Redebeitrag für die Veranstaltung zum Antikriegstag in Trier am 1. September 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 01.09., Redebeginn: ca. 13 Uhr -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

vielen Dank für die Einladung.

Ich freue mich, heute hier im Namen der Friedensgruppe Daun und für IPPNW sprechen zu dürfen. IPPNW ist die internationale Organisation der Ärzte gegen den Atomtod und für soziale Verantwortung.

Wir kämpfen mit Euch für eine Welt ohne Rassismus, für fairen Handel und für eine friedliche Welt ohne mörderische Drohnen und ohne Atomwaffen.

Atomwaffen wurden geschaffen, um innerhalb weniger Sekunden tausende von Mensch in Nichts aufzulösen.

Stellen wir uns vor, eine 100-Kilotonnen Atombombe wird zur Explosion gebracht:

Es dauert etwa 10 Sekunden, bis der Feuerball seinen maximalen Umfang erreicht.

In einem 3 km Radius wird alles Leben getötet. Gegenstände verschwinden.

Im 10 km Radius stirbt etwa die Hälfte der Mensche sofort.

Sie erliegen schwersten Verwundungen und Verbrennungen oder sterben an der Strahlenkrankheit.

Eine effektive humanitäre Hilfe ist nach einer Atomwaffenexplosion nirgendwo auf der Welt möglich.

Selbst die beste medizinische Infrastruktur ist den Folgen einer Atomwaffenexplosion nicht gewachsen:

Kommunikationssysteme und Transportsysteme, Feuerwehrausrüstung, Krankenhäuser und Apotheken sind nur noch Asche im Bereich der totalen Zerstörung.

Ärzte und Ärztinnen, Krankenpflegepersonal, Feuerwehrfrauen- und -männer, Katastrophenhelfer und -helferinnen sind tot oder schwer verletzt.

Viele leiden ebenfalls an der Strahlenkrankheit.

Das bedeutet, wer die Atomwaffenexplosion überlebt, ist sich selbst überlassen.

Wunden können nicht verbunden werden, Schmerzen können nicht gelindert werden,

Durst kann nicht gelöscht werden. Es gibt nichts zu essen.

Der Einzelne muss schwere Qualen erleiden.

Es ist keine Rettung möglich.

Notfallhelfer und -helferinnen, die von außen kämen, wären großen Strahlendosen ausgesetzt und bezahlten ihren Einsatz unweigerlich mit dem Leben.

Atomwaffentests

Auch, wenn kein einziger der über 10.000 atomaren Sprengköpfe weltweit zur Explosion kommt, töten Atomwaffen trotzdem. Man kann davon ausgehen, dass durch die oberirdischen Atomwaffentests, die von 1945 bis 1980 durchgeführt wurden, inzwischen 2,4 Millionen Menschen an Krebs gestorben sind. Die Tests wurden an über 60 Orten auf der Welt durchgeführt. Häufig lagen diese Testgelände auf dem Land von indigenen Völkern und Minderheiten weit weg von denen, die die Tests angeordnet haben. Es wurden ja keineswegs nur unbewohnte Gebiete ausgewählt; gewiss sind Euch die Marshallinseln aus diesem Grunde ein Begriff für ungerechtfertigtes Leid.

Schon unter Obama wurde in den USA entschieden, dass das nukleare Arsenal für viele Milliarden Dollar modernisiert werden soll. Modernisieren heißt in diesem Fall alte Waffen werden ausgemustert, um sie durch neue moderne und besser handhabbare Nuklearwaffen zu ersetzt. So soll es ja auch mit den 20 US-Atomwaffen in Büchel passieren. Für die Produktion der neuen einsatzfähigeren B61-12 Bomben sind im US-Haushalt 10 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Ann Sullentrop aus Kansas City war in diesem Sommer wieder in Büchel, um uns von dem wachsenden Widerstand gegen diese Produktion zu berichten.

Ja, es ist wahr. Die Atomwaffen töten längst bevor sie eingesetzt werden.

Uranabbau

Uran wird weltweit im Tagebau oder in unterirdischen Bergwerken zu 99% als Uran 238 abgebaut. Für den Bau nuklearer Waffen werden aber Uran - 235 und Plutonium gebraucht. Das Uran- 235 entsteht durch industrielle Anreicherung. Das Plutonium ist ein Nebenprodukt der Kernspaltung in Atomreaktoren.

Wie Ihr wisst, hängen militärische Atomprogramme und die zivile Nutzung der Kernenergie eng zusammen.

Mehr als 70% des Urans weltweit wird auf dem Land von indigenen Völkern abgebaut. Große Mengen von Aufbereitungsrückständen verursachen eine dauerhafte radioaktive und chemische Verschmutzung der Umgebung. Im Norden von Kanada gibt es die wohl größten und höchst konzentrierten Uranvorkommen auf der Welt. Die erste Mine auf dem Gebiet der kanadischen Indigenen, der Dene, der Metis, der Cree und der Settler wurde 1953 in Betrieb genommen. Die unmittelbaren gesundheitlichen Folgen tragen die Bergarbeiter selbst. Untersuchungen an Uranminenarbeiter dort zeigen, dass die Bergarbeiter bis zu 30% häufiger an Lungenkrebs erkrankten als die übrige Bevölkerung in Kanada.

Neben den Bergleuten sind aber auch die Anwohner der Minen betroffen. Uranerz wird zum Urankonzentrat "Yellowcake" weiterverarbeitet.

Für eine Tonne "Yellowcake" werden 1000 Tonnen radioaktiver Müll produziert. Darin sind Radon, Radium, Polonium und Thorium enthalten. Dies verbleibende Material wird auf Abraumhalden gelagert oder in Sammelbecken geleitet. Wie wir wissen ist Radongas ein Hauptverursacher von Lungenkrebs.

In der DDR hatte die Urangewinnung für sowjetische Atomwaffen Tausende von Krebsfällen zur Folge. Eine Studie aus dem Jahr 2009, die Wild und Kulturpflanzen aus der unmittelbaren Umgebung der Abraumdeponien der Wismut untersuchte, fand eine 8-fach erhöhte Urankonzentration.

Im Jahre 1979 kam es zur größten Atommüllkatastrophe der USA. In New Mexiko barst der Damm eines Atommüllschlammbeckens und die festen und flüssigen radioaktiven Rückstände traten aus. Sie wurden ins Grundwasser und die Flüsse geschwemmt. Bereinigen kann man solche Verseuchungen nicht wirklich. Uran 238 hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren.

Uran, ein Schwermetall hat bereits in niedrigen Dosen eine toxische Wirkung auf den menschlichen Organismus. Vor allem schädigt es die Nieren. Die Nieren sind unentbehrlich bei der Entgiftung des Körpers, bei der Regelung des Salz- und des Zuckerhaushaltes, bei der Regulation des Blutdrucks und bei Produktion von Hormonen. Außerdem produzieren Uran und seine Zerfallsprodukte Strahlen in Form von Gamma-Wellen oder Alpha- und Betateilchenstrahlung. Das Einatmen dieser Alphateilchen führt beim Menschen zu Lungenkrebs. Die Aufnahme mit der Nahrung führt zu Krebs z.B. im Knochengewebe und in den Nasennebenhöhlen. Zudem kann Leukämie ausgelöst werden, bei Kindern schon mit einer kurzen Latenzzeit von nur 5 Jahren. Uran führt auch zu genetischen Schäden. Dieser Schaden wird sowohl durch seine chemischen als auch durch seine radiologischen Eigenschaften ausgelöst.

Mehr als andere Strahlungsarten verursachen Alpha-Partikel irreparable DNA-Brüche die nicht nur für Krebs sondern auch für Erbkrankheiten und für die Schädigung der Kinder im Mutterleib verantwortlich sind. Es entstehen geistige Behinderungen und Fehlbildungen wie offener Rücken und Organmissbildungen.

Uranerze werden auf allen Kontinenten gewonnen, unter besonders brutalen Bedingungen in Indien, Niger, Namibia und Südafrika.

In Australien wurden die Minen 1989 nach langen und harten Protesten der Aborigines geschlossen.

Ihre Aktionen fanden weltweite Unterstützung. Ein wichtiger Teil des Kampfes war eine 8-Monatige friedliche Blockade mit 5.000 Menschen.

ALSO: WIDERSTAND IST MÖGLICH! BETEILIGT EUCH!

Sich mit solchen Waffen gegenseitig zu bedrohen, bietet den Menschen keinen Schutz.

Diese Behauptung ist eine Lüge.

Die Völker der Welt wollen sich nicht länger bedrohen lassen

122 Staaten haben vor fast genau einem Jahr, am 07.07.2017

in der UNO-Vollversammlung den Atomwaffenverbotsvertrag beschlossen.

Es ist falsch, wenn die Bundesregierung, wie zuletzt Außenminister Heiko Maas -SPD - in seiner Grundsatzrede bei der Friedrich Ebert Stiftung, sagt, der Atomwaffenverbotsvertrag schade der Abrüstung. Ebenso falsch ist seine Aussage, dass der Verbotsvertrag die Kontrollmechanismen im bestehenden Atomwaffensperrvertrag schwäche.

Der Atomwaffenverbotsvertrag untergräbt die augenblicklichen Abrüstungsverträge nicht. Er hebt sie auf eine neue Stufe:

Verhandlungen auf Augenhöhe und schrittweise Abrüstung unter gegenseitiger Information und Kontrolle sind im Detail ausgearbeitet. Kein alter Abrüstungsvertrag wird aufgegeben.

Macht- und Einflusserhalt treibt die Atomwaffenbesitzenden an.

Deshalb wollen sie dem Atomwaffenverbotsvertrag nicht zustimmen.

Der wirkliche Gewinner ist die Rüstungsindustrie.

Atomare Waffen hier und weltweit müssen verschrottet werden!

Wie ich vorhin schon berichtet habe: auf dem Fliegerhorst in Büchel in Rheinlandpfalz lagern

20 US-Atomwaffen. Sie haben eine Sprengkraft von über 2 Megatonnen.

Das ist weit mehr an Sprengkraft als in dem Beispiel, dass ich vorhin in seinen verheerenden Auswirkungen beschrieben habe!

Im Ernstfall werden deutsche Piloten in deutschen Tornadoflugzeugen diese Waffen zum Einsatz bringen.

Die nukleare Teilhabe, die die deutsche Regierung mit den NATO-Partnern verabredet hat, bedeutet Teilhabe an der völkerrechtswidrigen Drohung mit Massenvernichtungswaffen.

Wir wollen, dass Deutschland bei den Bemühungen um Abrüstung vorangeht unter den NATO-Ländern. Eine atomwaffenfreie Welt im Mund führen reicht nicht!

Deutschland muss dem Verbotsvertrag beitreten!

Eine NATO, die massiv aufrüstet, auf Drohungen baut und Angriffskriege führt, brauchen wir nicht.

Was wir brauchen, sind neue diplomatische Wege zur Abrüstung unter Einschluss von Russland.

Egal in welcher Hand USA, Nordkorea, Indien, Pakistan, England, Frankreich, Israel oder Russland,

Atomwaffen sind eine existentielle Gefahr für uns alle.

Erinnert Euch nur an die verschiedenen Beinaheunfälle, während des Kalten Krieges und denkt an die unsäglichen Trumps dieser Welt, die die Finger am roten Knopf haben!

Nun liegt es an uns allen, dass der Verbotsvertrag auch zum Tragen kommt.

Macht mit! Setzt die Bundesregierung lautstark unter Druck!

Abzug der Atomwaffen aus Büchel!

Verbot der Atomwaffen!

Abrüsten statt Aufrüsten!

 

Dr. Hildegard Slabik-Münter ist aktiv bei der IPPNW.