Naher Osten, Israel/Palästina

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27.07.2006


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 Archiv: Libanonkrieg 2006

Pressemitteilung Nahost-Krieg: Bonn, den 27.07.06

Waffenstillstand sofort und alle Konfliktparteien für Gesamtlösung einbeziehen!

Netzwerk Friedenskooperative

Zur aktuellen Lage im Nahost-Krieg erklärt der Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative, Manfred Stenner:

Die israelische Regierung interpretiert zu Recht die Erklärung der Libanon-Konferenz von Rom als Erlaubnis zur Fortführung der Offensive bis zur möglichst weitgehenden Ausschaltung der Hisbollah im Süden des Libanon. Dies wird militärisch offenbar scheitern und führt lediglich zu weiterer Eskalation im gesamten Nahen und Mittleren Osten.

In Rom wurde erklärt, "sich sofort mit der größtmöglichen Dringlichkeit für einen Waffenstillstand einzusetzen" - begleitet von unausgegorenen Vorplanungen für eine UN-legitimierte Truppe im Süden Libanons. Eben nicht die nötige Forderung nach einer sofortigen und bedingungslosen Waffenruhe, um dann alles weitere in Verhandlungen anzugehen. Ansonsten die seit Beginn der massiven Kampfhandlungen vor mehr als zwei Wochen bekannte Kakaphonie verschiedener Bewertungen und die Fortsetzung der Vortäuschung hektischer internationaler Diplomatie.

Deutsche Friedensgruppen kritisieren insbesondere die Haltung der Bundesregierung, die anders als Generalsekretär Kofi Annan und einige andere EU-Regierungen die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand vermeidet und sich zunehmend unverhohlen und geschichtsvergessen für eine deutsche Beteiligung an einer Stabilisierungstruppe andient. Hier wäre die Ausübung der Richtlinienkompetenz der bisher rhetorisch zurückhaltenderen Kanzlerin Merkel ("zur Zeit kein Thema") gegen entsprechende Äußerungen von Verteidigungsminister Jung und mittlerweile auch Außenminister Steinmeier zur Kurskorrektur nötig.

Friedens- und Menschenrechtsorganisationen hierzulande wie in Israel selbst bezeichnen zu Recht die kriegerische Reaktion der israelischen Regierung auf die (frühere) Entführung eines israelischen Soldaten im Gazastreifen durch die Hamas und den Überfall auf eine israelische Patrouille im Norden Israels mit der Ermordung und Entführung weiterer Soldaten durch die Hisbollah als völkerrechtswidrig, so wie diese Taten von Hamas und Hisbollah als Verbrechen charakterisiert werden müssen und werden.

Die kollektive Bestrafung der libanesischen Bevölkerung, Bombardierung von Wohnvierteln und der Infrastruktur u.a. mit Einsatz völkerrechtlich umstrittener Streubomben müsste allerdings auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland und anderen Gruppierungen, die aus guten Gründen hierzulande für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels streiten, als Verstoß gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht kritisiert werden. Der Aufschrei nach dem Stopp aller Kriegshandlungen an beide Seiten und einem sofortigen Waffenstillstand ist nötig aus Solidarität mit den um ihr Leben bangenden Menschen im Norden Israels wie im gesamten Libanon.

Chance für Waffenstillstand nur bei Aussicht auf gesamte Friedenslösung

Nüchtern betrachtet gibt es eine - auch kurzfristige - Chance für einen Stopp weiterer Eskalationen nur bei einem Schwenk von militärischem Denken zu intelligenter Ziviler Konfliktbearbeitung und der direkten Einbeziehung der in der Konferenz von Rom außen vor gelassenen Parteien inklusive PLO, Hamas, Hisbollah, Syriens und des Irans.

Die USA sind dabei der Schlüssel für die Beinflussung Israels, die EU und insbesondere auch die deutsche Regierung muss die USA und Israel zu einem Paradigmenwechsel im gesamten sogenannten "Krieg gegen den Terror" drängen. Solch eine eindeutige friedenspolitische Haltung fordern Friedensgruppen bei Demonstrationen in zahlreichen Orten von der Bundesregierung.

Der Israel/Palästina-Konflikt hängt eng zusammen und ist der Schlüssel für die weiteren durch die militärische Vorgehensweise verschärften Konflikte vom Kaiber-Pass bis Gaza. Frieden im Libanon wird es ohne Einbeziehung der Hisbollah als Konfliktpartei nicht geben. Dies - auch die Freilassung der israelischen Soldaten - kann durch Beteiligung von Syrien und Iran befördert werden. Dann sind realistischerweise sowohl die Frage der Rückgabe der Golan-Höhen an Syrien wie der Streit um das iranische Atomprogramm und der Einfluss Irans im drohenden irakischen Bürgerkrieg mit einzubeziehen.

All dieses glaubhaft auf die Tagesordnung der internationalen Anstrengungen zu setzen könnte genug Anreiz für einen Waffenstillstand jetzt bieten.

Was sich wie eine komplizierte Ausweitung der Verhandlungsgegenstände anhört könnte der Schlüssel für einfachere Lösungen sein. Es wäre zumindest eine Hoffnung.

Erforderlich ist nur das Umdenken von militärische auf politische Lösungen.

Die sich bei der Konferenz in Rom abzeichnende - politisch wie militärisch noch völlig unausgegorene - Alternative dagegen beinhaltet sehr große Gefahren weiterer Eskalation über Gaza/Libanon/Israel hinaus. Eine von der UN legitimierte UN-, EU- oder NATO-Truppe mit Mandat zur Entwaffnung der Hisbollah könnte ggf. den Krieg gegen die von Israel nicht aufgeriebene Guerilla lediglich ebenso erfolglos fortsetzen und als "westliche Besatzungstruppe" Hass und Widerstand in der arabisch-islamischen Welt beschleunigen. Eine internationale Truppe mit Mandat zur Unterbindung von weiteren israelischen Übergriffen auf libanesisches Territorium wiederum erscheint sehr unrealistisch - und ist vermutlich auch von Minister Jung nicht gemeint, wenn er meint, dass sich die Bundesrepublik dann nicht verschließen könnte.

Aus den Reihen der Friedensbewegung gibt es zahlreiche Vorschläge für Alternativen zum militärisch gescheiterten "Krieg gegen den Terror". Sieh u.a. das Iran-Dossier unter:
http://www.koop-frieden.de/irandossier.pdf



Manfred Stenner ist Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative

E-Mail: friekoop (at) bonn (Punkt) comlink (Punkt) org

Website: www.friedenskooperative.de
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