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Februar 2001


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Uranmunition und andere Verstöße

 Pressestimmen

Pressestimmen 5.2.-11.2.2001

diverse Zeitungen

05.02.2001

Gießner Anzeiger: "Alle Berechnungen neu machen"

Donau Kurier: EADS-Gelände weist heute keine Uranrückstände auf

FZ: Unterlagen in den USA

06.02.2001

rtr: Portugiesische Forscher: Keine Gefahr durch Uran-Munition

Welt: Kommission: Uran-Munition keine Gefahr

08.02.2001

HH Abendblatt: Ein Krebsforscher warnt Scharping

09.02.2001

Augsburger Allg.:Untersuchungsausschuss zu Uran-Munition abgelehnt





Quelle: Gießner Anzeiger 05.02.2001

"Alle Berechnungen neu machen"

Wissenschaftler fordern eine genauere Analyse der Uran- Munition aus dem Kosovo-Krieg - Plutoniumspuren sorgen für Verunsicherung

Von AP-Korrespondentin Emma Ross

LONDON (AP). Die Experten waren sich einig: Die Krebsfälle von Balkansoldaten können nicht auf den Einsatz von panzerbrechender Uranmunition zurückgeführt werden. Doch die Möglichkeit, dass die von den USA auf dem Balkan eingesetzte Munition auch andere radioaktive Bestandteile enthielt, lässt die Wissenschaftler ihre Einschätzung nun noch einmal überdenken.

Bislang gingen die Experten davon aus, dass das abgereicherte Uran aus reinem Erz stammt.

Doch inzwischen räumte das US-Verteidigungsministerium ein, dass in den im Kosovo-Krieg eingesetzten Granaten auch Spuren von Plutonium, Neptunium und Americium enthalten waren, Nebenprodukten aus Atomreaktoren, die wesentlich mehr Radioaktivität enthalten als abgereichertes Uran. "Alles hängt von den Mengen ab", sagt Dr. Michael Repacholi, Strahlenexperte der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die größten Sorgen bereitet den Gesundheitsexperten dabei das hochgiftige und radioaktive Plutonium.

NATO-Generalsekretär George Robertson hat wiederholt erklärt, die Balkan-Friedenstruppen seien keinem erhöhtem Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Auch US-Vertreter beschwichtigen: das in den Granaten enthaltene Plutonium sei so gering konzentriert gewesen, dass kein Schaden zu befürchten sei. Nun fordern WHO-Experten genaue Informationen von der amerikanischen Regierung, wie hoch die Konzentration des Plutoniums und der anderen radioaktiven Substanzen in der Munition war.

Die Diskussion über die Gefahren durch den Einsatz von Uranmunition löste Italien aus. 31 Soldaten sind dort nach ihrem Einsatz auf dem Balkan erkrankt, acht von ihnen starben, fünf davon an Leukämie. Zahllose Soldaten wurden daraufhin auf mögliche Strahlenschäden untersucht. UN-Umweltexperten prüfen die beschossenen NATO-Ziele auf dem Balkan auf Strahlenschäden, die NATO gründete einen Ausschuss um Informationen und Daten über Uranmunition zu sammeln, die WHO will in den kommenden sechs Monaten neue Studien anfertigen.

Mit dem Wissen, dass die Munition auch Plutonium enthielt, sei eine ganz andere Größenordnung erreicht, sagt Strahlenexperte Malcolm Grimson vom Londoner Imperial College of Medicine: "Nun muss man alle Berechnungen neu machen." Zuerst müssen die Wissenschaftler herausfinden, ob sich Krebserkrankungen bei Soldaten häufen. Erst dann ist die Frage nach der Ursache zu klären. Bislang sei ein Anstieg der Krebsfälle bei Balkansoldaten nicht bestätigt, erklärt Repacholi.

Krankheitsrisiko von der Dosis abhängig

Radioaktive Strahlung verursacht vor allem Lungenkrebs, doch um einen Anstieg der Fälle wahrzunehmen, ist es jetzt nach Expertenmeinung noch viel zu früh. Möglich, wenn auch weniger wahrscheinlich, ist das Auftreten von Leukämiefällen zwei Jahre nach einer Verstrahlung. Dazu sei allerdings eine hohe Dosis Radioaktivität nötig. "Man würde eher ersticken als so viel Staub zu inhalieren, dass die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung besteht", sagt Repacholi. Da Leukämiefälle vor allem dort zu beobachten sind, wo ein hohes Maß an Gamma-Strahlung auftritt, schließen die Wissenschaftler ein Krankheitsrisiko bei Alpha-Strahlung nahezu aus, wie sie bei abgereichertem Uran auftritt. Nach den Atombombenabwürfen in Hiroschima und Nagasaki, wo ein hohes Maß Gamma-Strahlung freigesetzt wurde, häuften sich dort drei Jahre später die Leukämiefälle. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand im Kosovo irgendetwas Ähnlichem ausgesetzt war", beruhigt der Leukämieexperte Professor Mel Greaves, der am Londoner Krebsforschungsinstitut arbeitet. Das Krankheitsrisiko sei "vollkommen von der Dosis abhängig." Deshalb wollen die WHO-Experten nun Aufklärung vom Pentagon.



Quelle: Donau Kurier (Ulm) 05.02.2001

Schrobenhausen: EADS-Gelände weist heute keine Uranrückstände auf

Ein Ergebnis von drei Testreihen steht noch aus

Schrobenhausen (mpy) Die Versuche mit abgereichertem Uran haben wohl bis heute keine Rückstände mehr hinterlassen. Das Landesamt für Umweltschutz hat am Donnerstag die von mehreren Kommunalpolitikern im Landkreis geforderten Messungen auf dem ehemaligen Versuchsgelände im Hagenauer Forst durchgeführt. Erste Ergebnisse liegen seit Freitag vor. Demnach sollte es heute keine Rückstände mehr auf dem Gelände geben.

Wie EADS-Sprecher Wolfram Lautner mitteile, wurden drei verschiedene Versuchsreihen durchgeführt. Zuerst gingen die Mitarbeiter mit einem Geigerzähler über das Gelände, um die so genannte Ortsdosisleistung festzustellen. Ergebnis: alles o. k. Danach wurde das Areal mit einem Gammaspektrometer auf eventuell verbliebene Rückstände einzelner Isotope untersucht; zusätzlich wurden Vergleichsmessungen in anderen Bereichen des EADS-Werksgeländes vorgenommen. Auch diese Tests ergaben keinerlei Hinweise auf Uranrückstände.

Um gegebenenfalls Rückstände von Alphastrahlung nachweisen zu können, wurden außerdem einige Bodenproben entnommen, die in den nächsten Wochen im Labor ausgewertet werden müssen. Nachdem die beiden ersten Tests aber negativ ausfielen, ist davon auszugehen, dass von den Uranversuchen, die in den siebziger und frühen achtziger Jahren auf dem Gelände stattfanden, heute keine Gefahr mehr für die Bevölkerung ausgeht.



Quelle: Fuldaer Zeitung 05.02.2001

Unterlagen in den USA

Wildflecken (FZ): Noch herrscht keine Klarheit über den Vorfall am 16. Mai 1990 auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken, bei dem möglicherweise zwei uranhaltige Granaten abgeschossen wurden.

Die US-Armee teilte laut "Mainpost" mit, dass die Unterlagen über das zehn Jahre zurückliegende Ereignis in den USA aufbewahrt werden. Sie seien vom Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg angefordert worden. Bestätigt habe man dort, dass die US-Streitkräfte schon kurz nach dem Vorfall Untersuchungen durchführten und zwar vom 15. bis 23. Juli 1990. Die Ergebnisse seien negativ gewesen.

Solange der Eiserne Vorhang Europa noch in zwei Blöcke teilte, seien ständig Panzer und Schützenpanzer der US-Armee mit Uran-Geschossen beladen. Heute, nach Ende des Kalten Krieges, sei diese Munition dagegen in Depots gelagert.

Für die Uran-Werte in Bodenproben vom Truppenübungsplatz bei einer Untersuchung aus den Jahren 1989 und 1990 (FZ vom 24.1.) hat Dr. Ulrich Siewers, Referatsleiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), eine Erklärung. Bei der Analyse seine winzige Spuren von Ton untersucht worden, an dem Uran sehr gut "kleben" bleibe. Die wesentlich niedrigeren Vergleichswerte aus dem Geochemischen Atlas Westdeutschlands von 1985 stammten dagegen aus der Untersuchung von deutlich größeren Partikeln. In denen sei zum Beispiel auch feiner Sand enthalten, der kein Uran aufnimmt, so Siewers. Die in Wildflecken maximal gefundenen zehn Milligramm Uran pro Kilogramm seien keineswegs besonders viel.

Auf Grund seiner Erfahrungen mit Untersuchungen auf anderen Truppenübungsplätzen geht Siewers davon aus, dass auf den untersuchten Flächen in Wildflecken vor 1990 nicht mit Uran-Munition geschossen wurde. "Das hätten wir sonst gefunden", ist er sich sicher. Über die Zeit danach, also nach dem Mai 1990, kann Siewers nichts sagen.

Die Proben wurden damals nur auf ausgewählten Schießbahnen des Truppenübungsplatzes Wildflecken genommen worden. Bereiche wie das Zielgebiet, die "Impact Area", waren von der Analyse ausgenommen.

Bei der Untersuchung der BGR wurde die Belastung von Wasser und Boden durch Schwermetalle untersucht. Uran war nur eines der vielen Elemente, nach denen dabei gesucht wurde. Nach organischen Verbindungen sei damals nicht geforscht worden, sagte Siewers. Daher wurde die Belastung der Gewässer auf dem Truppenübungsplatz durch Sprengstoffe erst Jahre später entdeckt. "Heute macht man das gleich mit", sagte er gegenüber der "Mainpost".



Quelle: Reuter, 06.02. - 05:17

Portugiesische Forscher: Keine Gefahr durch Uran-Munition

Lissabon (Reuters) - Eine Untersuchung portugiesischer Wissenschaftler hat keine erhöhte Strahlung auf dem Balkan durch die umstrittene Uran-Munition ergeben. Der Leiter der Untersuchungskommission, Fernando Carvalho, sagte am Montag in Lissabon vor Journalisten, es bestehe weder eine Gefahr für die örtliche Bevölkerung noch für die auf dem Balkan stationierten KFOR-Friedenstruppen. Die Werte der radioaktiven Strahlung seien völlig normal. Die Wissenschaftler waren von der portugiesischen Regierung im Januar auf den Balkan geschickt worden, nachdem der Verdacht laut geworden war, die von der NATO eingesetzte Uran-Munition könne im Zusammenhang mit Krebserkrankungen bei Soldaten stehen.

Für das so genannte Balkan-Syndrom gibt es Carvalho zufolge keinen Beweis. Weder bei den untersuchten portugiesischen Soldaten noch in Luft, Wasser und Nahrungsmitteln an ihren Standorten sei eine erhöhte Strahlung gemessen worden. Die Kommission habe allerdings die Untersuchung aller entnommen Proben noch nicht abgeschlossen, hieß es weiter.

Nach Angaben der NATO gibt es keine Beweise für einen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen bei auf dem Balkan eingesetzten Soldaten und der abgereichertes Uran enthaltenden Munition. Die Uran-Munition wurde von der NATO 1999 im Kosovo-Krieg sowie 1994 und 1995 in Bosnien benutzt und wegen ihrer Durchschlagskraft vor allem gegen gepanzerte Ziele eingesetzt. Mindestens sieben italienische Soldaten waren nach Einsätzen auf dem Balkan an Leukämie gestorben. Weitere Fälle von Blutkrebs sind unter anderem von Soldaten aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Portugal bekannt geworden. (seh)



Quelle: Die Welt 06.02.

Kommission: Uran-Munition keine Gefahr

Scharping fühlt sich bestätigt

Lissabon - Die Aufregung um Spuren von abgereichertem Uran, die in den vergangenen Wochen Westeuropa in Atem hielt - sie erwies sich als grundlos. Die Kommission aus portugiesischen Wissenschaftlern, die im Januar auf den Balkan gereist war, um den Zusammenhang zwischen den Rückständen der in Bosnien und während der Operation "Allied Force" im Kosovo verwendeten Panzer-brechenden Munition und einem erhöhten Aufkommen von Krebsfällen unter den auf dem Balkan eingesetzten Nato-Soldaten zu untersuchen, kam zu einem eindeutigen Ergebnis: Weder die Friedenssoldaten noch die Bevölkerung seien gefährdet. "Der Grad der Strahlung ist völlig normal", sagte der Leiter des Teams, Fernando Carvalho, auf einer Pressekonferenz in Lissabon.

Angefangen in Italien hatte sich die Angst vor den angeblich Krebs erregenden Rückständen der Munition schnell in Europa ausgebreitet. Das Nato-Hauptquartier in Brüssel versicherte mehrfach, man werde alle Bemühungen um Aufklärung unterstützen. In Deutschland geriet Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping unter Druck, da sein Ministerium angeblich versäumt hatte, die Bundeswehrsoldaten vor ihrem Balkaneinsatz sorgfältig über die möglichen Gefahren aufzuklären.

"Das Ergebnis der portugiesischen Untersuchungskommission bestätigt unsere eigenen Forschungsergebnisse", sagte Scharping gestern gegenüber der WELT. "Auch das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in München, das im Auftrag der Bundeswehr die möglichen Gefahren von uranhaltiger Munition untersucht hat, hat eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen." Und der Minister fügte hinzu: "Ich kann nur hoffen, dass sich die Diskussion auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschungsergebnisse versachlicht." Indes, die Erleichterung nach der Bilanz der Portugiesen ist ein wenig getrübt. Denn die Möglichkeit, dass die von den USA auf dem Balkan eingesetzte Munition auch andere radioaktive Bestandteile enthielt, lässt die Wissenschaftler ihre Einschätzung nun noch einmal überdenken.

Bislang gingen die Experten davon aus, dass das abgereicherte Uran aus reinem Erz stammt. Doch inzwischen räumte das Pentagon ein, dass in den im Kosovo-Krieg eingesetzten Granaten auch Spuren von Plutonium, Neptunium und Americium enthalten waren, Nebenprodukte aus Atomreaktoren, die mehr Radioaktivität enthalten als abgereichertes Uran. (rid/AP)



Quelle: Hamburger Abendblatt, 8.2.2001

Ein Krebsforscher warnt Scharping

Leukämie-Experte behauptet: Das Uran-Risiko wird verharmlost, der Minister hat schlechte Berater

Von FRANK ILSE und GÜNTHER HÖRBST

Bremen/Berlin - Unabhängig von der Belastung der Soldaten durch Radarstrahlen wird Rudolf Scharping (SPD) seit Wochen zudem nicht müde zu betonen, dass von im Balkan verschossener Uran-Munition keine Gefahr für Bundeswehrsoldaten ausgeht. Anders lautende Meldungen oder Meinungen fegt der Verteidigungsminister gern mit dem Hinweis vom Tisch, Experten hätten seine Auffassung hinlänglich bestätigt. "Herr Scharping trägt zur Verunsicherung bei, wenn er sagt, es gibt bei der Uranmunition kein gesundheitliches Risiko. Es glaubt ihm ja auch keiner, denn es gibt ein Risiko. Zu sagen, es gibt keines, ist unzutreffend. Er hätte sagen sollen, das Risiko für den einzelnen Soldaten ist klein", hält Wolfgang Hoffmann dem Verteidigungsminister entgegen.

Hoffmann ist Mitarbeiter des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin (BIPS) und beschäftigt sich mit den Ursachen von Erkrankungen, hauptsächlich mit der Entstehung von Leukämien. Der BIPS-Forscher kritisiert Scharpings Chefberater in Sachen Uran-Munition, Herwig Paretzke vom GSF-Umweltforschungszentrum München. "Paretzke gilt in der eigenen Zunft nicht als guter Risikokommunikator", sagt Hoffmann. "Die Kontroverse um Uranmunition existiert vor allem deshalb, weil die Risikokommunikation so chaotisch ist. Es ist auch interessengeleitet, was da passiert."

Ähnlich sei es auch nach der Atom-Katastrophe von Tschernobyl gewesen. Damals hätten Hunderte Wissenschaftler aus aller Welt in einem Bericht erklärt, sie hätten keine auf Strahlung zurückzuführenden Erkrankungen gefunden. "Dies wurde nach nochmaliger Überprüfung widerlegt. Zu Beginn der 90er Jahre war die Rate der Schilddrüsenkrebs-Erkrankungen schon um das 30-fache erhöht und ist seitdem noch erheblich gestiegen", sagt der Bremer Wissenschaftler.

Er kritisiert auch Scharpings zweiten Berater, den Mediziner Ludwig Feindegen. "Feindegen hat über Jahre die These vertreten, Strahlung in geringen Dosen sei sogar gesundheitsförderlich. Das ist mittlerweile aus der Literatur verschwunden. Sich den als Berater zu holen, wenn es um eine Risikoabschätzung von niedrigen Strahlendosen geht, ist zumindest ungeschickt, weil es natürlich die Glaubwürdigkeit der Aussagen beeinträchtigt. Scharping war schlecht beraten, sich ausschließlich auf diese beiden Fachleute zu stützen. Die Bewertung des Strahlenrisikos auf dem Balkan würde vielleicht doch die Stellungnahme eines kritischeren Menschen erfordern."

"Wenn ich mit den Kollegen vom Bundesamt für Strahlenschutz rede, werden wir uns schnell einig, was die Wirkung von Strahlung angeht. Unterschiede bestehen dagegen in der Beurteilung des Krebsrisikos. Denn Physiker sind nicht automatisch Experten in Bezug auf die Wirkung von Strahlung. Das ist auch meist nicht die Sache von Medizinern, die den Krebs behandeln. Zu erforschen, woher die genetischen Veränderungen kommen - das machen die Epidemiologen", sagt Hoffmann. Epidemiologen sind Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung von Ursachen für Erkrankungen befassen. Nach Hoffmanns Überzeugung wird die Diskussion verengt, wenn nur über die Intensität der Uranstrahlung geredet wird. "Da wurde untersucht, was der Zerall eines einzelnen Uranatoms in einer Zelle bewirkt. Diese Zelle wies nach dem Versuch schwerwiegende Schäden auf. Man kann also belegen, dass natürliche Strahlung Krebsfälle auslöst. Für den einzelnen Menschen kommt es nicht auf die Menge der Teilchen an."

Darüber hinaus gebe es Mehrfachbelastungen und individuelle Faktoren, die das Krebsrisiko erhöhten. Bei manchen reiche eine Ursache aus, andere brauchten drei Ursachen bis zur Erkrankung. Das sei ein ganz altes epidemologisches Konzept. "Um Krebs zu bekommen, ist ein DNA-Schaden Voraussetzung. Den kriegt man bei ständiger Einwirkung von Strahlung, wie natürlicher Radioaktivität oder Röntgenstrahlen. Schwermetalle erhöhen das Risiko. Übrigens auch Stress. Krebs ist immer ein Summeneffekt. Was dazu führt und wann jemand Krebs bekommt, hängt von der Frage der zusätzlichen Belastungen ab. Das kann aber niemand genau quantifizieren", sagt Hoffmann.

Diese Wechselwirkungen seien in der Vergangenheit lange verharmlost worden - in Tschernobyl und auch bei nicht radioaktiven Stoffen wie Asbest in Dämmstoffen oder Anilin in Farben: "Immer hieß es: Das macht nichts. Bis dann die ersten Toten auftauchten."

Der Bremer Experte fordert eine gründliche Untersuchung der Belastungen auf dem Balkan. Das Ziel der Studie sei klar umrissen: Der Zusammenhang zwischen Kriegsfolgen einschließlich der radioaktiven Belastung und Krebs. Nach ersten Erfahrungen im Irak sieht Hoffmann keine Probleme, innerhalb von wenigen Jahren zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Als Auftraggeber für eine solche Untersuchung komme eine internationale Institution wie etwa die Weltgesundheits-Organisation WHO in Frage.

Eine solche Studie müsste durch eine unabhängige Gruppe von Fachleuten aus mehreren Disziplinen begleitet werden, um strikte Neutralität sicherzustellen. Wichtig sei dabei die biologische Verteilung der Latenzzeit (Zeitraum zwischen schädlicher Einwirkung und Ausbruch der Krankheit) zu berücksichtigen. Natürlich sei es möglich, Leukämie schon zwei Jahre nach Kontakt mit radioaktiven Stoffen zu bekommen. Doch auch ein Ausbruch der Krankheit nach zehn oder mehr Jahren sei nicht auszuschließen.

Leukämie ist eine Krankheit, bei der der Altersfaktor eine entscheidende Rolle spielt. So sind Kinder nach einer Strahlenbelastung besonders gefährdet. Die Latenzzeit ist hier besonders kurz. Im höheren Lebensalter nimmt das Risiko dann vermutlich wieder zu. Erwachsene im Alter zwischen 20 und 50 haben die größten Chancen , verschont zu bleiben.

"Soldaten sind grundsätzlich Mehrfachbelastungen wie Benzol, Asbest, Pestizide oder auch psychischem Druck ausgesetzt", sagt Hoffmann. "Das kann aber das strahlenbedingte Krebsrisiko erhöhen."



Quelle: Augsburger Allgemeine 09.02.

Untersuchungsausschuss zu Uran-Munition abgelehnt

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat mit großer Mehrheit die von der PDS geforderte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Einsatz uranhaltiger Munition auf dem Balkan durch die NATO abgelehnt.

Die Koalitionsfraktionen von SPD und Grüne, aber auch CDU/CSU und FDP warfen der PDS am Donnerstagabend vor, sie wolle die Ängste in der Bevölkerung zu diesem Thema instrumentalisieren. Ein Untersuchungsausschuss sei nicht geeignet, schnelle Aufklärung über mögliche Gefahren durch die Uran-Munition zu schaffen.

Die CDU-Abgeordnete Ursula Lietz kritisierte jedoch die "ungenügende Informationspolitik" von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). Die verteidigungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Angelika Beer, erneuerte die Forderung ihrer Partei nach einer "schnellen internationalen Initiative zur Ächtung radioaktiver Munition".

Die friedenspolitische Sprecherin der PDS-Fraktion, Heidi Lippmann, forderte Scharping zudem auf, er solle "endlich die Halbwahrheiten und Unwahrheiten" aufklären, mit denen er den "so genannten humanitären Krieg" im Kosovo gerechtfertigt habe.

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