Ostermär-
sche 2001


vom:
17.04.2001

update:
18.04.2001


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Ostermärsche und -aktionen 2001

 Echo/Presse

Pressesplitter Dienstag 17.4.2001

div. Zeitungen

Berliner Zeitung: Mehrere tausend Menschen bei Ostermärschen

Berliner Zeitung -Brandenburg -: Fast 2.000 beim Marsch gegen das Bombodrom

Badische Zeitung: Ostermärsche in 50 Städten

FR: "Bei jeder Sauerei ist Joschka Fischer mit dabei"

jW: Die Politik zivilisieren

jW: Wittstocker Heide bald zwangsgeräumt?

KStA: Ostermärsche in 60 Orten

Main-Echo: Über 100 Friedensfreunde nahmen an Ostermarsch-Kundgebung in Bruchköbel teil

ND: Ein kleiner, aber lebendiger Haufen

ND: FREIe HEIDe: Windpark statt Bombodrom

ND: Mehrheit weg?

NN: "Krieg bleibt ein Verbrechen gegen die Menschheit"

OZ: Zehntausende nahmen an Ostermärschen teil

RP: 200 Teilnehmer beim Ostermarsch Rhein-Ruhr 2001

Saarbrücker Zeitung: "Geld fehlt für die Bildung und den Umweltschutz"

Stuttgarter Zeitung: Standort Calw auflösen

Stuttgarter Zeitung: Sitzblockade vor US-Kaserne

SWP: Protest gegen die Bundeswehr

SZ: Der Kern der Friedensbewegung ist lebendig

SZ: Trommeln gegen Krieg und Kälte

taz: hätten sies gewusst?

Tsp: Bombodrom: Protest gegen Bombenabwurfplatz

Tsp: Ostermarsch: Wohin flattert die Friedenstaube?

WDZ: Zehntausende Demonstranten bei Ostermärschen

Hörfunk

SFB:Gegen Bombodrom in der Ruppiner Heide

SWR: Stuttgart: 3.500 beim Ostermarsch in der Innenstadt





Quelle: Berliner Zeitung, 17.04.

Mehrere tausend Menschen bei Ostermärschen

Proteste gegen Bundeswehreinsätze / Friedensaktivist: "Die große Mobilisierungszeit ist vorbei"

Matthias Gabriel

BERLIN/LEIPZIG, 16. April. Mehrere tausend Menschen haben in den vergangenen Tagen an den traditionellen Ostermärschen in ganz Deutschland teilgenommen. Nach Angaben des Ostermarschbüros in Frankfurt am Main beteiligten sich etwa so viele Menschen wie im Vorjahr an den Veranstaltungen in insgesamt rund 60 Orten. Im Mittelpunkt der Aktionen, die auch am Montag fortgesetzt wurden, standen der Kosovo-Krieg und der Protest gegen die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Interventionen. Die Friedensinitiativen demonstrierten zudem gegen die US-Pläne zur Einführung des neuen Raketenabwehrsystems NMD.

In Brandenburg wurde bei Wittstock gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom" protestiert. In der Kyritz-Ruppiner Heide versammelten sich nach Angaben des Veranstalters am Sonntag etwa 1 500 Menschen, die sich gegen die militärische Weiternutzung des früheren sowjetischen Truppenübungsplatzes wandten. In Frankfurt (Oder) trafen am Ostersonntag rund 30 Radfahrer aus Leipzig ein, die an der Friedensglocke der Oderstadt ihre "Ostermarsch-Fahrradtour" mit einer Kundgebung beendeten.

Mangel an Themen

"Die Friedensbewegung lebt noch", sagte Horst-Eberhard Richter, Mitbegründer der westdeutschen Sektion der "Ärzte gegen den Atomkrieg" (IPPNW), der "Berliner Zeitung". Für Richter beweist das beispielhafte Engagement der Bürgerinitiativen gegen das "Bombodrom", dass die Friedensbewegung noch Erfolg hat. Das Bundesverwaltungsgericht untersagte der Bundeswehr im vergangenen Jahr die weitere militärische Nutzung des ehemaligen Areals der Sowjetarmee.

Der 77-jährige Direktor des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts für Psychoanalyse war Anfang der achtziger Jahre eine der Leitfiguren der deutschen Friedensbewegung. Auch in diesem Jahr stritt er für den Frieden, indem er sich der 70. Protestwanderung gegen das "Bombodrom" anschloss.

"Die große Mobilisierungszeit ist aber vorbei", schränkt Richter ein. Es würden die Themen fehlen, die die Menschen emotionalisieren und auf die Straße bringen können. Seiner Meinung nach haben sich die Ostermärsche deswegen aber nicht überlebt. Allerdings wünsche er sich keine aktuellen Entwicklungen, die wieder Massendemonstrationen provozieren. Ihm seien "stille, leise und weniger beachtete Bewegungen lieber als militante, die viel Lärm machen".

In diesem Sinne veranstaltete bereits zum elften Mal das Leipziger "Org.-Büro Ostermarsch" eine Radtour für den Frieden. Etwa 30 Teilnehmer waren am Karfreitagvormittag in der Messestadt zu einer dreitägigen Tour über Torgau, Luckau und Beeskow nach Frankfurt (Oder) gestartet. An den einzelnen Stationen der Fahrt wurde über die Nato-Osterweiterung und ihre Gefahren für den Frieden diskutiert.

Nach der Wende bei null

Das nasskalte Aprilwetter schlug den Veranstaltern aber "mächtig ins Kontor", wie Jörn Walenta vom "Org.-Büro" eingestehen musste. Er glaubt nicht, "dass das Thema niemanden interessiert". "Es ist einfach schweinekalt", versuchte er die geringe Zahl der Teilnehmer zu erklären. Walenta selbst ist seit der ersten Tour 1991 bislang jedes Jahr dabei gewesen. "Nach der Wende haben wir bei null angefangen, wir mussten unsere eigene Protestform finden", so Walenta. Die Tradition der Ostermärsche habe in Ostdeutschland nicht wie in der Bundesrepublik gedeihen können.

Um so engagierter gaben sich trotz der Temperaturen um den Gefrierpunkt die zumeist jugendlichen "Friedensfahrer". Romana Dietzold war extra aus Berlin gekommen, um zum dritten Mal bei der "politischen Radtour mit Spaßfaktor" mitzumachen. "Eine Radtour ist cooler als ein traditioneller Ostermarsch", sagte die 19-Jährige. (mit AFP, dpa)



Quelle: Berliner Zeitung -Brandenburg -, 17.04.

Fast 2.000 beim Marsch gegen das Bombodrom

Ostermarsch und 70. Protestwanderung in einem

WITTSTOCK/FRANKFURT (ODER). Hunderte Menschen haben sich am Sonntag in Brandenburg an den traditionellen Ostermärschen beteiligt. Bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) demonstrierten nach Angaben der Veranstalter 1 500 bis 2 000 Menschen gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide. Zu der 70. Protestwanderung seit 1993 für eine zivile Nutzung des Areals hatte die Bürgerinitiative "Freie Heide" eingeladen.

Am Rande des Osterspaziergangs auf dem früheren sowjetischen Bombenabwurfplatz kam es nach Angaben der Bürgerinitiative zu einem Zwischenfall. Als einige Radfahrer vom Kommandoturm bei Schweinrich über das strittige Gelände zum Treffpunkt in Fretzdorf fahren wollten, habe der Wachschutz einen Warnschuss mit scharfer Munition abgegeben.

Ein Teilnehmer sei über mehrere Stunden bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten worden. "Das ist ein unverhältnismäßiges Vorgehen, zumal die Bundeswehr im Januar erklärt hat, dass die Wegerechtsfragen bis auf weiteres offen bleiben", sagte Benedikt Schirge von der Bürgerinitiative am Montag. Die Radler hätten einen Weg benutzt, der beispielsweise auch Jägern offen stehe.

Bundestagsabgeordnete mit dabei

Der von der Fretzdorfer Kirche ausgehende Osterspaziergang stand unter dem Motto "Für die Einhaltung des Rechts, für Zivilcourage und Toleranz, gegen Gewalt, Willkür und Ignoranz". Zu den Teilnehmern zählten die Ausländerbeauftragte Almuth Berger und der Friedensforscher Horst-Eberhard Richter (Gießen) sowie Bundestagsabgeordnete von SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS.

Berger plädierte in einer geistlichen Besinnung für eine gewaltfreie, tolerantere und auch Fremden gegenüber offenere Gesellschaft. Richter sagte, "die Ostermärsche sind nicht tot". Es gehe nicht nur darum, den Bombenabwurfplatz zu verhindern. Es sei auch so, dass die Bomber keinen wirklichen Frieden auf dem Balkan gebracht hätten. Die Einsätze würden nur der Rüstungsindustrie, nicht aber den Menschen helfen.

Der Münsteraner Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei (Grüne) berichtete über den Gruppenantrag, den er mit 59 anderen Abgeordneten seiner und der SPD-Fraktion Anfang April im Bundestag eingebracht hatte. Darin fordern sie eine zivile Nutzung des Areals bei Wittstock. Die offizielle Begründung der Bundeswehr, der Luft-Boden-Schießplatz werde militärisch benötigt, sei nicht stichhaltig. Die Luft-Boden-Einsätze der Bundeswehr seien im vergangenen Jahr um 20 Prozent zurückgegangen und würden weiter abnehmen.

Um das 14 000 Hektar große Gelände bei Wittstock, das nach 1945 die Sowjetarmee genutzt hatte, wird seit Jahren juristisch und politisch gerungen. Im Dezember hatte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin dem Militär die weitere Nutzung des Übungsgebiets untersagt.

In Frankfurt (Oder) trafen am Sonntag 30 Teilnehmer am Ostermarsch mit dem Fahrrad von Leipzig kommend ein. Sie beendeten ihre Tour an der Friedensglocke an der Karl-Marx-Straße. (dpa)



Quelle: Badische Zeitung 17.04.

Ostermärsche in 50 Städten

Demos gegen "verlogene Militärpolitik"

FRANKFURT/MAIN (dpa/epd). Mehrere zehntausend Anhänger der Friedensbewegung haben an den Feiertagen mit Ostermärschen für Abrüstung und gegen Gewalt demonstriert. Die Beteiligung an den traditionellen Protestaktionen sei etwa so hoch wie im Vorjahr gewesen, teilte die Ostermarsch-Zentrale gestern in Frankfurt am Main mit. Dagegen beklagte die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche Hannovers, Margot Käßmann, ein nachlassendes Interesse. Sie rief dazu auf, künftig auch Gewalt gegen Ausländer zum Thema der Ostermärsche zu machen.

Schwerpunkte der Aktionen waren das Ruhrgebiet, das Land Brandenburg, Frankfurt und Stuttgart. Von Karfreitag bis Ostermontag gab es insgesamt etwa 50 Veranstaltungen. Bei Wittstock in Brandenburg demonstrierten rund 1500 Menschen gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide.

Etwa 250 Menschen forderten in Stuttgart eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr. Vor der Europa-Kommandozentrale der amerikanischen Streitkräfte (EUCOM) weigerten sich dabei rund 50 Demonstranten, die Zufahrt zur Kaserne zu räumen. Sie wurden von der Polizei weggetragen. Der Freiburger Rüstungskritiker Jürgen Grässlin warf der rot-grünen Bundesregierung eine "verlogene Rüstungspolitik und eine gefährliche Militärpolitik" vor. Die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Interventionen, Rüstungsexporte und das geplante amerikanische Raketenabwehrsystem NMD waren auch anderswo die zentralen Themen.

Noch Anfang der 80er-Jahre waren in der Bundesrepublik über Ostern Hunderttausende Rüstungsgegner auf die Straße gegangen. Die Ostermarschbewegung erlebte damals den größten Zulauf nach dem Beschluss der NATO, mit Pershing-2-Raketen und Cruise-Missile- Marschflugkörpern auf die Stationierung sowjetischer SS-20-Mittelstrecken-Raketen zu reagieren.



Quelle: Frankfurter Rundschau 17.04. FR

"Bei jeder Sauerei ist Joschka Fischer mit dabei"

Rund 500 Menschen marschierten beim Frankfurter Ostermarsch und ermahnten die Bundesregierung zur Abrüstung

Von Marin Majica

An der Spitze der Frankfurter Ostermarsch-Bewegung war es einsam. Rund 40 Männer, Frauen und Kinder zählte die Gruppe, die als erste aus Rödelheim kommend den Sternmarsch durch die Innenstadt beendet hatte und sich auf dem Paulplatz zur Abschlusskundgebung einfand. "Bei jeder Sauerei ist Joschka Fischer mit dabei", skandierten die Ankömmlinge vor der Bühne, während nach und nach auch die Marschgruppen aus Eschersheim, Offenbach, Niederrad und Egelsbach eintrudelten, letztlich rund

500 Friedensaktivisten

"Das sind mehr als im letzten Jahr", betonte die 18-jährige Lydia Pfaff, die vom Offenbacher Rathaus aus zum Marsch gestartet war. "Wir haben Kurden dabei, Metaller, es sind Schüler dabei, die Altersdurchmischung ist doch schön", sagte die Schülerin.

Freilich würde auch sie gerne mehr Leute auf der Straße sehen. "Aber das zersplittert sich immer in verschiedene Einzelgruppen, die Linke ist eben unkoordiniert", kommentierte Lydia, Mitglied im Offenbacher Stadtschülerrat.

"Die Menge ist nur ein Teilaspekt", sagte auch Thomas Matthes, Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und Ostermarschierer seit 30 Jahren. Die in den vergangenen Jahren stetig niedrige Teilnehmerzahl ändere nichts an der Dringlichkeit der Sache, so Matthes, der an den Nato-Angriff auf Jugoslawien erinnerte.

Die Luftangriffe waren auch auf der Bühne eines der Hauptthemen. "Deutsche Außenpolitik unter Rot-Grün war vielmehr Kriegspolitik", sagte Hans Kroha, Vorsitzender des Landesbezirks Hessen der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Von der versprochenen Friedenspolitik sei kaum etwas zu spüren. Stattdessen würde die Bundeswehr "qualitativ aufgerüstet" und fit gemacht für Auslandseinsätze. "Diesmal geht es gegen jeden, der deutsche wirtschaftliche Interessen irgendwo beeinträchtigen könnte", mahnte Kroha.

"Kriege verhindern - für Frieden, Abrüstung und internationale Solidarität": Das Motto des Ostermarsches hält auch Regina Hagen vom Darmstädter Friedensforum für alles andere als unzeitgemäß. "5000 Atomwaffen werden ständig einsatzbereit gehalten", sagte die Friedensaktivistin. Und das Programm der US-amerikanischen Regierung für eine nationale Raketenabwehr (NMD) sei die Grundlage für ein neues Wettrüsten. Umso mehr sei deshalb die Unterstützung des Programms durch Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) zu kritisieren.

Genug Gründe, sich auch im nächsten Jahr wieder für Frieden und Abrüstung zu treffen, befand Ostermarsch-Koordinator Willy van Ooyen nach der Kundgebung. "Dann aber wieder auf dem Römerberg", versprach van Ooyen. Den Platz hatten die Aktivisten in diesem Jahr für Goethe & Co räumen müssen - zu Ostern will die Mehrheit der Frankfurter eben lieber spazieren als marschieren.



Quelle: junge Welt 17.04.

"Die Politik zivilisieren"

Ostermarsch-Rede von Jupp Angenfort erinnert an Kumpanei zwischen Nazis und Industrie

jW dokumentiert im folgenden die Ostermarsch-Rede von Jupp Angenfort, Landesvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN- BdA) Nordrhein Westfalen, am 14. April vor dem Industrieclub Düsseldorf.

Hier im Industrieclub trafen am 26. Januar 1932 Hitler, Göring und Röhm mit Großindustriellen und Bankiers zusammen. Hitler legte in einer Rede seine Konzeption vor. Er versprach, den Marxismus auszurotten, die Gewerkschaften zu zerschlagen, die Parteien zu verbieten und demokratische Wahlen abzuschaffen. Er versprach, die Reichswehr auszubauen, aufzurüsten und "Lebensraum im Osten" zu erobern. Industrielle und Bankiers dankten, wie Presse und Augenzeugen berichteten, "mit lang anhaltendem Dauerbeifall". Von nun an flossen riesige Spenden an die Nazipartei.

Es müßte hier am Industrieclub eine Tafel angebracht werden mit dem Text: "Hier bekam Hitler von Großindustrie und Banken Beifall und Geld, hier wurden die Weichen zum Krieg gestellt."

Während der Tagung des Industrieclubs protestierten Düsseldorfer Arbeiter - Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten - gegen die Anwesenheit Hitlers. Sie riefen die Losung: "Hitler, das ist der Krieg!" Sie wurden von der Polizei auseinandergeknüppelt. Viele Menschen glaubten damals nicht, daß Hitler Krieg bedeutete. Aber die Warnung erwies sich als wahr. Hitler wurde an die Macht geschoben, und der Krieg kam mit all seinen furchtbaren Folgen.

Heute warnen wir erneut: Der Aufbau der "Schnellen Eingreiftruppe" im Rahmen der Bundeswehr und die forcierte Aufrüstung dienen der Kriegsvorbereitung!

Wir fordern deswegen:



-Die Politik zivilisieren.



-Die Einsatzkräfte auflösen.



-Abrüsten und die frei werdenden Mittel für soziale und kulturelle Zwecke verwenden.



-Von deutschem Boden darf kein Krieg mehr ausgehen!


Die Industriellen, die hier im Jahre 1932 versammelt waren, machten bei Hitler Karriere. Sie verdienten an Rüstung und Krieg. Viele von ihnen wurden Wehrwirtschaftsführer. So zum Beispiel der Düsseldorfer Waschmittelfabrikant Jost Henkel. Er hatte, als Präsident des Industrieclubs, Hitler zum Vortrag eingeladen. Alle haben sie im Krieg Zwangsarbeiter in ihren Betrieben schuften lassen.

Die gleichen gesellschaftlichen Kräfte - oftmals sind es sogar die gleichen Firmennamen - verzögern heute die Auszahlung einer symbolischen Entschädigung an die noch lebenden Zwangsarbeiter.

Nach 1945 hat der Internationale Gerichtshof in Nürnberg festgestellt: Die NS-Zwangsarbeit war ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Inzwischen sind viele Jahrzehnte vergangen. Neunzig Prozent der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sind inzwischen verstorben. Die noch lebenden sind alle in hohem Alter. Soll eine biologische Lösung eintreten? Das ist unmenschlich, das ist Zynismus!

Die Industriellen, Bankiers und Politiker, die die Auszahlung weiter verzögern, machen sich zum zweiten Mal schuldig.

Wir fordern:



-Die fünf Milliarden DM, die die Industrie endlich eingesammelt hat, müssen sofort beim Stiftungsfonds eingezahlt werden. Bis jetzt hat die Industrie noch keinen Pfennig überwiesen.



-Schluß mit den Verzögerungen. Es darf nicht mehr mit der Zeit gespielt werden.



-Der Bundestag muß die Auszahlung beschließen. Er darf sich nicht mehr von der Wirtschaft diktieren lassen, was er zu tun hat.



-Auszahlung der ja ohnehin nur symbolischen Entschädigung an die noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sofort!




Quelle: junge Welt 17.04. jW

Wittstocker Heide bald zwangsgeräumt?

Ostermärsche: Tausende protestieren gegen Krieg und Bundeswehr.

Von Reimar Paul

Mehrere zehntausend Menschen haben sich am Wochenende an den diesjährigen Ostermärschen beteiligt. In etwa sechzig Orten seien Friedensgottesdienste, Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen gegen Krieg und Gewalt organisiert worden, teilte die Informationsstelle Ostermarsch am Montag mit.

Eine der zahlenmäßig größten Aktionen gab es, wie schon in den Vorjahren, in der Wittstock-Ruppiner Heide im Norden Brandenburgs. Trotz Dauerregens protestierten mehr als 1000 Osterspaziergänger gegen die militärische Weiternutzung des früheren sowjetischen Militärgeländes. An der insgesamt 70. Demonstration seit 1992 nahmen in diesem Jahr auch Bundestagsabgeordnete von SPD und PDS teil.

Bislang weigert sich die Bundeswehr, das Urteil des Bundesverwaltungerichts anzuerkennen, das ihr eine Nutzung des rund 140 Quadratkilometer großen Areals zumindest so lange untersagt, wie Anrainergemeinden nicht angehört und ihre Belange berücksichtigt sind. Inzwischen liegt beim Verwaltungsgericht Potsdam ein Antrag auf Räumung des Geländes vor, verbunden mit einem Strafantrag gegen Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen. 1994 hatte Scharping während der 22. Wanderung noch zu den Anti- Bombodrom-Demonstranten gehört.

In der Colbitz-Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt demonstrierten Hunderte gegen das kürzlich eingerichtete "Gefechtsübungszentrum Heer" (GÜZ). Hier übt die Bundeswehr mit Simulatoren für künftige Auslandseinsätze, das Zentrum spielt damit eine entscheidende Rolle in der Umstrukturierung der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee. Betrieben wird die Einrichtung von der GÜZ Management GmbH, hinter der führende Waffenkonzerne wie DASA, Dornier und Diehl stehen.

In Ennepetal und Hagen (Nordrhein-Westfalen) beteiligten sich Friedensinitiativen zudem an den Aktionen gegen Nazi- Aufmärsche (siehe S. 6). In Hagen fand ein "Osterfriedensfest" mit mehr als 2 500 Teilnehmern statt. Neben regionalen Forderungen vertraten die Ostermarschierer auch übergreifende Anliegen. Ganz oben stand die generelle Absage an Krieg und Gewalt. Der Krieg gegen Jugoslawien habe klar gezeigt, daß politische Konflikte mit militärischen Mitteln nicht zu lösen seien, so Bernd Guß von der Informationsstelle Ostermarsch.

Bei der Kundgebung im westfälischen Münster erklärte der profilierte Rüstungskritiker und Autor Jürgen Grässlin seinen Austritt aus der grünen Partei. Diese habe sich von einer militärkritischen Oppositionspartei zu einer militär- und rüstungsbefürwortenden Regierungspartei entwickelt. "Menschenrechte können nicht herbeigebombt werden", so Grässlin, der auch Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG- VK) ist. Beim gestrigen Ostermarsch in Stuttgart legte Grässlin noch nach: Es sei "verlogen, als Oppositionspartei den Stopp von Rüstungsexporten zu fordern und als Regierungspartei die Verdoppelung der Waffentransfers schulterzuckend hinzunehmen".

Am Montag fanden unter anderem in Berlin, Dortmund, Frankfurt am Main, Hamburg, Kassel, München und Nürnberg Ostermarsch-Kundgebungen statt. In Berlin nahmen an der Demonstration nur etwa 500 Menschen teil. Vor zwei Jahren hatte die Friedensbewegung wegen der deutschen Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien noch deutlichere Akzente gesetzt. Damals kamen in der Hauptstadt etwa 25 000 Ostermarschierer zusammen.



Quelle: Kölner Stadtanzeiger, 17.04.

Ostermärsche in 60 Orten

Zehntausende gingen mit

Frankfurt/Main - Mehrere zehntausend Anhänger der Friedensbewegung haben an den diesjährigen Ostermärschen teilgenommen. Die Beteiligung sei so hoch wie im Vorjahr gewesen, teilte die Ostermarsch-Zentrale mit.

Die evangelische Bischöfin von Hannover, Margot Käßmann, bedauerte dagegen das nachlassende Interesse an den Aktionen und schlug vor, Gewalt gegen Ausländer zum Thema künftiger Ostermärsche zu machen.

Die Demonstrationen fanden wieder in rund 60 Orten statt, die größten Kundgebungen gab es am Ostermontag in Stuttgart, Dortmund, Berlin und Frankfurt. Wegen der Demonstration von Rechtsextremisten fand in Hagen ein "Osterfriedensfest gegen Rechts" mit 2500 Teilnehmern statt.

Im Mittelpunkt der bundesweiten Veranstaltungen standen der Kosovo-Krieg und der Protest gegen die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Interventionen. Verurteilt wurden auch die "ungebremst fortgesetzten deutschen Rüstungsexporte" der rot-grünen Regierung und die "Militarisierung der Außenpolitik".

Die Friedensinitiativen demonstrierten zudem gegen die US-Pläne zur Einführung des neuen Raketenabwehrsystems NMD. (ap)

http://www.ostermarsch.de



Quelle: Main-Echo (Hanau), 17.04.

Aufbau weltweiter Strukturen auf der Basis der Menschenrechte gefordert

Über 100 Friedensfreunde nahmen an Ostermarsch-Kundgebung in Bruchköbel teil

(Main-Kinzig-Kreis) Gegen Rüstungsexporte, die Bildung von Kriseninterventionskräften innerhalb der Bundeswehr und das Vorgehen der NATO in bewaffneten Konflikten demonstrierten am Karfreitag über 100 Friedensfreunde auf dem Freien Platz in der Innenstadt von Bruchköbel. Matthias Jochheim, Sprecher der Organisation Internationale Ärzte für Frieden und Soziale Verantwortung (IPPNW), warf bei der Auftaktveranstaltung der Ostermarsch-Bewegung im Main-Kinzig-Kreis auch bundesdeutschen Politikern im Zusammenhang mit den Balkan-Kriegen Völkerrechtsverletzungen vor und forderte eine Abkehr vom Krieg als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele.

Einen Hauch von Nostalgie gestatteten sich die gestandenen Kämpfer der Friedensbewegung in der Rhein-Main-Region nur zu Beginn der Kundgebung, als der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Main-Kinzig, Sepp Sigulla, an die großen Friedensdemonstrationen der 70er und früheren 80er Jahre erinnerte. An »heißen Themen" mangele es der Bewegung auch heute nicht, wenngleich das Engagement in den aktiven Gruppen und in der Bevölkerung spürbar nachgelassen habe, mahnte er.

Kritik am Verteidigungsminister

Mit dem Einsatz der Bundeswehr in Ex-Jugoslawien verletze Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping fortwährend das Grundgesetz und bürde dem Steuerzahler Kriegsfolgekosten von zwei Milliarden Mark jährlich auf, die im Sozialbereich dringend gebraucht würden, so Sepp Sigulla unter dem Beifall der Demonstranten. Auch bringe der Abbau der Bundeswehr-Truppenstärke keine wirkliche Abrüstung: Vielmehr würden frei werdende Mittel zur technischen Modernisierung der Streitkräfte genutzt.

Auf dem internationalen Waffenmarkt strebe Deutschland unverhohlen eine Spitzenposition an, so der DGB-Sprecher weiter. Die Gewerkschaften dürften nicht zulassen, dass deutschen Arbeitnehmern in der Rüstungsindustrie Mehrarbeit abverlangt werde. Alle friedliebenden Kräfte in der Gesellschaft dürften vor diesem Hintergrund »nicht einschlafen", sondern müssten "aktiv werden gegen die modernen Formen der Kriegstreiberei".

Frieden nicht in guten Händen

Kämpferische Worte fand auch Pfarrer Otto Löber aus Nidderau, der Frieden und Abrüstung als "Christenpflicht" bezeichnete. Die Friedensbewegung werde noch immer gebraucht, auch wenn sie beim Golfkrieg und in der Jugoslawien-Krise "bittere Niederlagen" erlitten habe. Eine gefährliche gesellschaftliche Entwicklung erkannte der streitbare Geistliche im "Verschwinden des Politischen" aus der öffentlichen Diskussion: Wahlkämpfe würden heutzutage nur noch mit populistischen und personenbezogenen Kampagnen geführt. "Der Frieden ist nicht in guten Händen", stellte der Pfarrer fest: "Nicht in Deutschland, nicht in Europa, nicht in der Welt." Seine Forderung: Eine "Koalition der moralischen Vernunft".

Mit beklemmenden Tatsachen konfrontierte IPPNW-Sprecher Matthias Jochheim die Bruchköbeler Friedensdemonstranten. Verantwortungslos und menschenverachtend nannte der Mediziner den Einsatz von Uranmunition durch die NATO im Jugoslawien-Krieg:

Elf Tonnen des radioaktiven Stoffs Uran 235 seien von westlicher Seite durch Granatenbeschuss freigesetzt worden. Ärzte hätten bereits eine Häufung von Leukämiefällen in den betroffenen Gebieten festgestellt. Ein deutlicher Anstieg der Krebsrate und der Fälle von Missbildungen bei Kindern im Irak nach 1991, als US-Truppen im Golfkrieg über 300 Tonnen Uran-Granaten verschossen, sei zwischenzeitlich nachgewiesen.

In den Augen der IPPNW-Mediziner ist damit laut Jochheim der völkerrechtswidrige Tatbestand der ökologischen Kriegsführung erfüllt. Deutsche Politiker wie Scharping, Außenminister Fischer und auch Bundeskanzler Schröder leisteten solchen Verstößen durch "routinemäßige Täuschung der Öffentlichkeit" Vorschub, so die Anklage der Friedensfreunde. Die US-Regierung falle unterdessen in Verhaltensmuster aus den 60er und 70er Jahren zurück und rüste "wider alle Vernunft" im High-Tech-Bereich bedenkenlos auf. Die Vereinten Nationen würden unterdessen von den NATO-Militärs aus der Rolle des weltweiten Friedensrichters verdrängt und nur noch dann für deren Zwecke instrumentalisierte, wenn es irgendwo das "Recht des Stärkeren" durchzusetzen gelte. Jochheim forderte den Aufbau langfristig wirksamer, weltweiter Strukturen auf der Basis der Menschenrechte.

Zunächst müssten umgehend 20 Millionen Mark für die Untersuchung der medizinischen Folgen des Jugoslawien-Krieges bereit gestellt werden, hieß es. (kko)

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Quelle: Neues Deutschland 17.04.01

Ostermärsche: Ein kleiner, aber lebendiger Haufen

In rund 60 Orten Kritik an US-Raketenabwehr, Neuausrichtung der Bundeswehr und den Grünen

Von Reimar Paul

Keine Frage, die Friedensbewegung ist in den vergangenen 15 Jahren stark geschrumpft. Das verbliebene Häuflein von einigen tausend Unentwegten aber ist recht lebendig. Das ist die Bilanz der diesjährigen Ostermärsche.

In der Colbitz-Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt demonstrierten Hunderte gegen das dortige Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ), ein zentrales Projekt bei der Simulation von Kriegsszenarien im "zukünftigen Gefechtsfeld". Dort übt die Bundeswehr für künftige Auslandseinsätze, das Zentrum spielt damit eine entscheidende Rolle in der Umstrukturierung der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee.

Betrieben wird die Einrichtung von der GÜZ Management GmbH, hinter der die führenden Kriegswaffenkonzerne STN ATLAS Elektronik, DASA Dornier und Diehl stehen. "Mit diesem Rüstungsprojekt wurden Hunderte Millionen unserer Steuermittel in den Heidesand gesetzt", erklärte die Bürgerinitiative. Die Colbitz-Letzlinger Heide, unter der Trinkwasserreserven für über eine halbe Million Menschen lagern, müsse zum Naturpark werden.

Neben regionalen Anliegen vertraten die Ostermarschierer aber auch kollektive Forderungen. Ganz oben stand die generelle Absage an Krieg und Gewalt. Der Krieg gegen Jugoslawien habe klar gezeigt, dass politische Konflikte mit militärischen Mitteln nicht zu lösen seien, so Bernd Guß von der Informationsstelle Ostermarsch. Weiterhin richteten sich die Osterdemonstrationen gegen das geplante US-amerikanische Raketenabwehrsystem National Missile Defense (NMD), gegen die unter rot-grüner Ägide in nie gekannte Höhe gekletterten deutschen Rüstungsexportgeschäfte und gegen den Umbau der Bundeswehr zu einer international verfügbaren Interventionsarmee.

Bei der Kundgebung im westfälischen Münster erklärte der profilierte Rüstungskritiker und Buchautor Jürgen Grässlin seinen Austritt aus Bündnis 90/Die Grünen. Die Partei habe sich von einer militärkritischen Oppositionspartei zu einer militär- und rüstungsbefürwortenden Regierungspartei entwickelt. "Ich bin der Meinung, Menschenrechte können nicht herbeigebombt werde", so Grässlin, der auch Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) ist.

Beim gestrigen Ostermarsch in Stuttgart legte Grässlin nach. Es sei "verlogen, als Oppositionspartei den Stopp von Rüstungsexporten zu forden und als Regierungspartei die Verdopplung der Waffentransfers schulterszuckend hinzunehmen."



Quelle: Neues Deutschland 17.04.01

FREIe HEIDe: Windpark statt Bombodrom

Von Tom Kirschey

Zum traditionellen Marsch für die bombomfreie Kyritz-Ruppiner Heide trafen sich am Ostersonntag knapp 2000 Menschen im brandenburgischen Fretzdorf.

Trotz des schlechten Wetters war die 70. Protestaktion der "Bürgerinitiative FREIe HEIDe" so gut besucht wie kaum eine vorher und die Stimmung besser denn je. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgenchtes vom 12. Dezember 2000 darf die Bundeswehr das 142.000 Hektar große Gelände bei Wittstock nicht automatisch fortnutzen. Doch die Bürgerinitiative ist sich im Klaren, dass dies nur ein Etappensieg auf dem Weg zur zivilen Nutzung ist. "Durch ein förmliches Enteignungsverfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz könnte die Bundeswehr das durch die Rote Armee unrechtmäßig angeeignete und als Bombodrom genutzte Gelände rechtsstaatlich zum Boden-Luft-Schießplatz machen", ernüchterte Rechtsanwalt Rainer Geulen, der die Anlieger-Gemeinden vertreten hatte, die Teilnehmer der Kundgebung. In einem solchen Verfahren gebe es eine Reihe von Hürden, so das Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung oder das EU-Naturschutzrecht. Am wichtigsten sei es aber, dass die Menschen in den Gemeinden sich von ihrem Ziel der zivilen Nutzung des größten Heidegebletes Brandenburgs nicht abbringen ließen.

Auf politische Bekenntnisse wollen Bürger der Gemeinden sich nicht m verlassen. Zu gut sind ihnen die Worte SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping Erinnerung, der 1994 versprach, unter seiner Regierung würde die Heide von militärischen Ansprüchen verschont. Als Verteidigungsminister hält er heute starr an der Fortnutzung des Platzes fest.

Prof. Horst Eberhard Richter beklagte in seiner Rede, dass die Empörung über die nicht erfolgte Abrüstung nach dem Ende des kalten Krieges viel zu gering sei. Die Strategie der Militärs, tatsächliche oder vermeintliche Tyrannen zu Feindbildern zu stilisieren, funktioniere nach wie vor. Gerade die Politik des neuen USA-Präsidenten George W. Bush trage deutliche Züge der Konfrontation. Unfassbar, so Richter, sei es auch, dass Deutschland sich wieder an einem Angriffskrieg beteiligt hätte. Auch vor diesem Hintergrund sei Widerstand gegen Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide nötig.

Andere haben auch wirtschaftliche Motive für eine "freie Heide". Christian Wenger-Rosenau, von Anfang an in der Bürgerinitiative aktiv, will Tatsachen schaffen. Der Ingenieur aus Neuruppin hat für die Gemeinde Schweinrich einen Energiepark mit 29 Windrädern auf dem Militärgelände projektiert. Mehrere Tausend Haushalte könnten so mit Strom versorgt werden. Außerdem verspricht sich die Bürgerinitiative eine positive Entwicklung des Tourismus. Sylvia Voß, bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete, hält die länderübergreifende Beeinträchtigung durch Fluglärm für ein bislang unterschätztes Problem. Der wesentlich durch den Tourismus profitierende Nationalpark Müritz sei von den Manövern massiv betroffen.



Quelle: Neues Deutschland 17.04.

Mehrheit weg?

Die 66-jährige Westberlinerin Laura von Wimmersperg ist Moderatorin der Berliner Friedenskoordination (FRIKO) und organisiert seit den 80er Jahren Ostermärsche in der Stadt.

ND: Gibt es heute noch Gründe für Ostermärsche?

Wimmersperg: Unbedingt! Bei der so genannten Bundeswehrreform geht es unter anderem darum, die Armee der BRD mit der NATO kompatibel zu machen. Die NATO wiederum hat 1999 bekräftigt, dass sie beim taktischen Erstschlag mit Atomwaffen bleibt. Die Russen haben daraufhin zum ersten Mal ebenfalls den Erstschl~g für das eigene militärische Handeln ins Kalkül gezogen. Der Kampf gegen den Atomtod aber ist der Ursprung der Ostermärsche. Später artikulierte sich die Friedensbewegung dabei auch gegen Massenvernichtungswaffen allgemein. Muss man da Märsche noch legitimieren?

ND: Warum nehmen dann aber vergleichsweise wenig Menschen an den Märschen teil?

Wimmersperg: Die Frage wird uns immer und immer wieder gestellt. Wir können sie nicht schlüssig beantworten. Schuld ist sicher auch die Informationspolitik. Die in den Medien angebotenen Informationen zu erfassen und richtig zu deuten, ist meiner Meinung nach nicht einfach. Dazu gehört auch ein Stück Erfahrung. Außerdem sind alle großen Initiativen der Friedensbewegung vom Bundestag ignoriert worden. 1983 waren drei Viertel der Bevölkerung gegen die Stationierung der Atomraketen. 1998 sprachen sich 92 Prozent gegen den Eurofighter aus. Immer beschloss die Mehrheit des Parlaments gegen die Mehrheit des Volkes. Es ist doch verständlich, wenn viele Leute jetzt sagen: "Das hat doch alles keinen Zweck." Zu Demokratie muss man auch ermutigt werden. Unsere Regierungen der letzten 20 Jahre haben in dieser Hinsicht klug kalkuliert entmutigt.

ND: Die Grünen-Politikerin Antje Radcke sagt, es hätten sich so viele von der Friedensbewegung abgewendet, weil diese sich während des NATO-Krieges gegen Jugoslawien von der grünen Partei distanzierte. Sie selbst sei seit damals nicht mehr zu einem Ostermarsch gegangen.

Wimmersperg: Was ist das für ein Unsinn! Sie verkennt offensichtlich die Zusammenhänge. Die Tatsache, dass die Grünen - kaum sind sie an der Macht - ihre ursprünglichen Ideen so grundsätzlich verraten, hat viele außerordentlich gelähmt. Trotzdem ist seit dem Krieg gegen Jugoslawien eine gewisse Beunruhigung in der Bevölkerung, die sich vielleicht wieder in eine Kraft umsetzen wird. Für solche Prozesse in der Gesellschaft ist es von Wichtigkeit, eine Antikriegspartei im Parlament zu haben, die die Friedensbewegung nach Kräften unterstützt. Ich wünschte mir vom Berliner Landesvorstand der PDS eine engagiertere und konstrutivere Zusammenarbeit.



Quelle: Nürnberger Nachrichten

Bei der Abschlusskundgebung des Ostermarsches kritisierten Redner die "Militarisierung der Europäischen Union"

"Krieg bleibt ein Verbrechen gegen die Menschheit"

Protest gegen den Umbau der Bundeswehr in eine "Interventionsarmee" - "Wir haben genug Ideen für Friedensmahl des OB"

Unter dem Motto "Keine Angriffsarmee - Abrüsten" haben sich mehrere Redner gestern vor der Lorenzkirche bei der Abschlusskundgebung des diesjährigen Ostermarsches gegen den "Umbau der Bundeswehr in eine Interventionsarmee" ausgesprochen. Nach übereinstimmenden Angaben von Veranstalter (Nürnberger Friedensforum) und Polizei nahmen rund 700 Bürger an der Demonstration teil.

"Wir lassen uns nicht nur an den Zahlen messen. Für uns sind es heute genug Leute", erklärte Organisator und Friedensaktivist Hans Joachim Patzelt. In einem Rückblick auf 20 Jahre Ostermarsch stellte er fest, dass der Abzug der Pershing-2-Raketen nicht zuletzt der Friedensbewegung zuzuschreiben sei. "Unsere Erfahrung ist: Offenheit und Hartnäckigkeit zahlen sich aus. Minderheiten können zu Mehrheiten werden", betonte Patzelt.

Er bedauerte, dass sich Kommunalpolitiker nicht zu der "gigantischen Verschwendung" von jährlich 50 Milliarden Mark für den Verteidigungsetat äußerten. Denn dieses Geld fehle für Soziales. "Nürnberg ist doch die Stadt des Friedens und der Menschenrechte", sagte Patzelt. Oberbürgermeister Ludwig Scholz brauche sich nicht in Bremen Ideen für ein Friedensmahl holen (wir berichteten). Patzelt fragte: "Wie wär`s, wenn er sich beim Nürnberger Ostermarsch blicken ließe? Wir haben Anregungen genug für sein Friedensmahl."

Als Hauptredner hatte das Nürn berger Friedensforum Ludo de Brabander von der belgisch-flämischen Friedensbewegung verpflichtet. Er kritisierte, dass in der "ganzen Europäischen Union" führende Politiker, die Köpfe der Armeen und die Rüstungsindustrie die jüngsten Kriege auf dem Balkan benutzt hätten, um unter dem Etikett der "humanitären Intervention" die "Militarisierung der Außenpolitik durchzusetzen". De Brabander: "Wie glaubwürdig sind ,humanitäre Interventionen`, wenn die gleichen Länder in großem Umfang Waffen auch in Länder exportieren, wo es schwere Menschenrechtsverletzungen gibt?" Der Belgier nannte als Beispiel die Türkei. "Krieg ist und bleibt eine Verbrechen gegen die Menschheit. Wer Bomben schmeißt, betreibt Kriegspolitik", rief de Brabander den Zuhörern zu.

Der "schmutzige Krieg" auf dem Balkan dient laut de Brabander "als Vorbild", um die Streitkräfte in eine "europäische Interventionsarmee" umzuwandeln. Die "Militarisierung der Europäischen Union" sorge zunehmend für einen Abbau an Demokratie in den Mitgliedsländern. Sicherheitspolitik oder friedenspolitische Themen würden kaum noch in den nationalen Parlamenten diskutiert.

De Brabander forderte die Friedensgruppen dazu auf, auf europäischer Ebene enger zusammenzuarbeiten. "Stoppt die Militarisierung der EU! Europa soll ein Weltpartner, aber keine Weltmacht sein", forderte der Redner. SIEGFRIED ZELNHEFER



Quelle: Ostsee Zeitung (Rostock), 17.04.

Zehntausende nahmen an Ostermärschen teil

Berlin (ddp) Mehrere zehntausend Anhänger der Friedensbewegung demonstrierten über die Ostertage mit ihren traditionellen Märschen gegen Gewalt und für Abrüstung. In mehr als 60 Orten versammelten sich Teilnehmer. Die Demonstrationen hätten klar gemacht, dass die Friedensbewegung eine lebendige, im ganzen Land aktive Basisbewegung sei, so der Sprecher der Info-Stelle Ostermarsch 2001, Willi van Ooyen.

Schwerpunkt der Ostermärsche war in diesem Jahr die Forderung nach einem Ende von Krieg und Gewalt. Die Bewegung hat ihren Ursprung in den 50er Jahren in Großbritannien. In Deutschland gab es 1960 den ersten Ostermarsch.



Quelle: Rheinische Post, 17.04.

200 Teilnehmer beim Ostermarsch Rhein-Ruhr 2001

Kriege verhindern, Politik zivilisieren

(RP). Ungefähr 200 Friedensfreunde hatten sich auf Einladung des Duisburger Friedensforums in diesem Jahr am König-Heinrich-Platz zur Auftaktveranstaltung des Ostermarsches Rhein-Ruhr 2001 eingefunden. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: "Die Politik zivilisieren: Kriege verhindern!". Mitarbeiter des Friedensforums und einige politische Parteien hatten Stände mit Info-Material organisiert, an denen gegen den Ausbau der Bundeswehr oder die geplante Weltraum-Raketenabwehr der USA unterschrieben werden konnte.

Gabi Wessel führte als Moderatorin durch das Veranstaltungsprogramm. Während der Ostermarsch in den letzten Jahren nach Oberhausen erfolgt war, ging es dieses Jahr zum ersten mal mit der Bahn nach Düsseldorf, wo auf dem Burgplatz ein Friedensfest gefeiert wurde.

"Für mich ist sehr wichtig, was sich in Palästina und Israel entwickelt", sagte Inge Holzinger, Mitarbeiterin im Friedensforum und Organisatorin der Veranstaltung. Aber auch die Lage in Mazedonien, im Kongo und überhaupt in Afrika sei nach wie vor kritisch. Auch die Politik der Bundesregierung bereite große Sorgen, weil sie sich weniger auf Völkerverständigung richte. "Kein Umbau der Bundeswehr in eine Angriffsarmee" war daher eine weitere Forde-rung der Kriegsgegner.

Geistiges Zentrum

Christian Uliczka erinnerte an die Anfänge des Ostermarsches im Jahr 1961. Gerade aus der Ecke der Grünen werde heute behauptet, der Ostermarsch habe sich überlebt, sagte Uliczka und kritisierte den Kosovo-Krieg als den Sündenfall der deutschen Nachkriegsgeschichte. Auch Eberhard Przyrembel von der katholischen Friedensorganisation Pax Christi kritisierte die Bundesregierung und den Kanzler für ihre Haltung im Kosovo-Krieg: "Wer heute militärische Mittel zur Problemlösung einsetzt, muss sein Vorgehen legitimieren. Also konstruiert man gespenstische Wirklichkeit, biegt die Wahrheit zurecht und kann dann tun, was man will. Das nenne ich den Wahnsinn des Krieges." Alt-Oberbürgermeister Josef Krings zeigte sich bei seiner Rede kämpferisch: "Dieser Platz ist ein geistig-kulturelles Zentrum, und daher gehört die Mercatorhalle hierhin, kein Spielcasino" , sagte er über den König-Heinrich-Platz.

Alt-Oberbürgermeister Krings sprach

Der Alt-Oberbürgermeister kritisierte die heutige Politik der SPD und erinnerte daran, wie er einst Oskar Lafontaine eingeladen hatte, der sich an diesem Platz gegen den Nato-Doppelbeschluss aussprach. "Es kommt auf jeden einzelnen an und auf seine Bereitschaft, Position zu beziehen", sagte Josef Krings zum Abschluss seiner Rede. Jürgen Aust vom "Bündnis für ein humanes Duisburg" forderte "Null Toleranz gegen die geistigen Drahtzieher des Rechtsextremismus". Fredi Lundu aus dem Kongo machte auf die Misere seines Landes aufmerksam. Auch der DGB-Vorsitzende Rainer Bischoff, der sich zum Osterfest in Israel aufhält, ließ ein Grußwort übersenden. (Von CHRISTOPH PRÖMPER)



Quelle: Saarbrücker Zeitung, 17.04.

"Geld fehlt für die Bildung und den Umweltschutz"

Protest gegen Rüstungspolitik - Nur wenige Teilnehmer beim Ostermarsch in Saarbrücken

Saarbrücken (dtu). Die Zahl der Teilnehmer am diesjährigen Ostermarsch in Saarbrücken blieb weit hinter den Erwartungen der Veranstalter zurück. Selbst vom "Friedensnetz Saar", das den Ostermarsch ausrichtete, zeigten lediglich der Bund der Antifaschisten (VVN), DKP und PDS Flagge. 300 Menschen sollten von der Johanniskirche durch die Bahnhofstraße zum St. Johanner Markt marschieren. Nach Schätzungen der Polizei waren es etwa 120 Teilnehmer. Unter dem Slogan "Bundesrepublik ohne Armee" wurde der Wandel weg von einer Verteidigungsarmee hin zu einer internationalen Interventionsarmee beklagt.

"Kriege verhindern - Einsatzkräfte auflösen" lautete der Appell zu dem von Clemens Ronnefeldt (Versöhnungsbund) vorgestellten Friedenskonzept am St. Johanner Markt. Ob in Somalia, Bosnien oder im Kosovo - überall habe sich gezeigt, dass ein Militäreinsatz keinen wirklich dauerhaften Frieden bringe. Nur zivile Konfliktlösungs-Strategien seien erfolgreich. Die Bevölkerung werde getäuscht, sagte Ronnefeldt, wenn die Existenz der Bundeswehr mit der angeblichen Notwendigkeit "friedensschaffender" Militäreinsätze gerechtfertigt werde. Rund 200 Milliarden Mark würden für diese Aufrüstung ausgegeben. Geld, das für soziale Aufgaben, Bildung und den Umweltschutz fehle. Zudem würden immer mehr Militärausgaben in Haushaltspositionen wie dem Forschungsetat versteckt. "Frieden ist nicht zu KRIEGen" lautete denn auch eines der Plakate, das engagierte Friedenskämpfer durch Saarbrückens Einkaufsstraße trugen. "Wir brauchen Lehrer statt Panzer" forderte der Schüler Jan Zimmer auf seinem Transparent.

Jedoch nur wenige Jugendliche interessierten sich bei der Schar der Ostermarschierer in Saarbrückens City für die Friedensproblematik. "Unser Marsch ist eine gute Sache, wir machen`s nicht aus Rache" sang die Liedermacherin Gaby Klees zur Gitarre auf dem St. Johanner Markt. Während der Demonstration war sie an der Spitze gelaufen und hatte mit einer Trommel "den Ton angegeben". Einige Teilnehmer der Demonstration wussten jedoch weder, wer hier sang, noch welche Route der Marsch nahm: "Wo es lang geht? Weiß ich nicht."



Quelle: Stuttgart Zeitung 17.04.

Standort Calw auflösen

1.200 beim Ostermarsch

Unter dem Motto " Millionen für den Frieden statt Milliarden für den Krieg" haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und das Friedensnetz Baden-Württemberg am Montag zum Ostermarsch in Stuttgart aufgerufen. Etwa 1200 Menschen waren auf den Schlossplatz gekommen, um eine Auflösung der so genannten Krisenreaktionskräfte, etwa am Standort Calw, und Kürzungen der Rüstungsausgaben zu fordern.

Nach einer Mahnwache vor der Europa-Kommandozentrale der US-Streitkräfte in Stuttgart-Vaihingen zogen etwa 200 Demonstranten in die Innenstadt zur Abschlusskundgebung auf den Schlossplatz zogen. "Diese Bundesregierung betreibt eine Aufrüstungspolitik", sagte Jürgen Grässlin, Buchautor und Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK). Er geißelte den DaimlerChrysler-Konzern als "größte Rüstungsfirma in Europa". 60 Milliarden Mark Rüstungsausgaben im Bundeshaushalt könnten sinnvoller investiert werden.

Der Spruch "Frieden schaffen, ohne Waffen" sei heute noch so aktuell wie zu Zeiten des Kalten Krieges, meint einer der Wortführer. "Eine Friedenspolitik braucht engagierte Menschen", sagt er und fordert einen Marshallplan für den vom Bürgerkrieg zerstörten Balkan. Eine weitere Forderung einer der Gruppen war die Schaffung eines "Ministerium für zivile Konfliktbearbeitung".

Nach Angaben der Stuttgarter Polizei verlief die gesamte Aktion friedlich. Lediglich vor der Eucom in Vaihingen mussten 65 Sitzblockierer vor den Einfahrten weggetragen werden. (Hendrik Krusch)



Quelle: Stuttgart Zeitung 17.04.

Sitzblockade vor US-Kaserne

Ostermarsch mobilisiert 1500 Menschen gegen Atomwaffen

Mehrere hunderte Aktivisten haben gestern gegen Atomwaffen demonstriert. Einem Gottesdienst vor den Patch Barracks schloss sich eine Sitzblockade an, die von der Polizei aufgelöst wurde. Auf dem Schlossplatz gab es mehrere Kundgebungen.

Von Christian Hannes Huster

Rund 300 Atomwaffengegner versammelten sich am Morgen des Ostermontags zum Friedensgottesdienst vor den Patch Barracks der US-Army in Stuttgart-Vaihingen. Neben vielen Transparenten mit Parolen gegen Atomwaffen, Aufrüstung und Rassismus mussten sie anfänglich auch noch ihre Regenschirme aufspannen. "Politiker und Militärs, die meinen, Frieden mit Massenvernichtungswaffen herstellen zu können, sind mehr als auf dem Holzweg", sagte Pfarrer Hermann Benz von der katholischen Friedensbewegung Pax Christi. In seiner Predigt erinnerte er daran, dass das Leben in jeder Religion heilig sei, und rief dazu auf, Gott "um Erbarmen für seine Menschheit" zu bitten.

Neben Pax Christi hatten auch Ohne Rüstung Leben, das Friedensnetz Baden-Württemberg, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Deutsche Friedensgesellschaft zu den Osteraktionen eingeladen. "Der Hintergrund ist, dass immer noch 66 Atomwaffen mit einer Sprengkraft von insgesamt 600 Hiroshima-Bomben auf deutschem Boden lagern", sagte Helga Tempel von Ohne Rüstung Leben. Man demonstriere vor den Patch Barracks, weil dies die Atomwaffen-Kommandozentrale der US-Army für 89 Staaten in Europa, Afrika und dem Nahen Osten sei.

Nach dem Gottesdienst sammelten sich die Aktivisten vor den Augen der Polizei und der amerikanischen Militärpolizei in der Einfahrt der Patch Barracks an der Katzenbachstraße zu einer Mahnwache. "Millionen für den Frieden - statt Milliarden für den Krieg" - das Motto der Osteraktion 2001 war neben Parolen wie "US-Army, go home!" auf den Transparenten zu lesen. Rund 50 Aktivisten ließen sich - umringt von den anderen und der Polizei - auf der Zufahrt zum Militärgelände zur Sitzblockade nieder und sangen Friedenslieder.

Die Polizei forderte mehrmals per Lautsprecher zur Aufhebung der Blockade auf. Da die Demonstranten aber sitzen blieben, begannen die Polizisten nach einer Dreiviertelstunde, die Sitzblockierer wegzutragen. Dabei kam es zu keinen größeren Auseinandersetzungen. Nach einer halben Stunde war die Zufahrt für die mittlerweile stark angewachsene Fahrzeugschlange wieder frei.

Im Anschluss marschierten die Atomwaffengegner zur S-Bahn-Station in Vaihingen, um schließlich gegen 13.30 Uhr den eigentlichen Ostermarsch vom Stuttgarter Hauptbahnhof bis zum Schlossplatz zu beginnen. Insgesamt versammelten sich dort rund 1500Menschen. In der Zeit von 14 bis 16 Uhr folgten Ansprachen von Jürgen Grässlin, Deutsche Friedensgesellschaft, Felicia Langer, Trägerin des Alternativen Friedensnobelpreises und Rainer Bliesener, Vorsitzender des DGB-Landesbezirks Baden-Württemberg.

"Es ist keine Utopie, Frieden zu schaffen, man muss es nur wollen", sagte Bliesener unter Berufung auf Mahatma Gandhi. Betrachte man die langfristige Entwicklung des Verteidigungshaushaltes gegenüber der Entwicklungshilfe der USA und der europäischen Staaten, so werde deutlich, wo die Schwerpunkte der Politik lägen: "Sie liegen eben nicht im Kampf gegen den Hunger in vielen Teilen dieser Erde, nicht im Aufbau von Infrastruktur für eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung in den Entwicklungsländern."

Außerdem protestierte er dagegen, dass aus der Bundeswehr eine "Interventionsstreitmacht mit weltweitem Aktionsradius" werde. Von Verteidigungsminister Scharping forderte er die Schließung der Bundeswehrkaserne in Calw, in der das Kommando Spezialkräfte ausgebildet wird. Außerdem sprach er sich gegen das "von Präsident Bush geplante Raketenabwehrsystem NMD im Weltall" aus.



Quelle: Südwestpress (Ulm), 17.04.

Protest gegen die Bundeswehr

(Stuttgart) Rund 250 Ostermarschierer haben gestern in Stuttgart für eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr demonstriert. Der Protestzug begann mit einer Mahnwache vor der Europa-Kommandozentrale der US-Streitkräfte. Rund 50 Demonstranten weigerten sich, die Zufahrt zur Kaserne zu räumen. Sie wurden von der Polizei weggetragen und müssen voraussichtlich eine Wegtragegebühr bezahlen.

Der Ostermarsch der Friedensbewegung stand in Baden-Württemberg unter dem Motto Millionen für den Frieden statt Milliarden für den Krieg". DGB-Landesvorsitzender Rainer Bliesener sprach sich gegen Nato-Einsätze der Bundeswehr aus. Die Interventionskräfte für eine europäische Eingreiftruppe müssten aufgelöst werden. Das eingesparte Geld sollte in soziale Aufgaben investiert werden. lsw



Quelle: Süddeutsche Zeitung -übereg.- 17.04. - SZ

"Der Kern der Friedensbewegung ist lebendig"

Zehntausende demonstrieren bei Ostermärschen in Deutschland für Abrüstung und gegen Gewalt

Frankfurt - Mehrere Zehntausend Anhänger der Friedensbewegung haben an den Feiertagen mit Ostermärschen für Abrüstung und gegen Gewalt demonstriert. Die Beteiligung an den traditionellen Protesten sei damit so hoch wie im Vorjahr gewesen, teilte die Ostermarsch-Zentrale am Montag in Frankfurt am Main mit. Der "stabile Kern" der Friedensbewegung sei nach wie vor lebendig, sagte der Sprecher Willi van Ooyen.

Ihre Schwerpunkte setzten die Ostermarschierer im Ruhrgebiet, im Land Brandenburg, in Frankfurt und in Stuttgart. Von Karfreitag bis Ostermontag gab es deutschlandweit etwa fünfzig Veranstaltungen der Friedensbewegung. Bei Wittstock in Brandenburg demonstrierten am Sonntag nach Angaben der Veranstalter etwa 1500 Menschen gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide. In Frankfurt am Main zogen nach Polizeischätzung am Montag etwa 400 Menschen in einem Sternmarsch zur zentralen Kundgebung vor der Paulskirche. Sie wandten sich unter anderem gegen die geplante Raketenabwehr der USA und kritisierten den Kosovo-Einsatz der Nato. Etwa 250 Menschen forderten in Stuttgart eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr. Vor der Europa-Kommandozentrale der US-Streitkräfte (Eucom) weigerten sich dabei etwa 50 Demonstranten, die Zufahrt zur Kaserne zu räumen. Sie wurden von der Polizei weggetragen. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin demonstrierte eine kleine Gruppe gegen "Interventionskriege". Auf Transparenten und Plakaten hieß es: "Nato raus aus dem Balkan" oder "Bomben fallen - Kurse steigen". Verurteilt wurden auch die "ungebremst fortgesetzten deutschen Rüstungsexporte" ebenso wie die "Militarisierung der Außenpolitik".

Die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche Hannovers, Margot Käßmann, beklagte ein nachlassendes Interesse an den Ostermärschen. Die Themen Krieg und Gewalt seien nicht gelöst, nur weil es keine unmittelbare Bedrohung wie in den achtziger Jahren gebe, sagte sie. Sie vor, Gewalt gegen Ausländer zum Thema künftiger Ostermärsche zu machen.

Noch Anfang der achtziger Jahre waren in der Bundesrepublik über Ostern Hunderttausende Rüstungsgegner auf die Straße gegangen. Die Ostermarschbewegung erlebte damals den größten Zulauf nach dem Beschluss der Nato, mit Pershing-2-Raketen und Cruise Missile- Marschflugkörpern auf die Stationierung sowjetischer SS-20- Mittelstrecken-Raketen zu reagieren. Der erste Höhepunkt der Bewegung war 1968. Damals protestierten zu Ostern etwa 300000 Menschen gegen atomare Rüstung. Nach der Einigung zwischen den USA und der UdSSR über den Abbau der atomaren Mittelstrecken-Waffen 1987 verlor die Ostermarsch-Bewegung eines ihrer Hauptthemen. (dpa/AP)



Quelle: Süddeutsche Zeitung - lokal -, 17.04. - SZ

Trommeln gegen Krieg und Kälte

Rund 300 Ostermarschierer ziehen am Samstag durch die Münchner Innenstadt und üben Kritik an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Von Thomas Münster

Etwas 1000 bis 1500 Menschen haben am Samstag der Schlusskundgebung des Münchner Bündnisses für Frieden auf dem Marienplatz beigewohnt. Das müssen überwiegend Zufallsgäste und Touristen gewesen sein. Denn auf dem Ostermarsch 2001, zu dem auch zahlreiche weitere Initiativen aufgerufen hatten, wurden in Höhe Oberanger nur etwas mehr als 300 Teilnehmer gezählt, gegen Ende der Friedenskundgebung waren es rund 400 direkt Beteiligte.

Gleich zu Beginn gab es Ärger mit der Polizei. Anstößig war nicht, dass drei als Huren dekorierte Damen ironisch "deutsche Feldpuffs für deutsche Landser" forderten, sondern dass einige der Kabarettisten Bundeswehruniformen trugen. Das sei "strafbarer Uniform-Missbrauch", wetterte ein Polizist. Da man die Leute aber bei der Kälte schlecht in Unterhosen stehen lassen konnte, durften sie die Klamotten anbehalten. Nur die Uniformschiffchen mit Rangabzeichen mussten die Kostümierten weggestecken. Urania Windtänzer gab noch ein deprimierendes Stück Tucholsky a capella zum Besten, und dann marschierte der kleine Zug los, angeführt von der Münchner Percussion-Gruppe Sama Sole Luna, deren Rhythmen manchen Passanten zum Mitmarschieren bewogen.

Entschädigung gefordert

Heuer zog der Marsch eine Schleife über den Oberanger. Das hatten die Ordnungsbehörden so vorgegeben, weil der direkte Weg nach dem ökumenischen Gottesdienst in der Asamkirche und der Auftaktveranstaltung am Sendlinger Tor direkt durch die Sendlinger Straße zum Marienplatz durch eine bombastische Sportartikel-Werbeveranstaltung blockiert war. Rund 300 Ostermarschierer waren es in diesem Jahr. Dabei haben die traditionsreichen Umzüge auch in München schon Tausende und Zehntausende auf die Beine gebracht. Die Wiederbewaffnung der Republik, die internationale Atompolitik, der Vietnam- Krieg waren seit den fünfziger Jahren bis in die späten siebziger die Reizthemen. Diesmal lautete das Motto "Friedenspolitik statt Kriegspolitik" - nur der harte Kern der Ostermarschierer ging dafür auf die Straße. Leitmotiv der Demonstration waren sogenannte friedensstiftende Auslandseinsätze der Bundeswehr, die nach Auffassung der Ostermarschierer offensiven Charakter hätten. In diesen globalen Rahmen fügten sich zwanglos zahlreiche Initiativen wie die internationale katholische Friedensbewegung "Pax Christi", oder "München gegen Intoleranz", die Initiative "Casa Latina" zum Schutz aus Lateinamerika stammender Mädchen und Frauen, oder das "Münchner Bündnis gegen Rassismus" mit der Forderung, dass Nazi-Opfer sofort entschädigt werden müssten, bevor es aus biologischen Gründen keine mehr gibt.

Gutes Timing oder pfiffige Regie? Die Trommler rumpelten genau zu dem 12-Uhr-Termin auf den Marienplatz, als dort Hunderte versammelt waren, um dem Rathaus-Glockenspiel zu lauschen - das nun nicht mehr wahrnehmbar war. Wahrzunehmen war indes ein sichtlich nicht ganz nüchternes Rudel von kostümierten Fußball-Fans, die es lautstark auf "die Antifas" abgesehen hatten. Sie wurden rasch mit "Nazis-raus!"-Rufen isoliert und von eine Polizistenkette ins Abseits gedrängt.

Nicht nur vor einer Umformung der Bundeswehr zu einer "schnell und global handlungsfähigen europäischen Interventionsarmee" warnte der Münchner DGB-Kreisvorsitzende Helmut Schmid. Auch die weltweite Dominanz marktwirtschaftlicher Interessen mit ihren national und international wirksamen Ansprüchen gelte es wachsam zu beobachten. Die so genannte Globalisierung, die ohne Staaten und Staatenbündnisse nicht denkbar gewesen wäre, habe inzwischen dazu geführt, "dass sich kein Staat der Welt mehr den Rechenarten marktwirtschaftlicher Logik entziehen kann - mit teilweise verheerenden Folgen für die jeweiligen ökonomischen und sozialen Verhältnisse".

Siegfried Benker, Fraktionschef der Grünen, erinnerte, dass der Eintritt Deutschlands in den Kosovo-Krieg "mit propagandistischen Aussagen vorbereitet und gerechtfertigt" worden sei. Unbestreitbar habe es dort "ethnische Säuberung" und Vertreibung gegeben. Genauso unbestritten sei aber, betonte er, dass viele der angeblichen Beweise, die als Argument für einen Militäreinsatz herhalten mussten, "gefälscht waren oder falsch bewertet wurden". Doch Schutzmechanismen gegen den völkerrechtswidrigen Einsatz hätten versagt, denn "der Krieg tötet zuerst die Wahrheit". Der Journalist Eckart Spoo, Herausgeber der Zeitschrift Ossietzky, bestätigte "aus eigener Kenntnis", dass die offiziellen Darstellungen oft unzutreffend waren, von den Medien aber "unkritisch transportiert" worden seien. Sowohl Politiker wie Chefredakteure müssten sich vorhalten lassen, "wenn die Öffentlichkeit so irregeführt wird, kann Demokratie nicht funktionieren".



Quelle: Taz, 17.04.

hätten sies gewusst? (= längere Bildunterschrift)

Wie viele Atomsprengköpfe sind derzeit in Deutschland stationiert? 60 Stück, sagte der Psychonalytiker und Konfliktforscher Horst-Eberhard Richter am Sonntag bei einem der Ostermärsche des vergangenen Wochenendes. Das traditionelle Stelldichein der Friedensbewegung leidet allerdings unter Teilnehmermangel - zehn Jahre nach dem Ende des Ostblocks scheint den Bundesbürgern die Zahl der Atomsprengköpfe auf deutschem Boden reichlich egal. Die mit 1.500 Teilnehmern größte der etwa 50 Veranstaltungen richtete sich denn auch vorrangig gegen ein lokales Projekt: den geplanten Bombenabwurfplatz bei Wittstock in Brandenburg. Richter forderte dort, die Friedensbewegung müsse sich wieder mehr zu Wort melden. Märsche mit einigen hundert Teilnehmern fanden dieses Jahr noch im Ruhrgebiet, in Frankfurt am Main (unser Foto) und in Stuttgart statt. Ostermarsch-Sprecher Willi van Ooyen beteuerte, der "stabile Kern" der Friedensbewegung sei nach wie vor lebendig. (FOTO: AP)



Quelle: Tagespiegel (vergleiche PNN), 17.04.

Bombodrom: Protest gegen Bombenabwurfplatz

Bürgerinitiative "Freie Heide" lud zum Ostermarsch ein

Hunderte Menschen haben sich am Sonntag in Brandenburg an den traditionellen Ostermärschen beteiligt. Bei Wittstock (Kreis Ostprignitz-Ruppin) demonstrierten nach Angaben der Veranstalter 1.500 bis 2.000 Menschen gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide. Zu der 70. Protestwanderung seit 1992, das Gründungsjahr der Bürgerinitiative "Freie Heide", für eine zivile Nutzung des Areals hatte die Bürgerinitiative erneut eingeladen. In Frankfurt (Oder) trafen rund 30 Radfahrer von Leipzig kommend ein. Sie beendeten ihre Tour an der Friedensglocke an der Karl-Marx-Straße.

Am Rande des Osterspaziergangs auf dem früheren sowjetischen Bombenabwurfplatz kam es nach Angaben der Bürgerinitiative zu einem Zwischenfall. Als einige Radfahrer vom Kommandoturm bei Schweinrich über das strittige Gelände zum Treffpunkt in Fretzdorf fahren wollten, habe der Wachschutz einen Warnschuss mit scharfer Munition abgegeben.

Ein Teilnehmer sei über mehrere Stunden bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten worden. "Das ist ein unverhältnismäßiges Vorgehen, zumal die Bundeswehr im Januar erklärt hat, dass die Wegerechtsfragen bis auf weiteres offen bleiben", sagte Benedikt Schirge von der Bürgerinitiative. Die Radler hätten einen Weg benutzt, der auch Jägern und vielen anderen offen stehe.

Der von der Fretzdorfer Kirche ausgehende Osterspaziergang stand unter dem Motto "Für die Einhaltung des Rechts, für Zivilcourage und Toleranz, gegen Gewalt, Willkür und Ignoranz". Zu den Teilnehmern zählten die Brandenburger Ausländerbeauftragte Almuth Berger und der Friedensforscher Horst-Eberhard Richter (Gießen) sowie Bundestagsabgeordnete von SPD, Bündnis 90 / Grüne und PDS.

Berger plädierte in einer geistlichen Besinnung für eine gewaltfreie, tolerantere und auch Fremden gegenüber offenere Gesellschaft. In Bezug auf das Bombodrom sprach sie sich in Anlehnung an einen Bibeltext für ein "Feld des Lebens, nicht des Todes" aus. Richter sagte, "die Ostermärsche sind nicht tot". Es gehe nicht nur darum, den Bombenabwurfplatz zu verhindern. Es sei auch so, dass die Bomber keinen wirklichen Frieden auf dem Balkan gebracht hätten. Die Einsätze würden nur der Rüstungsindustrie, nicht aber den Menschen helfen.

Der Münsteraner Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei (Grüne) berichtete über den Gruppenantrag, den er mit 59 anderen Abgeordneten seiner und der SPD-Fraktion Anfang April im Bundestag eingebracht hatte. Darin fordern sie eine zivile Nutzung des Areals bei Wittstock. Die offizielle Begründung der Bundeswehr, der Luft-Boden- Schießplatz werde militärisch benötigt, sei nicht stichhaltig. Die Luft-Boden-Einsätze der Bundeswehr seien im vergangenen Jahr um 20 Prozent zurückgegangen und würden weiter abnehmen.

Um das 14.000 Hektar große Gelände des so genannten Bombodroms, das nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetarmee genutzt worden war, wird seit Jahren juristisch und politisch gerungen. Im Dezember hatten die Gegner einen Sieg errungen, als das Bundesverwaltungsgericht in Berlin den Streitkräften untersagte, das Übungsgelände im Norden Brandenburgs weiter militärisch zu nutzen. "Trotzdem engagieren wir uns weiterhin für die Freie Heide", sagte BI-Sprecher Schirge.



Dito: tsp

Ostermarsch: Wohin flattert die Friedenstaube?

Viele Ziele, wenig Demonstranten: Manchem Friedenskämpfer war die Orientierungslosigkeit der Bewegung suspekt

Christoph Stollowsky

Hoch auf dem Lautsprecherwagen hockt die Friedenstaube aus Pappmaché. Aufgeplustert, den Hals gereckt, ein stattlicher Vogel, scheinbar zum Abflug über sein Gefolge bereit. Das wirkte gestern vor dem Brandenburger Tor allerdings übertrieben, hatten sich doch nur rund 300 Anhänger der Friedensbewegung zum traditionellen Ostermarsch versammelt. Mütter mit Kindern, alte Menschen, Jugendliche - Buttons am Parka, selbstgebastelte Wimpel am Rad, Pappschilder in den Händen. "Frieden schaffen ohne Waffen". Bilder wie vor zwanzig Jahren, als der Nachrüstungsbeschluss Hundertausende auf die Straße brachte. Doch aus der Ferne betrachtet sahen die Demonstranten gestern eher wie eine mit drei Bussen angekarrte Touristengruppe aus.

Zwei Stunden lang zogen sie am Nachmittag durch Mitte zur Abschlusskundgebung am Alex. "Friedlich", wie die Polizei meldete - aber mit Protestgesängen und Parolen gegen Gewalt in jeder Form. Gegen die "Aufrüstung der Bundeswehr zur Eingreiftruppe", gegen Rassismus, Ausgrenzung von Ausländern, gegen die Unterdrückung im Irak, die "Schließung des Krankenhauses Moabit" und gestrichene Sozialhilfe. Selbst manchen Ostermarschierern war diese Bandbreite suspekt. "Ist das ein Ausdruck unseres Dilemmas?", fragte einer. "Je weniger Teilnehmer, um so mehr Protestziele."

Wohin flattert die Friedenstaube? Bereits im Vorfeld des Ostermarsches hatte ihre Orientierungslosigkeit ein wenig Zank gebracht. Vor allem die PDS ging auf Distanz, weil ihr der Berliner Aufruf zu "verquast formuliert" und zu undifferenziert erschien. "Es wird gegen alles und jeden demonstriert", so PDS-Landeschefin Petra Pau. Deshalb verweigerten die Demokratischen Sozialisten ihre Unterschrift und schickten ihre Anhänger vorrangig zum Marsch gegen das geplante Bombodrom auf der "Freien Heide" bei Wittstock. Und der Hauptredner der Abschlusskundgebung Rolf Wischnath sagte aus ähnlichen Gründen ab. Wischnath ist Generalsuperintendent von Cottbus und Vorsitzender des "Bündnisses gegen Gewalt in Brandenburg".

Die "Berliner Friedenskoordination" focht das nicht an. Seit rund zwanzig Jahren veranstalten mehr als 30 Organisationen unter ihrem Dach den Berliner Ostermarsch. Kirchliche Arbeitskreise gehören dazu, "Mütter gegen den Krieg", die Sozialistische Jugend "Die Falken", das "Antidiskreminierungsbüro".

Und manche Friedensmarschierer sind von Beginn an dabei. Zum Beispiel die 68jährige Lehrerin Regina Aram aus Wilmersdorf. "Unsere Sache ist doch der Frieden", sagt sie, "den fordern wir überall ein, wo Gewalt beginnt - ob in der Sozial- und Ausländerpolitik oder im Kosovo". Für Regina Aram ist nach dem Ende des Kalten Krieges das Ende der Friedensbewegung noch lange nicht in Sicht. Zumal sie weiß, dass erneut viele mit ihr auf die Straße gehen werden, "kaum rückt die Bedrohung wieder näher." Das war vor zwei Jahren so, als Nato-Bomben auf Belgrad fielen. Plötzlich kamen Zehntausende zum Berliner Ostermarsch.

Gestern blieben die meisten wieder daheim. Doch auch Laura von Wimmersperg, die 66jährige Sprecherin der Friedenskoordination, bleibt kämpferisch. "Kriege", sagt sie, "bringen nichts ein. Das haben Sie doch im Kosovo gesehen."



Quelle: Westdeutsche Zeitung:

Zehntausende Demonstranten bei Ostermärschen

Frankfurt/Main (dpa) - Mehrere zehntausend Anhänger der Friedensbewegung haben an den Feiertagen mit Ostermärschen für Abrüstung und gegen Gewalt demonstriert.

Die Beteiligung an den traditionellen Protestaktionen sei damit so hoch wie im Vorjahr gewesen, teilte die Ostermarsch-Zentrale am Montag in Frankfurt am Main mit. Der "stabile Kern» der Friedensbewegung sei nach wie vor lebendig, sagte der Sprecher Willi van Ooyen.

Schwerpunkte waren das Ruhrgebiet, das Land Brandenburg, Berlin, Frankfurt und Stuttgart. Von Karfreitag bis Ostermontag gab es deutschlandweit etwa 50 Veranstaltungen der Friedensbewegung.

Bei Wittstock in Brandenburg demonstrierten am Sonntag nach Angaben der Veranstalter rund 1500 Menschen gegen den umstrittenen Bombenabwurfplatz "Bombodrom» in der Kyritz-Ruppiner Heide. In Berlin nahmen am Montag nach Veranstalterangaben etwa 1000 Menschen an dem Zug vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz teil. Sie wandten sich gegen den Umbau der Bundeswehr zu einer internationalen Eingreiftruppe sowie gegen deutsche Auslandseinsätze.

In Frankfurt am Main zogen nach Polizeischätzung am Montag etwa 400 Menschen in einem Sternmarsch zur zentralen Kundgebung vor der Paulskirche. Sie kritisierten die geplante Raketenabwehr der USA und den Kosovo-Einsatz der NATO.

Etwa 250 Menschen forderten in Stuttgart eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr. Vor der Europa-Kommandozentrale der US- Streitkräfte (EUCOM) weigerten sich dabei rund 50 Demonstranten, die Zufahrt zur Kaserne zu räumen. Sie wurden von der Polizei weggetragen.

Die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche Hannovers, Margot Käßmann, beklagte ein nachlassendes Interesse an den Ostermärschen. Die Themen Krieg und Gewalt seien nicht gelöst, nur weil es keine unmittelbare Bedrohung wie in den achtziger Jahren gebe, sagte sie im DeutschlandRadio Berlin. Käßmann schlug vor, Gewalt gegen Ausländer zum Thema künftiger Ostermärsche zu machen.

Noch Anfang der 80er Jahre waren in der Bundesrepublik über Ostern Hunderttausende Rüstungsgegner auf die Straße gegangen. Die Ostermarschbewegung erlebte damals den größten Zulauf nach dem Beschluss der NATO, mit Pershing-2-Raketen und Cruise Missile- Marschflugkörpern auf die Stationierung sowjetischer SS- 20- Mittelstrecken-Raketen zu reagieren.

Der erste Höhepunkt der Bewegung war das Jahr 1968. Damals protestierten zu Ostern rund 300 000 Menschen gegen atomare Rüstung. Nach der Einigung zwischen den USA und der UdSSR über den Abbau der atomaren Mittelstrecken-Waffen 1987 verlor die Ostermarsch-Bewegung eines ihrer Hauptthemen.



Quelle: Inforadio SFB 17.04.

Berlin und Brandenburg

Gegen Bombodrom in der Ruppiner Heide

Den Verzicht der Bundeswehr auf eine militärische Nutzung des umstrittenen Bombenabwurfplatzes in der Ruppiner Heide haben 63 Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen gefordert.

Angesichts eines deutlich gesunkenen Übungsbedarfs und weiterer Reduzierungsmöglichkeiten sei das so genannte Bombodrom keineswegs unverzichtbar, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu erhalten, heißt es.

Um das 14. 000 Hektar große Gelände im Norden Brandenburgs, das nach dem Krieg von der Sowjetarmee genutzt worden war, wird seit Jahren juristisch und politisch gerungen. Die Bundeswehr hatte das Areal 1993 übernommen und will einen Luft-Boden-Schießplatz für die Luftwaffe einrichten sowie Tiefflüge üben.

Im Dezember hatte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin der Bundeswehr untersagt, das Gelände weiter militärisch zu nutzen



Quelle: SWR4 Regionalhörfunknachrichten aus Stuttgart, 17.04. - 08.30 Uhr

Stuttgart: 3.500 beim Ostermarsch in der Innenstadt

Über 3500 Friedensaktivisten haben gestern bei dem Ostermarsch in der Stuttgarter Innenstadt für einen Kürzung des Rüstungshaushaltes demonstriert. Nach Angaben der Polizei verlief die Aktion insgesamt friedlich. Zuvor hatten über 100 Demonstranten die Zufahrtswege der Atomwaffenzentrale der US-Armee in Stuttgart Vaihingen blockiert. Zusätzlich bildeten Pazifisten eine Mahnwache und richteten einen Friedensgottesdienst aus. Zu der Osteraktion hatten 5 Friedensbewegungen aufgerufen, darunter auch das Friedensnetz Baden-Württemberg.



E-Mail: friekoop@bonn.comlink.org

Website: www.friedenskooperative.de
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