Kein Grund zum Feiern

100 Jahre Garnison Müllheim

von Ulrich Rodewald

In einer wunderbaren Landschaft im Südwesten Deutschlands - zwischen Freiburg und Basel, 6 km von Frankreich entfernt - liegt das kleine Müllheim, bewohnt von 17.000 Menschen. Besonders eines unterscheidet Müllheim von anderen Orten: Es ist seit 100 Jahren Garnisonsstadt: Von 1906 bis 1918 waren hier Einheiten der kaiserlichen Reichswehr stationiert, ab 1936 bis 1945 Truppenteile der faschistischen Wehrmacht, von 1945 bis 1991 französisches Militär. Seit 1993 ist Müllheim Sitz des Stabes der Deutsch-Französischen Brigade.

Anfang April wurde in Kooperation der Stadt Müllheim und der Deutsch Französischen Brigade im Markgräfler Museum Müllheim die Ausstellung "100 Jahre Garnison Müllheim - Von der Feindschaft zur deutsch-französischen Freundschaft" eröffnet. Vordergründig unterstützt die Ausstellung nicht die Ehrung von Kriegen als Fortsetzung einer gewaltbereiten Politik. Sie kann dies tun, weil sie Müllheim nur als Standort militärischer Verbände zeigt. So wird aufgeführt, welche Truppenteile wann in Müllheim stationiert waren. Dass militärische Verbände aber die Eigenschaft haben, auf Geheiß der Oberen ihre Standorte zu verlassen und in anderen Regionen Krieg zu führen, wird nicht thematisiert.

Welchen eigentlichen Zweck Garnisonen aber haben, darauf verwiesen MitarbeiterInnen des Friedensrates Markgräflerland zur Eröffnung der Ausstellung, indem sie diese Leerstellen der Ausstellung deutlich machten: So verließ im 1. Weltkrieg die 29. Infanterie-Division, zu der auch die Müllheimer Garnison gehörte, ihre Standorte, und mordete und wurde gemordet in Frankreich und Belgien. Und es wurden die Gründe benannt, warum sie mordeten und gemordet wurden:,(Um) Belgien (einzuverleiben), (ebenso die) französischen Departments Du-Nord und Pas-de-Calais mit Dünkirchen, Calais und Boulogne, ferner das Department Meurthe-et-Moselle mit dem französischen Festungsgürtel und der Maas sowie im Süden die Departments Vosges und Haut-Sa“ne mit Belfort ... . August Thyssen begründete (diese) Forderungen mit der Notwendigkeit, das deutsche Rohstoffpotential für die Zukunft sicherzustellen." (zitiert nach Prof. Dr. Fritz Fischer "Griff nach der Weltmacht, Düsseldorf, 1993)

Von 1938 bis 1939 war in Müllheim das MG-Batallion 4 stationiert. Der Friedensrat informierte darüber, dass diese Heerestruppe 1940 den Standort verließ und in Norwegen und Finnland mordete und gemordet wurde. Es war 1940 am Einmarsch in Norwegen beteiligt. Im Zeitraum von 1941 bis 1944 wurde es in Nordfinnland eingesetzt.

Heute sei alles anders. Behauptet die Ausstellung und stellt die Deutsch Französische Brigade, deren Stab seit 1993 in Müllheim stationiert ist, als Beweis endlich erreichter Völkerfreundschaft dar. Der Friedensrat Markgräflerland macht vor und in der Ausstellung deutlich, dass diese Behauptung nicht haltbar ist. Eine militärische Einheit, die eine hervorragende Rolle in den weltweiten Interventionstruppen der NATO und der EU spielt, kann kein Mittel friedlicher Politik sein. Mit einer Zusammenstellung von Publikationen aus den letzen Jahren, die die Militarisierung deutscher Politik am Beispiel der Deutsch Französischen Brigade belegen, ist der Friedensrat in der Ausstellung vertreten. So wird versucht, zu einer öffentlichen Diskussion über Gründe und Folgen gewaltbereiter Politik beizutragen und zu verdeutlichen, dass Militär untrennbar mit Gewalt und Mord verbunden ist. An dieser Stelle werden auch Alternativen zu einer Politik dargestellt, die meint, auf Kriege nicht verzichten zu können.

Wenn von den Befürwortern militärischer Gewalt eines gefürchtet wird, so die Erfahrung in Müllheim, dann ist es die konkrete Benennung ihres Tuns. Je sachlicher und unaufgeregter deutlich gemacht wird, dass die Kernaufgabe von Militär auch heute darin besteht Kriege in aller Welt zu führen, zu morden und gemordet zu werden, desto unhaltbarer erweist sich ihre eigene Darstellung als Friedensengel.

An der Entehrung vergangener - besonders aber zukünftiger - Kriege in der Öffentlichkeit wird der Friedensrat Markgräflerland weiter wirken. Zunächst im Dialog mit den Besuchern des Tages der Offenen Tür der Deutsch Französischen Brigade am 11./12. Juni in Müllheim.

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