Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 31. August 2024 in Köln

 

- Es gilt das gesprochene Wort! -

 

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

Ich komme Aus Frankreich und bin Friedensaktivist im französischen Mouvement de la Paix und ich freue mich sehr, hier mit euch allen in Köln zu sein, um euch den solidarischen Gruss der französischen Pazifisten zu überbringen, Ich danke dem Kölner Friedensforum für die Einladung und für die Gelegenheit, euch unsere volle Ünterstützung für eure Forderungen auszudrücken.

Denn der Kampf für den Frieden hat natürlich eine internationale Dimension und muss auch international geführt werden. Wie in Deutschland sind wir in Frankreich und in ganz Europa mit der gleichen Welle der Kriegstreiberei konfrontiert, die sich innerhalb der Europäischen Union in Übereinstimmung mit den Anforderungen der NATO ausbreitet.

Gerade heute, am 1. September, der im Jahre 1939 den Beginn des schrecklichsten Krieges in der Geschichte der Menschheit markierte, dürfen wir nicht zu vergessen, was Krieg für die Menschen bedeutet, die ihn erleiden. Die Vereinten Nationen verzeichnen weltweit etwa 60 Konflikte, die höchste Zahl seit 1946, mit der Rekordzahl von 120 Millionen zwangsvertriebenen Menschen.

Wir denken dabei zuerst an den Krieg in der Ukraine und den Krieg in Gaza : wir können sehen, was die tragische Realität des Krieges ist. Denken wir an die etwa 40.000 Toten in Gaza und die 10.000 Vermissten, von denen 70% Frauen und Kinder sind. Denken wir an die Tausenden von ukrainischen und russischen Soldaten, die im Konflikt in der Ukraine gefallen sind, an all die Zivilisten, die unter den Bombenangriffen und in den Trümmern gestorben sind! Denken wir an die zerstörten Städte und Viertel in Gaza und in der Ukraine, in denen es unmöglich ist, zu leben, denken wir an die Bewohner, die dazu verurteilt sind, in den Ruinen umherzuirren! In Gaza verhungert die Bevölkerung !

Aber leider werden viele andere Konflikte vergessen oder ignoriert: Im Afrika der Großen Seen, im Südsudan, in Südostasien; in ganzen Regionen herrschen Elend und Chaos infolge der militärischen Interventionen der Großmächte in Afghanistan, im Irak, im Nahen Osten, in Lybien und in Mali.

Wenn man an all die Opfer der vielen Konflikte denkt, kann man nur sagen: GENUG DER KRIEGE ! DIE WAFFEN NIEDER!  RETTEN WIR MENSCHENLEBEN!

Es ist dringend notwendig, all diesen Dramen ein Ende zu setzen. Deshalb fordern wir unermüdlich eine Feuerpause in allen Konflikten. Stoppt die Zerstörung von ganzen Gebieten! FEUERPAUSE JETZT in GAZA  und in der UKRAINE! FEUERPAUSE in allen Konflikten !

Wir leben in einer entscheidenden Phase: Entweder werden uns die Kriegskräfte in eine Spirale in Richtung eines dritten, möglicherweise nuklearen Weltkriegs treiben, oder die Friedenskräfte werden es schaffen, politische und diplomatische Lösungen zu erzwingen. Um dies zu erreichen, rufen wir zur Entstehung einer internationalen Friedenskoalition auf, die in der Lage ist, die öffentliche Meinung zu mobilisieren, sowie spirituelle Kräfte nach dem Vorbild von Papst Franziskus, internationale Institutionen mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres und auch viele Länder, die entschlossen sind, für den Frieden zu handeln, insbesondere die Länder des globalen Südens wie Brasilien, Mexiko oder Südafrika.

 Kollektives Handeln ist entscheidend, um den Herausforderungen der globalen Erwärmung und der Überbewaffnung und Militarisierung zu begegnen, die die Existenz aller Bewohner unseres Planeten, gefährden. Diese Herausforderungen können nicht bewältigt werden, indem man weiterhin auf Krieg und Gewaltanwendung setzt, die niemals zu einer Lösung führen. Es muss eine neue Art der Existenz zwischen den Völkern durchgesetzt werden, aber auch eine neue Wirtschaftsordnung, eine andere Verteilung des Reichtums, eine neue Art der Entwicklung und des Konsums.

Es ist unsere Aufgabe als Friedensbewegung, all diese Fragen zu stellen, um die öffentliche Meinung zu überzeugen und die Regierungen zu einer Änderung ihrer Politik zu zwingen. In Frankreich wie in Deutschland würden wir uns wünschen, dass unsere Länder sich mit starken Initiativen für eine Friedenspolitik der Europäischen Union einsetzen. Leider sind wir davon weit entfernt.

Stattdessen zeichnet sich der französische Präsident Macron durch immer kriegerischere Erklärungen aus; er geht sogar so weit, dass er vorschlägt, französische Truppen auf das Schlachtfeld zu schicken. Macron gehört zu den unverantwortlichen Kriegstreibern, die zur Eskalation beitragen. Frankreich hat seine Waffenverkäufe gesteigert (Frankreich ist nach den USA zum zweitgrößten Waffenhändler der Welt geworden), Frankreich intensiviert sein Engagement in der NATO und schliesst nicht aus, direkt in der Ukraine einzugreifen. Schließlich hat Macron das Budget für die Landesverteidigung in unserem Land erheblich aufgestockt, und zwar auf Kosten der Sozialpolitik. Macron spricht ständig von Kriegswirtschaft und Aufrüstung und setzt sich aktiv für die Militarisierung der Europäischen Union ein. Dazu kommt jetzt, dass er alles tut, um die Bildung einer Regierung zu verhindern, die einen anderen Kurs einschlagen würde, wobei er nicht davor zurückschreckt, die parlamentarische Demokratie zu unterlaufen, wie er es seit zwei Monaten tut.

 

Liebe Freunde!

Wir müssen den Menschen in Europa bewusst machen, dass die Bedrohung eines Dritten Weltkriegs gefährlich zunimmt. Wir erleben die Militarisierung der internationalen Beziehungen und die Rückkehr der Blockpolitik, Abrüstungsverträge laufen aus und werden nicht verlängert, die Gefahr eines Atomkriegs kehrt mit der Stationierung von Mittelstreckenraketen nach Europa zurück. Die Europäische Union steht unter dem Einfluss der NATO, die sich globalisiert, um die westliche Hegemonie über den gesamten Planeten zu sichern, und die  ihre Feinde definiert, China und Russsland, die sie als „systemische Rivalen“ bezeichnet. Die NATO schützt uns nicht, die NATO treibt den Krieg voran, die NATO destabilisiert die internationalen Beziehungen, die NATO ist ein Unsicherheitsfaktor.

In Frankreich war die NATO nie beliebt, da sie in erster Linie den Interessen der USA dient und keine diplomatische oder politische Autonomie ihrer Mitgliedsstaaten duldet. Wir fordern, dass Frankreich wie 1966 aus dem integrierten NATO-Kommando austritt und dass dieses aggressive Militärbündnis langfristig aufgelöst wird. Wir wollen die NATO durch ein System kollektiver Sicherheit ersetzen, das alle Länder Europas einschließt, und so das „gemeinsame europäische Haus“ verwirklicht, von dem Mickaêl Gorbatschow gesprochen hat.

Um eine Friedenspolitik zu betreiben, empfehlen die Pazifisten der ganzen Welt, dass die Staaten die folgenden Positionen einnehmen:

  • Rückkehr zu den Grundlagen der Charta der Vereinten Nationen, Rehabilitierung und Einhaltung des Völkerrechts ohne Doppelstandards, Ersetzung des Rechts der Stärke durch die Stärke des Rechts.
  • Den Multilateralismus und die internationale Zusammenarbeit rehabilitieren, die SDGs in den Mittelpunkt der internationalen politischen Agenda stellen und die eingegangenen Verpflichtungen umsetzen. Der UN-Zukunftsgipfel im September 2024 wird eine weitere Gelegenheit bieten, die politischen Entscheidungsträger herauszufordern, auch wenn es für die Zivilgesellschaft sehr schwer sein wird, sich Gehör zu verschaffen. Aber wir dürfen nicht resignieren!

Wir wissen ja, dass die einzige wirkliche Garantie, Fortschritte für den Frieden zu erzielen, darin besteht, das Friedenslager auf internationaler Ebene zu stärken. Denn es gibt viele Friedenskräfte auf der Welt, aber sie bleiben zu verstreut und bilden keine globale Bewegung, die sichtbar genug ist, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen. Wir glauben an die Kraft der öffentlichen Meinung und wünschen uns, dass die politischen Kräfte in diesem Sinne handeln. Heute stellen wir große Fortschritte im Bewusstsein für die beiden existenziellen Herausforderungen fest, die den Planeten bedrohen: die Gefahr eines dritten Weltkriegs, der in einen Atomkrieg mündet, und die Gefahr der globalen Erwärmung. Es ist notwendig und möglich, das Risiko eines Krieges abzuwenden, um dem zweiten Risiko begegnen zu können. Dazu sind erhebliche Mittel erforderlich, die heute in Waffen und Kriegen versenkt werden.

 

Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,

Vieles wird von unseren Mobilisierungen abhängen. Ich weiss, dass eine Grossdemonstration am 3. Oktober stattfinden soll. Ich begrüsse es, denn wir müssen mehr tun, größer, stärker. Wir müssen uns weiterhin an das Gewissen der Menschen wenden: Wir müssen die militaristischen Illusionen anprangern, den wir wissen:  Krieg ist keine Lösung.

Um  eine lebenswerte und nachhaltige Welt zu gestalten, gibt es KEINEN ANDEREN WEG ALS DEN FRIEDEN!

Bleiben wir vereint und solidarisch in allen Ländern Europas.

BAS LES ARMES ! DIE WAFFEN NIEDER !

NON A LA GUERRE ! NEIN ZUM KRIEG !

Vielen Dank.

 

Alain Rouy ist aktive bei der französischen Organisation "Le Mouvement de la Paix".