FF2009-3


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 Initiativen

Eugen Drewermann rügt Kirchentag

Thema Frieden nur am Rande

Ekkehard Lentz

Ein Kirchenchor sang noch fromme Lieder, als sich die Teilnehmer für die Demonstration "Für eine deutsche Friedenspolitik" während des 32. Evangelischen Kirchentages auf dem Ziegenmarkt im Bremer Steintorviertel sammelten. Ekkehard Lentz begrüßte im Namen des Bremer Friedensforums und der DFG-VK Bremen die Teilnehmer. Sabine Klein vom "Bremer Bündnis gegen Frontex" gab ein kurzes Statement ab über die jüngeren Entwicklungen auf dem Gebiet der Grenzsicherheit und der Flüchtlingsabwehr. Und das sehr viel von dieser "Sicherheitstechnik" von Bremer Unternehmen entwickelt und produziert wird. Rechtzeitig zum Kirchentag hatten fünf Bremer Gruppen eine neue Dokumentation zum "Rüstungsstandort Bremen" herausgegeben, die auf dem "Markt der Möglichkeiten" und bei verschiedenen Veranstaltungen angeboten wurde. Sie steht zum Download auf www.bremerfriedensforum.de/pdf/ruestungsstandort_bremen_broschuere2009.pdf

Immer mehr Menschen reihten sich auf der Route durch die Bremer Innenstadt in den Demonstrationszug ein. Auf dem Hillmannplatz (kein "klassischer" Kundgebungsort in der Hansestadt) versammelten sich mehr als 1000 Teilnehmer. Barbara Heller vom Bremer Friedensforum begrüßte den Hauptredner des Tages: Eugen Drewermann.

"Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens!" Die Begrüßung, die der Theologe und Publizist Eugen Drewermann seiner Rede vorangestellt hatte, betonte gleich das Thema: Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr - stattdessen Abrüstung und aktive Friedenspolitik. Drewermann: "Krieg ist keine Option, er ist ein Verbrechen."

In seiner eindringlichen Rede schilderte Drewermann die Schrecken der letzten Kriege und die Methoden der öffentlichen Meinungsmache, durch die die deutsche Bevölkerung darauf vorbereitet und über die wahren Gründe permanent belogen worden wäre. Bewegend auch seine psychologischen Überlegungen: gerade durch die High-Tech-Methoden der digitalen Steuerung von todbringenden und ferngelenkten Waffen werde die Hemmschwelle, die an sich jeder Mensch hat, bevor er Gewalt anwendet, immer mehr reduziert. Der militärische Drill und die ideologische Gehirnwäsche ("Krieg gegen den Terror, Krieg gegen das Böse") tun ihr Übriges, um die Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung, wie nie zuvor, schreckliche Wahrheit werden zu lassen.

Viele Kirchentagsteilnehmer blieben während der Kundgebung stehen und hörten Drewermann aufmerksam zu. Dass auf dem Kirchentag von den Organisatoren der Militärseelsorge ein viel größerer Platz eingeräumt worden war als der Friedenspolitik - das war für den Theologen Drewermann eine besonders beklagenswerte Tatsache. Drewermann, dem die katholischen Kirche Anfang der 90er Jahre die Lehrerlaubnis entzog, kritisierte, dass das Thema Frieden auf dem Kirchentag eine Rolle nur am Rande spielte. Krieg sei "nie Wille Gottes". Es sei auch "nicht hinzunehmen, dass auf dem Kirchentag die Bundeswehr mit einer Reklame-Veranstaltung" werben könne.

In der Tat hatte am ersten Tag des Kirchentages die Bundeswehr mit fünf LKW in Tarnfarben samt Bewachungspersonal - darunter bewaffnete Feldjäger - auf der zentralen Bühne auf dem Marktplatz mit der Bigband und großen Plakaten "Karriere-Chance Bundeswehr" auf sich aufmerksam machen dürfen. "Ich bin fassungslos", meinte dazu der Bremer Künstler Joachim Fischer, der die Friedensdemo mit organisierte: "Dass sich der Kirchentag als Rekrutierungsveranstaltung von der Bundeswehr instrumentalisieren ließ und ich da plötzlich bewaffneten Soldaten gegenüberstehen musste, ist für mich auch im Nachhinein unglaublich."



Ekkehard Lentz, * 1955, ist Mitbegründer und Sprecher des Bremer Friedensforums, arbeitet hauptberuflich als Erzieher in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, nahm 1979 als Friedensbewegter zum ersten Mal an einem Kirchentag in Nürnberg teil und protestierte seinerzeit wie auch bei den weiteren Kirchentagen in Hamburg und Hannover gegen die drohende Stationierung von Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik.



E-Mail: ekkehard (Punkt) lentz (at) gmx (Punkt) de
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