Redebeitrag ungehaltener Redebeitrag für den geplanten Ostermarsch in Kiel am 11. April 2020

Ostern 2020: Worum es diesmal bei den Friedensmärschen geht

Liebe Freundinnen und Freunde,

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche - durch des Frühlings holden, belebenden Blick …. Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!“ Diese Zeilen aus Goethes Osterspaziergang galten früher mal – vor dem Klimawandel, jedenfalls in unseren Breiten. Was aber gilt heute?

„Krieg ist der größte Klimakiller“, deshalb: „Klimaschutz statt Rüstung“! Diese Parolen haben viele aus der Friedensbewegung in die freitäglichen Klimademos der FfF-Bewegung hineingetragen und sind dabei auf offene Ohren bei den Schülerinnen und Schülern gestoßen. Wir haben das gleiche Ziel, die „Rettung des Planeten“, warum sollen wir nicht gemeinsam dafür streiken und demonstrieren? Auch zu den Ostermärschen haben wir die „Fridays for Future“ wieder einladen und ihnen die Möglichkeit gegeben, ihre Sichtweisen und Forderungen mit Transparenten und Redebeiträgen einzubringen. Hoffentlich folgen sie dieser Einladung noch zahlreicher als im vergangenen Jahr!

Rüstung und Krieg – Teil der Klimakatastrophe

Doch es sind nicht erst die umweltzerstörenden Kriege, die zur Klimaerwärmung beitragen, sondern es ist bereits die Rüstungsproduktion und es ist die ständige Bereitstellung der Waffensysteme, es sind insbesondere die Militärmanöver, die riesige Mengen CO² freisetzen, von den übrigen Schadgasen und Umweltschäden ganz zu schweigen. Hierzu liegen inzwischen umfangreiche Analysen und Darstellungen vor (siehe http://umwelt-militär.info/) , so dass es eigentlich zur Selbstverständlichkeit geworden sein müsste, Rüstung und Krieg in den Focus der Klimaschutzbewegung zu rücken (wenn es da nicht eine einflussreiche Rüstungslobby gäbe, und die neuen/alten Kalten Krieger*innen dafür sorgen würden, dass diese Frage noch allzu häufig ausgeklammert wird!). Eine große Chance, diesen gemeinsamen Kampf zur Rettung des Planeten sehr konkret werden zu lassen, stellt im Übrigen das von der NATO für die ersten Monate des Jahres 2020 geplante und begonnene Militärmanöver „Defender 2020“ (DEF20) dar. 

Militärmanöver „Defender 2020“

Das Besondere an diesem größten NATO-Manöver seit Ende des Kalten Krieges ist, dass die USA 20.000 Soldat*innen inklusive Kriegsgerät nach Europa bringen. Die vom US-Heereskommando Europa in Wiesbaden geführte Kriegsübung umfasst fünf schwer bewaffnete Kampfbrigaden mit insgesamt 37.000 Soldat*innen. 28.000 davon sind US-amerikanische. Die Bundeswehr steuert 1.750 Soldat*innen bei. Als Krönung soll das Ganze um den 8. Mai 2020, dem 75. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus stattfinden, für dessen Niederschlagung die Sowjetunion mit 27 Millionen der insgesamt 60 Millionen Weltkriegstoten den größten Blutzoll entrichtet hat.  Wer den historischen Feiertag zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus mit Kanonendonner vor den Toren Moskaus begeht, will die Provokation. 
Deutschland ist die zentrale logistische Drehscheibe für den Transport von 33.000 Stück Kriegsmaterial auf Schiene und Autobahnen gen Osten. Zahlreiche Regionen sind davon  davon betroffen. Die US-Soldat*innen sind mit ihren Panzern in Bremerhaven angelandet und wurden in verschiedenen Bundeswehrkasernen zeitweilig untergebracht. Zum Betanken der US-Konvois wurde eigens die „größte mobile Tankstelle Europas“ in Bergen (Lüneburger Heide) eingerichtet.
„Defender 2020“ erweist sich als brandgefährliche und zudem umweltzerstörende Kriegsübung mit „scharfem Schuss“.  Sie steht der dringend notwendigen Deeskalation, der Einleitung vertrauensbildender Maßnahmen  diametral entgegen. Europa braucht eine neue Entspannungspolitik. Dafür muss sich Deutschland stark machen. Darin liegt seine „neue Verantwortung“!

Aufruf zu „Störmanövern“

Der Kasseler „Friedensratschlag“ hatte deshalb schon im Dezember 2019 alle Friedenskräfte dazu auf, schon bestehende Initiativen in den betroffenen Regionen tatkräftig zu unterstützen, sich aber auch darüber hinaus zu beraten, wie dem NATO-Kriegsgerassel auf möglichst sicht- und hörbare Weise phantasievoll, friedlich, und couragiert begegnet werden kann. Eine Verbindung mit der bundesweiten Unterschriftenkampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ liegt auf der Hand. Mehrere Aktionsberatungen zur Planung und Durchführung von „DEF20-Störmanövern“ vor den Einsatzzentralen der NATO und entlang der Transportstrecken fanden im Januar und Februar statt. An ihnen nahmen auch Kräfte aus der Klimaschutzbewegung teil. Am 22.02. demonstrierten wir dann bei Regen und Sturm in Bremerhaven gegen die Anlandung des Truppentransporters „Endurance“. In den folgenden Wochen gab es überall im Lande kleine Protestaktionen gegen das Manöver, bis es schließlich „gestoppt“ wurde. Das pandemische Covit19-Virus war der Friedensbewegung „zur Seite gesprungen“ und hatte den weiteren Nachschub aus den USA und den Transport durch Europa „eingefroren“ So jedenfalls hieß es von offizieller Seite. 6000 US-Soldaten trainieren trotzdem an der russischen Westgrenze gemeinsam mit ihren osteuropäischen Bündnispartnern, wie zu erfahren war! Und nächstes Jahr soll es weiter gehen, dann über den Pazifik  in Richtung der chinesischen Volksrepublik. Im darauffolgenden Jahr ist Russland wieder das Ziel von Defender Europe 2022“. Es ist also notwendig und richtig, wenn sich auch die diesjährigen Ostermärsche gegen das klimaschädliche „Säbelrasseln“ gegenüber der Russischen Föderation wenden. 

Auch am 8. Mai, wenn sich die Befreiung von Faschismus und Krieg zum 75. Mal jähren wird, sollte das US-Manöver, sollte die Vorbereitung eines Krieges gegen die einstigen Befreier von der Nazipest thematisiert werden. Die Bewegung „Stopp Defender 2020

– Ja zu Frieden mit Russland, Entspannungspolitik und Abrüstung!“ wird fortgesetzt werden. 

Stattdessen:

 

Dr. Christof Ostheimer vom Friedensforum Neumünster.

 

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