Logo Friedenskooperative


Erstellt:
25.03.1999


 nächster
 Artikel

 siehe auch:

 Termine:
 Aktionen
 gegen den
 Krieg

 Kampagne:
 rotgrüner
 Krieg

 BSV zur
 Eskalation
 des Kosovo-
 Konfliktes

 VVN-BdA
 zum Krieg
 der NATO

 PRO ASYL
 zum Krieg
 im Kosovo


zu: Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg

Patchwork verurteilt NATO-Bombenangriffe auf Jugoslawien

Chancen für zivile Konfliktlösungen wurden nicht genutzt

Patchwork

Patchwork verurteilt die NATO-Angriffe auf militärische Ziele in Jugoslawien, die in der letzten Nacht auch mit deutscher Beteiligung begannen und fortgesetzt werden sollen. Diese Angriffe sind einer Lösung der Kosov@-Konfliktes nicht dienlich und führen zu weiteren Opfern auf allen Seiten und einer Verhärtung der Fronten. Außerdem besteht die Gefahr einer Neuauflage des Ost-West-Konfliktes, da Rußland zum wiederholten Male von der NATO übergangen wurde. Als Konsequenz hat Rußland bereits eine "militärische Reaktion" angekündigt, worunter allgemein Waffenlieferungen an Jugoslawien verstanden werden. Patchwork erklärt sich solidarisch mit den Soldaten aller Seiten, die diesen Einsatz verweigern wollen, und ruft alle Soldaten der Bundeswehr angesichts dieses völkerrechtswidrigen Einsatzes zur Verweigerung des Kriegsdienstes auf.

Die Verurteilung des NATO-Einsatzes bedeutet für uns nicht, für Milosevic Partei zu ergreifen - im Gegenteil. Milosevic ist eindeutig einer der Hauptverantwortlichen für die unmenschliche Unterdrückung der Kosov@-AlbanerInnen. Er hat in den letzten Wochen nicht nur im Kosov@ die Repression und militärische Aktionen gegen die albanische Mehrheit verschärft, sondern auch in Serbien selbst die Bekämpfung der Opposition intensiviert. Am Mittwoch wurde der letzte unabhängige Radiosender, der Belgrader Sender B92, vom Milosevic-Regime geschlossen, und somit die letzte unabhängige Stimme mundtot gemacht. Wir sind in großer Sorge um unsere FreundInnen von der serbischen gewaltfreien und antimilitaristischen Opposition, z.B. der Frauen in Schwarz, gegen die bereits im September letzten Jahres vom Milosevic-Regime offene Lynchjustiz-Drohungen ausgesprochen wurden.

 zum Anfang


Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
Wir verurteilen jedoch die Heuchelei der NATO und der sogenannten "internationalen Staatengemeinschaft" angesichts des Kosov@-Konfliktes, die sich nahtlos an die Heuchelei während des gesamten Balkan-Konfliktes anschließt. Wir erinnern daran, daß:

- die NATO noch 1991 die Entwicklungen in den
  Republiken des ehemaligen Jugoslawien ignorierte
  und Belgrad noch bis zum Sommer 1991 ermutigte,
  ein Auseinanderbrechen Jugoslawiens zu verhindern;

- die NATO und die Europäische Union schließlich im
  Herbst und im Winter 1991 unter dem Druck der
  damaligen Bundesregierung die einseitigen
  Unabhängigkeitserklärungen der neuen Republiken
  übereilt anerkannten und somit den Konflikt
  anheizten. Das führte unmittelbar zum Krieg in
  Bosnien.

- die NATO sich im Krieg in Bosnien widersprüchlich
  verhielt und ihr mehr daran gelegen war, die UNO
  schlecht aussehen zu lassen, als einen Krieg auf
  diplomatischem und gewaltfreiem Weg zu verhindern;

- die meisten NATO-Staaten und gerade auch die
   Bundesrepublik Flüchtlinge ohne Rücksicht auf
   mögliche konflikteskalierende Wirkungen
   zwangsweise nach Bosnien und in die anderen
   Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawiens
   "zurückführen".

Mit dem Dayton-Vertrag, durch den sich die NATO gegen die UNO als Konfliktschlichter durchsetzte, wurde auch ein Beitrag zur Eskalation des Konfliktes im Kosov@ geleistet. Mit dem Vertrag von Dayton wurde der seit 1989 andauernde beeindruckende gewaltfreie Widerstand fast der gesamten albanischen Bevölkerung des Kosov@ ignoriert, denn die an militärischer Logik orientierte Politik verstand nur die Sprache der Gewalt und nahm so die spannungsgeladene Situation im Kosov@ nicht wahr.

Im Ergebnis ist der Dayton-Vertrag eine Belohnung militärischer Gewalt und Eroberungen und schreibt eine faktische Zweiteilung Bosniens fest. Die Lektion aus Bosnien und Dayton für die Kosov@-AlbanerInnen war eindeutig: nur wenn es durch den Einsatz von Gewalt zu einer humanitären Katastrophe kommt, wird die "internationale Staatengemeinschaft" eingreifen. Genau darauf zielte die Politik der UÇK in den letzten anderthalb Jahren und insbesondere seit letztem Sommer.

Die Bombenangriffe der NATO sind in mehrfacher Hinsicht zu verurteilen:

- Viele Chancen, eine friedliche Lösung
  herbeizuführen, wurden nicht genutzt. Für Zivile
  Konfliktbearbeitung wurden auch von der neuen
  rot-grünen Bundesregierung gerade einmal 6
  Millionen DM bereitgestellt, was nicht mehr als
  dem Gegenwert eines Panzers entspricht. Der
  Einsatz der Bundeswehr dürfte dagegen ein
  Vielfaches verschlingen;

- Durch die Bombardierungen der NATO soll Milosevic
  an den Verhandlungstisch "zurückgebombt" werden.
  Faktisch wird Milosevic durch diese militärische
  Eskalation innenpolitisch gestärkt, was auch die
  Zunahme der Repression gegen die Opposition
  verdeutlicht. Gerade durch die Bombardierungen
  besteht die Gefahr einer Ausweitung des
  Konfliktes auf die Nachbarregionen Mazedonenien
  und auf die Gleichschaltung der jugoslawischen
  Republik Montenegro, die bisher in Opposition zu
  Milosevic steht;

- Es besteht vollkommene Unklarheit darüber, was
  geschieht, sollte Milosevic nicht an den
  Verhandlungstisch zurückkehren. Werden dann von
  der NATO Bodentruppen in den Kosov@ entsandt?

- Die Bombardierungen der NATO führen erst zu der
  humanitären Katastrophe, die angeblich verhindert
  werden soll. Die meisten internationalen
  BeobachterInnen und Hilfsorganisationen haben
  mittlerweile den Kosov@ verlassen, Mazedonien hat
  seine Grenzen für Flüchtlinge geschlossen.

- Die NATO-Bombardierungen stellen einen
  gefährlichen völkerrechtlichen Präzedenzfall dar.
  Sie sind ein völkerrechtlich nicht gedeckter
  Angriff auf einen souveränen Staat. Damit wird von
  der NATO die neue NATO-Strategie, die im April
  verabschiedet werden soll und NATO-Einsätze auch
  ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates vorsieht,
  hier faktisch vorweggenommen.

- Es besteht die Gefahr einer Neuauflage des
  Ost-West-Konfliktes, da Rußland einmal mehr von
  der NATO ignoriert und vorgeführt wurde. Von
  Rußland wurden bereits Waffenlieferungen an
  Jugoslawien angekündigt und Atomwaffen nach
  Weißrußland verlegt. Das Parlament der Ukraine
  forderte die Ablehnung des Status als
  Nicht-Atomwaffenstaat für ihr Land. Rußland hat
  seinen Botschafter bei der NATO in Brüssel
  abgezogen.

Es gibt keine Rechtfertigung für einen Krieg. Durch den NATO-Bombenangriff wird das Leiden der albanischen Bevölkerung des Kosov@ nicht beendet, sondern diesem Leiden neues Leiden in Jugoslawien hinzugefügt. Verbrechen gegen Verbrechen ergibt jedoch niemals ein Nullsummenspiel.

Wir fordern:

- von der NATO die sofortige Einstellung der
  Bombardierungen;

- von der jugoslawischen Regierung die sofortige
  Beendigung der Repression gegen die albanische
  Bevölkerung und gegen die Opposition in Serbien;

- von der UÇK die sofortige Beendigung bewaffneter
  Aktionen;

- von der Bundesregierung ein Bleiberecht für
  kosov@-albanische Flüchtlinge.

Ansprechperson bei Patchwork: Andreas Speck

Wir weisen darauf hin, daß heute um 17 Uhr am Lefferseck eine Mahnwache gegen den NATO-Bombenangriff auf Jugoslawien stattfinden wird und rufen zu reger Beteiligung auf.



Patchwork, Kaiserstr. 24, 26122 Oldenburg, Tel. 0441/17111, Fax: 0441/2489661

E-Mail:   Patchwork@oln.comlink.apc.org
Internet: http://www.comlink.apc.org/patchwork/





 nächster
 Artikel

Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema

Kosovo/Kosova:
FF2/98 - Und wieder pennt Europa
Friedensbewegung in der Zwickmühle
Erklärung von "Memorial"
IPPNW verurteilt Verwendung radioaktiver Munition
Linksammlung
Geschichte des Kosovo-Konflikts

Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) betreffend Land

Republik Jugoslawien:
FF2/98 - Kosova-Zuspitzung
Appell GRÜNER Parteimitglieder
IPPNW-Ärzte zum Kosovo
Rede beim Ostermarsch Erlangen
PM zur Regierungs-Initiative
IANUS-Studie

Bereich

 Themen 

Die anderen Bereiche dieser Website

              
 Netzwerk FriedensForum   Termine   Ex-Jugo-Hilfe  Aktuelles