Netzwerk Friedenskooperative



Ostermär-
sche 2001


vom:
14.04.2001


 vorheriger

 nächster
 Artikel

siehe auch:

 OM 2001
 Münchener
 Aufruf


Ostermärsche und -aktionen 2001:

  Reden/Kundgebungsbeiträge

Grußwort zum Ostermarsch 2001 Samstag, den 14. April

Friedenspolitik statt Kriegspolitik

Siegfried Benker

Liebe Münchnerinnen und Münchner,
liebe Freundinnen und Freunde,

Zunächst möchte ich die Grüße des Oberbürgermeisters Christian Ude überbringen. das Motto des diesjährigen Ostermarsches "Friedenspolitik statt Kriegspolitik" ist (wie immer) hochaktuell.

"Friedenspolitik statt Kriegspolitik" müßte bedeuten, daß die Bundesregierung, alle Politikerinnen und Politiker, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Land ihr Handeln danach ausrichten, daß sie alle Strukturen weg von einer Logik des Krieges und der Auseinandersetzung hin zu einer Logik des Friedens und des friedlichen Miteinanders organisieren. Davon sind wir weit entfernt.

Ich möchte drei Bereiche nennen, die m. E. zeigen, wie wichtig es ist, daß es die regelmäßige Mahnung des Ostermarsches gibt.

Der Kosovo-Krieg. Für alle, die es wahrnehmen wollen, hat sich gezeigt: der Eintritt Deutschlands in den Kosovo-Krieg wurde mit propagandistischen Aussagen vorbereitet und gerechtfertigt. Es ist vollkommen unbestritten, daß es im Kosovo eine menschenverachtende Politik der ethnischen Säuberung und Vertreibung gab, gegen die mit allen politischen - ich betone politischen - Mitteln vorgegangen werden mußte. Genauso unbestritten ist inzwischen aber auch, daß viele der angeblichen Beweise, die einen sofortigen militärischen Einsatz angeblich erforderlich machten, gefälscht waren oder falsch bewertet wurden.

Diese gefälschten Materialien und eine veröffentlichte Meinung in den Medien führten in erschreckender Geschwindigkeit zu einem Kriegseintritt Deutschlands. Ein Angriff, der völkerrechtswidrig geführt wurde. Es hat sich wieder einmal gezeigt: der Krieg tötet zuerst die Wahrheit.

Im Nachhinein ist es beängstigend zu sehen, wie schnell Deutschland in diesen Krieg gezogen ist. Es ist beängstigend zu erkennen, daß die Mechanismen, die einen völkerrechtswidrigen Krieg eigentlich verhindern sollten versagt haben. Auch der Bundestag hat damals zugestimmt.

 zum Anfang


Ostermär-
sche 2001
Schlimm ist, daß die politischen Verantwortungsträger glaubten am Kosovo-Krieg teilnehmen zu müssen. Genauso erschreckend aber finde ich, daß jetzt niemand bereit ist, aus den verhängnisvollen Fehlern und Entscheidungen von damals zu lernen. Die Frage müßte jetzt lauten: was können wir aus den Mechanismen lernen, die Deutschland in den Krieg geführt haben. Wie können wir den nächsten Krieg verhindern. Wie können wir die nächste Kriegsteilnahme verhindern. Statt dessen ist das Ziel des Verteidigungsministers nicht, den nächsten Krieg zu verhindern, sondern den nächsten Einsatz effektiver zu gestalten.

Hier muß der Widerstand ansetzen. Hier ist die Forderung des Ostermarsches: "Friedenspolitik statt Kriegspolitik" aktueller denn je.

Als zweiten Punkt möchte ich auf den im Bau befindlichen
Forschungsreaktor München II in Garching eingehen. Nach wie vor besteht die Bayerische Staatsregierung darauf, daß dieser Forschungsreaktor mit Hochangereichertem Uran, dem sogenannten HEU, betrieben wird. Die internationalen Bemühungen um eine Nichtverbreitung atomwaffenfähigen Materials sind der bayerischen Staatsregierung offensichtlich egal.

Aber es darf uns nicht egal sein, wenn vor den Toren des Ballungsraumes München ein neuer Reaktor in Betrieb geht.

Deshalb hat die Stadtratsmehrheit, neben anderen Klägern, immer gegen diesen Neubau eines Reaktors geklagt. Hierbei konnten die Stadt und die Kläger das Projekt zwar nicht verhindern, aber wenigstens hohe technische Sicherheitsauflagen durchsetzen. Und ich bin der Ansicht, daß die Stadt auch weiterhin alles juristisch Mögliche daransetzen muß, um den Forschungsreaktor zu verhindern.

Aber als nächster Schritt muß nun verhindert werden, daß Hochangereichertes und atomwaffentaugliches Uran in Garching eingesetzt werden darf. Ich wende mich auch gegen den Kompromißvorschlag der Bundesregierung. Dieser Kompromißvorschlag sieht vor, daß der Reaktor zunächst - für ca. 5 Jahre - mit Hochangereichertem Uran betrieben werden darf, wenn bestimmte Auflagen erfüllt werden. Das halte ich für falsch. Es darf zu keinem Zeitpunkt einen Einsatz von Hochangereichertem Uran in Garching geben. Um dies zu fordern hat meine Fraktion sich auch bereits an die Bundesregierung gewandt und einen Antrag für die nächste Vollversammlung des Stadtrates gestellt, damit sich der gesamte Stadtrat und der Oberbürgermeister hinter diese Forderung stellen können. Wer atomwaffenfähiges Material will, nimmt billigenden in Kauf, daß es in falsche Hände gerät.

Auch hier zeigt sich die Aktualität des Ostermarsch-Mottos: Wer die Forderung nach Friedenspolitik statt Kriegspolitik ernst nimmt, muß gegen den Einsatz von Hochangereichertem Uran sein.

Als dritten Punkt möchte ich den
Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus ansprechen. Spätestens der Überfall auf den Griechen Artemios im Januar diesen Jahres in der Zenettistraße hat es deutlich gemacht: Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus gibt es auch in München. München ist keine Neonazifreie Zone. Rechtsextremismus ist nicht nur ein Thema der ostdeutschen Bundesländer. Rassismus und Rechtsextremismus ist auch ein Münchner Thema.

Wir alle, jeder einzelne und jede einzelne von uns sind aufgerufen, dafür zu sorgen, daß rassistische Äußerungen und Überfälle keine Chance haben. Die Münchner Stadtgesellschaft ist den türkischen Münchnern, die mutig eingegriffen haben und das Schlimmste verhindert haben nach wie vor zu großem Dank verpflichtet. Es zeigt auch, daß jeder und jede von uns aufgerufen ist, konkret für den Schutz von Minderheiten in dieser Stadt einzutreten.

Der Überfall zeigt aber auch, daß es Aufgabe der Politik sein muß, Ausgrenzungen zu verhindern und nicht aus der Mitte der Gesellschaft heraus gegen Minderheiten vorzugehen. Im Falle einer anderen Minderheit aber müssen wir erleben, daß ihr sogar die Berechtigung abgesprochen wird, ein politisches Mandat zu haben. Derzeit erleben wir ständig verbale Angriffe des CSU-Politikers Aribert Wolf gegen Schwule.

Wer verbale Brandsätze wirft, darf sich nicht wundern, wenn bald echte Brandsätze folgen. Wer ein Klima der Ausgrenzung und der Aggression gegen eine Bevölkerungsgruppe erzeugt, macht sich zum geistigen Brandstifter. Die konkreten Brandstiftungen überläßt er dann anderen. Mit Friedenspolitik vor Ort hat dies nichts zu tun.

Viele sind der Ansicht, der Osterrmarsch wäre nach dem Ende des "Kalten Krieges" nicht mehr nötig. Aber gerade die aktuelle Situation und die Themen, die aufgegriffen werden zeigt: der Ostermarsch ist notwendiger denn je. Deshalb möchte ich mit einem Dank an die unermüdlichen Aktivisten und Aktivistinnen enden, die nach wie vor daran erinnern, daß Frieden nicht von alleine erhalten bleibt.


Siegfried Benker Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen - rosa Liste im Münchner Rathaus

E-Mail:   friedensbuero@muenchner-friedensbuendnis.de
Internet: http://www.muenchner-friedensbuendnis.de
 zum Anfang

 vorheriger

 nächster
  
Artikel

       
Einige weitere Texte (per Zufallsauswahl) zum Thema
Ostermärsche
Ostermärsche
Gelöbnis der Kieler Friedensbewegung
Aufruf OM München
Ostermarsch Augsburg
Aufruf zum Hamburger Ostermarsch am 24.4.2000
OM 2000: Ostermarsch Frankfurt

Bereich

 Themen 

Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
         
Netzwerk   F-Forum  Termine  Jugo-Hilfe Aktuell