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Anlässlich der Friedenskonferenz in der Schweiz am vergangenen Wochenende und des bevorstehenden Aktionswochenendes für einen Verhandlungsfrieden in der Ukraine (21.-23.6.) erklärt das Netzwerk Friedenskooperative:
Nach über zwei Jahren Krieg in der Ukraine mit unermesslichen Opfern, Toten, Verstümmelten und Verwundeten ist weiterhin kein Ende in Sicht. Die kriegführenden Parteien und die sie unterstützenden Staaten müssen sich endlich vom sinnlosen Weg von Gewalt, Mord und Zerstörung abwenden.
Die Konferenz in der Schweiz hat dazu aufgerufen, Russland in weitere Verhandlungen einzubeziehen. Dies ist ein wichtiges Signal des Aufbruchs in Richtung Waffenstillstand und friedlicher Konfliktbeilegung. Allerdings haben wesentliche neutrale Staaten vor allem des „globalen Südens“ sich an der Schweizer Konferenz nicht beteiligt bzw. das Schlusskommuniqué nicht unterstützt, weil darin die ukrainische Position einseitig favorisiert wird oder weil sie ihren Neutralitätsstatus wahren wollten. Es bedarf nun einer Verhandlungskonzeption mit allen beteiligten Konfliktparteien, ohne vorab auf Maximalforderungen einer Seite zu beharren.
Aktuell ist eine Ausweitung des Kriegs unbedingt abzuwenden. Doch die jüngsten Eskalationen im Krieg lassen eine Ausweitung befürchten: indirekte Atomkriegsdrohungen Russlands, Beschuss der Energieversorgung und ziviler Ziele in der Ukraine, verstärkte Waffenlieferungen von NATO-Staaten und deren Freigabe für Ziele in Russland, der Beschuss einer Atomwaffen-Frühwarnanlage in Russland durch die Ukraine, die Entsendung von NATO-Ausbildern in die Ukraine und der diskutierte Einsatz von NATO-Soldat*innen in der Ukraine, die Debatte um einen NATO-Luft-Schutzschirm über der West-Ukraine u.a.m.
Der aktuelle Krieg, ausgelöst durch den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022, hat eine lange Vorgeschichte von gegenseitig wahrgenommenen Interessenverletzungen und Bedrohungen. Russland fühlte sich durch die NATO-Osterweiterung und die seit 2008 anvisierte Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die NATO bedroht. Die NATO und die USA gingen auf von Russland noch kurz vor dem Krieg im Dezember 2021 vorgelegten Vorschläge zu neuen Abrüstungs- und Sicherheitsabkommen nicht ein. Nach der verstärkten westlichen Orientierung der Ukraine erfolgte 2014 die Annexion der Krim durch Russland und ein Krieg innerhalb der Ukraine zwischen der ukrainischen Armee und sogenannten Separatisten in der Ost-Ukraine (Donbas).
Der Konflikt wurde mit den Abkommen von Minsk I und II nur scheinbar befriedet, da vor allem die westlichen Schutzmächte nicht auf der Umsetzung der Bestimmungen des Abkommens (z.B. hinsichtlich von Minderheitenrechten) beharrten. Im Kern geht es um eine Konfliktkonstellation wie in anderen post-sowjetischen Staaten auch: russische Minderheiten in den neu entstandenen Staaten fordern eigene kulturelle und politische Rechte, teils bis hin zur Sezession der von ihnen bewohnten Gebiete. Völkerrechtliche Zielkonflikte zwischen „territorialer Integrität“ von Staaten inklusive der Unantastbarkeit ihrer Grenzen einerseits und dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ auf der anderen Seite dürfen gemäß dem Völkerrecht nie durch Krieg gelöst werden, sondern müssen UNO-moderierten Verhandlungen und ggf. UNO-überwachten Referenden zugeführt werden. Der Jugoslawien-Krieg hat ein schreckliches Beispiel für eine kriegerische „Lösung“ solcher Konflikte geboten.
Die Schweizer Konferenz am 15. und 16. Juni war ein Signal, den kriegerischen Konfliktaustrag endlich zu beenden und international moderierte Verhandlungen zwischen den beteiligten Staaten einzuleiten. Dazu bedarf es der Vermittlung durch neutrale Staaten, wie z.B. Brasilien, Saudi-Arabien oder Südafrika. Die Verhandlungen sollten an den seinerzeit in Minsk (2014/15) und Istanbul (März 2022;vgl. 10-Punkte-Plan der Ukraine vom 29.3.2022) erreichten Kompromisslinien anknüpfen (u.a. Neutralitätserklärung der Ukraine, Verankerung von Minderheitenrechten, relative Autonomie-Regelungen, längerfristige Verhandlungen um die umstrittenen Territorien, gegenseitige und von weiteren Staaten mitgetragene Sicherheitsgarantien).
Die Bundesregierung fordern wir auf, sich jetzt massiv für eine Folgekonferenz mit Beteiligung Russlands und Chinas einzusetzen. Dabei könnte beispielsweise auch der 6-Punkte-Plan von China und Brasilien vom 23. Mai 2024, auf den nach chinesischen Angaben bereits über 45 Staaten positiv reagiert haben, ein wichtiger Ansatz sein. Wir fordern einen grundsätzlichen Strategiewechsel von einem „Sieg-Frieden der Ukraine“ hin zu einer diplomatisch verhandelten Friedenslösung.
Solange der Krieg andauert, sind alle kriegführenden Staaten verpflichtet, das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung zu gewährleisten sowie menschenrechtswidrige Zwangsrekrutierungen und Ausreiseverweigerungen zu unterlassen. Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus allen kriegsbeteiligten Staaten muss unbürokratisch Asyl gewährt werden.
Langfristig müssen die westlichen Staaten darauf hinarbeiten, eine gesamteuropäische Friedensordnung unter Einschluss Russlands, die zu errichten Anfang der 1990er Jahre verpasst wurde, neu aufzubauen. Nur so kann es Frieden in Europa geben!
Wir fordern Russland auf, den Angriffskrieg auf die Ukraine zu beenden! Alle beteiligten Konfliktparteien rufen wir dazu auf, gemeinsam in Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen zu treten und schnellstmöglich einen Waffenstillstand zu vereinbaren, damit das Töten und Sterben endlich gestoppt wird. An die Bundesregierung appellieren wir, sich aktiv für Verhandlungen und die hier genannten Forderungen stark zu machen!
Wir bitten alle Bürger*innen, sich für diese Ziele in der Öffentlichkeit und gegenüber Politiker*innen einzusetzen! Helfen Sie durch Ihre Teilnahme an den bundesweiten dezentralen Demonstrationen und Kundgebungen am Wochenende 21.-23. Juni und darüber hinaus mit, die Forderungen nach Kriegsbeendigung und einem Verhandlungsfrieden zu unterstützen!