Moderation der Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2021 in Esslingen

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, liebe Esslinger Bürgerinnen und Bürger,

bei seiner Reichstagsrede zum Kriegsbeginn am 01.September 1939 donnert Adolf Hitler immer wieder frenetischer Applaus entgegen. Er rechtfertigt den Überfall auf Polen mit einem angeblichen polnischen Angriff auf den deutschen Sender Gleiwitz in Schlesien. Tatsächlich aber hatte die deutsche SS den Angriff als Polen getarnt durchgeführt und eine Leiche zurückgelassen. Mit dieser bewussten Falschinformation – heute würde man sagen fake news – rechtfertigte Hitler den Angriff auf Polen. Noch vor der offiziellen Kriegserklärung marschierten deutsche Truppen in Polen ein. Dieser Angriff war schon seit längerem geplant. Mit dem anschließendem 2. Weltkrieg brachte Deutschland zum zweiten Mal in wenigen Jahren ungeheures Leid und Tod über 55 Millionen Menschen. Die Sowjetunion brachten die meisten Menschenopfer.

Ich möchte Sie/Euch im Namen des Esslinger Friedensbündnisses und dem DGB-Kreisverband Esslingen-Göppingen recht herzlich zu unserer Antikriegstagsveranstaltung begrüßen. Wir haben den Titel gewählt: „Wir übernehmen Verantwortung: Abrüsten für den Frieden, für das Klima und für die Menschen“

Unser besonderer Dank gilt Carolin Daub, die uns soeben musikalisch auf diese Veranstaltung eingestimmt hat und uns weiter begleiten wird. Ich begrüße auch unseren Hauptredner Odilo Metzler von Pax Christi.

Unsere Welt erlebt ein Desaster. Die Welt ist im Ausnahmezustand. Die Ausbreitung des Covid Virus hat Widersprüche, die schon länger vorhanden waren, an die Oberfläche gespült. Das Desaster kommt in einer Phase, in der Klimakrise und die atomare Hochrüstung ebenfalls die Menschheit bedrohen. In einer Phase, in der Arbeit weltweit prekär geworden ist und so weit abgewertet, dass Menschen trotz Arbeit arm sind. Im Schatten der Corona-Krise stehen Klima-Krise, Hunger, Armut, wachsende Ungleichheit und menschliches Leid durch Gewalt und Krieg. So klar müssen wir die gegenwärtige Zeit benennen.

Wir treffen uns heute hier nicht nur, weil wir an den Beginn des 2. Weltkriegs erinnern wollen, sondern weil wir dringend Veränderung brauchen. Wir brauchen Sicherheit für die Menschen, Sicherheit, damit wir alle auf dieser Erde gesund und in Frieden, mit guter Arbeit, in einer guten Umwelt ein gutes Leben führen können.

Wir treffen uns hier, weil wir zwischen den Gefahren der Pandemie, der Klimakrise und der Aufrüstung Zusammenhänge sehen. Und weil wir den Bedrohungen trotzen wollen, indem wir aktiv werden. Nur das ist unsere Chance in diesen Krisen.

„Wir müssen in Sicherheit investieren“, das erklärt uns unsere Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer. Aber sie meint natürlich militärische Sicherheit. Wohin das führt, haben wir mehr als deutlich in den letzten Tagen gesehen. Entsetzt wird von den großen Meinungsmachern und Politikern gefragt: Wie konnte es zu diesem unrühmlichen Ende in Afghanistan kommen? Ja, es wird  von einem historischen Debakel und einer fatalen Fehleinschätzung gesprochen. Das Bundesinnenministerium will keine Verantwortung übernehmen, das Außenministerium nicht, der Bundesnachrichtendient nicht. Wie erbärmlich ist das denn? Hoffentlich hagelt es noch mehr Kritik an die Verantwortlichen! Hoffentlich werden wirklich Lehren aus dem afghanischen Desaster gezogen! Haben nicht nur die Friedensbewegung und viele andere Menschen immer wieder gewarnt: „Eine militärische und interventionistische Politik sichert keinen Frieden! Kriege und Besatzung haben noch nie Sicherheit gebracht!“? Was gerade in Afghanistan geschieht, ist aber viel zu furchtbar, um sich darüber zu freuen, dass wir Recht hatten. Nachdem so oft gefordert wurde, wir müssten unsere außenpolitischen Positionen überdenken, sagen wir: „Jetzt sind erst mal andere dran mit dem Überdenken der militärischen Sicherheitsdoktrin! Der Einsatz in Mali ist doch genauso zum Scheitern verurteilt! Rund 40 % der insgesamt 2 Billionen (!) US-Dollar, die Washington diese Intervention gekostet hat, sind in die Taschen korrupter Politiker, Beamter, Warlords oder regionaler Milizen geflossen. Nicht etwa in den Aufbau demokratischer Verhältnisse oder des Schul- und Gesundheitssystems, wie man uns weismachen wollte. Warum sollte also ein afghanischer Soldat für 50-60 Euro Monatssalär sein Leben für eine ebenso korrupte wie unfähige Regierung riskieren?

WIR haben schon immer Verantwortung übernommen, indem wir gewarnt haben. Es gibt auch Optionen für Alternativen. Das zeigen friedliche politische Lösungen von Krisen. Das zeigt uns das Pariser Klimaschutzabkommen. Das zeigen die Abrüstungsabkommen der letzten Jahrzehnte. Das zeigt der Atomwaffenverbotsvertrag, dessen Unterzeichnung wir von der Bundesregierung fordern. Das zeigt die Einsetzung der Projektgruppe der SPD zur Debatte um Drohnenbewaffnung. Es sind Dialoge und Verhandlungen, die zu Vereinbarungen von notwendigen Krisenlösungen und Verträgen führen. Auch wir als Gewerkschaften wissen vom Wert von Dialogen und Verhandlungen. Und nur Verhandlungen führen zu Sicherheit, Konfliktbeilegung und Frieden.

Ich darf nun unseren Hauptredner der heutigen Veranstaltung Odilo Metzler von Pax Christi begrüßen

Rede Odilo

Lieber Odilo, ich danke Dir für Deine informativen, mutmachenden und aufrüttelnden Worte.

Musikstück Carolin Daub

Beim NATO-Gipfel in Wales definierten die Nato-Staaten als Ziel für ihre zukünftige Militärpolitik die Höhe der Rüstungsausgaben innerhalb von 10 Jahren auf 2% des Bruttosozialprodukts anzuzielen. Der deutsche Verteidigungshaushalt ist von 36 Mrd. € im Jahr 2017 auf 46,9 Mrd. € im Jahr 2021 angestiegen. Das 2 %-Ziel der Bundesregierung würde für das Jahr 2030  85 Mrd € bedeuten. Wir sagen: Prozentvorgaben wie in der Abschlusserklärung von Wales sind eine politische Willenserklärung. Sie enthalten jedoch keine bindende Verpflichtung der Mitgliedsstaaten. Das bestätigt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages.

Deswegen möchten wir heute den aufgeblähten Rüstungshaushalt symbolisch platzen lassen. Ich benötige jetzt 5 Leute, die den aufgeblähten Rüstungshaushalt in Form von Bomben aus Luftballons fest in der Hand halten.

Leute kommen vor.

Jetzt benötige ich noch eine/n Mutigen, der mit einer Stricknadel den Rüstungshaushalt platzen lässt.

Foto, Foto, Foto (Peter Schadt)

Und das ist unsere Alternative, die wir besprochen und die Hanna Maier Gschwend auf das Transparent gebannt hat. Danke, Hanna!

Ich zeige auf das Transparent..

Ich darf nun einen Vertreter des DGB und eine Vertreterin des Friedensbündnisses bitten, den Kranz in der Nikolauskapelle niederzulegen, die den Opfern der Krieges 1933-45 gewidmet ist. Währenddessen wird Carolin Daub uns musikalisch begleiten

Kranzniederlegung und Musik Carolin Daub

Am 26. September ist Bundestagswahl. Wir bitten Euch, die Partei zu wählen, die uneingeschränkt für Abrüstung eintritt. Ihr habt die Gelegenheit, am Montag, den   13. 9. zu einer Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidat/Innen, die das Friedensbündnis in Zusammenarbeit mit ……… um 19.00 Uhr im Salemer Pfleghof veranstaltet, zu kommen, um Euch ein Bild zu machen. Weiteres Material liegt auf unserem Infotisch aus.

Ich bitte Euch auch darum, das Spendenkörbchen zu beachten. Unsere Arbeit kostet Geld. Auf unserem Tisch liegen auch Postkarten aus, die Ihr an Bundestagsabgeordnete schicken könnt. Am 24. September ist auch Klimaktionstag in Esslingen. Kommt zuhauf!

Danke für Euer Kommen. Ich wünsche Euch einen guten Nachhauseweg. Die Veranstaltung ist damit geschlossen.

 

Sigrid Altherr-König ist aktiv beim Friedensbündnis Esslingen.