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Panzer in die Türkei? - Inhalt


vom:
29.06.2000


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OFFENER BRIEF, Göttingen/Bonn/Berlin, den 29. 6. 2000

Keine deutschen Panzer für die Türkei, Sie gefährden den Frieden in Nahost

GfbV, KOMKAR, Friedenskooperative

An Bundeskanzler Gerhard Schröder,
Verteidigungsminister Rudolf Scharping,
und Wirtschaftsminister Werner Müller


Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Herren Minister,

laut Presseberichten werden Sie sich am kommenden Montag, den 3. Juli im Bundessicherheitsrat zusammen mit Außenminister Fischer und Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul über eine Lieferung von 1.000 Kampfpanzern des Typs Leopard II an die Türkei beraten. Zwar bezweifeln wir die Wahrheit dieser Nachricht und halten ihre Lancierung für ein Stück "Lobbyarbeit" der am Milliardengeschäft interessierten Wirtschftskreise. Denn ratsächlich die Türkei derzeit die Modernisierung alter Panzer anstelle einer gigantischen Neubeschaffung.

Gleichwohl wnden wir uns heute an Sie im Namen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), des Verbandes der Vereine aus Kurdistan KOMKAR, des Netzwerkes Friedenskooperative und mehr als 20 weitere Organisationen, die Ende Oktober letzten Jahres gegen diese Absicht protestierten, sowie der mehr als 24.700 Personen, die seither bei unseren Unterschriftenaktionen mit unterzeichnet haben*.

Noch einmal fordern wir Sie eindringlich dazu auf, auf dieses Geschäft zu verzichten. Diese Panzer könnten von der türkischen Armee gegen Kurden eingesetzt werden und bedrohen auch die Nachbarländer der Türkei.

Die türkische Armee führt seit 1984 einen grausamen Krieg gegen die Arbeiterpartei Kurdistans PKK, dessen Opfer vor allem Zivilisten sind. Offiziell wurden 3.428 kurdische Dorfer zerstört und mehr als 2,5 Millionen Kurdinnen und Kurden vertrieben. Dabei wurden nachweislich auch Waffen aus Deutschland eingesetzt.

Seit dem Todesurteil gegen Abdullah Ocalan vor genau einem Jahr und trotz wiederholter Friedensangebote der PKK haben sich die Verhältnisse in der Türkei nicht gebessert. Misshandlungen und Folter sind in den staatlichen Gefängnissen noch immer an der Tagesordnung.

Eine Regierung, in der eine offen faschistische Partei sitzt, nutzt jede Gelegenheit, demokratische kurdische Politiker einzuschüchtern. Noch immer beherrschen Generale den Staat.

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Panzer in die Türkei? - Inhalt
Jahr für Jahr marschiert die türkische Armee völkerrechtswidrig im Nordirak ein, wobei sie kurdische und assyrisch-aramäische Siedlungen zerstort, die nach dem zweiten Golfkrieg teils mit deutscher Hilfe wieder aufgebaut worden waren. Gegen Syrien und den Irak führt die Türkei mit immer neuen Staudamm-Bauten einen Kalten Krieg um Wasser.

Türkische Truppen halten zwei Drittel der Insel Zypern besetzt, seitdem 1974 etwa 80 Prozent der griechischen, maronitischen und armenischen Zyprer von dort vertrieben wurden.

Die Türkei ist leider noch immer ein Staat, von dem nach innen wie nach außen eine erhebliche Bedrohung für den Frieden ausgeht. Als frühere Bundesregierungen die türkische Armee mit Schützenpanzern, Gewehren und Stahlhelmen hochrüsteten, empfanden dies auch in Deutschland lebende Kurden als Kriegserklärung.

"Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik", versprach die rot-grüne Bundesregierung bei ihrem Antritt. Wir wissen, dass auch andere Staaten gerne Panzer an Ankara liefern würden. Umso dringender fordern wir Sie dazu auf, die neuen strengeren Richtlinien für Waffenexporte, die in der Koalition ausgehandelt wurden, als Standard innerhalb der EU und der NATO durchzusetzen. Diesen Richtlinien zufolge dürfen keine Panzer in ein Krisengebiet wie die Türkei geliefert werden!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Herren Minister,

wir appellieren abschließend an Sie, im Zusammenklang mit dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungsministerium jetzt dringend notwendige Beiträge für die Demokratisierung der Türkei sowie für den Wiederaufbau in Türkisch Kurdistan und in den westanatolischen Erdbebengebieten zu leisten. Wirken Sie nicht an einer neuen Aufrüstungsrunde im Nahen Osten mit!

Wir danken Ihnen herzlich fur jede Entscheidung in diesem Sinn.

Mit freundlichen Grüßen, Ihre

Tilman Zülch, Generalsekretär der Gesellschaft fü bedrohte Völker
Manfred Stenner, Geschaftsführer des Netzwerks Friedenskooperative, Bonn
Cetin Tasci, Generalsekretär des Verbandes der Vereine aus Kurdistan (KOMKAR)



* Eine von der AG gegen Rüstungsexport im Netzwerk Friedenskooperative (Römerstraße 88, 53111 Bonn) koordinierte Postkartenaktion "Keine Kampfpanzer an die Türkei" wurde mitgetragen von: Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (ADGF); BUKO-Kampagne gegen Rüstungsexport; Deutsche Postgewerkschaft Jugend; DFG-VK Bundesverband; DFG-VK Bremen; Gewerkschaft HBV, Abteilung Jugend; Helsinki Citizens Assembly (HCA) - deutsche Sektion; IG Medien Jugend; IG Metall Jugend; Internationaler Verein für Menschenrechte in Kurdistan (IMK); Informationsstelle Militarisierung (IMI); Internationaler Versöhnungsbund - deutscher Zweig; Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in Sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW); Jungsozialisten in der SPD - Jusos Bundesverband; Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär; Kampagne gegen Rüstungsexport, Wiesbaden; Föderation der Vereine aus Kurdistan (KOMKAR); medico international; Naturwissenschaftler Initiative Verantwortung für den Frieden; Ohne Rüstung Leben (ORL); Pax Christi - deutsche Sektion; Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF); Förderverein PRO ASYL; Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB) Die Initianten haben dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages bereits ca. 12.300 unterschriebene Karten mit dem Appell eingereicht. Weitere tausende folgen in Kürze.

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Panzer in die Türkei? - Inhalt
Die von der Gesellschaft fur bedrohte Völker (GfbV) verbreiteten Unterschriftenlisten "Liefern Sie keine Leopard II Panzer an die Türkei" wurden ebenfalls von mehr als 12.100 Menschen unterzeichnet. An der Sammlung haben sich u.a. mehrere Regionalverbände von Bündnis 90/Die Grünen und verschiedene kurdische Organisationen beteiligt.


Kontakt: Gesellschaft fuer bedrohte Voelker, Stellv. Leiter der Menschenrechtsarbeit, Postfach 2024, D-37010 Goettingen, Tel. +49/551/49906-22, Fax: +49/551/58028

E-Mail:  pogrom@gfbv.de
Internet: http://www.gfbv.de
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