USA-Irak


vom:
28.11.2002


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Ein teures Händeschütteln in Prag

Irak-Krieg: Deutschland ziemlich dabei

Mani Stenner

Angeblich hat die Bundesregierung die meisten der US-Anfragen zur Beteiligung am Krieg abgelehnt, es gibt also z.B. keine Raketenabwehrsysteme, ABC-Kräfte und Militärpolizei für den US-Krieg. Das klingt wie eine harsche Absage. Aber faktisch ist die Bundesregierung so gut wie beteiligt, die Wahlversprechen auch in der Außenpolitik gebrochen.

Die politischen wie materiellen Kosten des Händedrucks zwischen Präsident Bush und Kanzler Schröder beim Nato-Gipfel im November 2002 in Prag sind immens: Für die damit wieder hergestellten "normalen Arbeitsbeziehungen" zu den USA (die US-Verteidigungsminister Rumsfeld gerade wieder in Frage stellt)
zahlt die Bundesregierung mit:



faktischer Beteiligung beim Irak-Krieg gerade noch unterhalb der Schwelle eigener Bombardements und direkter militärischer Aktionen: Freie Nutzung der US- und britischen Stützpunkte in der Bundesrepublik sowie deren Schutz, Überflugrechte und logistische Unterstützung bei einem grundgesetzwidrigen Angriffskrieg gegen Irak. Deutsche Offiziere in AWACS-Überwachungsflugzeugen werden beteiligt sein. In der Diktion der Bundesregierung heißt es, Berlin werde seinen Bündnisverpflichtungen nachkommen und womöglich ergänzende Hilfestellung leisten. Überlegt wird z.B., ob die am Horn von Afrika stationierten Schiffe der Bundesmarine gegebenenfalls US-Schiffen Geleitschutz geben können.



wahrscheinlicher Verwicklung der Spürpanzer in Kuweit in Kampfhandlungen: Verteidigungsminister Struck sagte seinem Kollegen Donald Rumsfeld zu, die Einsatzfähigkeit der ABC-Abwehrfahrzeuge in Kuweit wiederherzustellen. Der Vize-Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ulrich Klose, prescht weiter vor und kann sich die "Füchse" gar auf irakischem Territorium vorstellen: "Wenn biologische oder chemische Waffen im Grenzbereich von Kuweit eingesetzt werden, müssen Spürpanzer helfen" (FR 26.11.2002). Und der Kanzler sagt (noch), sie stünden für einen Irak-Krieg nicht zur Verfügung.



Patriot-Raketen und evtl. Truppentransporter für Israel: Die USA haben daran getrickst, dass eine angeblich schon länger vorliegende Anfrage Israels jetzt "auf der Arbeitsebene" wiederholt wurde. Zwar sind die "Patriots", die 1991 nur eine von 39 auf Israel abgefeuerte Scud-Raketen abgewehrt haben, im Vergleich zu den eigenen "Arrow"-Systemen Israels relativ nutzlos, aber mit der politisch schwer ablehnbaren Bitte wird Deutschland wieder ein Stück weiter in die Kriegshandlungen einbezogen. Und Israel ist beim Irak-Krieg nicht ein unbeteiligter "Drittstaat". Die israelische Regierung drängt die USA zu einem schnellen Angriff auf Irak und droht auch mit eigener Beteiligung. Die Transportpanzer "Fuchs", die der Kanzler zunächst mit den Spürpanzern gleichen namens verwechselt hat, dürften in Israel wohl eher im Kampf gegen die Palästinenser eingesetzt werden.



Aufgaben im Irak nach einem Krieg: Finanzielle Aufbauhilfe nach dem Krieg ist für Kanzler Schröder lediglich noch nicht aktuell: Man solle nicht so tun, als ob der Irak-Krieg bereits stattgefunden hätte. Aber was ist, wenn er es denn hat? Und auch eine spätere Bundeswehrpräsenz im Irak im Rahmen einer dem Krieg nachfolgenden Friedensmission wie in Afghanistan hat die Bundesregierung bisher nicht ausgeschlossen.



stärkerer Präsenz in Afghanistan: Aufstockung der deutschen Truppen bei der "Isaf" und - zunächst für 6 Monate - deren Führung (gemeinsam mit den Niederlanden). Das "Kommando Spezialkräfte" (KSK) soll dort jetzt von den US-Kommandostrukturen abgekoppelt werden und eigenständig auf Terroristen- und Taliban-Jagd gehen. Es heißt, die Spezialtruppe fühle sich mit den bisherigen Aufklärungsarbeiten für die Amerikaner unterfordert.



einer "neuen" Nato, die nicht mehr nur den Angriff auf einen Mitgliedsstaat kollektiv beantwortet sondern auch auf jegliche "Gefahr einer Aggression" gemeinsam reagiert. Zugestimmt wurde in Prag der Einrichtung einer weltweit operierenden Nato-Eingreiftruppe (Nato Response Force NRF) im Planungsumfang von etwa 21.000 Elitesoldaten. Damit wird aus dem regionalen Verteidigungsbündnis ein globales Interventionsbündnis, das faktisch die neue US-Militärdoktrin incl. "präventiver" Angriffskriege übernimmt. Dabei sollen die von den einzelnen Staaten für die NRF abgestellten Einheiten exclusiv dem Bündnis zur Verfügung stehen, können also nicht für die EU-Eingreiftruppe verwendet werden.



hohem Rüstungshaushalt: Auch den US-Forderungen nach mehr finanziellen Mitteln für Rüstung und Militär bei den europäischen Nato-Verbündeten kommt die Bundesregierung stärker nach, als es der Haushalt erlaubt. Minister Strucks Etat wird im Vergleich zu den anderen Ressorts so gut wie gar nicht gekürzt.


Fazit: Von der Verve der Kriegsablehnung im Wahlkampf bleibt nichts. Deutschland beteiligt sich bis knapp unterhalb der Grenze des Mitschießens und Mitbombens und wird Kriegspartei. Die Verfassungslage würde im Gegenteil erfordern, einen Angriffskrieg von deutschem Boden aus mit allen Mitteln zu unterbinden. Die kommenden Aktionen der Friedensbewegung wollen diesen Verfassungsbruch korrigieren.



Manfred Stenner ist Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative

E-Mail: fforum@aol.com
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