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12.04.1999


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zu: Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg

Ein Brief aus der Friedensbewegung

An die Delegierten des SPD-Sonderparteitages am 12.04.1999 im Bonner Maritim

Mani Stenner

Betr.: Krieg und die Folgen

Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,

die meisten der aktiven Menschen in der Friedensbewegung sind Realisten. Ich gehe davon aus, daß die Mehrheit des Parteitages die Regierungspolitik und die Fortsetzung des Krieges unterstützt und Gerhard Schröder mit einem "achtbaren" Ergebnis zum Parteivorsitzenden gewählt wird. Alles andere - obschon in der Sache notwendig und wünschenswert - würde die Partei zerreissen und die Bundesregierung beschädigen. Würde die wachsende Skepsis und Kritik am offenbaren Scheitern des militärischen Weges Niederschlag in der Regierungspolitik finden, gäbe es handfesten Krach mit der Führungsmacht der NATO. "Bündnissolidarität" nennt Gerhard Schröder das Festhalten am Bombenkrieg und dabei - Pardon - geht es um anderes als Humanismus und die Suche nach den besten Möglichkeiten für die betroffenen Menschen.

Der Protest gegen diesen Krieg nimmt zu und auch heute fordern wir den Ausstieg aus dem Krieg und die Umkehr zum Versprechen der Koalitionsvereinbarung "Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik". Die begründeten Einwände gegen den Krieg und die Alternativen haben Friedensgruppen seit langem und immer wieder zu Protokoll gegeben.

Bomben nützen Milosevic und helfen keinem Menschen

Die Effekte des NATO-Einsatzes waren schon vorher für alle klar: Milosevic ist innenpolitisch gestärkt und nutzt das Kriegsrecht zu weiteren brutalen Schlägen gegen die Opposition und kritische Medien, im Kosov@ wurde und wird das Ultimatum zu einer letzten Offensive gegen die Reste der UCK-Nationalisten und zur grausamen Vertreibung der Bevölkerung benutzt, die die Teilung des Kosovo vorbereitet, auf die sich Milosevic wie NATO - vielleicht - anschließend einlassen. Die humanitäre Katastrophe, die der NATO-Krieg vorgeblich verhindern wollte, wurde in unerträglichem Ausmaß gesteigert und der Konflikt greift auf die Nachbarländer über. Russland ist brüskiert und die Ost-West-Kooperation ernsthaft gefährdet. Das Völkerrecht hat abgedankt, UNO und OSZE als internationale Autoritäten schwer beschädigt, der Präzedenzfall für die neue NATO-Doktrin geschaffen, die sich für die militärische Durchsetzung westlicher Interessen in aller Welt künftig selbst mandatieren will. Johannes Rau sprach von der "Zäsur" durch diesen Krieg, die wir alle noch nicht so recht begriffen haben und die hoffentlich keine Zeitenwende sei. Kann Kanzler Schröder, können die europäischen NATO-Staaten ihre früheren Bedenken gegen diese neue NATO-Doktrin noch aufrechterhalten, nachdem sie den Präzedenz-Krieg geführthaben? Die "Zeitenwende" in der europäischen und Globalpolitik ist zu befürchten. Die NATO hat uns alle in die Zeit vor Erfindung der UNO zurückgebombt.

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Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
Völkerrecht, Menschenrecht, Rambouillet

Die NATO befindet sich in einem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien. Milosevic wollte es so. Die NATO tut ihm den Gefallen - offenbar ohne schlüssige politische Ziele. Man hatte sich unter Zugzwang gesetzt.

Oder war es doch ganz anders? Der Bundestag hat die Bombendrohung zum Rambouillet-Ultimatum abgestimmt, ohne den "vertraulichen" Text zu kennen. MdB`s sollen ihn erst jetzt - vor der Sondersitzung des Bundestages am kommenden Donnerstag - bekommen. Das auswärtige Amt hat bisher keine deutsche Übersetzung vorgelegt. Der englische Text ist aber inzwischen bekannt und kann u.a. bei uns im Internet abgerufen werden (http://www.friedenskooperative.de/themen/ramboui.htm). Der Annex zur militärischen Implementierung beschreibt ein NATO-Truppenstatut in Gesamt-Jugoslawien und bedeutet eine vollständige Kapitulationserklärung des jugoslawischen Staates. Niemand, kein souveräner Staat hätte das unterschreiben können. Die Alternative - eine Implementierung im Kosovo unter UN-Führung und mit russischer Beteiligung - hat für die NATO nie zur Disposition gestanden. Das bedeutet aber: Auch die NATO hat den Waffengang gewollt und herbeigezwungen, die Abgeordneten des Bundestages wurden gezielt desinformiert.

Nach mehr als 2 Wochen Bombardement - inzwischen auch auf die zivile Infrastruktur - denkt in der NATO keiner an Umkehr. Alle Strohhalme, die zwischenzeitlich geboten wurden - Initiative Primakows, Waffenstillstandsangebot zum orthodoxen Osterfest - wurden in den Wind geschlagen. Es geht jetzt um die "Glaubwürdigkeit des westlichen Bündnisses". Milosevic soll besiegt und das Kosovo für die albanische Seite erobert werden - auch mit der Eskalation zum Landkrieg. Dies wird zur Ausweitung von Gewalt und Krieg u.a. nach Montenegro und der Vojvodina führen - wieder mit zig oder hunderttausenden Flüchtlingen oder Vertriebenen. Die Kriegslogik läßt keinen Platz für Menschenrechte.

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Kosov@: Erklärungen gegen den Krieg
Den Frieden vorbereiten

Organisationen aus Friedensbewegung und Friedensforschung haben in zahllosen Erklärungen vor und seit Dayton ein konstruktives Engagement im Kosovo-Konflikt und die europäische Solidarität mit dem damals gewaltfreiem Kampf der Kosova-Albaner angemahnt, vor den weiteren Entwicklungen gewarnt und europäische Angebote ("Marshall-Plan für den Balkan", ständige Balkankonferenz u.v.m.) gefordert, die Demokratie, Frieden, Menschen- und Minderheitenrechte für alle Beteiligten als attraktive Alternative sichtbar machen und friedensbereite Kräfte stärken können. Nur so und nicht mit Bomben kann Europa den Menschen nützen.

Hunderttausenden von Vertriebenen und Flüchtlingen wird nicht ausreichend geholfen, u.a. weil die EU-Staaten sich völlig einer vorübergehenden Aufnahme verschließen oder wie die Bundesrepublik eher symbolische Kontingente aufnehmen. Selbst Flüchtlingen mit Verwandten oder Freunden in der EU wird die Zuflucht verweigert.

Statt eine Unterwerfung herbeibomben zu wollen, ist es nötig, neu zu verhandeln. Das ist nicht die Aufgabe der NATO. Die UN und Rußland müssen in die Suche nach einer konstruktiven und dauerhaften Konfliktlösung für den Balkan federführend einbezogen werden.

Nur noch Deutsche?

Wir wollen - in einer verfahrenen Situation für die Menschen des Kosovo - die wachsende Skepsis gegen den Krieg sichtbar machen und laut unsere Einwände zu Protokoll geben - auch wenn unsere Argumente nicht auf ein Transparent passen.

Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind aufgerufen, die Diskussion um Krieg und Frieden nicht nur der Regierung und den Parlamentariern zu überlassen.

Freundliche Grüße



Manfred Stenner ist Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative

E-Mail:   friekoop@bonn.comlink.org





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