„Fällt aus! Ist abgesagt!“ … und sie fand trotzdem statt!

40 Jahre Ökumenische FriedensDekade

von Thomas Oelerich
Ökumenische FriedensDekade
Ökumenische FriedensDekade

Verschwörungstheoretiker*innen kämen sicher zu dem Schluss, dass die Corona-Einschränkungen im November dieses Jahres vor allen Dingen ein Ziel hatten: Die Gottesdienste, Friedensgebete und Informationsveranstaltungen der diesjährigen Ökumenischen FriedensDekade zu behindern, die zeitlich (8.-18.11.) genau in die Zeit des Teil-Lockdowns fiel. Unter dem Jahresmotto „UMKEHR ZUM FRIEDEN“ aber wurden deutlich mehr Veranstaltungen umgesetzt, als angesichts der Einschränkungen zu erwarten war.

Insgesamt registrierte das Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade, getragen von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), ein gleichbleibendes Interesse an den vorbereiteten Arbeits- und Aktionsmaterialien im Vergleich zu den Vorjahren. Und viele Gemeinden hielten an den geplanten Gottesdiensten und Friedensgebeten fest, so dass auch in diesem Jahr bundesweit hunderte von Veranstaltungen durchgeführt wurden.

Auch wenn insbesondere Informationsveranstaltungen abgesagt werden mussten, ist es vielen Veranstalter*innen zum Beispiel über die Verlegung eines Vortragsabends ins Internet, eine digitale Übertragung oder einen Live-Stream des Gottesdienstes gelungen, zahlreichen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu Fragen des Friedens Gedanken zu machen und sich mit dem Motto „UMKEHR ZUM FRIEDEN“ auseinanderzusetzen. Schließlich gab es eine ganze Reihe von Initiativen, die angesichts der Corona-Einschränkungen neue Wege gegangen sind und nicht nur zur FriedensDekade eingeladen, sondern diese sozusagen zu den Menschen in die Wohnungen getragen haben. Sie bestellten eine höhere Anzahl von Gebetsleporellos, Motivpostkarten, Friedens-Zeitungen oder anderen Aktionsmaterialien, um diese über eine lokale Postwurfsendung an die Gemeindemitglieder zu verteilen und so eine Teilhabe zu ermöglichen.

In vielen Pfarrgemeinden mussten dennoch zahlreiche der ursprünglich geplanten Veranstaltungen abgesagt werden. Eine Rückmeldung aus Bad Cannstatt steht beispielhaft für viele andere Orte: „Wir konnten in Bad Cannstatt unter Corona-Bedingungen Friedensgebete in der Stadtkirche feiern. Bedingt durch die Corona-Zeit kamen nur wenige. Am 15. November feierten wir in der Steigkirche einen Bittgottesdienst für den Frieden, der gut angenommen wurde. Leider waren keine Gespräche nach dem Gottesdienst möglich. Vielen Dank für das gute Vorbereitungsmaterial.“ Eine Pfarrerin einer Gemeinde aus Nürnberg schrieb an die FriedensDekade: „Da auch bei uns in Nürnberg viele Veranstaltungen im Rahmen der FriedensDekade leider abgesagt werden mussten, habe ich für jeden Tag der FriedensDekade eine Kurzandacht als Podcast produziert und auf der Seite unserer Kirchengemeinde veröffentlicht.“ Wenn auch des Öfteren auf den Internetseiten von Kirchengemeinden und Initiativen bei einzelnen Veranstaltungen zu lesen war „Fällt aus! Ist abgesagt!“, so fand die Ökumenische FriedensDekade auch im vierzigsten Jahr ihres Bestehens trotzdem an zahlreichen Orten statt. „Wir waren überrascht und zugleich begeistert darüber, dass unser Jahresmotto UMKEHR ZUM FRIEDEN einerseits so positiv und zahlreich aufgegriffen wurde und andererseits viele kreative Wege gefunden wurden, die FriedensDekade trotz der Corona-Einschränkungen durchzuführen“, resümiert Jan Gildemeister, Vorsitzender des Ökumenischen FriedensDekade e. V. und Geschäftsführer der AGDF in Bonn, die diesjährigen Erfahrungen.

Der inhaltliche Schwerpunkt der FriedensDekade lag in diesem Jahr auf den Forderungen nach einem Umdenken weg von einer reinen Sicherheitspolitik hin zu einer zivilen Friedenspolitik, also einer UMKEHR ZUM FRIEDEN. Dabei wurde die aktuelle Sicherheitspolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union ebenso kritisiert wie das erneut stetige Anwachsen bei den weltweiten Militärausgaben. Aber auch die Stationierung von US-Atomwaffen im Fliegerhorst Büchel in der Eifel im Rahmen der deutschen „Teilhabe“ an der nuklearen Abschreckungsmacht der Nato wurde infrage gestellt. Die deutsche Verteidigungsministerin hatte im Vorfeld sogar angekündigt, die veralteten Tornados in Büchel durch atomwaffenfähige modernere Kampfflugzeuge zu ersetzen. Die FriedensDekade warb für den Beitritt Deutschlands zum Kernwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen (UN) und forderte den Abzug der Kernwaffen. Auch der Appell zum Ausbau ziviler Maßnahmen der Konfliktbearbeitung stand, ganz im Sinne der biblischen Zusage, dass „… sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen werden …“ (Micha 4.3), im Fokus der friedenspolitischen Forderungen. Auf lokaler Ebene wurde unter dem Motto UMKEHR ZUM FRIEDEN von zahlreichen Gemeinden und Initiativen auch der dringend erforderliche Wandel hin zu einer nachhaltigen Klimapolitik und zu mehr Klimagerechtigkeit zum Thema gemacht. Die Corona-Pandemie nahmen zudem viele Kirchengemeinden und Gruppen zum Anlass, über die wirklich wichtigen Dinge im Leben nachzudenken und zur Umkehr aufzurufen.

Die FriedensDekade war erneut darum bemüht, angesichts von Friedensbedrohungen, von Klimakrise oder zuletzt dem Pandemiegeschehen nicht in Panikmache und Schwarzmalerei zu verfallen. Dr. Heino Falcke, ehemaliger evangelischer Probst in Erfurt, schrieb zur Zielsetzung der FriedensDekade: „Aufwecken soll sie und aufrichten, locken in eine Gemeinschaft, die den Frieden erleben und gangbare Wege erkennen lässt.“

Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Ökumenische FriedensDekade auch weiterhin ein wichtiger Bestandteil der kirchlichen wie nicht-kirchlichen Friedensarbeit ist. Die bisherige Kontinuität und die gute Zusammenarbeit unter den Trägern, darunter Aktion Sühnezeichen Friedensdienst (ASF), PRO ASYL, pax christi, der Internationale Versöhnungsbund, Brot für die Welt sowie verschiedene evangelische Landeskirchen, stimmt optimistisch, dass die FriedensDekade auch in den kommenden Jahren ein wichtiger friedenspolitischer Akteur in Kirche, Politik und Gesellschaft sein kann.

Weitere Informationen finden sich unter www.friedensdekade.de

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