Begrüßung beim bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung am 1. Oktober 2022 in Berlin

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ich begrüße euch alle herzlich zum bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung anlässlich der bevorstehenden Haushalsdebatte. Überall im Land finden Demonstrationen, Aktionen, Mahnwachen und Kundgebungen statt. Unsere gemeinsamen Forderungen heißen:

Keinen Euro für Krieg und Zerstörung.

Stattdessen Milliarden für eine soziale, gerechte und ökologische Friedenspolitik.

Stoppt den Krieg! Verhandeln statt Schießen!

Dafür demonstrieren wir heute. Und eine Information an die Presse, die vielleicht anwesend ist: Es ist keine Scheindemonstration. Es ist auch keine Putinversteherdemonstration. Und es ist keine rechte Demonstration! Rechte, neue und alte Nazis, Rassistinnen und Rassisten haben keinen Platz auf dieser Demo.

Es ist eine Demonstration von Menschen, die durchaus unterschiedlich ticken, verschiedene Sichtweisen haben, sich streiten um die Wahrheit, die aber eines eint, nämlich, von den Regierenden zu verlangen, ihren Kriegsunterstützer- und Aufrüstungskurs zu beenden, und zwar sofort, und stattdessen das zu tun, wofür sie gewählt wurden, nämlich in unserem Land für Frieden und ein Leben aller in sozialer Sicherheit zu sorgen.

Und wir haben Angst. Wir wollen, dass unsere Regierung alles dafür tut, die immer gefährlicher werdende Situation zu deeskalieren, Diplomatieangebote auszuarbeiten, statt Panzer zu liefern.

Wir haben nicht nur Angst, dass der Krieg in der Ukraine immer weitere Kreise zieht und irgendwann überhaupt nicht mehr zu stoppen ist, dass der Hass alles vergiftet, das Wort Solidarität nur noch missbraucht wird und im Namen der Menschlichkeit weiter geschossen, gemordet und zerstört wird und, dass selbst, wenn es keiner wirklich beabsichtig, aus Versehen daraus ein nuklearer Krieg entsteht.

Fakten zur Aufrüstung und den Plänen der Bundesregierung liefert Lühr Henken, Sprecher vom Bundesausschuss Friedensratschlag, in seinem Redebeitrag, den ich, da er krank im Bett liegt, jetzt verlese.

Wir demonstrieren heute auch, weil wir nicht mehr hinnehmen wollen, was wir ständig in der Zeitung lesen, im Rundfunk hören und im Fernsehen sehen: gebetsmühlenhaft werden nämlich seit Monaten immer wieder Glaubenssätze verbreitet statt eine sachliche, faktenbasierte, diskursive Informationspolitik zu betreiben. Und wer etwas in Zweifel zieht, oder gar versucht, etwas zu belegen, zu begründen, ist wieder mal einem Fake-News aufgesessen. Vernunft hat gerade keine Saison. Heute ist aber einer hier, der recherchiert, bevor er schreibt, der die Fakten untersucht, bevor er damit an die Öffentlichkeit geht, der hinterfragt und damit schon viele Anstalten bereichert hat. Ekkehard Sieker.

Vor dem Bundestag

Wir stehen hier im Quadrat der politischen Macht. Bundeskanzleramt, Bundestag, Paul Loebe Haus. Schön zu sehen, dass heute hier Menschen stehen, die den Frieden wollen und keine Soldaten, die ihr öffentliches Gelöbnis sprechen.

Hier also sitzen diejenigen, die die Regierungsgeschäfte im letzten Jahr übernommen haben.

Die Grünen: eine grüne Außenministerin und ein Wirtschaftsminister hatten noch vor genau einem Jahr – als sie noch nicht regieren durften – auf ihren Wahlplakaten stehen „Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete“ oder „Züge, Schulen, Internet, ein Land das einfach funktioniert“. Sie versprachen ein grünes Wirtschaftswunder und dass nach der Miete noch was bleibt.

Die SPD: Von einer SPD in Regierungsverantwortung erwartet man ja kaum noch eine sozialdemokratische oder gar friedensorientierte Politik, das hat sie im Laufe ihrer Regierungstätigkeit oft genug bewiesen (mit der Ausnahme von Willy Brandts Ostpolitik).

Und die FDP: Diese hält das, was sie immer schon versprach und verspricht.

Das ist unsere Regierung, die einerseits die Führung in Europa übernehmen will und keine Probleme hat, die Aufrüstung ins unermessliche zu treiben, andererseits jeder US-amerikanischen Anweisung nachkommt, auch wenn sie auf Kosten der eigenen Interessen geht.

Eine Regierung, die Rüstungsgüter an Saudi-Arabien und in die Vereinigten arabischen Emirate liefert, die seit Jahren einen brutalen Krieg gegen den Jemen führen. Verbot von Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete? So what? Uns doch egal!

Eine Regierung, die keine Skrupel hat, in Ländern wie Katar und Saudi-Arabien um Gas zu betteln, die ganz offensichtlich NICHT unsere vielbeschworenen demokratischen Werte vertreten, die doch sonst für alles herhalten müssen. So what? Uns doch egal.

Wie verlogen, doppelzüngig, zynisch, unmoralisch. Oder unfähig.

Eine starke Friedensbewegung muss wieder her.

Wenn wir diesen Wahnsinn stoppen wollen, dann müssen wir uns zusammentun, Initiativen bilden in Bezirken, in Betrieben, in Unis, überall, wo wir noch miteinander reden, uns austauschen, uns bestärken und dann handeln können. Uns bleibt keine Wahl.

Wir sehen uns übermorgen bei „Heizung, Brot und Frieden“ und dann auf den nächsten Demos, und dann bringt jeder noch 100 andere mit. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Jutta Kausch-Henken ist aktiv bei der FriKo Berlin.