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03.05.1999


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zu: Kosov@: Reden gegen den Krieg

Auszug:

Rede am 1. Mai 1999 in Saarbrücken

Oskar Lafontaine

... Wenn ich zum Krieg in Jugoslawien heute Stellung nehme, dann möchte ich schon jetzt daran erinnern, daß dies nicht der einzige Krieg auf dieser Erde ist. Daß Not und Elend, Tod und Vertreibung leider in vielen Ländern dieser Erde vorkommen: Ich denke an Afrika, ich denke an Algerien, Äthiopien, an den Sudan, ich denke an Ruanda, ich denke an das Kongogebiet. Ich denke an Asien, ich denke auch an die verfolgten Kurden - die Türkei ist ein Mitgliedsstaat der NATO; ich denke an Tibet, an die Verfolgten dort, ich denke an Afghanistan, an viele andere Länder dieser Erde, in denen großes Unrecht geschieht und die Menschen große Not haben.

Heute möchte ich mich mit Jugoslawien beschäftigen. Ich möchte das differenziert tun, da niemand von uns einfache fertige Antworten haben kann. Was aber im Vordergrund aller Überlegungen stehen sollte, ist nach meiner Auffassung: Wie kann das Leid der Menschen dort möglichst schnell gelindert werden? Wie kann möglichst schnell Frieden hergestellt werden? Und dabei geht es nicht um Gesichtswahrung, wie ich das da und dort lesen muß. Es geht immer und allein um das Leid der Menschen, um die Bewahrung menschlichen Lebens.

Natürlich denken wir alle an die Menschen im Kosovo, die Vertreibung erleiden, die getötet wurden. Aber wir denken auch an die Menschen in Serbien, die sich ängstigen, die darunter leiden, daß bombardiert wird. Wir denken an die Menschen in Serbien, die Opfer der Bombardements geworden sind. Und ich denke auch an die Deserteure der Armeen, die verfolgt werden, die ebenfalls leiden dafür, daß sie sich nicht am Krieg beteiligen wollen. Ich sagte bereits, einfache Antworten gegenüber den schrecklichen Geschehnissen gibt es nicht. Und ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, als hätte ich eine einfache Antwort. Und ich möchte mich gleich zu Beginn auch von einem Plakat distanzieren, das den Bundeskanzler diskriminiert. Dieser Stil der Auseinandersetzung führt nicht weiter. Dafür sind die Fragen, denen wir uns alle gegenübergestellt sehen, viel zu ernst.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Daß Fehler gemacht worden sind in Jugoslawien, wissen wir mittlerweile. Und die Fehler liegen teilweise Jahre zurück. Ich höre sehr oft, daß die Deutschen keinen Sonderweg beschreiten sollten, aber ich muß dann daran erinnern, daß sie zu Beginn einen Sonderweg beschritten haben, als sie gegen die Widerstände in Paris, in London und in Washington die Anerkennung der Teilstaaten durchgesetzt haben, weil man die Begriffe von Freiheit und Selbstbestimmung falsch verstanden hat. Freiheit und Selbstbestimmung vertragen sich nicht mit völkischer Ausgrenzung und ethnischer Ausgrenzung. Das ist das Mißverständnis dieser Politik. Freiheit und Selbstbestimmung sind überhaupt nur vorstellbar, sind überhaupt nur erfahrbar und erlebbar, wenn sie mit Solidarität und Mitmenschlichkeit verbunden sind. Deshalb war es falsch, dieser Kleinstaaterei, die auf völkischen Differenzen beruhte, auch noch Anerkennung zu geben. Ein Fehler war es auch, daß durch das Bombardement der NATO vor einigen Jahren in der Krajina ermöglicht worden ist, daß die Kroaten die Serben vertrieben haben.

Auch daran möchte ich heute erinnern, wenn wir über den Krieg in Jugoslawien sprechen. Es wäre falsch, wenn man zu der Auffassung käme, daß nur ein Volksteil des Vielvölkerstaates in Jugoslawien Vertreibung erlitten hat. Auch die Serben haben Vertreibung erlitten. Ich sage das alles, weil ich nicht möchte, daß wir einseitig urteilen. Weil ich glaube, weil ich fest davon überzeugt bin, daß wir nicht weiterkommen, wenn wir eine Volksgruppe dämonisieren und die andere vielleicht auf die Seite der Guten schlagen, nein, es ist vernünftig zu wissen, daß dort viele Menschen, gleich welcher Volkszugehörigkeit, viele Menschen zu Unrecht leiden, zu Unrecht verfolgt werden und daß es deshalb falsch ist, dort in gute und böse Volksgruppen die Menschen zu unterscheiden. So kann man nicht zu Frieden kommen. Auch die serbischen Männer haben Frauen und Kinder, die um sie weinen, sie haben Freunde, die um sie weinen. Auch das sollten wir immer in Erinnerung haben. Und wir haben ja die Erfahrung mit Diktaturen, man weiß auch, daß viele Soldaten Befehlen gehorchen und im Inneren nicht dabei sind, wenn sie solche Befehle ausführen. Auch das wissen wir und deshalb meine Erinnerung an die Deserteure.

Zur aktuellen Situation möchte ich unterscheiden zwischen politischen Überlegungen und - weil es eben unvermeidlich ist - militärischen Überlegungen.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Zunächst zu den politischen Überlegungen der letzten Wochen und Monate. Es ist überhaupt kein Zweifel, daß Milosevic eine verbrecherische Politik verfolgt, die verurteilt werden muß. Und es ist kein Zweifel, daß alles versucht werden muß, diese verbrecherische Politik zu stoppen, ihr Einhalt zu gebieten. Und es ist anerkennenswert, daß die westliche Staatengemeinschaft das versucht, daß sie sich engagiert, und dennoch sind wir verpflichtet, kritisch zu überlegen, ob die bisherige Entscheidung richtig war. Ich muß hier daran erinnern, daß bei den Entscheidungen der letzten Wochen und Monate zwei schwere Fehler gemacht worden sind, die langfristig wirken werden.

Einmal, daß man die UNO zur Seite geschoben hat. Das war ein schwerer Fehler, man sollte daraus lernen. Wer Frieden will, muß das Recht stärken. Wer internationalen Frieden will, muß das internationale Recht stärken. Es gibt keinen anderen Weg. Und das internationale Recht kann nur durch die Vereinten Nationen konstituiert werden, nicht durch andere, die sich selbst mandatieren.

Deshalb ist es gut, daß jetzt der Versuch unternommen wird, die Vereinten Nationen wieder einzubeziehen. Man kann aus Fehlern lernen, und hier sollte man auch, und hier appelliere ich nicht nur, so einfach mache ich mir das nicht, an die deutsche Regierung. Hier appelliere ich an die europäischen Regierungen.

Man sollte gegenüber dem amerikanischen Bündnispartner deutlich machen, daß das Zur- Seite-Schieben der UNO ein Fehler ist. Daß wir nur dann längerfristig eine vernünftige, eine richtige, eine gerechte und friedliche Politik machen können, wenn wir uns auf Regeln des internationalen Rechts, so schwer das auch immer sein mag da oder dort, verständigen. ...

Der zweite große Fehler - und auch hier appelliere ich an die europäischen Regierungen, dem entgegenzutreten - war es, die augenblickliche Schwäche Rußlands auszunutzen und Rußland nicht miteinzubeziehen. Wir werden auf der Welt keinen Frieden erreichen können ohne Rußland. Und wir werden in Europa keinen Frieden erreichen können ohne Rußland. Und wir Deutschen, wir sollten niemals vergessen, was Gorbatschow beispielsweise für dieses Volk, für Deutschland, durch seine Politik bewirkt hat. Wir haben eine Verpflichtung zum fairen Umgang mit Rußland, Rußland einzubeziehen, und auch hier möchte ich es begrüßen, daß man gelernt hat und jetzt versucht, Rußland stärker einzubeziehen. Und wenn da oder dort zu Recht kritisiert wird, daß die Organe der UNO, der Sicherheitsrat, daß sie manchmal Schwierigkeiten bereiten, wenn es darum geht, Entschließungen durchzusetzen, für uns für richtig gehaltene Entschließungen durchzusetzen, dann erinnere ich daran, daß es gute Vorschläge gibt, auch die UNO zu reformieren. Natürlich ist die UNO, die nach dem Kriege so verfaßt worden ist, heute reformbedürftig. Das Veto-Recht einzelner Mächte gegen internationales Recht ist fragwürdig. Also laßt uns die UNO reformieren, aber wir dürfen sie nicht beiseite schieben und so tun, als könnten wir uns selbst den Auftrag erteilen.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Es ist nicht möglich, darüber zu rechten heute, ob alles getan worden ist, um mit friedlichen Mitteln ein besseres Ergebnis zu erreichen und Mord und Vertreibung zu stoppen. Ich wäre überfordert, ich war bei vielen Verhandlungen nicht dabei, und wie ich ausgeführt habe, gehen die Entscheidungen und gehen die Bemühungen bereits über viele Jahre. Ich möchte allerdings klarstellen, daß die jüngsten Entscheidungen wie folgt abgelaufen sind: Nach dem Wahlsieg der rot-grünen Koalition im letzten Jahr war die Regierung Schröder noch nicht gebildet, und die Regierung Kohl lud uns ein, um unsere Zustimmung zur Entscheidung des Deutschen Bundestages, des alten Deutschen Bundestages, zu finden, die darauf hinauslief, für die Alarmbereitschaft von NATO- Verbänden auch deutsche Truppenteile zur Verfügung zu stellen.

Ich fühle mich verpflichtet, heute hier noch einmal darauf hinzuweisen, daß ich als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei diesem Gespräch die Frage gestellt habe, ob ein solcher Beschluß des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung eine Automatik in Gang setzt, die keine politische Konsultation mehr zuläßt, bevor es zu einem militärischen Angriff kommt. Die Antworten der beteiligten Minister, des Verteidigungsministers, des ehemaligen, und des Außenministers waren unterschiedlich. Ich ließ mir an diesem Tag vom Außenministerium schriftlich bestätigen, daß eine solche Entscheidung des Deutschen Bundestages keine Automatik in Gang setzt dergestalt, daß es keine ... (Hier unterbrach Oskar Lafontaine seine Rede, da ein Zuhörer medizinisch versorgt werden mußte) ... Ich war dabei, auszuführen, daß der Beschluß des Bundestages im Oktober keine Automatik in Gang gesetzt hat, daß es also möglich war, vorher, bevor es zu einem Angriff kam, noch einmal eine politische Runde zu machen, in der entschieden werden mußte, politisch entschieden werden mußte, ob aus der Alarmbereitschaft ein Angriffsbefehl wird.

Auf dieser Grundlage habe ich als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zugestimmt, weil es nicht verantwortbar gewesen wäre, nach all den Vorbereitungen und nach all dem, was vorher von den Regierungen Europas und den Vereinigten Staaten auf den Weg gebracht worden ist, innerhalb weniger Tage zu stoppen oder gar zu verändern. Ich habe während der Verhandlungen von Rambouillet allerdings im Kabinett darauf bestanden, daß, bevor es zu einer Kabinettsentscheidung käme, die Zustimmung Deutschlands zu einem militärischen Angriff beinhaltet, daß es vorher zu einer ausführlichen Erörterung der militärischen Planungen kommen muß, weil ich der Auffassung bin, daß es nicht möglich ist, Militäreinsätzen zuzustimmen, ohne die Planungen und deren Auswirkungen zu kennen und sorgfältig zu diskutieren.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Es kam vor meinem Rücktritt vom Amte des Finanzministers nicht mehr zu einer solchen Darstellung der militärischen Überlegungen und deshalb kann ich nur im nachhinein urteilen. Ich bin der Auffassung, daß die jetzige militärische Vorgehensweise überhaupt nur begründbar ist, wenn man darauf setzte, daß nach militärischen Angriffen es wie vor einigen Jahren zu einer Unterschrift von Milosevic kommen würde und daß diese Unterschrift dann die Kriegshandlungen beenden wird. Nur wenn man damit fest rechnen konnte, war die Vorgehensweise militärisch, nach meinem Urteil, begründbar und verständlich.

Wenn man damit aber nicht rechnen konnte, wenn, wie dann im Vordergrund der Diskussion stand, der Schutz der Bevölkerung im Kosovo das wichtigstes Ziel der militärischen Einsätze war, dann ist die militärische Einsatzplanung derzeit für mich nicht nachvollziehbar, unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar. Jeder Vergleich hinkt. Aber was würde man von einer Polizei halten, die in Erfahrung bringen würde, daß von dem Ort A nach B eine Gruppe zieht, um in B Menschen zu vertreiben und zu ermorden und die als Antwort gäbe, jetzt bombardieren wir in A Brücken, Treibstofflager, Schienenwege und so weiter.

Eine solche Polizei würde keine Minute im Inneren einer Republik in dieser Handlungsweise akzeptiert werden. Und ich weiß natürlich, daß die Dinge so einfach nicht übertragbar sind. Aber ich glaube, daß dieses Beispiel doch zeigen kann, daß die militärische Planung nicht so stark war, weil sie den Fall der Nichtunterschrift nicht kalkulierte und weil sie jetzt nach meiner Überzeugung in einer Sackgasse gelandet ist.

Ich möchte hier den nach Amerika ausgewanderten jugoslawischen Lyriker Charles Dimic zitieren, der nach meiner Auffassung die jetzige Lage gut beschrieben hat. "Die Bombardierung von Städten gehört zu den großen Spektakeln des späten 20. Jahrhunderts. Das trifft heute im Fernsehzeitalter in noch viel höherem Maße zu als in den Tagen des Rundfunks und der Tageszeitungen, als vieles noch der Phantasie überlassen bleiben mußte. Jetzt können wir uns mit einem kühlen Bier, einer Tüte Kartoffelchips auf das Wohnzimmersofa setzen und die nächtlichen Bombardements auf Bagdad oder Belgrad verfolgen. Ich bin sicher, daß die Bombardierung von Hiroshima oder Dresden live im Fernsehen übertragen worden wären, wenn es die entsprechende Technologie bereits gegeben hätte. Heute sitzen wir in unseren Hausschuhen da und schauen uns solche Entsetzlichkeiten an. Die Kinder wollen vielleicht, daß auf ein, irgendein anderes Programm umgeschaltet wird, und wir sagen: `Einen Moment noch.`" Ganz gleich, was irgendwelche Generäle oder Politiker behaupten, Bombardierung ist eine Form kollektiver Bestrafung. Das ganze Gerede vom systematischen Angriff auf den Feind, von der Aushöhlung seiner Kapazitäten, seiner Ermüdung und schließlich von seiner Zerstörung dient nur der Verschleierung der Tatsache, daß hierbei die Unschuldigen ebenfalls einiges abbekommen werden. Das ist die Problematik, in die die Bombardierung uns geführt hat: Immer mehr Unschuldige werden Opfer dieser Bombardements. Und deshalb fordere ich hier vom Deutsch-Französischen Garten aus die Verantwortlichen auf, darauf hinzuwirken, daß diese Bombardierung eingestellt wird. Und daß man unter Einbeziehung der Vereinten Nationen, unter Einbeziehung Rußlands, auch unter Konsultation Chinas am Verhandlungstisch einen Weg findet, um Mord und Vertreibung in Jugoslawien zu stoppen und zu beenden. Nicht nur dieser Schriftsteller ist bitter, auch unsere Nachbarn sind bitter, die direkten Nachbarn Jugoslawiens. Ich zitiere György Konrad, den ungarischen Schriftsteller, der vielen hier in Deutschland bekannt ist. Er schreibt verbittert: "Wenn die Herren des Wolkenhimmels der Bombardierung überdrüssig geworden sein sollten, werden sie den Balkan aufgeben wie früher Afghanistan und die Schauplätze der ethnischen Kriege in Afrika, nicht ohne den Rat zu erteilen, die Einheimischen sollten wieder aufbauen, was sie in Schutt und Asche gelegt haben und versuchen miteinander uszukommen." Und er schließt seinen Aufsatz mit dem Satz: "Wer schützt uns vor dem mangelnden Sachverstand, der mit jeder neuen Generation auf die Bühne tritt?" "Wessen Sieg wäre das?"®

Deshalb begrüße ich jetzt, daß der Bundeskanzler einen Marshallplan ins Gespräch gebracht hat, daß jetzt darüber gesprochen wird, wie das Zerstörte wieder aufgebaut werden kann, aber wenn wir dann abends die Fernsehbilder sehen, sehen daß Brücken zerstört werden und dann daran denken, daß sie demnächst wieder aufgebaut werden sollen, dann fragen wir uns doch nach dem Sinn solcher Bombardements, wohin sie führen und in welcher Vernunft solche Vorgehensweise begründet ist. Es geht hier um viel Diplomatie, es führen sicherlich nicht lautstarke Diskussionen der Verantwortlichen weiter, und alle vorschnellen Pläne, die veröffentlicht werden, rufen, das weiß jeder, der die internationalen Mechanismen kennt, nur Widerstände hervor. Aber ich hoffe, daß die europäischen Regierungen und ich hoffe auch nach den Entscheidungen des amerikanischen Kongresses, daß auch die Clinton-Administration erkennt, daß sie sich in eine Sackgasse verrannt hat und daß es notwendig ist, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Ich höre jetzt oft den Satz, die NATO müsse ihr Gesicht wahren. Sie könne jetzt nicht anders, sie müsse jetzt siegen. Nietzsche hat geschrieben, in "Also sprach Zarathustra": "
Euer Friede sei ein Sieg. Ich frage hier aber, wessen Sieg wäre dieser Sieg eigentlich? Was bedeutet eigentlich Gesichtswahrung gegenüber dem Elend der Menschen, die unter diesem Krieg leiden? Es geht nicht um Sieg und um Gesichtswahrung, es geht darum, Menschenleben zu retten und das Elend zu beenden in Jugoslawien.

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Kosov@: Reden gegen den Krieg
Jetzt sind wieder Vorschläge gekommen, ein Ölembargo zu verwirklichen. Und wenn ich diese Vorschläge höre, dann kann ich manchmal bitter werden. Und ich möchte das heute sagen. In bitteren Stunden denke ich, ein Ölembargo geht nicht, weil man mit Öllieferungen Geld verdienen kann. Ein Waffenembargo geht nicht, weil an Waffenlieferungen Geld verdient werden kann. Was scheinbar in einer Welt, in der Geldverdienen so sehr das Handeln bestimmt, geht, sind Waffenlieferungen, Öllieferungen und Kriegsführung, weil an allem Geld verdient werden kann. Das ist die bittere Wahrheit. Und deshalb bleibe ich auch bei der Forderung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die da heißt, es ist moralisch nicht verantwortbar, Waffen in Spannungsgebiete zu liefern. Diejenigen, die dieses Land hochgerüstet haben, haben ebenfalls Verbrechen begangen. Ich bitte euch alle, achtet auf die Sprache. Und ich bitte diejenigen, die Sprache in Stellungnahmen verwenden, die eigene Sprache zu überprüfen. Wenn ich höre, daß da Frauen und Kinder ums Leben kommen, und wenn ich dann offizielle Sprecher höre, wenn sie sagen, das sind Kollateralschäden, dann kann ich das nicht mehr verstehen. Diese Menschen müßten doch zur Besinnung kommen. Würden sie, wenn ihre eigenen Frauen und Kinder ums Leben kämen, davon sprechen, daß Kollateralschäden eingetreten sind? Das ist doch die Frage, die sich jeder stellt, der aufmerksam die Nachrichten, die Bilder des Tages verfolgt und die Sprache verfolgt, die in so unglaublich leichtfertiger Weise immer dann, wenn es um Militärisches geht, angewandt wird.

Noch ein Beispiel: Als vor einigen Jahren bombardiert werden soll, hieß es, wir wollen serbische Stellungen bombardieren. Und ich fragte hartnäckig, wer befindet sich denn in diesen Stellungen? Und warum weigert ihr euch, die Dinge beim Namen zu nennen, daß das Bombardieren auch heißt, Menschen umzubringen und zu töten?

Noch einmal: Keiner kann einfache Antworten geben, und niemand ist heute in der Lage, eine Lösung anzubieten, die den Ausweg mit Sicherheit bringen kann. Aber wir sollten an dem anknüpfen, was wir uns über viele Jahre erarbeitet haben. Wir sollten, und das sage ich an die Adresse meiner Freunde in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, wir sollten weiterführen die Friedens- und Entspannungspolitik Willy Brandts, die das beste Erbe der sozialdemokratischen Außenpolitik nach dem Kriege darstellt. ...







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