ungehaltener Redebeitrag für den geplanten Ostermarsch in Heidelberg am 11. April 2020

 

Meine Bank - bombensicher? Divestment, eine Strategie der Friedensbewegung

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
Warum halten wir mit unserem Ostermarsch vor einer Bank an? Der Grund heißt Divestment. Des-Investment ist das Gegenteil von Investment. Divestment ist der englische Begriff und wird z.B. für Kampagnen verwendet, die sich gegen unethische
Kredite von Banken oder Investmentfonds wenden. Divestment ist eine politische Strategie. Diese Strategie fordert Anlegerlnnen auf, ihr Geld in bestimmten Unternehmen zu investieren. Es geht z.B. um Atomwaffenhersteller (z.B. Airbus) oder
Unternehmen, die Waffengeschäfte betreiben (z.B. Rheinmetall). Für die Friedensbewegung geht es um den Entzug von Kapital für Waffengeschäfte.

Ich erinnere: Des-Investition wurde in den 1980er Jahren ein Element politischer Kampagnen. Organisiert wurde 1986 z.B. ein Wirtschaftsboykott gegen das südafrikanische Apartheid-Regime. Öffentliche Investoren wie Gemeinden, Kirchen oder Hochschulen wurden weltweit aufgefordert, sämtliche Gelder aus südafrikanischen Anlagen abzuziehen. Mit dieser Divestment-Kampagne wurde das südafrikanische Apartheid-Regime international in die Isolation getrieben. Das Regime in Südafrika verlor seine Legitimität und brach zusammen.

Aktuell können „a|le Kriege der Welt nur aus einem Grund geführt werden: Geld. Banken speisen die tödliche Industrie regelmäßig mit Milliarden. Auf Druck von Nichtregierungsorganisationen wie „urgewald" haben sie inzwischen bestimmte Bereiche der Rüstungsindustrie von der Finanzierung ausgeschlossen." (urgewald-Studie 2018)

Heute frage ich Euch als Demonstrierende: Ist Eure Geldanlage vor Bomben sicher?

  • Habt Ihr Euch als Bankkunde und -Kundin schon einmal gefragt, ob Ihr durch Eure Spareinlagen und Aktienkäufe auch von Waffengeschäften profitiert?
  • Hat Eure Bank Euch schon einmal darauf aufmerksam gemacht, dass sie ihr Geld gern auch mal an Waffenhändler verleiht?

Ich vermute, nein!

Solche imageschädigenden Informationen behalten Banken eher für sich. Banken wissen: Zweidrittel ihrer Kundinnen und Kunden lehnen Waffengeschäfte ab und würden die Bank wechseln. Verantwortungsbewusste und wechselwillige Kundschaft könnte Banken das Fürchten lehren!

  • Ohne Kredite und ohne Investoren werden kein Atomkraftwerk, kein Panzer, kein G3-Gewehr und keine Bomben gebaut!
  • Alle Kriege der Welt brauchen Geld. Nur aus diesem einen Grund können sie geführt werden. Gespeist wird diese tödliche Industrie mit den Milliarden der Banken und mit unserem Geld.

Banken profitieren im Anleihe- und Kreditgeschäft von hohen und sicheren Zinsen sowie von Provisionen bei der Finanzierung von Rüstung. Die Rendite ist verlockend. Weitaus höher sind jedoch die Kosten für Mensch und Umwelt!

Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wie_z.B. urgewald, haben massiven Druck ausgeübt. So wurden bestimmte Bereiche der Rüstungsindustrie von der Finanzierung durch die Banken ausgeschlossen. Die Commerzbank, vor der wir hier exemplarisch demonstrieren, besitzt z.B. seit 2008 unternehmensweit gültige Richtlinien für Rüstungsgeschäfte. Doch der Praxis-Check offenbart eine Richtlinie voller Löcher! Laut der Studie von „urgewald” gehören zu den Kunden des Konzerns Commerzbank z.B. deutsche Rüstungsgrößen wie z.B. Rheinmetall oder Krauss-Maffei-Wegmann. (PM urgewald 22.5.2019 zur Hauptversammlung der Commerzbank)

Hervorzuheben ist der Konzern Rheinmetall. Seine Geschäftspolitik steht für ein weitgehend unkontrolliertes Aufrüsten. Rheinmetall befeuert die Krisenregionen dieser Welt. Der Konzern verlagert zunehmend Produktionsstätten ins Ausland, z.B. nach Südafrika und Sardinen, um deutsche Exportkontrollen zu umgehen. Denn diese müssen von der Bundesregierung genehmigt werden. (Studie 2016)

Eine Studie von Urgewald und Facing Finance (2018) untersuchte deutsche Banken, die an an Rüstungsexporten beteiligt sind und Länder beliefern, die auch gegen den Jemen Krieg führen: „Ofienbar unbeeindruckt von Tod, Flucht und Vertreibung in aktuellen Kriegsgebieten, haben deutsche Banken und Investoren in den vergangenen drei Jahren hohe Geldsummen in Rüstungskonzerne gepumpt, die den Nahen und Mittleren Osten massiv aufrüsten und insbesondere den Krieg im Jemen befeuern.” (https://urgewald.org/medien/deutsches-geld-fuer-kriege-nahen-mittleren-o...)

Zu den Richtlinien der Rüstungsgeschäfte: Oft werden sie nicht konsequent umgesetzt und sind lückenhaft. Es handelt sich um Goodwill-Erklärungen, sie schließen Rüstungsgeschäfte nicht wirklich aus. Mit ihren Geldern finanzieren deutsche Banken Waffenschmiede und blutige Konflikte. Das ist das Ergebnis der Studie „Die Wafien meiner Bank" von urgewald und Facing Finance. (2018, S. 13)

Divestment-Kampagnen sind mehr als allgemeiner Protest. Eine Divestment-Kampagne benennt ganz klar Gegner und Ziele: Institutionen wie Kommunen, Universitäten, Banken oder Pensionsfonds werden unter die Lupe - und dann ins Visier - genommen. Ziel ist:

Unser Geld nicht in Firmen zu investieren, die ihr Geld mit Rüstungsgeschäften verdienen!

Zum Schluss eine Ermutigung: Ein Erfolg der mehrjährigen Druckkampagne mit Divestmentaktivitäten der NGO „urgewald” ist zu verzeichnen: Die Deutsche Bank ist aus der Finanzierung von Streubombenherstellern ausgestiegenl (Studie 2016) Allerdings fehlt eine allgemeine Richtlinie zu Waffenexporten.

Zum Schluss die Frage: Wie mache ich meine Bank bombensicher? Die Antwort:

Mit diesen 10 Aktivitäten und Aktionen mache ich meine Bank bombensicher:

1. Entziehen wir unseren Banken die Finanzgeschäfte mit der Rüstungsindustrie!

2. Fangen wir bei uns in der Kommune an und

3. machen wir Druck auf die Kommunen und fordern Divestment-Beschlüsse im Heidelberger Gemeinderat!

4. Sprecht Eure Kirchengemeinden an und fordert sie auf, die Einlagen zu überprüfen!

5. Fangen wir bei uns selbst an! Aktivieren wir uns als Privatpersonen und nehmen unsere Banken kritisch unter die Lupe:

  • Wie vermehrt meine Bank das Geld ihrer Kundschaft, meiner Sparanlage?
  • Ist meine Bank Kreditgeberin oder Anteilseignerin von Rüstungsunternehmen?

6. Stellt kritische Fragen an Eure Bank: Gibt es ökologische und soziale Richtlinien, die z.B. Rüstungsgeschäfte ausschließen?

7. Fordern wir von der eigenen Bank einen Kurswechsel und Ausschlusskriterien!

8. Nehmt einen Bankenwechsel vor! Werdet Kundin bei einer der vier Nachhaltigkeitsbanken, die jegliche Geschäfte mit der Rüstungsindustrie ablehnen. (wie z.B. die GLS-Bank oder Ethik-Bank) (Denn niemand muss sein Geld bei Banken anlegen und in Finanzprodukte stecken, die die Herstellung und die Exporte von Waffen oder Panzern unterstützen!))

9. Werden wir Kritische Aktionärin oder Aktionär, z.B. bei Rheinmetall oder bei Heckler & Koch, wie z.B. Jürgen Grässlin und viele andere von der Kampagne „Aktion Aufschrei", und stellen bei den Hauptversammlungen unangenehme Fragen!

10. Organisieren wir Aktionen vor Banken und machen Rüstungsgeschäfte zum öffentlichen Thema!

Was bleibt?

  • Wir wollen keine Gewinne auf Kosten der Menschenrechte!
  • Menschenrechte dürfen nicht länger ökonomischen Renditezielen geopfert werden!
  • Starten wir Divestment-Kampagnen! Stoppen wir endlich die Finanzierung von Rüstungsproduktionen und -exporten!
  • Kriege beenden! Klima schützen! Abrüsten statt aufrüsten! - wie das Motto unseres Ostermarsches 2020 in Heidelberg lautet - oder: Banken abrüsten und Kriege stoppen!

Vielen Dank!

 

Renate Wanie engagiert sich im lokalen Heidelberger Friedensratschlag (HFRS) und im Heidelberger Bündnis „Stoppt den Waffenhande|!”, beide sind Trägerinitiativen der bundesweiten Kampagne „Aktion Aufschrei- Stoppt den Waffenhandel!“.
Beide lokale Initiativen sind Mitglied im Friedensbündnis Heideberg, das den regionalen Ostermarsch im Jahr 2020 - gemeinsam mit dem Friedensplenum Mannheim - vorbereitet hat.

 

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