Naher Osten, Israel/Palästina

update:
31.07.2006


 voriger

 nächster

Naher Osten, Israel/Palästina

 Archiv: Libanonkrieg 2006

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag, Kassel, 31.07.06

Stoppt den Krieg - Waffenstillstand sofort

Bundesausschuss Friedensratschlag



="#000000">Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag



Empörung über Massaker von Kana



Nicht nur vorübergehende Waffenruhe, sondern Waffenstillstand ohne Vorbedingungen



Konfliktgegner als Verhandlungspartner akzeptieren



Zweistaatenlösung auf der Basis der Grenzen von 1967



Nahost-Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit



Bundesregierung muss Einseitigkeit aufgeben



Friedensbewegung zu Aktionen aufgefordert


Kassel, 31. Juli 2006 - Am Sonntag traf sich in Kassel der Bundesausschuss Friedensratschlag und beriet u.a. über die Lage im Nahen Osten und die Aktionen der Friedensbewegung. Unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen (Massaker von Kana) gab der Sprecher des "Friedensratschlags" folgende Erklärung ab:

Wer die israelische Politik in der Öffentlichkeit kritisiert, riskiert hier zu Lande falsch verstanden zu werden. Das hat mit der deutschen Geschichte und der deutschen Verantwortung gegenüber dem Existenzrecht Israels und dem Lebensrecht der Juden dort und überall in der Welt zu tun. Die Friedensbewegung drückt sich nicht um diese Verantwortung. Sie ist aber auch dem Lebensrecht derjenigen Menschen verpflichtet, die - unverschuldet - Opfer des jahrzehntelangen israelisch-palästinensischen Konflikts geworden sind. Dazu zählt die israelische Zivilbevölkerung genauso wie die palästinensische oder libanesische Zivilbevölkerung, die seit Wochen unter dem Krieg leiden.

Die seit fünf Wochen dauernden israelischen Kriegshandlungen im Gazastreifen und die fast dreiwöchigen Angriffe gegen Libanon sind weder politisch-moralisch zu akzeptieren noch völkerrechtlich zu rechtfertigen. Israel hat seine Kriegsziele gründlich verfehlt: Weder konnte die Freilassung der entführten drei Soldaten herbeigebombt noch die Beendigung der Raketenangriffe auf israelische Städte und Siedlungen unterbunden werden. Im Gegenteil: Noch nie gingen so viele Raketen auf Israel nieder wie in den letzten drei Wochen.

Auch wenn die Opfer der Gewalt auf beiden Seiten nicht gegeneinander aufgerechnet werden dürfen, so ist die Asymmetrie der Opfer doch bemerkenswert. Hunderte von Toten, darunter rund 90 Prozent Zivilisten,und Hunderttausende von Flüchtlingen auf der einen Seite (Libanon), knapp 50 getötete Israelis (zumeist Soldaten) auf der anderen Seite. Die verheerenden Bombenangriffe auf die Ortschaft Kana am 30. Juli mit mehr als 50 Toten, darunter überwiegend Kinder, haben alle Beteuerungen der israelischen Regierung, es würden keine Zivilisten und keine Infrastruktur angegriffen, erneut Lügen gestraft. Die allseitige Empörung über das "Massaker" von Kana (so das Rote Kreuz) wird auch vom Bundesausschuss Friedensratschlag geteilt. Wenn der Krieg jetzt nicht gestoppt wird, ist die Gewalt im Nahen Osten nicht mehr begrenzbar.

Die von der israelischen Regierung angekündigte 48-stündige "Aussetzung der Luftangriffe" auf Ziele im Südlibanon ist völlig unzureichend. Israel behält sich damit alle anderen militärischen Schritte vor. Insbesondere die Aufforderung an die Bevölkerung des Südlibanon, das "Kampfgebiet" zu verlassen, deutet darauf hin, dass die Luftangriffe nach zwei Tagen wieder aufgenommen werden sollen. Nötig ist demgegenüber ein sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand, der von Israel, Hamas und der Hisbollah eingehalten wird.

Erst wenn die Waffen schweigen, können die Konfliktparteien verhandeln. Dabei darf keine Seite ausgeschlossen werden. Die von Hamas gestellte Regierung der Palästinenserbehörde ist als Verhandlungspartner genauso zu akzeptieren wie die Hisbollah als Teil der libanesischen Vertretung. Verhandlungen selbst müssen auf der Grundlage der von den Vereinten Nationen bestätigten Grenzen von 1967 (UN-Resolution 242) geführt werden. Einseitige Grenzziehungen, Festlegungen von "Sicherheitszonen" oder andere faits accomplis dürfen als Vorbedingungen nicht verlangt werden.

Die internationale Gemeinschaft (das sog. Nahost-Quartett bis zum UN-Sicherheitsrat) sollte den Druck auf die Konfliktparteien, insbesondere auf Israel erhöhen, um solche Verhandlungen zu ermöglichen. Wünschenswert wäre mittelfristig die Einrichtung einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten, unter Einschluss Syriens und Irans. Die völkerrechtlich verbindliche Anerkennung einer Zweistaatenlösung durch alle Staaten der Region ist eine wesentliche Grundlage für die Lösung des Nahostkonflikts.

Die Bundesregierung hat sich in der Nahostfrage meist einseitig hinter die Aktionen Israels gestellt. Solche Einseitigkeit schadet Israel und lähmt die deutsche Außenpolitik. Sie schadet Israel, weil sie deren unverhältnismäßige Gewaltpolitik und illegale Besatzungspolitik unterstützt, die ihrerseits immer wieder neue Gewalt gegen Israel gebiert. Und sie lähmt den politischen Handlungsradius Berlins, weil echte Vermittlungstätigkeit auf dieser Basis schwer möglich ist. Dazu müsste Deutschland (via EU) als Mitglied des Nahost-Quartetts aber in der Lage sein.

Die Friedensbewegung hat mit zahlreichen, meist kleineren Aktionen gegen den israelischen Krieg im Gazastreifen und im Libanon protestiert. Sie wird in den nächsten Tagen und Wochen weiter auf die Straße gehen, sich in der Öffentlichkeit zeigen und - stellvertretend für viele andere Menschen - zum Ausdruck bringen, dass es für diesen Krieg keinerlei Rechtfertigung gibt. Jeder Tag, den dieser Krieg länger dauert, vergrößert nicht nur das Leid der Zivilbevölkerung (auf allen Seiten!), er vertieft auch den Hass der arabischen Welt gegen Israel - und gegen die USA, die den Feldzug der Israelis decken.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag rechnet damit, dass die Friedensbewegung in der Nahost-Frage mehr Mut zur Aktion zeigen wird. Es werden verstärkt Mahnwachen sein (in einigen Städten wurden sie bereits eingerichtet), es werden Demonstrationen und Kundgebungen sein, und vor allem werden es Informations- und Aufklärungsveranstaltungen sein, die überall im Land durchzuführen sind.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:

Peter Strutynski (Sprecher)



E-Mail: peter (Punkt) strutynski (at) gmx (Punkt) de

Website: www.uni-kassel.de/fb5/frieden/Welcome.html
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Themen
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Netzwerk  FriedensForum Termine   AktuellesHome