USA-Irak


vom:
05.09.2002


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 Stellungnahmen/Aufrufe

Offener Brief an die Bremer Bundestagabgeordneten und diejenigen, die es am 22.9.2002 werden wollen zur Frage:

Volker Ohm (RA und Notar)



R="#000000">die Sorge, dass die Vereinigten Staaten von Amerika möglicherweise sehr bald auch ohne UN-Mandat alleine oder mit Beteiligung der NATO-Partner einen Krieg gegen den Irak beginnen und die Sorge über die unabsehbaren Folgen eines solchen Angiffs, der gegen geltendes Völkerrecht verstoßen würde, haben uns Juristinnen und Juristen aus Bremen bewogen, einen Offenen Brief an die Bremer Bundestagsabgeordneten und die KandidatInnen der bevorstehenden Wahl verfassen.




Werden Sie im Falle Ihrer Wahl die Beteiligung an einem von der US-Regierung gegen den Irak geplanten oder geführten Krieg mit dem Ziel der Liquidierung oder zumindest Ablösung Saddam Husseins bedingungslos ablehnen, ebenso jede Form der Unterstützung durch logistische oder finanzielle Hilfe durch die Bundesregierung?

Mit großer Sorge sehen wir - Juristinnen und Juristen in Bremen - einen von der US-Regierung seit Monaten medienwirksam vorbereiteten neuen Krieg gegen den Irak heraufziehen. Nach Pressemeldungen landet das Pentagon bereits weiteres Kriegsmaterial in Kuwait an und ordert zusätzliche Transportkapazität für den Seetransport (beginnend mit Oktober 2002). Die öffentliche Forderung von Vizepräsident Cheney nach "schnellem Handeln" bestärkt unsere Befürchtungen.

Schon jetzt ist die Bundesregierung involviert durch die in Kuwait startbereit stationierten Bundeswehr-Spürpanzer für den Fall eines Angriffs des Iraks auf Kuwait mit ABC-Waffen. Nach unserer Auffassung kann dies auch umgekehrt als Kriegsvorbereitung zur Unterstützung einer bevorstehenden Operation von US-Streitkräften missverstanden werden. Wenige Tage nach der Bundestagswahl will die Bush-Regierung anlässlich der anstehenden NATO-Tagung am 24./25.9.2002 bindende Zusagen der Verbündeten haben, in welcher Form sie die von den USA geplante Irak-Operation unterstützen. Wir wollen und müssen daher jetzt wissen, wie Sie sich dazu verhalten werden. Wir werden niemandem unsere Stimme geben, der nicht klar Stellung bezieht in dieser Frage, die nicht nur für die politische Zukunft der ganzen Nahostregion, sondern für die Fortentwicklung des Völkerrechts zur Sicherung des friedlichen Zusammenlebens der Völker entscheidend sein wird.

Worauf gründen sich unsere Sorgen? Für den Golf-Krieg II gab es 1990 nach dem Angriff des Irak auf Kuwait eine klare völkerrechtliche Grundlage: nach Kap.7 der UN-Charta (zunächst gewaltlose, dann notfalls militärische Sanktionen zur Wiederherstellung des Weltfriedens) hatte der Sicherheitsrat (SR) die damalige Allianz um Kuwait ermächtigt, die irakischen Truppen mit Gewalt in den Irak zurückzudrängen. Er hatte einen Waffenstillstand nur unter der Bedingung akzeptiert, dass die Regierung des Iraks sich verpflichtete, die ABC-Waffen abzurüsten und diesen Prozess kontrollieren zu lassen (Nr.8 und 33 der SR-Resolution 687 v. 3.4.91).

In den Jahren danach hat sich der SR in über 15 Resolutionen immer wieder mit der Entwicklung im Irak befasst unter Berufung auf das 7. Kapitel der UN-Charta. In keinem dieser Beschlüsse werden erneute militärische Maßnahmen etwa zur Durchsetzung der Abrüstungsinspektionen angekündigt oder gar beschlossen; es wird auch in keiner Resolution die Ablösung Saddam Husseins gefordert. Vielmehr wird jeweils erneut erklärt, dass alle Mitgliedstaaten für die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit Iraks und der Nachbarstaaten eintreten. Nach Art. 2 Ziff.7 der UN-Charta kann aus dieser Charta eine Befugnis der UN zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeiten eines Staates gehören, nicht abgeleitet werden. Dazu gehört ohne Zweifel die Frage, von wem und in welcher Regierungsform das Land regiert wird. Vielmehr beruht die verbindliche Kraft der UN-Charta u.a. auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder ( Art.2 Ziff.1 der UN-Charta).

Nach den eigenen Verlautbarungen der US-Regierungen liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des Art. 51 der UN-Charta (Selbstverteidigungsrecht) nicht vor; ein begonnener oder auch nur unmittelbar drohender Angriff des Iraks auf die USA wird nicht einmal behauptet.

Auch die Durchsetzung weiterer Inspektionen entsprechend den Resolutionen des SR spielt nach den jüngsten Erklärungen der US-Regierung keinerlei Rolle mehr.

Völkerrechtlich ganz abwegig ist schließlich der jüngste Versuch der US-Regierung, unter Berufung auf die Resolution 678 des SR aus dem Jahr 1990 eine Wiederaufnahme des Golfkriegs II zu legitimieren ohne erneute Befassung des SR. Dabei wird außer acht gelassen, dass in den letzten Jahren mehrere Versuche der USA, eine neue Resolution des SR zu erhalten, die ausdrücklich zum Angriff auf den Irak ermächtigt, am Veto anderer ständiger Mitglieder des SR gescheitert sind.

Unter diesen Umständen zur Ablösung der jetzigen irakischen Regierung einen Krieg zu beginnen, kann nur euphemistisch als "Abenteuer" bezeichnet werden, an dem man sich besser nicht beteiligen sollte; es wäre eine völkerrechtswidrige bewaffnete Aggression, mithin ein Angriffskrieg nach Art.26 des Grundgesetzes der BRD, ein flagranter Bruch des Völkerrechts mit unabsehbaren Folgen für den Weltfrieden und das Ende der UN-Charta. Bei aller berechtigten Kritik am SR hinsichtlich seiner in der Vergangenheit getroffenen oder unterlassenen Maßnahmen: gegenwärtig sind nur die von der UN-Charta geschaffenen Organe völkerrechtlich legitimiert, internationale Konflikte zu regulieren und notfalls mit militärischer Gewalt den Frieden wieder zu sichern.

Bereits die laufenden Kriegsvorbereitungen der US-Regierung mit dem Ziel, Saddam Hussein abzulösen, werten wir als Bedrohung des Friedens nach Art.39 UN-Charta. Nach der Rechtsordnung der BRD ist die Beteiligung an der Vorbereitung eines Angriffskriegs als Verbrechen unter Strafe gestellt (§ 80 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren).

Wir fordern Sie daher auf, umgehend öffentlich und eindeutig zu erklären, dass sie mit Ihrer Person sich veen,



1)unter allen Umständen gegen jede Beteiligung deutscher Truppen an einem einseitig durch die US-Regierung geführten Krieg gegen den Irak zur Ablösung von Saddam Hussein einzutreten;



2)im Bundestag gegen jede wirtschaftliche und logistische Hilfe für ein solches Vorhaben zu stimmen;



3)für die Rückführung der Spürpanzer aus Kuwait einzutreten; 4) unter allen Umständen die Einhaltung der Mechanismen des SR zu fordern.


Bremen, den 2.9.2002

Unterzeichnet von: 1. Bachmann, Jochen Rechtsanwalt; 2. Bahr-Jendges, Jutta Rechtsanwältin; 3. Baisch, Gerhard Rechtsanwalt; 4. Becker, Thomas Rechtsanwalt; 5. Behrendt, Wilfried Rechtsanwalt; 6. Blöhbaum, Renate Rechtsanwältin; 7. Burkhardt, Sven-U. Assessor; 8. Dette, Dieter Rechtsanwalt; 9. Docke, Bernhard Rechtsanwalt; 10.Döllen, von Armin Rechtsanwalt; 11. Döllen, von Britta Rechtsanwältin; 12. Ferkau, Hartmut Rechtsanwalt; 13. Fisahn, Dr. Andreas Privatdozent an der Universität Bremen; 14. Gessner, Prof. Dr. Volkmar Professor an der Universität Bremen; 15. Graebsch, Christine Dipl.-Kriminologin; 16. Grezesch, Wolf Rechtsanwalt; 17. Hannover, Almut Rechtsanwältin; 18. Hannover, Heinrich Rechtsanwalt; 19. Heigl, Christoph Rechtsanwalt; 20. Hoffmann, Prof. Dr. Holger Rechtsanwalt und Fachhochschullehrer; 21. Hoffmann, Stefan Rechtsanwalt; 22. Holle, Thomas Rechtsanwalt; 23. Hummerich, Sabine Rechtsanwältin; 24. Janßen, Heiko Rechtsanwalt; 25. Jäger, Heidi Vors. Richterin am Finanzgericht Bremen; 26. Koenig, Dietrich Richter am Finanzgericht Bremen; 27. Kopp, Barbara Rechtsanwältin; 28. Korzus, Franz Rechtsanwalt; 29. Körner, Heike Referendarin; 30. Lipsius, Dörte Rechtsanwältin; 31. Lumm-Hoffmann, Bettina Richterin am Sozialgericht Bremen; 32. Meyer-Mews, Hans Rechtsanwalt; 33. Mix, Ute Rechtsanwältin; 34. Nacken, Michael Rechtsanwalt; 35. Ohm, Volkert Rechtsanwalt; 36. Philipp, Johannes Rechtsanwalt; 37. Piegeler, Thomas Rechtsanwalt; 38. Piewack, Thomas Rechtsanwalt; 39. Quensel, Prof. Dr. Stephan Prof. an der Universität Bremen; 40. Rosse, Christian Rechtsanwalt; 41. Rückoldt, Torsten Rechtsanwalt; 42. Schminck-Gustavus, Prof. Dr. Christoph Prof. an der Universität Bremen; 43. Schoofs, Wolfgang Rechtsanwalt; 44. Schultz, Hans-Eberhard Rechtsanwalt; 45. Schulze-Eickenbusch, Hans Rechtsanwalt; 46. Schumacher, Hans-Georg Rechtsanwalt; 47. Seehafer, Dr. Wilfried Rechtsanwalt; 48. Sieling, Wolfgang Rechtsanwalt; 49. Stoevesandt, Heino Rechtsanwalt; 50. Stuby, Prof. Dr. G. Prof. an der Universität Bremen; 51. Stucke, Martin Rechtsanwalt; 52. Sürig, Jan Rechtsanwalt; 52. Vollmer, Christine Rechtsanwältin; 53. Wahsner, Prof. Dr. Roderich Professor an der Universität Bremen; 54. Wegner, Elke Rechtsanwältin; 55. Werner, Günter Rechtsanwalt; 56. Wesemann, Horst Rechtsanwalt; 57. Winter, Prof. Dr. Gerd Prof. an der Universität Bremen; 58. Winter, Tilo Rechtsanwalt; 59. Winterstetter, Walter Rechtsanwalt; 60. Wolbeck, Antonius Rechtsanwalt; 61. Wuttke, Manfred Rechtsanwalt



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