Naher Osten, Israel/Palästina

update:
31.07.2006


 voriger

 nächster

Naher Osten, Israel/Palästina

 Archiv: Libanonkrieg 2006

Rede am 29.07.06 in Bielefeld

Stoppt die Eskalation! Frieden für den Libanon! Frieden für Israel! Frieden für Palästina

Angelika Claussen

Liebne Freundinnen und Freunde,

Die Friedensbewegung hat sich heute hier zusammen gefunden, um gegen den Krieg im Libanon, Palästina und Israel zu protestieren.

Die Zahl der Flüchtlinge im Libanon ist inzwischen auf fast eine Million angewachsen, das ist ein Drittel der Bevölkerung. Ärzte in Beirut und in Tyrus berichteten, dass "mumienartige Leichen in ihre Krankenhäuser eingeliefert wurden, die keinerlei von einer Explosion stammenden Wunden zeigten, so dass der dringende Verdacht besteht, dass die Todesursache Gifteinwirkung, am ehesten ausgelöst durch Phosphorbomben, ist. Gleichzeitig existiert eine Richtlinie der israelischen Armeeführung, die die Berichterstattung über so genannte "Sondermunition" verbietet.

Im Gaza-Streifen benutzte Bomben der israelischen Armeeführung ebenso wie die neuen Waffenlieferungen der US-Regierung an Israel geben starke Indizien dafür, dass Israel Uranmunition benutzt.

(GBU-28 = Bunker Buster " laser gesteuert, 5000 Pfd. schwer, Quelle: New York Times vom 22.7.06 "US speeds up bomb delivery to Israel")

Weite Teile des Landes sind zerstört, es gibt Hunderte von Toten und viele Verletzte.

Aber auch unter den Soldaten aller drei beteiligten Armeen bzw. Milizen gibt es zahlreiche Tote und nicht zuletzt Tausende von Palästinensern, also Zivilbevölkerung, die seit der zweiten Intifada im Jahre 2000 getötet wurden.

- Ich bitte sie mit mir zusammen, eine Schweigeminute für alle Toten einzulegen, wir trauern um alle, um die Zivilbevölkerung, aber auch um die gefallenen Soldaten bzw. KämpferInnen.- Sie alle mussten ihr Leben geben, weil die Militärs auf allen drei beteiligten Seiten nicht fähig sind, Frieden zu schaffen.

Danke.

Es ist eine Erfahrung der Friedensbewegung, dass Frieden eine zu wichtige Angelegenheit ist, um ihn in die Hände der Militärs zu legen. Deshalb haben wir uns entschlossen, selbst aktiv zu werden, deshalb demonstrieren wir hier und zeigen Alternativen auf.

Das Grundproblem der Nahost-Region, das auch jetzt wieder in einen neuen Krieg geführt hat, ist u.E. das ungelöste Palästina-Problem. Aus dem UN-Teilungsplan für Palästina begründet sich das Existenzrecht des Staates Israel auf der einen Seite und das Existenzrecht Palästinas auf der anderen Seite. Zuletzt wurde eine Zwei-Staaten-Lösung mit entsprechenden Vertragsvorschlägen in Einzelheiten von prominenten israelischen und palästinensischen Persönlichkeiten im Jahre 2003 ausgearbeitet, bekannt auch als "Genfer Initiative".

Dieser Vorschlag ist nach wie vor realitätstüchtig, Voraussetzung ist lediglich, dass sich die moderaten und friedenswilligen Kräfte aller am Konflikt beteiligter Parteien durchsetzen.

- Das Friedensnetzwerk Bielefeld fordert daher unsere Bundesregierung und die EU auf, auf einen sofortigen Waffenstillstand zu dringen und diesen Vorschlag nachdrücklich aufzugreifen und zu unterstützen. -

Was sagt die Friedensbewegung zu dem Vorschlag einer internationalen Truppe mit robustem Mandat?

Die Friedensbewegung hält diesen Vorschlag für grundsätzlich gefährlich und Konflikt schürend.

Grund dafür ist die Art und Weise, wie die israelische Regierung mit der arabischen Bevölkerung generell und insbesondere mit der palästinensischen Bevölkerung umgeht. Die bisherige israelische Politik wehrt leider jeglichen Dialog mit den gewählten Führern des palästinensischen Volkes ab. Stattdessen wurden mehrere gewählte palästinensische Regierungsmitglieder gefangen genommen. Diese Weigerung zum Dialog führt letztlich zu Schwächung der moderaten Kräfte bei den Palästinensern, aber auch bei anderen politischen Kräften in der Region.

Darüber hinaus bietet die israelische Politik keinerlei Perspektiven für eine bessere Zukunft für die palästinensische Bevölkerung an. Dadurch wird jegliche Legitimität für verhandlungswillige Führer unter den Palästinensern unterminiert.

Um einen dauerhaften, nachhaltigen und gerechten Frieden zu gewährleisten, müssen alle beteiligten Konfliktparteien an einem Tisch sitzen. Das sind die israelische Regierung, die gewählte palästinensische Regierung, die libanesische Regierung samt Hisbollah, weil es sich bei dieser keineswegs ausschließlich um eine Miliz handelt, sondern eine politische Partei, die in der schiitischen Bevölkerung Libanons verwurzelt ist. Ebenso muss die syrische Regierung mit am Tisch sitzen, um den Konflikt um die von Israel besetzten Golanhöhen zu lösen. Und schließlich die iranische Regierung wegen der Atomwaffenfrage, die zu allererst Israel angeht, der Staat im Nahen Osten, der schon jetzt über 200 Atombomben verfügt und der Iran, der möglicherweise atomare Bewaffnung anstrebt.

Wegen dieser sehr komplizierten Lage schlägt die Friedensbewegung den sofortigen Waffenstillstand vor sowie eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit des Nahen und Mittleren Ostens ähnlich dem KSZE-Prozess in Europa mit dem Ziel, eine atomwaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten zu etablieren.

Zum Schluss möchte ich trotz allem Leid, auf das wir jetzt schauen, auch von einer Vision reden, die ich als Friedensbewegte habe:

Ich stelle mir vor, dass die Städte Tel Aviv und Gaza an ihrer Grenze eine große gemeinsame solarthermische Anlage errichten, die beide Städte mit Strom sowie Klimatisierung von Wohnungen versorgt. Die Anlage sollte mit einer gemeinsamen Meerwasser- Entsalzungsanlage verknüpft werden, die ebenfalls für bei Städte das notwendige Trinkwasser bereitstellt und so Krankheiten verhüten hilft. Die EU sollte dieses Projekt finanziell fördern, sowohl israelische als auch palästinensische Ingenieure und Bauarbeiter sowie Handwerker sollten am Aufbau und bei der Wartung der Anlage zusammen arbeiten. Dieses gemeinsame Projekt könnte Frieden dauerhaft stabilisieren und wäre zudem viele Male kostengünstiger und nachhaltiger als die Stationierung von Kampftruppen und Waffen auf beiden Seiten. Dies könnte der Ausgangspunkt für viele gemeinsame entwicklungs- und friedenspolitische Projekte in der gesamten Region werden, in denen alle Anrainerstaaten zusammen arbeiten.

Lassen Sie, lasst uns alle dafür sorgen, dass solche positiven Visionen Wirklichkeit werden!



E-Mail: angelika-claussen (at) web (Punkt) de

Website: wwww.ippnw.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Themen
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Netzwerk  FriedensForum Termine   AktuellesHome