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Krieg in Tschetschenien - Inhalt


vom:
06.10.1999


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Krieg in Tschetschenien:

  Stellungnahmen/Aufrufe

An den Präsidenten der Russischen Föderation Herrn Boris Jelzin

Betr.: Krieg in Tschetchenien

Andreas Buro und Manfred Stenner

Grävenwiesbach / Bonn, 6.10.1999

Offener Brief
Sehr geehrter Herr Präsident,

wir bitten Sie dringend, den Krieg, der von russischen Soldaten in Tschetschenien geführt wird, sofort zu beenden und politische Verhandlungen mit der gewählten Regierung des Landes aufzunehmen.

Der Krieg, der sich angeblich gegen islamistische Rebellen und Partisanen richtet, trifft in Wirklichkeit die Bevölkerung, die zu Tausenden aus dem Land und ins Elend des Hungers und des russischen Winters fliehen muß. Gleichzeitig zerstören ihre Militäreinheiten die Infrastruktur Tschetscheniens, so daß die Lebensgrundlagen dieses armen Volkes auf unabsehbare Zeit schwer geschädigt werden. Wie sagte damals der US-General May im Vietnam-Krieg: "Wir werden die Vietnamesen in die Steinzeit zurückbomben." Das kann doch nicht Ihr Ziel sein, Herr Präsident? Deshalb stoppen Sie den Krieg!

Rußland hat zurecht gegen den Bombenkrieg der NATO gegen Jugoslawien protestiert und dankenswerter Weise dann doch eine Rolle der politischen Vermittlung übernommen. Wir als Dachverband der deutschen Friedensbewegung und als Teil der Menschenrechtsbewegung haben uns ebenfalls gegen den militärischen Austrag des Kosovo-Konfliktes gewandt und leidenschaftlich für eine zivile, friedliche Lösung plädiert. Mit dem Angriff und der Bombardierung Tschetscheniens entsteht bei uns der Eindruck, Sie würden nun die Methoden der NATO als militärische Interventionsmacht übernehmen. Dies, obwohl Sie durch die traumatischen Ereignisse des Afghanistan-Krieges, der dieses Land in einen Bürgerkrieg aller gegen alle stürzte, und durch den ersten Tschetschenien-Krieg wissen, wie sehr sich solche militärgestützte Politik demoralisierend, zerstörerisch und entwicklungshemmend auf alle Beteiligten auswirkt. Diese Erfahrung noch einmal zu wiederholen kann doch nicht Ihr Ziel sein? Die Zerstörung der Lebensgrundlagen eines kleinen Kaukasus-Landes mit überlegener Kriegstechnologie ist kein Zeichen von Stärke, sondern eines der Hilfslosigkeit und Schwäche. Auch deshalb bitten wir Sie, stoppen Sie den Krieg sofort und treiben eine starke, aufbauende Politik der gegenseitigen Kooperation und Vertrauensbildung.

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Krieg in Tschetschenien - Inhalt
Sie und Ihre Regierungen haben zutreffend immer wieder die Entfaltung einer gesamteuropäischen Friedensordnung angemahnt und sich auch deshalb gegen die Ost-Erweiterung der NATO gewandt. Dies ist eine politische Orientierung, die wir auch im Westen und in Deutschland immer gefordert und unterstützt haben. Die heutige OSZE sollte die organisatorische Grundlage für ein solches "gemeinsames Haus" sein, wie es unmittelbar nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes in der gemeinsamen Pariser Erklärung der Staats- und Regierungschefs von 1990 vorgeschlagen und gefordert wurde. Eine solche gesamteuropäische Friedensordnung wurde bisher von der NATO verhindert. Trotzdem ist an dem Ziel der Schaffung einer solchen Ordnung festzuhalten. Sie allein kann den Rahmen für die friedliche und produktive Lösung der vielen Konflikte im OSZE-Bereich setzen. Eine solche Orientierung kann bereits heute angeschoben werden, wenn Sie sich an die OSZE um Vermittlung wenden und zu diesem Zweck den Krieg und die militärische Bedrohung Tschetscheniens sogleich und bedingungslos beenden.

Sehr geehrter Herr Präsident, seit der Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO geht das zynische und verharmlosende Wort von den "Kollateralschäden" durch Europa. Die russische Propaganda zur Legitimierung des Krieges gegen die tschetschenische Bevölkerung klingt uns ebenfalls wie "Kollateralschäden" in den Ohren. Das ist die Sprache der vermeintlichen Sieger, die sich um die Folgen ihres Krieges nur propangandistisch glauben kümmern zu müssen. Sie haben durch die sofortige Beendigung des Krieges die Chance, ein anderes, ein neues Bild von Rußland zu entwerfen und zu vermitteln: von einem Rußland, daß statt auf Kollateralschäden durch militärische Mordmaschinen, auf "Kooperationsnutzen" durch geduldige Friedensgestaltung gegenüber allen nationalistischen Tendenzen setzt.

Hochachtungsvoll!

Andreas Buro, friedenspolitischer Sprecher des Komitees für Grundrechte und Demokratie

Manfred Stenner, Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative




E-Mail:  friekoop@bonn.comlink.org
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