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vom:
10.05.1990


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Ostermärsche und -aktionen 2000:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag von Sönke Wandschneider (Pfarrer), Solidarische Kirche, auf der Auftaktkundgebung am Klosterstern

Sönke Wandschneider

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

am 24. März gab es einen besonderen Jahrestag zu bedenken: Vor einem Jahr überfiel die Nato die Bundesrepublik Jugoslawien unter dem Vorwand, die Menschenrechte der Kosovo-Albaner zu schützen.

Es sollte eine "humanitäre Intervention" sein, ein "gerechter Krieg" zum Schutz der Schwachen, "Nothilfe", wie es Bundeskanzler Schröder formulierte. Der "Hitler des Balkan", der "Schlächter von Belgrad", Slobodan Milosevic, sollte bestraft werden dafür, dass er das Diktat von Rambouillet nicht akzeptierte.

78 Tage und Nächte bombardierte die Nato mit einer gewaltigen Luftflotte Städte und Dörfer Jugoslawiens, mordete und verstümmelte Tausende von Frauen, Männern und Kindern, zerstörte Krankenhäuser, Schulen und Wohngebäude, zerbombte Straßen, Donau-Brücken, Heizkraftwerke und zivile Industriebetriebe und schreckte nicht davor zurück, international geächtete Waffen einzusetzen, z.B. Splitter- und Streubomben und auch radioaktive Uran-Munition, gefürchtet seit dem Golfkrieg 1991.

36.000 Lufteinsätze wurden insgesamt geflogen und erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland waren deutsche Soldaten dabei - zum dritten Mal in diesem Jahrhundert gegen die Serben.

Das Trio Schröder, Fischer, Scharping konnte beweisen, dass die Nachkriegszeit endlich zuende war, dass wir wieder wer waren, nicht nur wirtschaftlich stark, sondern auch militärisch potent.

Parteiprogramme und Wahlversprechen wurden Makulatur ("Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik" - heißt es in der Präambel der rot-grünen Koalitionsvereinbarung)

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Die Losung NIE WIEDER KRIEG, auch für viele Sozialdemokraten und Grüne besonders zu Hochzeiten der Friedensbewegung mehr als nur ein Lippenbekenntnis, konnte zu den Akten gelegt werden, weil es um die "Menschenrechte" ging, um "humanitäre Ziele".

Die Ächtung des Krieges als Mittel der Politik wurde von einer rot-grünen Regierung in unverantwortlicher Weise aufgegeben. Sie hat sich an der Beschreibung der neuen Nato während des Krieges am 24/25. April letzten Jahres in den USA maßgeblich beteiligt.

Vergessen wir das nicht, bei den nächsten Wahlen und in Zeiten, wo sie uns wieder etwas anderes versprechen.

Wir wussten vor einem Jahr, und wir wissen es heute noch genauer: Es ging nicht um Menschrechte, es ging ausschließlich um das Recht des Stärkeren, es ging um einen Probelauf für die Nato.

Das bisherige Verteidigungsbündnis sollte - losgelöst von völkerrechtlicher Bindung - als weltweit konkurrenzloses Instrument zur Durchsetzung der "Neuen Weltordnung" etabliert werden.

Die rot-grüne Kriegsregierung missachtete aber nicht nur internationales Völkerrecht der Vereinten Nationen, sie riskierte auch den Bruch mit dem Grundgesetz, das ebenso einen Angriffskrieg verbietet wie der 2-plus-4-Vertrag, der Grundlage für die deutsche Vereinigung ist. Die verfassungsmäßige Absage an den Krieg ist weltweit einzigartig. Aber: Sie ist nicht erst in Jugoslawien als sogenannte "Normalisierung" aufgegeben worden, die Absage an den Krieg als Mittel der Politik wurde schon in den verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 aufgeweicht, in denen die Bundeswehr aufgerüstet werden sollte "zur Verteidigung des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen".

Heute redet man von "Krisenreaktionskräften" oder "Kommando Spezialkräfte", Begriffe, die vernebeln sollen, dass es nicht mehr um Verteidigung, sondern um "Intervention" und "Angriff" geht

Der Außenminister und um den Frieden besorgte Josef Fischer ist die treibende Kraft für die Militarisierung der EU, indem er den Aufbau europäischer Krisenreaktionkräfte fordert und fördert. Europa soll unabhängig von den USA intervenieren, d.h. Krieg führen können. Vor Politikern seines Schlages muß öffentlich gewarnt werden.

Krieg ist und bleibt das Versagen der Politik - oder klarer gesagt: Krieg ist und bleibt Versagen der Politiker. Die immer wieder grässliche Fratze des Krieges muß versteckt und verkleidet werden, aber sie lässt sich nicht verstecken, auch nicht mit Begriffen wie "Kollateralschaden «.

Der Hamburger Philosophie-Professor Harald Wohlrapp hat dies in Bezug auf den Nato-Krieg gegen Jugoslawien so beschrieben:

"Ist der Krieg einmal im Gange, dann erscheinen Phänomene, die so grässlich sind, dass jede Befürwortung, Rechtfertigung, Schuldzuweisung, ja sogar jede Zweckbewertung des Krieges zu einem ignoranten, unreifen Gestammel zusammenschrumpft. Es erscheinen die zerfetzten und verbrannten Leiber von Kindern, die betäubende Ohnmacht von Zivilisten gegenüber Bewaffneten, die Folterungen, Erschießungen, Vergewaltigungen zu Jux und Tollerei der Bewaffneten, die grassierende, abstumpfende, animalische Dauerangst von Menschen. Es erscheint die vergiftete Luft, der vergiftete Regen in den Regionen der zerstörten Chemiewerke, die Volltreffer auf Wohnblocks, Fernsehstationen, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Museen. Es erscheint das verantwortungsbewusste Computerspiel von Bomberpiloten, die unsäglichen Interviews mit den Müttern dieser Piloten, die Routinen der Bombenentsorgung ins Meer, der Einsatz von uranhaltiger Munition und von Splitterbomben, die Erkenntnisse aus der Erprobung neuer Waffen im Ernstfall. Es erscheint die Mafia in den Lagern, um Hilfslieferungen zu verschieben, Frauen als Prostituierte zur verschleppen, reiche Familien gegen schweres Geld nach Deutschland zu schleusen. Es erscheinen die Aktionäre der Rüstungsindustrie, die verlegen und vergnügt den Wert ihrer Papiere steigen sehen usw. Diese grässliche Fratze aber muss versteckt und verkleidet werden, weil zivilisierte Menschen sie nicht aushalten, weil die gutwilligen Mitläufer, weil insbesondere die Kinder unbedingt vor ihr geschützt werden müssen. Und so zerstört der Krieg die Wahrheit, die Sprache, die Genauigkeit, das Vertrauen in kommunikative Aufrichtigkeit, die elementare mitmenschliche Solidarität."

Krieg brutalisiert alle Beteiligten, er selbst ist die schwerste Menschenrechtsverletzung, auch und gerade, wenn er vorgibt, sie verhindern zu wollen Seit nunmehr 40 Jahren gibt es bei uns in Norddeutschland die Ostermärsche, nachdem am Karfreitag 1958 in London zum ersten Mal mehr als 10.000 Menschen für Abrüstung demonstriert haben.

Nie wieder Krieg! Kampf dem Atomtod - die älteren unter uns erinnern noch diese Parolen. Frieden schaffen ohne Waffen! - auch das eine Losung aus grauer Vorzeit. Leider aber immer noch aktuell!!

Ostern ist das Fest der Auferstehung. Und Auferstehung hat mit Aufstehen, Aufstand, Widerstand zu tun. Stehen wir auf für die Abrüstung! Widerstehen wir jeglicher Umrüstung oder Aufrüstung! Widerstehen wir jedem Rüstungsexport. Stehen wir auf für die Stärkung nichtkriegerischer Konfliktlösungen! Widerstehen wir der neuen Kriegslogik, die uns einreden will, es gäbe moralisch gerechtfertigte Kriege. Stehen wir auf für den Frieden ohne jedes Wenn und Aber. Und hüten wir uns vor denjenigen, die Frieden sagen, aber vor dem Krieg nicht zurückschrecken.

Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.



E-Mail:  m.gunkel@cl-hh.comlink.de
Internet: http://www.hh19.de/hin!/hhf/
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