Redebeitrag für den dezentralen Aktionstag der Friedensbewegung am 1. Oktober 2022 in Köln

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,
mein Name ist Jürgen Schütte und ich komme vom Friedensbündnis Mönchengladbach.

Wir befinden uns in einer Situation, die schlimmer nicht hätte sein können: Es ist Krieg mitten in Europa. Ein Krieg, der nicht nur tausende Opfer fordert, zu immensen Zerstörungen führt, Hunderttausende in die Flucht treibt, sondern das Potential hat, sich zu einem Atomkrieg auszuweiten. Ein Krieg der hätte vermieden werden können. Keine ukrainische und russische Mutter will ihn, auch wir wollen ihn nicht.

Deswegen hätte unsere Regierung die Pflicht, alles in ihrer Macht stehende zu tun, damit dieser Krieg so schnell wie möglich beendet wird. Denn nicht nur derjenige, der einen Krieg beginnt, ist für die Kriegsgräuel verantwortlich, sondern auch derjenige, der dem Krieg nicht entgegentritt oder seine Beendigung sogar verhindert. Genau letzteres ist tut unsere Regierung in Allianz mit den westlichen Staaten. Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland war es bislang für jede Bundesregierung - egal unter welcher Leitung - ein no-go, Waffen in ein Krisen - geschweige denn in ein Kriegsgebiet zu liefern.

Damit hat die Regierung unter Kanzler Scholz brutal gebrochen. Mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten an den zu liefernden Waffen ist Deutschland zur Kriegspartei geworden (so der wissenschaftliche Dienst des Bundestages). Dies bedeutet, dass auch wir legitimes Angriffsziel sind oder werden können.

Waffen befeuern den Krieg, sie schaffen keinen Frieden. Wie durchgeknallt ist unsere Außenministerin, die meint „Waffenlieferungen retten Menschenleben“? Sie liegt dabei ganz auf der Linie unsere Mainstream-Medien. Dort wird gefaselt von „Waffen für den Frieden“, „Panzer für den Frieden“, „Raketen für den Frieden“. Die Kriegstreiber sind mitten unter uns. Unaufhörlich versuchen sie, den Bürgern weiszumachen: Nicht die Diplomatie, sondern der Weg des Krieges führt zum Frieden. Sie erklären uns: Feuer löscht man am besten mit Benzin. So sieht die längst von jeder Scham befreite Kriegstreiberei aus.

Begleitet wird diese Kriegslogik von einem veritablen Wirtschaftskrieg, der mit zahlreichen Sanktionspaketen schon lange vor dem 24. Februar 2022 begonnen hatte. Unsere Außenministerin frohlockte dazu im Frühjahr dieses
Jahres, man werde jetzt „Russland ruinieren“. Oskar Lafontaine bezeichnet diese Wortwahl zu Recht als „faschistisch“.

Kann es Inhalt und Ziel deutscher Außenpolitik sein, ein anderes Land – bis an die Zähne mit Atomwaffen ausgestattet – „ruinieren“ zu wollen?

Eine verantwortungslose Regierung führt einen Wirtschaftskrieg gegen Russland auf Kosten der deutschen Bevölkerung. Laut aktuellem paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 15,9 Prozent einen neuen Rekord und den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung erreicht. Damit fallen 13,2 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze.

„In Schlüsselindustrien werden Betriebe reihenweise schließen“, schreibt das „Handelsblatt“. Wenn wir ein Industrieland bleiben wollen, dann brauchen wir russische Rohstoffe und auf absehbare Zeit auch noch russische Energie. Deshalb: Schluss mit den fatalen Wirtschaftssanktionen! Verhandeln wir mit Russland über eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen!

Diese Verhandlungen werden jetzt natürlich erschwert bzw. torpediert durch die Sprengung der Pipelines North Stream I und II in der Ostsee. Wer immer dahinter steckt, wir wissen es noch nicht. Für unsere Kriegstrommler in den Medien ist natürlich wieder klar: Putin war's.

Der sprengt seine Pipelines, die ihn Milliarden gekostet haben und mit denen er noch Milliarden verdienen wollte, einfach mal so in die Luft, bzw. ins Wasser.

Für wie dumm hält man uns eigentlich?

Klar ist aber folgendes:

  • 1. Deutschland und Europa sind jetzt erstmal für längere Zeit von russischem Gas abgeschnitten. Der Verlust von North-Stream II hat unabsehbare wirtschaftliche und soziale Folgen.
  • 2. Der Krieg ist nun nicht mehr auf die Ukraine beschränkt. Es wird jetzt auch mitten in Europa – in der Ostsee – gebombt.

All dies sind weitere Schritte zu einer höchst gefährlichen weiteren Eskalation.

Wenn wir das nicht hinnehmen wollen, müssen wir als Friedensbewegung den Protest geeint und massiv auf die Straße bringen. Heute machen wir hier und in vielen anderen Städten den Anfang. Das ist gut so.

Wir dürfen die Füße nicht stillhalten. Wir müssen unsere Regierung dazu zwingen, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und das bisherige „Schießen statt Verhandeln“ umzukehren in ein „Verhandeln statt Schießen“.

Willy Brandt hatte Recht: „Frieden ist nicht Alles aber ohne Frieden ist alles Nichts.“

Vielen Dank!

 

Jürgen Schütte ist aktiv beim Friedensbündnis Mönchengladbach.