Drohender Krieg gegen Iran


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Drohender Krieg gegen Iran

 Redebeiträge/Kundgebungen

Redebeitrag auf der Bremer Kundgebung zum 3.Jahrestag des Irak-Krieges am 18.3.06

Liebe Bremerinnen und Bremer!

Friedrich Scherrer (Bremen)

Erinnern ist das Geheimnis der Erlösung - sagt eine alte jüdische Weisheit.

Wir kommen hier auf dem Marktplatz zusammen, um an den Beginn des Irak-Krieges vor drei Jahren zu erinnern. Genau am 20.März 2003 begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen den Irak, an dessen Folgen dieses Land und seine Menschen bis heute zu leiden haben. Knapp die Hälfte der Iraker ist jünger als 15 Jahre!

Erinnern wir uns an die Gründe für diesen Krieg:



da war die Rede von Massenvernichtungsmitteln, die aber nie gefunden worden sind



da war die Rede von der direkten Verbindung zwischen al-Qa`ida und dem Regime in Bagdad, die bis heute nicht nachgewiesen werden konnte



da war die Rede von schrecklichen Menschenrechtsverletzungen unter Saddam Hussein; heute sprechen wir über die Menschenrechtsverletzungen der Besatzungstruppen



da war die Rede von "Demokratie bringen"; der "Weser Kurier" titelte am 7.März: "Statt Demokratie herrscht Apathie. Bei den Menschen im Irak schwindet die Hoffnung." Ich zitiere weiter: "3 Jahre nach dem Beginn des Irak-Krieges ist das Land in einem Zustand, wie er schlimmer nicht sein könnte. Nicht eine Regierung bestimmt über den Alltag der 26 Millionen Einwohner an Euphrat und Tigris, sondern Terroristen Aufständische, Milizen, Kriminelle und Selbstjustiz. Die italienische Journalistin Giuliana Sgrena, die vor einem Jahr für einen Monat entführt wurde, schreibt danach in ihrem Buch "Als Geisel zwischen den Fronten", dass die Interessenkonflikte zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden fast ausschließlich mit Gewalt ausgetragen werden. Für die Journalistin tragen die US-Besatzer dafür eine Mitverantwortung, weil sie 2003 Iraks Armee auflösten und so die Grenzen für ausländische Terroristen erst durchlässig machten.



Die Begründungen für diesen Krieg stellen sich als Lüge und Unwahrheit heraus. In Wirklichkeit ging und geht es um die militärische und politische Kontrolle des Mittleren Ostens und dessen Ressourcen.


Erinnern wir uns auch: Da war die Rede, dass Deutschland mit diesem Krieg absolut nichts zu tun hat, jetzt gibt es notwendigerweise einen Untersuchungsausschuss der dem Wahrheitsgehalt dieser Behauptung nachgeht.

Wir erinnern uns der Folgen dieses Krieges:

Weit über 100.000 Iraker sind der Invasion und der Besatzung zum Opfer gefallen und die Zahl steigt weiter, auch die der getöteten Besatzer. Nach der Frankfurter Rundschau vom 21.2. sind mehr als 1.200 US-Soldaten ums Leben gekommen und gut 16.000 verwundet worden, seit Präsident Bush am 1.Mai 2003 das Ende der Kampfhandlungen verkündete.

Es ist schon unverfroren und unverschämt, aber auch gotteslästerlich, wie sich Premierminister Tony Blair erinnert und - nach dem "Weser Kurier" vom 5.März - sagt, ob die Entsendung der Truppen 2003 richtig oder falsch gewesen sei, werde letztlich auch von Gott gefällt. Weiter heißt es: "Die Kosten des Irak-Krieges übersteigen inzwischen die düstersten Prognosen. Über 1.200 Milliarden Dollar werden amerikanische Steuerzahler nach jüngsten Berechnungen dafür aufbringen müssen."

Erinnern ist das Geheimnis der Erlösung. Dieser noch nicht beendete Krieg macht auf schreckliche und eindringliche Weise sichtbar: Krieg ist keine Antwort auf Gewalt. Die Besatzung ist die Hauptursache für die eskalierende Gewalt und keinesfalls die Lösung, sie muss schnellstmöglich beendet werden.

Dagegen erinnern sich ganz anders 34 amerikanischen Kirchen, die am 18. Februar u. a. erklärten: "Unsere politischen Führer.leiteten imperiale Projekte ein, mit denen sie um unserer nationalen Interessen willen Herrschaft und Kontrolle erstrebten. Nationen sind dämonisiert worden, und Gott in einer Weise für nationale Absichten benutzt worden, die nur götzendienerisch genannt werden können. Wir beklagen mit besonderem Schmerz den Krieg im Irak, der mit Täuschung und unter Verletzung weltweiter Normen von Gerechtigkeit und Menschenrechten in Gang gesetzt worden ist. Wir trauern um alle, die in diesem Krieg gestorben oder verletzt worden sind." In der Märzausgabe von "KDV im Krieg" wird die erste amerikanische Soldatin vorgestellt, die öffentlich ihren Widerstand gegen die Teilnahme am Irak-Krieg erklärt hat.

Stimmen aus dem anderen Amerika, die uns ermutigen mögen, nicht still zu halten, sondern beharrlich gegen die verführerische Logik des Krieges anzugehen. Konkret:

Der trotz des Desasters im Irak erneuerten amerikanischen Sicherheitsstrategie ist entschieden zu widersprechen. Dem gestrigen "Weser Kurier" ist zu entnehmen, dass US-Präsident Bush in ihr den Anspruch auf einen entwaffnenden Erstschlag unterstrichen hat und das iranische Atomprogramm als größte Bedrohung der amerikanischen Sicherheit ausgemacht hat. Die USA "schließen die Anwendung von Gewalt vor einem Angriff nicht aus, selbst wenn Ungewissheit besteht über Zeit und Ort des feindlichen Angriffs besteht". Die wirkliche Bedrohung liegt gerade in dieser amerikanischen Sicherheitsstrategie, die für sich Herrschaft, Einfluss und Macht mit allen erdenklichen Mitteln durchsetzen und haben will, statt an den gemeinsamen Lebensbedingungen und Lebensrechten aller Menschen interessiert zu sein.

Unwillkürlich denke ich als Christ an die biblische Geschichte, in der der Teufel, genauer der Diabolos, d. h. der Durcheinanderbringer von gut und böse, Jesus auf einen sehr hohen Berg führt und ihm alles Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit zeigt und sagt: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Jesus sagt: Weg mit dir Satan. Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen. Solange wir die Reiche, die Reichtümer dieser Welt für uns allein besitzen wollen, auf dieses Versprechen hineinfallen und dieser Verführung folgen, laufen wir in die Irre und wirken zerstörerisch, da ist wirklich die Achse des Bösen. Die Reichtümer dieser Welt miteinander teilen, gerechtere und menschliche Lebensverhältnisse schaffen sind allein Grundlage für den Frieden. Das klingt sehr grundsätzlich und abstrakt. Aber kann im Kleinen vor Ort, worüber unsere Medien nicht berichten, weil sie auf Gewaltszenen fixiert sind, sehr konkret werden: ich denke z.B. an das Kinderzentrum in Bagdad "Wings of hope" Flügel der Hoffnung, in dem kriegstraumatisierte Kinder - teilweise unter schwierigsten Umständen - fachkundig und liebevoll betreut werden.

Flügel der Hoffnung - möge unsere Hoffnung auf Frieden im Mittleren Osten nicht erlahmen und die Frieden stiftenden Kräfte auf allen Seiten dort letztlich die Oberhand gewinnen.



Friedrich Scherrer ist Gemeindepfarrer in Bremen.

E-Mail: info@bremerfriedensforum.de

Website: www.bremerfriedensforum.de
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