VAE mit 336 Mio. DM (überwiegend LKW und Teile für gepanzerte Fahrzeuge), Südkorea mit 130 Mio. DM und Nigeria mit 119 Mio. DM (überwiegend Teile für Flugzeuge).

3.Insgesamt wurden für 67 Entwicklungsländer Genehmigungen erteilt, 20 in Afrika, 17 in Lateinamerika, 12 in Nahost und 18 in Asien. In vielen Fällen, die in Tabelle 2 nicht aufgelistet sind, wurde der Export von Kleinwaffen und Munition für geringe Kaufbeträge gestattet. Hierzu gehören in Afrika Botsuana, Burkina Faso, Cote d`Ivoire, Gabun, Ghana, Kap Verde, Kenia, Madagaskar, Malawi, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Tansania, Tunesien, Uganda; in Asien Hongkong, Mongolei, Neukaledonien, Papua-Neuguinea, Philippinen, Sri Lanka und Vietnam; in Lateinamerika Bolivien, Ecuador, Guyana, Kuba, Niederländische Antillen, Panama, St. Vincent, Trinidad und Tobago; in Nahost Jemen, Brunei, Katar und Libanon.

4.Wichtigste Warengruppen bei den Genehmigungen für Entwicklungsländer waren Kriegsschiffe, deren Export aber auf wenige Länder konzentriert ist. Der Export von Kleinwaffen und Munition hingegen wurde in 41 Entwicklungsländer gestattet, allerdings insgesamt mit einem relativ geringen Verkaufswert von etwas über 22 Mio. DM.

5.Insgesamt wurden 1999 85 Anträge abgelehnt. Diese Statistik ist nur bedingt aussagekräftig, da wenig erfolgversprechende Anträge in der Regel gar nicht gestellt werden. Trotzdem fällt auf, dass in vielen Fällen - etwa einem Drittel aller Länder, für die Genehmigungen ausgesprochen wurden - Anträge für Länder in einer Warenkategorie abgelehnt wurden, die in einer anderen Genehmigungen erhielten. Dies deutet auf eine nach Warengruppen differenzierende Genehmigungspraxis hin.



Schaubild 1: Deutsche Rüstungsexporte, unterschiedliche Quellen, in Millionen DM

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Deutsche Großwaffenexporte, Auszug aus dem SIPRI-Waffenregister

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ANHANG



1. Hinweise auf Möglichkeiten, sich weiter zu informieren

Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 1999 (Rüstungsexportbericht 1999), verabschiedet am 20. September 2000 (im Internet: http://www.bmwi.de/presse/2000/0920prm2.html)

Bundesausfuhramt: im Internet unter http://www.bafa.de.

Europäisches Parlament: Internet Website: http//www.europarl.eu.int.

Friedensgutachten 2000, herausgegeben von Ulrich Ratsch, Reinhard Mutz und Bruno Schoch, Hamburg/ Münster: Lit-Verlag 2000

Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr. Bericht der Kommission an die Bundesregierung, Berlin 2000 (Bezug über: Bundesministerium der Verteidigung, Presse- und Informationsstab. Referat Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 1328, 53 003 Bonn)

Grimmet, Richard F., Conventional Arms Transfers to Developing Nations, Washington, D.C.: Congressional Research Service (letzte verfügbare Ausgabe: RL 306-0, August 18, 2000

Saferworld (Ed.), Transparency and Accountability in the European Arms Trade, London 2000

Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), SIPRI-Yearbook 2000, Oxford: Oxford University Press 2000

SIPRI Internet Website: http://www.sipri.se. (Unter http://www.sipri.se/ armstrade/atlinks.html finden sich links zu allen im Internet verfügbaren nationalen Rüstungsexportberichten.)

US-Department of State. Bureau of Verification and Compliance (früher: United States Arms Control and Disarmament Agency ACDA), World Military Expenditures and Arms Transfers, Washington, D.C.: Governerment Printing Office, letzte Ausgabe 1998

Wisotzki, Simone, Die "vergessenen" Waffen. Das Kleinwaffenproblem als weltweite Bedrohung, in: Friedenswarte. Journal of International Peace and Organization, Bd. 75 (2000), Heft 2, S. 221 - 238



2. Mitglieder der Fachgruppe Rüstungsexporte

Dr. Bernhard Moltmann: Hessische Stiftung Friedens- und (Vorsitzender) Konfliktforschung, Frankfurt am Main

Sibylle Bauer: Institut d`Etudes européennes, Université Libre de Bruxelles

Dr. Michael Brzoska: Bonn International Center for Conversion

Veronika Büttner: Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin

Klaus Ebeling: Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr, Strausberg

Martin Herndlhofer: Pax Christi, Bad Vilbel

Andrea Kolling: BUKO-Kampagne "Stoppt den Rüstungs export", Bremen

Militärdekan Horst Scheffler: Ev. Wehrbereichsdekan IV, Mainz

konsultativ:

Dr. Wolfgang Mai: Brot für die Welt, Stuttgart

Geschäftsführung:

Ulrich Pöner: Katholische Geschäftsstelle der GKKE, Bonn

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