Redebeitrag zum Aktionstag „Abrüsten statt Aufrüsten“ am 5. Dezember 2020 in Frankfurt/Main

 

- Es gilt das gesprochen Wort -

 

Abrüsten statt aufrüsten!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Die Nachrichten zeigen uns: wir leben in einer Ära des Katastrophen-Kapitalismus.

Das UN-Büro zur Katastrophenvorsorge in Genf teilte unlängst mit, dass sich die Zahl der Naturkatastrophen weltweit in den letzten 20 Jahren, also seit dem Jahr 2000, gegenüber den davor liegenden 20 Jahren verdoppelt hat,- also die Dürren, Überflutungen und Sturmschäden. Vier Milliarden Menschen waren insgesamt von diesen Desastern der letzten 20 Jahre betroffen, so das UN-Büro.

Und das wird erst der Anfang sein, wenn die Regierungen weiterhin unzureichende Gegenmaßnahmen dagegen ergreifen. Eine weitere weltweite Katastrophe mit jetzt bereits weit über 1 Million Todesopfern und einer Lähmung des öffentlichen Lebens auf mehreren Kontinenten erleben wir aktuell mit der Corona-Pandemie, auch dies eine Folge der Naturzerstörung durch die ökonomische Entwicklung im Zeitalter des Katastrophen-Kapitalismus – mit zunehmender Einschränkung natürlicher Lebensräume für viele Tierrassen und mit quasi industrialisierter Massentierhaltung.

Die Ursachen dieser Desaster sind auch den Regierungen weitgehend bekannt, aber sie werden sträflich vernachlässigt, weil mächtige Wirtschafts-interessen geschützt werden sollen - etwa der extraktivistischen Konzerne, das sind etwa die multinationalen Konzerne der Öl- und Gasgewinnung und Vermarktung. Und auch die industrialisierte Landwirtschaft, die an vielen Orten mit der Zerstörung natürlicher Lebensräume einhergeht. Der massive Rückgang der Artenvielfalt zeigt das unmißverständlich.

Statt diesen realen Gefahren für die Zukunft der ganzen Menschheit gemeinsam und solidarisch international entgegenzutreten, wird gleichzeitig eine enorme Vergeudung von Rohstoffen, menschlicher Arbeitskraft und Finanzen insbesondere durch die NATO- Staaten betrieben. Rund 50 Milliarden Euro wird die Bundesregierung im kommenden Jahr in die Rüstung stecken, das Umweltministerium muß mit rund 2% dieses Etats auskommen! Außenminister Maas liefert dazu die propagandistische Begleitung im Spiegel-Interview (Zitat) : „Wir Europäer sind bereit, unseren Teil dazu beizutragen, im Bündnis mit den USA ein Garant für Frieden, Demokratie und Menschenrechte zu sein.“

Wie erfolgreich dies etwa in Afghanistan seit 2001 betrieben wurde, können wir alle in diesen Tagen bilanzieren. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Afghanistan ist mit 48 Jahren weiterhin eine der niedrigsten weltweit; das Land ist inzwischen das weltweite Zentrum einer kriminellen Opium-Ökonomie, wohlgemerkt erst seit Einmarsch der westlichen Alliierten. – Einer der größten Kunden der westlichen Rüstungswirtschaft ist das mörderische saudi-arabische Regime, das mit Unterstützung von NATO-Verbündeten die jemenitische Bevölkerung aushungert.

Für die deutsche Bevölkerung wird, im Einklang mit der US-Vormacht, an den Feindbildern Russland und China gestrickt, gegen die nun in Osteuropa und auch schon im chinesischen Meer Bundeswehr-Einheiten im Manöver mobilisiert werden.
Der militärische Aufmarsch gegen Russland und die entsprechende Propaganda empfinde ich als besonders infam, da doch die damalige Sowjetunion mit etwa 27 Millionen Todesopfern die schwersten Verluste durch den faschistischen Angriffskrieg Deutschlands erlitten hat!

Milliarden Euro werden nun im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms zusätzlich in die Bundeswehr gesteckt, obwohl die Rüstungsindustrie wirklich nicht zu den Pandemie-Opfern zählt! Investitionen in den ökologischen Umbau wären die wesentlich sinnvollere Geldanlage.

Rund 7 Milliarde Euro sollen in den nächsten Jahren in den Kauf US-amerikanischer Bombenflugzeuge gesteckt werden, um die in Büchel gelagerten US-Nuklearbomben durch deutsche Piloten zum Einsatz bringen zu können. – Ich meine: wesentlich sinnvoller wäre, dem im Januar in Kraft tretenden UN-Atomwaffenverbotsvertrag auch durch die Bundesrepublik Deutschland endlich beizutreten!

Der Wahnsinn von Aufrüstung und Kriegsvorbereitung hat Methode: auf diesem Feld werden glänzende Geschäfte gemacht. Der damalige US-amerikanische Präsident Eisenhower warnte schon vor dem Einfluss des „militärisch-industriellen Komplex“. Gerade in Zeiten der globalen Krise fischt diese Fraktion des Kapitalismus im Trüben. Wir müssen dem entgegentreten, indem wir auf die wirkliche menschliche Sicherheit orientieren: eine lebensfähige natürliche Umwelt, gegenseitige internationale Unterstützung und wirtschaftlicher Ausgleich.

Dazu müssen wir uns für einer demokratischere, einer ökologischere und einer friedensfähigere Ordnung unserer Ökonomie einsetzen.

Vielen Dank!

 

Matthias Jochheim ist aktiv bei der IPPNW.