Redebeitrag für die Veranstaltung zum Antikriegstag in Bielefeld am 1. September 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wir stehen hier, weil wir uns für den Frieden einsetzen, beharrlich und entschlossen.

Manche halten uns für naiv, aber wir lassen uns nicht beirren.

Wir stehen hier, weil wir sehen, dass unsere Welt sich in Unordnung befindet: Krieg in Syrien, Jemen und Afghanistan, in der Ostukraine, in Mali, Somalia und Südsudan und an vielen anderen Orten in der Welt und weil wir sehen, wie die Politiker in vielen Ländern nach Waffen und Aufrüstung rufen statt Kooperation gemeinsame Sicherheit, Abrüstung und Konfliktlösung voranzutreiben.

Politikwissenschaftliche Studien von Erica Chenowth und Maria Stephan haben inzwischen nachgewiesen, dass Gewaltfreiheit und gewaltfreie Kampagnen doppelt so wirksam sind wie bewaffnete Kämpfe zwischen den Konfliktparteien. Wir fordern deshalb an dem heutigen Antikriegstag, dem Gedenktag zum Beginn des zweiten Weltkriegs von unserer Regierung Umkehr im Denken und Handeln. Die deutsche Regierung muss Frieden und Sicherheit neu denken, vom Ziel des Friedens her, friedenslogisch.

Die Logik der Abschreckung mit Atomwaffen, die Drohung mit dem jederzeit möglichen Einsatz von Atomwaffen, auch hier, von deutschem Boden ausgehend, muss die deutsche Politik endlich überwinden.

Wir stehen hier, weil wir wissen, dass Atomwaffen keine Sicherheit bringen, wie uns die „Sicherheitsexperten“ suggerieren.

Wir stehen hier, weil wir wissen, dass Atomwaffen zerstören und vernichten. Ein auch nur regional geführter Atomkrieg vernichtet Menschen, Tiere, die gesamte Umwelt und erzeugt ein über mindestens 10 Jahre anhaltendes Absinken der durchschnittlichen Erdtemperatur, wo keine Ernten mehr gedeihen, wo wir Mensch und Tier verhungern.

Wir stehen hier, um unseren Politkern und Politikerinnen zu sagen, dass sich Friedens- und Sicherheitspolitik an uns Menschen, an der Bewahrung der Schöpfung orientieren muss. Nukleare Abschreckungsdoktrin zerstört. Und dagegen leisten wir Widerstand.

Wir gehen zu unseren Abgeordneten und fordern sie auf, sich für das Atomwaffenverbot einzusetzen. Wir sind hier in Bielefeld zu unseren Bürgermeister gegangen, damit er sich für uns Bürgerinnen und Bürger hier in Bielefeld für ein Atomwaffenverbot einsetzt. Dazu wurde im Juni 2018 ein Ratsbeschluss gefasst.

Wir sind in großer Sorge, weil alle Atomwaffenstaaten ihre Arsenale zurzeit modernisieren und Atomwaffen mit neuen Fähigkeiten entwickeln, um sie nutzbarer zu machen. Wir sind in Sorge, dass der INF-Vertrag zur Begrenzung der Mittelstrecken-Raketen aufgekündet wird, denn dann ist eine Stationierungswelle neuer Atomwaffen in Europa zu befürchten. Die Bundesregierung muss also handeln und den Atomwaffenverbotsvertrag unterschreiben.

Ein ungarischer Politikwissenschaftler sagte kürzlich auf der Tagung in Loccum: „Leider sehe ich zurzeit keinen politischen Willen für Abrüstung bei den Mächtigen. Abrüstung muss jedoch eingebettet sein in Entspannungspolitik!“

Denn kriegerische Konflikte zwischen zwei und mehr Kontrahenten, entstehen, wenn die Wirtschafts- und politische Elite im jeweiligen Land, ihre eigenen, nationalen Interessen immer zuerst durchsetzen wollen, gegen die anderen, koste es, was es wolle. Der Mensch, die Natur, die Schöpfung, spielt da keine Rolle. Ein Grund, warum Nationalismus so gefährlich ist.

Im Friedenslogisches Denken und Handeln ist die Gewalt das zu lösende Problem. Die alles zerstörende Vernichtungsgewalt der Atomwaffen ist das Problem, das überwunden werden muss, von dem aus Lösungen, die allen in der Gemeinschaft zugutekommen, entwickelt werden. Im sicherheitslogischen Denken hingegen, geht es um Erhaltung der absoluten Macht, die die Atomwaffen besitzenden Staaten innehaben. Die Atomwaffenstaaten haben Angst, dass ihr Machtmonopol erodiert.

Unser Motto aus der alten Friedensbewegung – Frieden schaffen ohne Waffen –ist nach wie vor gültig.

Wir brauchen keine Rüstungsexporte in die Konfliktländer des Nahen Ostens, keine Ertüchtigung der irakischen Armee, wie von der Bundesregierung beschlossen. Die kriegsgeschüttelten Länder des Nahen Ostens allen voran Syrien und der Irak brauchen Unterstützung beim Wiederaufbau und bei der Garantie und Durchsetzung der Menschenrechte für die dort lebenden Menschen. Die Länder brauchen Unterstützung für den Aufbau einer ständigen Konferenz für Sicherheit, Frieden und Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten.

Hinsichtlich des Atomwaffenverbots gibt es schon Erfolge: Der Vertrag wurde inzwischen von 59 Staaten unterzeichnet, er wir in Kraft treten, nachdem mindestens 50 Staaten ihn ratifiziert haben.

Unsere Kampagne, dass deutsche Banken mitverantwortlich sind bei der Finanzierung von Atomwaffen, zeigt erste Resonanz: 30 Finanzinstitute erklärten, kein Geld mehr in Firmen investieren zu wollen, die Atomwaffensysteme herstellen. Mitte Mai kündigte auch die Deutsche Bank an, aus dem Geschäft mit Atomwaffen aussteigen zu wollen.

Helfen Sie uns, unterstützen Sie uns, machen sie mit Ihrer Unterschrift dort am Stand.

 

Angelika Claußen ist aktiv bei der IPPNW Regionalgruppe Bielefeld/OWL.