Mitmachen bei der neuen Kampagne

„Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!“

von Jürgen GrässlinPaul Russmann
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Waffentransfers aus Deutschland bekannt werden: erst die Rüstungsexporte an die autoritären Regime in Tunesien und Ägypten, dann die Aufrüstung des Diktators Gaddafi und der Widerstandsbewegung in Libyen, die Genehmigung für die Lizenzproduktion des äußert treffgenauen Sturmgewehres G36 von Heckler & Koch und nicht zuletzt modernste Kampfpanzer des Typs Leopard 2 an das menschenrechtsverletzende Königshaus in Saudi-Arabien.

Dank einer äußerst exportorientierten Außen- und Wirtschaftspolitik ist Deutschland – nach den USA und Russland – zum weltweit drittgrößten Profiteur und zugleich zum Europameister beim Geschäft mit dem Tod avanciert. Jetzt ist es höchste Zeit, gegen diese Politik lautstark aufzuschreien. Aus diesem Grund haben sich zahlreiche Organisationen aus der Friedens- und Menschenrechtsarbeit und der christlichen Kirchen zusammengetan, um gemeinsam mit entwicklungspolitischen Gruppierungen, Gewerkschaften und möglichst vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren die – erst einmal bis zur Bundestagswahl 2013 geplante – Kampagne „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!“ durchzuführen.

Die Folgen deutscher Rüstungsexporte
In den Jahren 2001 bis 2009 wurden Rüstungsexportgenehmigungen für insgesamt 63,8 Milliarden Euro erteilt. Diese Berechnung enthält nicht die zusätzlich exportierten  Dual-Use-Güter, die – wie beispielsweise Unimogs oder Sattelzugmaschinen – zivil und militärisch verwendbar sind. Deutlich erkennbar sind drei Schwerpunktbereiche: gepanzerte Rad- und Kettenfahrzeuge, Kriegsschiffe und militärische Luftfahrzeuge. Nach Berechnungen des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI haben sich die deutschen Rüstungsexporte zwischen 2005 und 2009 gegenüber dem Zeitraum 2000 bis 2004 verdoppelt.

Maßgebliche Empfängerländer deutscher Waffen sind Staaten, die Menschenrechte verletzen oder Krieg führen. Ein bedeutender Anteil deutscher Waffentransfers erfolgt ausgerechnet in Länder, die Entwicklungshilfe beziehen. So streckt Deutschland die eine Hand helfend aus, während die andere Hand mit der Finanzierung der Waffenprojekte genau das Geld aus den Kassen nimmt, das dringend für die Armutsbekämpfung, Gesundheitsprojekte und Bildung gebraucht wird.

In beträchtlichem Umfang wurden deutsche Waffen an Länder in Krisen- und Kriegsgebiete des Nahen Ostens, Asiens und Afrikas verkauft. Dabei wurde und wird der Grundsatz, nicht in Spannungsgebiete und nicht an menschenrechtsverletzende Staaten zu liefern, zunehmend missachtet. Immer wieder verschwinden die Waffen in staatlich unkontrollierbaren Grauzonen von Bürgerkriegskonflikten, denn Re-Exporte an Drittstaaten werden de facto nicht kontrolliert. Mit großer Sorge verfolgen wir auch Lizenzvergaben zum Nachbau deutscher Waffen, wie beispielsweise die Errichtung einer ganzen Waffenfabrik zur Lizenzfertigung von äußerst treffgenauen G36-Sturmgewehren von Heckler & Koch in Saudi-Arabien.

Unseren Schätzungen gemäß wurden allein durch Gewehre und Pistolen der Waffenschmiede Heckler & Koch nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 1.500.000 Menschen getötet. Noch mehr Menschen wurden verstümmelt. Ungezählte Kriegsopfer sind durch die vielen anderen waffenexportierenden deutschen Unternehmen zu beklagen.

Die zentrale Kampagnenforderung: Klarstellung des Grundgesetzes
Verantwortlich für die Genehmigungen von Rüstungsexporten sind die Bundesregierung und die nachgeordneten Behörden, allen voran das Bundesausfuhramt (BAFA). Weder der Bundestag noch die Öffentlichkeit werden beteiligt – Demokratie nein danke.

Grundlage für die Kontrolle des Rüstungshandels in der Bundesrepublik Deutschland ist Artikel 26 (2) des Grundgesetzes. Zurzeit heißt es dort: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz“. Neben dem das Territorium der Bundesrepublik Deutschland betreffende Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) wird bei Genehmigungsentscheidungen vor allem auf das – auf die Exportförderung ausgerichtete! – Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die dazu gehörige Außenwirtschaftsverordnung Bezug genommen.

Wir fordern eine Klarstellung von Artikel 26, Absatz 2, des Grundgesetzes. Dort soll es zukünftig heißen: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt das Kriegswaffenkontrollgesetz. Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter werden grundsätzlich nicht exportiert. Das Nähere regelt das Rüstungsexportgesetz.“ Ein Schritt zum Ziel dieser Klarstellung im Grundgesetz ist das Sammeln von 262.000 Unterschriften bis zur Bundestagswahl 2013.

Ziele der Kampagne
Wir fühlen uns den Opfern dieser skandalösen Politik verpflichtet und wollen den Geschäften mit dem Tod ein Ende setzen. Unsere Ziele sind klar definiert:

Wir wollen

• aus der Zivilgesellschaft heraus massiv Druck gegen die Verantwortlichen der deutschen Rüstungsexportpraxis aufbauen und zugleich sinnvolle Alternativen zur Waffenproduktion aufzeigen,

• eine grundsätzliche Veröffentlichungspflicht aller geplanten und tatsächlich erfolgten Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgüter durchsetzen, um eine öffentliche Diskussion und parlamentarische Entscheidungen überhaupt erst zu ermöglichen,

• die Aufnahme eines grundsätzlichen Exportverbots von Waffen und Rüstungsgütern in Artikel 26 Absatz 2 des Grundgesetzes erreichen. In einem Zwischenschritt streben wir die Aufnahme dieser Forderung in die Wahlprogramme der Parteien zur nächsten Bundestagswahl an.

Auftakt-Pressekonferenz und weitere Aktivitäten
Die Kampagne wird getragen von einem bislang einmalig breiten  bundesweiten Trägerkreis verschiedener Nichtregierungsorganisationen. Darüber hinaus ist die Unterstützung durch weitere bundesweite, regionale und lokale Initiativen, Vereine und Organisationen ausdrücklich erwünscht. Nach außen wird die Kampagne durch drei SprecherInnen vertreten: Jürgen Grässlin (DFG-VK), Christine Hoffmann (pax christi) und Paul Russmann (Ohne Rüstung Leben).

Die erfreuliche Medienresonanz bei der Auftaktpressekonferenz im Mai 2011 gibt weiteren Rückenwind. In den kommenden Monaten wollen wir das Bündnis weiter verbreitern und viele neue Unterstützerinnen und Unterstützer gewinnen. In diesem Sinne wünschen wir uns: Macht mit bei „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!“

Trägerorganisationen: Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden e.V. (AGDF) • Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR • Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) •  Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) • Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges e. V. (IPPNW) Deutschland • Internationale katholische Friedensbewegung pax christi - Deutsche Sektion • JuristInnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen (IALANA) Deutsche Sektion • Ohne Rüstung Leben (ORL) • Provinzleitung der Deutschen Franziskaner und Kommission Gerechtigkeit – Frieden – Bewahrung der Schöpfung • RüstungsInformationsBüro (RIB e.V.) • Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden (WfGA)

Alle Initiativen, Vereine und Organisationen, die die Kampagne unterstützen wollen, sind herzlich eingeladen, Mitglied im Aktionsbündnis zu werden. Schon jetzt arbeiten im Aktionsbündnis mit:

• Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung • Ev. Französisch-Reformierte Gemeinde • Friedenszentrum Braunschweig • Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit • Kooperation für den Frieden • Lebenshaus Schwäbische Alb • medico international • Naturfreunde Deutschlands • NaturwissenschaftlerInnen-Initiative (Stand: 5. Juli 2011)

Unterschriftenlisten können bestellt werden, zudem besteht die Möglichkeit, online zu unterzeichnen siehe:
www.aufschrei-waffenhandel.de
info [at] aufschrei-waffenhandel [dot] de

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Jürgen Grässlin ist Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.).