Kommentar

1 Million Rote Hände gegen den Missbrauch von Kindersoldaten

von Friederike Weigelt

Am 12. Februar 2002 wurde das Zusatzprotokoll der UN–Kinderrechtskonvention verabschiedet, wonach der Missbrauch von Kindern unter 18 Jahren als Soldaten verboten ist. Über 120 Regierungen haben dieses „Kindersoldaten-Zusatzprotokoll“ bisher ratifiziert, ein wichtiger Erfolg zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten. Dennoch gibt es weltweit schätzungsweise 250.000 Kindersoldaten – eine erschreckend hohe Zahl. Gegen diesen Missbrauch von Kindern protestiert die weltweite Aktion Rote Hand.

Es ist warm, Kinder lachen, afrikanische Trommelschläge dröhnen. Die rote Fingerfarbe leuchtet in der Sonne. Mit kleinen Farbrollen wird sie auf  eine Hand nach der anderen aufgetragen. Ein Mädchen drückt seine rote Hand auf ein Blatt Papier, sie löst sich nur langsam ab. Der Abdruck bleibt – noch eine rote Hand als Protest gegen das Blut an den Händen von Kindern, die als Soldaten missbraucht werden. Dazu kommen mit Filzstift ihr Name, ihre Stadt und eine Botschaft an die Politiker. Es werden immer mehr rote Hände, eine Million sollen es werden.

Selbstgebackene rote Hände
Auch Lea und Rosalie, zwei zehnjährige Mädchen aus Greven bei Münster, haben schon mitgemacht. Sie erfuhren aus einer Zeitschrift von den Grausamkeiten, die eine Kindersoldatin erfahren hatte. „Die werden im Krieg in die erste Reihe gestellt. Weil alle denken, dass Kinder nicht so wichtig sind.“ Deswegen entschlossen sie sich, in der Fußgängerzone ihrer Stadt Passanten um ihre roten Hände zu bitten.

Am „Red Hand Day“ 2008 haben ganze Städte gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten protestiert. In Heidelberg haben Schüler in mehreren Schulen eine dreiwöchige Aktion zum Thema Kindersoldaten durchgeführt. Im Vorfeld hatten sie sich mit Mitarbeitern des Heidelberger Max–Planck-Instituts für Völkerrecht zusammengesetzt, um sich über die Problematik Kindersoldaten zu informieren. Am „Red Hand Day“ selbst wurden in der ganzen Stadt Stände aufgestellt, über 1000 rote Hände wurden gesammelt.

In Los Angeles, Kalifornien, wurde der „Red Hand Day“ zum offiziellen Gedenktag der Stadt erklärt. Schüler einer Highschool machten mit Fotos auf das Thema Kindersoldaten aufmerksam, verteilten selbst gebackene rote Hände und informierten ihre Klassenkameraden darüber, wie die Rechte von Kindern, die als Soldaten dienen müssen, verletzt werden. Bei der Aktion kamen 531 rote Hände zusammen.

Auch in anderen Ländern der Welt wie Kolumbien oder Kongo gab es schon Rote-Hand-Aktionen, viele weitere sind geplant (Fotos und Informationen dazu unter www.redhandday.org).

Aktionen bei Musikfestivals, Feuerwehr und Unternehmen
Alleine in Deutschland gab es bisher hunderte von Rote Hand-Aktionen, unter anderem bei Musikfestivals wie dem Mamallapurama-Festival in Brandenburg, bei Hiphop-Konzerten von Sammy Deluxe und Genda, beim Katholikentag in Osnabrück, am Antikriegstag oder bei Sommer- und Schulfesten. So hat die Mozartschule in Aschaffenburg-Obernau auf ihrem Schulfest und in mehreren Klassen während des Unterrichts etwa 1.400 rote Hände gesammelt – das ist der Rekord für eine einzelne Schule! Bisher haben sich schon über hundert deutsche Schulen beteiligt, viele weitere haben Rote-Hand-Aktionen geplant.

Das Pfalzinstitut für Hörsprachbehinderte in Frankenthal hat am „Red Hand Day“ 2008 einen Protestmarsch organisiert: Schüler trugen rote Hände und Transparente und machten Musik, an Infoständen konnte man seinen roten Handabdruck abgeben, es wurden selbst gebackene rote Hände verteilt. (Ein Video der Aktion wird unter www.youtube.de präsentiert).

Jugendliche Feuerwehrleute aus Messingen im Emsland sammelten bei einem Zeltlager hunderte von roten Händen. Ihre Aktion wurde in der Kinderkanalsendung „Platz für Helden“ vorgestellt. (Der zweiminütige Film ist im Internet unter www.platz-fuer-helden.de zu finden.)

Auch Unternehmen beteiligen sich an der Aktion: Das Transportunternehmen Dachser mit weltweit 300 Standorten ruft im Firmenintranet alle 17.000 Mitarbeiter zur Teilnahme an der Aktion Rote Hand auf. Viele machen mit, am Standort der Zentrale in Kempten wurden bei einem Straßen-Kinderfest rote Handabdrücke gesammelt.

Internationale Kampagne
Die Aktion Rote Hand wurde 2007 von terre des hommes und der Aktion Weißes Friedensband initiiert, sie wird inzwischen von vielen Organisationen in Deutschland und weltweit getragen. Unter anderem sind Human Rights Watch, Amnesty International, die Kindernothilfe und die Koalition gegen den Einsatz von Kindersoldaten schon dabei, genauso wie Partner in Belgien, Frankreich oder den Philippinen. Alle sind aufgerufen mitzumachen.

Ziel der internationalen Kampagne ist es, die Menschen auf den weltweiten Missbrauch von Kindern als Soldaten aufmerksam zu machen. Mit Hilfe öffentlicher Proteste und Demonstrationen soll die „Rote Hand“ Medien, Entscheidungsträger und Verantwortliche erreichen. Regierungen und nichtstaatliche bewaffnete Gruppen, die Kinder rekrutieren oder rekrutiert haben, sollen noch stärker unter Druck geraten.

Am 12. Februar 2009 wollen die „Red Hand Day“-Aktivisten dem Generalsekretär der UN eine Million rote Hände überreichen. Die Umsetzung des Zusatzprotokolls der UN-Kinderrechtskonvention, der Schutz von Kindern im Krieg und die Bestrafung von Kriegsverbrechern, die Kinder rekrutiert haben, soll damit vorangetrieben werden.

Denn bisher kommen die Verantwortlichen in fast allen Fällen ungestraft davon. Allerdings sind jetzt erstmals in Den Haag vor dem Weltstrafgerichtshof mehrere Personen wegen der Rekrutierung von Kindern angeklagt, darunter Charles Taylor, der ehemalige Präsident Liberias. Diese Bestrafung der Verantwortlichen ist ein wichtiger Schritt. Es muss sich aber auch am politischen und gesellschaftlichen Umfeld, in dem der Missbrauch von Kindern als Soldaten stattfindet, etwas ändern. Jeglicher Missbrauch von Kindern unter 18 Jahren für militärische Zwecke muss weltweit geächtet werden.

Für ehemalige Kindersoldaten ist es schwer, ihre traumatischen Erlebnisse zu bewältigen. Je länger Kinder als Soldaten sozialisiert wurden, brutalisiert und ohne wirkliche Werte, desto schwerer fällt ihnen danach die Rückkehr in ein ziviles Leben. Zudem ist ihre Zukunft oft ungewiss, da sie keine Ausbildung haben und von der Gesellschaft schnell stigmatisiert und als Kriminelle abgestempelt werden. Deshalb helfen Projekte von Kinderrechtsorganisationen den Betroffenen vor allem mit psychologischer Betreuung und einer Ausbildung.

Jede Rote Hand zählt – machen Sie mit!
Um möglichst viele Kinder vor der Ausbeutung als Soldaten und den damit verbundenen Traumatisierungen zu bewahren, müssen die weltweiten Proteste und Aktionen weiter gehen. Auch Lea und Rosalie aus Greven sammeln weiter rote Hände. „Wir versuchen auch während der Schulzeit, die Passanten in der Innenstadt auf das Thema Kindersoldaten anzusprechen.“

Der Endspurt der Aktion „Rote Hand“ hat begonnen: Mindestens 100.000 Hände wurden weltweit schon gesammelt, aber die Eine-Million-Marke muss noch geknackt werden. Alle sind aufgerufen, sich zu beteiligen, ihre rote Hand abzugeben und sie bis Anfang Februar 2009 an terre des hommes zu schicken, damit die Abdrücke den Vereinten Nationen in New York übergeben werden können. Es ist außerdem wichtig, die Aktion weiter zu verbreiten bei öffentlichen Veranstaltungen, in Vereinen, Schulen, Unternehmen, Kirchen, Gemeinden, und auch im Ausland bei Freunden, Austauschschülern, Partnerschulen und -gemeinden. Das Verbot der Vereinten Nationen, Kinder als Soldaten zu missbrauchen, ist erst dann etwas wert, wenn es auch praktisch durchgesetzt wird. Denn: Kinder sind keine Soldaten!

 

Mehr Informationen
www.redhandday.org

www.tdh.de

 

Rote Hände senden Sie bitte bis Anfang Februar 2009 an:

terre des hommes, Stichwort: Rote Hand, Ruppenkampstr. 11a, 49084 Osnabrück

(bitte unbedingt Zahl der Hände, Ort und ggf. Anlass der Aktion angeben).

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Friederike Weigelt ist Mitarbeiterin bei terre des hommes. Die Aktion Rote Hand gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten hat sie mehrmals selber durchgeführt.