ungehaltener Redebeitrag für den geplanten Ostermarsch in Bruchköbel am 10. April 2020

 

Liebe Friedensfreund*innen, liebe Kolleg*innen, liebe Mitstreiter*innen,

ganz persönlich hatte ich mich über die Einladung zum Oster-Friedensmarsch nach Bruchköbel gefreut. Wollte ich doch als Vize des DGB Hessen - Thüringen in diesem Jahr endlich mal wieder im hessischen Teil unseres Bezirks, die Friedens- und Ostermarschbewegung auch ganz persönlich unterstützen. Nun kann ich das derzeit nur digital tun und mit ein paar geschriebenen Worten hier, zumindest die gute Idee des digitalen Ostermarsches bundesweit unterstützen. Für das Jahr 2021 wurde ich jetzt direkt wieder für Bruchköbel angefragt und werde dieser Einladung gerne folgen. Damit wir uns auch sehen und hören können. Etwas, dass sicherlich nicht nur ich, in den letzten Wochen vermisst habe und in den nächsten Wochen auch weiter vermissen werde. Aber der Schutz des Lebens unserer Mitmenschen und auch unseres eigenen Lebens hängt auch davon ab, dass wir derzeit zu Hause bleiben und uns an die sehr engen Vorgaben der Expert*innen halten. Der Schutz des Lebens und die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Darum geht es ja gerade uns, als Friedensbewegung im Besonderen. Wir wollen nicht, dass Menschen mit Waffen andere Menschen verletzen oder töten. Wir unterstützen deshalb den Appell des UN- Generalsekretärs Antonio Guterres, die Waffen überall auf der Welt ruhen zu lassen. 

Ich möchte angesichts dieses wichtigen Appells hinzufügen. Die Waffen nieder und miteinander reden, verhandeln und zivile Lösungen finden, das gilt nicht nur für die Zeit dieser Corona- Pandemie. Nein, die Waffen nieder und miteinander reden, dass muss die Losung für alle Zeiten und für die ganze Welt werden. Ich weiß, wie oft das schon gesagt wurde und ich weiß auch, wie müßig der Weg dorthin weiter sein wird. Aber wir dürfen nicht nachlassen. Es wurde oft ausgesprochen und ich zitiere es hier auch gerne wieder. Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Frieden ist der Weg. 

Der Krieg, liebe Mitstreiter*innen, ist bekanntlich der Vater der Armut. Zu beobachten derzeit in den, ja ich sage Lagern, in denen unter unwürdigsten und miesesten Bedingungen, Menschen eingesperrt sind, die geflohen sind vor Krieg und den aus der Gewaltspirale heftigen Folgen für ihre eigene Länder. Niemand verlässt einfach so und gerne seine Familie und sein gewohntes Umfeld. Nein, es ist der Krieg, der die Menschen fliehen lässt. Kriege, die immer noch mit deutschen Waffen und deutschem Geld für Elend und Not auf der gesamten Welt sorgen. Ich frage: 

Warum stecken wir immer noch Milliarden in die Aufrüstung, statt Milliarden in die Hand zu nehmen, um durch gezielte Aufbauhilfe auf der Welt Frieden zu schaffen? Warum investieren nicht alle Länder in ein globales Gesundheitsprogramm? Ich kenne die Antwort genauso gut wie ihr sie kennt. Es geht um so genannte geostrategische Interessen. Soweit so schlecht. Aber im Angesicht einer so krassen Pandemie, mit so fatalen Folgen für alle Lebensbereiche, die wir jetzt weltweit erleben müssen, wäre aus meiner Sicht das wichtigste geostrategische Ziel Nummer 1 aller Staaten, eine Welt aufzubauen, in der es nicht nur globale Lieferketten zur Kapitalakkumulation gibt, sondern globale Gesundheitsketten, die praktische Unterstützung unter den Ländern leisten kann. Das wird eine Menge Geld kosten. Bauen wir weniger Panzer. Investieren wir lieber in globale, direkt abrufbare Gesundheitsleistungen und unterstützen uns jeden Tag im Aufbau von Strukturen die Leben retten, anstatt Leben zu nehmen. 

Nun, da es ja ein Text ist der gelesen wird, will ich langsam zum Ende kommen. Es gäbe noch so Vieles und ich gehe davon aus, dass meine Mitredner*innen dieses Tages viele weitere wichtige und spannende Vorschläge machen werden. Ich mag noch einen kurzen Bogen in unseren eigenen Verantwortungsbereich machen. Als Deutscher Gewerkschaftsbund sind wir in vielen Netzwerken, mit unzähligen zivilgesellschaftlichen Projekten im Kampf gegen Rechts aktiv. Ich bereite gerade selber eine Videobotschaft für einen virtuellen Mahngang vor, der an die rechtsextremen Brandanschläge der 90 er Jahre u.a. auf die Synagoge auch in Erfurt, am 20. April 2000, erinnern soll. Seitdem gab es viele wichtige Programme. Vereine und Verbände wurden gegründet, erhalten staatliche und private Förderung und unterstützen die Zivilgesellschaft im Kampf für die liberale Demokratie. Ihr kennt alle selbst die Projekte und ich muss nicht betonen, dass dieses Auf- und Ab der Förderung endlich aufhören muss. Die durch nichts zu rechtfertigenden Angriffe auf unsere Freund*innen des VVN-BdA durch die Finanzämter hat unsere und auch meine enge Freundin Esther Bejarano deutlich in Worte gefasst und an Bundesfinanzminister Scholz gesendet „Das Haus brennt- und Sie sperren die Feuerwehr aus“. Dafür bin ich Esther unfassbar dankbar und scheinbar bewegt sich nun hoffentlich doch etwas. 

Gerade zum heutigen Ostermarsch will ich noch 2 Initiativen des DGB stark machen, die aus unserer Sicht wesentlich dazu beitragen können, die Menschen für die Unterstützung der liberalen Demokratie zu festigen. Ich schreibe diese exemplarisch auf und meine aber so Vieles mehr. 

Wir wollten den 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus in Hessen und Thüringen zum gesetzlichen Feiertag machen. Pandemie bedingt, wird uns das nirgends gelingen. Deshalb haben wir gemeinsam mit VVN - BdA und FIR und deutsch- russischer Freundesgesellschaft entschieden, diese Initiative für das Jahr 2021 wieder aufzugreifen und ich bitte die Herren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow in Thüringen, bei dem wir auf offene Ohren und Unterstützung gestoßen waren und den Ministerpräsidenten Volker Bouffier in Hessen, von dem es seit dem 27.1. keine Rückmeldung gab, um Unterstützung unseres Anliegens im Jahr 2021. 

Zu Guter letzt werden wir uns, angesichts einer Partei, die mit Lügen, falschen Behauptungen und vor allem rassistischen Ressentiments, Erfolge in einem Land feiert, die viele für unvorstellbar gehalten hatten, für eine Antirassismusklausel in den Landesverfassungen Hessens und Thüringens stark machen. 

Diese Antirasssismus- und Antifaschismusklausel soll diejenigen stärken, die egal auf welcher Ebene für Demokratie und Mitmenschlichkeit arbeiten. Wenn die hessische und thüringische Verfassung einen Passus hat, in der Antirassismus und Antifaschismus zum Ziel aller staatlichen Maßnahmen erklärt würde. Das würde so viele offene Fragen klären. Aufklärung über die Wirkung von Rassismus als Staatsziel. Das wäre doch mal was. 

Ich wünsche uns Frieden für und danke euch für die Unterstützung. 

 

Sandro Witt ist Leiter des DGB Landesbüros Thüringen und stellv. Vorsitzender des DGB Hessen - Thüringen 

 

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