- Über das Selbstverständliche -

Aktionsaufruf: “Laßt meine NachbarInnen in Frieden!“

von Detlef BeckBarbara Müller

Sieben Schritte, um gefährdete Mitbürgerinnen und Mitbürger durch Nachbarschaftshilfe zu schützen

 

 

Der Ausländerhaß hat in Solingen er­neut seine Opfer gefunden und findet sie weiterhin. Jeder Tag ist für unsere aus­ländischen Nachbarlnnen überschattet von der Bedrohung für Leib und Leben. Können wir uns damit beruhigen, daß es in unserer Nachbarschaft "noch ruhig" ist? In einem gesellschaftlichen Klima, das kaum noch eine Hemmschwelle für das Anzünden von Wohnhäusern kennt, ist Solingen überall!

Viele Menschen fragen sich, was sie tun können. Die folgenden Vorschläge ermöglichen einen Schutz von Wohnun­gen, Geschäften und gefährdeten Personen vor gewaltsamen Übergriffen. Vor­aussetzung dafür ist, daß wir bereit sind, in unserer nächsten Umgebung auf ge­waltfreieWeise aktiv zu werden.

Im Sinne der Gewaltfreiheit wollen wir Gewalt im Vorfeld verhindern und ihr entgegentreten, wenn sie sich zeigt. Hilfestellung und Unterstützung bei der Umsetzung des Aktions­aufrufes gibt es u.a. bei folgenden Einrichtungen:

Bund für Soziale Verteidigung, Ge­schäftsstelle, Friedensplatz la, 32 423 Minden, Tel.: 0571-29456; Carl-­Kabat-Haus, Schulstr. 7, 73 557 Mutlangen, Tel.: 07171-74263; Friedens- und Begegenungsstätte Mutlagen e.V., Forststr. 3, 73 557 Mutlangen, Tel.: 07171-75661;  Friedenskotten Lippinghausen e.v., Milchstraße 81-83, 32120 Hiddenhausen, Tel.: 05221-65485; Gandhi-Informations-Zentrum, Lübecker Str. 44, 10 501 Berlin, Tel.: 030-3941420; Kurve Wustrow, Kirchstr. 14, 29 462 Wustrow; Tel.: 05843-507; Trainingskollektiv für gewaltfreie Aktion und kreative Konfliktlösung Köln, Scharnhorststr, 6, 50 733 Köln, Tel.: 0221-765842 (Graswurzelwerkstatt); Trainings­kollektiv Tübingen, Uwe Painke, Charlottenstr. 7., 72070 Tübingen, Tel: 07071-40463.

 

Letztlich sind die Achtung voreinander, ein gesellschaftliches Klima der gegenseitigen Akzeptanz und solidarisches Handeln der beste Schutz. Gewaltbereite Menschen sind für uns nicht die neuen Sündenböcke, die auszugrenzen sind. Wir wollen vielmehr Brücken bauen, damit Begegnung. möglich und Haß überwunden wird.

Die sieben Schritte der Nachbarschafts­hilfe:

  1. Anwohnerlnnen (deutsche und aus­ländische) in der Nachbarschaft, der Straße/ im Stadtviertel/ in der Nach­barschaft werden persönlich ange­sprochen und darum gebeten, beim Schutz bedrohter Personen (vor allem Ausländerinnen, Aussiedler, Flücht­linge, farbige Deutsche) mitzuwir­ken.
  2. Die betroffenen Personen werden ge­beten, mitzuteilen, in welcher Bedrohungssituation sie sich erleben und in welcher Weise sie eine nachbarschaftliche Unterstützung als er­wünscht ansehen würden.
  3. Darüber hinaus können Veranstaltungen im kleinen Rahmen mit Ausländerinnen, farbigen Deutschen und an­deren bedrohten Personenkreisen über ihren Alltag und ihre Erlebnisse mit Fremdenhaß weiteren, bislang zurückhaltenden Personen, Begeg­nung und Kontaktaufnahme ermögli­chen.
  4. All die, die mitwirken wollen, richten einen regelmäßigen Informationsaustausch ein. Es werden die vorhan­denen Fähigkeiten und Mittel zu­sammengetragen, die einen Schutz ermöglichen.
  5. Wenn Personen bekannt sind oder werden, von denen Gefahr ausgeht oder ausgehen könnte, sollte Kontakt mit ihnen aufgenommen werden. Ge­rüchten muß nachgegangen werden, um sie auszuräumen. Es dürfen keine neuen Sündenböcke abgestempelt werden, sondern Schritte auf eine offenen Dialog unternommen werden.
  6. Einrichtung eines nachbarschaftli­chen Alarmsystems, zum Beispiel Telefonkette: Verabreden von akusti­schen Signalen (z.B. Luftdrucksirene, Trillerpfeifensignale) in Gefahrensituationen, auf die hin sich alle in der Nachbarschaft Anwesenden zur Per­son begeben, die das Signal ausgelöst hat und dabei selber ihrerseits dieses Signal betätigen; "Spaziergänger'' mit der Aufgabe, zu bestimmten Zeiten auf der Straße zu sein und Personen ansprechen und so Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit signalisieren. Vorbereitung dieser "Spaziergänger" auf ein gewaltfreies Verhalten in Konflikt- und Bedrohungssituatio­nen
  7. Erwartungen an die Polizei und an­dere Behörden formulieren, Druck ausüben und gegebenenfalls Zusammenarbeit vereinbaren.

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt
Detlef Beck ist Geschäftsführer des BSV/Bildungsbereich.
Barbara Müller ist Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung, Mitarbeiterin im Institut für Friedensarbeit und Gewaltfreie Konfliktaustragung und Mitglied des Initiativkreises der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung