Aktionstag gegen Atomwaffen in Ramstein: Friedensfähigkeit aneignen!

von Jens-Peter Steffen

Mit dem Angriffskrieg gegen den Irak haben die USA und ihr "Bündnis der Willigen" ein erneutes Exempel einer humanitär verklärten, mit terroristischen Ängsten und der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen gerechtfertigen globalen Vorherrschaftsstrategie statuiert. Das begleiten die USA mit einer neuen nuklearen Einschüchterungs- und Bedrohungspolitik, die die Arbeit an einer gemeinsamen Sicherheit - der großen Hoffnung am Ende des Kalten Krieges - untergraben Der Jahrestag des Beginns des Irakkrieges, der 20. März, bietet den gegebenen Anlass, gegen diese globale Bedrohung und seine konkreten Konsequenzen zu mobilisieren, wie es auch der Schlussappell des Pariser Sozialforum vorgeschlagen hat.

Letztendlich scheint es immer unwichtiger zu werden, wer beim Krieg gegen den Irak dabei war oder sich enthalten hat. Wohin man schaut, wird gerüstet und werden Armeen umstrukturiert. So auch in Deutschland und in Europa, um zukünftig auf aller Welt für die eigenen "vitalen" Interessen dabei sein zu können. Wer im Weltorchester der Globalisierung an prominenter Stelle mitspielen will, der richtet sich nach dem Dirigenten, der Ton und Tempo angibt: den USA.

Bislang entwickeln die USA ihre Politik in einer eigenen Sphäre und dominieren die Mitspieler bei der militärisch-technologischen und ökonomischen Entwicklung. Diese Sphäre wird gekennzeichnet durch Atomwaffen: Sie sind der ultimative Druckfaktor, bei Unwilligen Gehorsam und Gefolgschaft zu erzwingen - oder die eigene Vernichtung akzeptieren zu müssen. Dabei verfügen die USA über die ganze Bandbreite atomarer Bedrohung: Über die alten strategischen und taktischen und bald über neue taktische Atomwaffen, die die Hemmschwelle des Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen schleifen werden.

So sitzen die Atomwaffen einer Spinne gleich mitten im Netz der strategischen Überlegungen der Atomwaffenmächte, die Welt nach ihrem Gusto zu gestalten. Im Gefüge militärischer Umstrukturierung und Aufrüstung mit dem Ziel zur umfassenden Fertigkeit präventiver und präemptiver Angriffskriege, spielt das Machtmittel Atombombe die ultimative Rolle.

Bereits die heutige Kriegsführung ist immer "konventionell" und "atomar", weil die ständige Drohung des Einsatzes von Atomwaffen Teil militärischer Strategie ist. Es ist bereits heute schwierig in einer Kriegssituation aufzuklären, ob die abgeschossenen Cruise Missiles und Bunker Busters mit konventionellen oder atomaren Sprengköpfen bestückt sind. Diese Ungewissheit gehört zur Drohkulisse der Strategie.

Darüber hinaus wird in Zukunft der tatsächliche Einsatz von Atomwaffen immer realer, je niedriger ihre Kollateralschäden angeblich sein sollen - die Hemmschwelle ihres Einsatzes sinkt.

Atomwaffen konnten während des Kalten Krieges letztlich noch als das unmenschliche Symbol eines Ausgleichsdenkens begriffen werden, jetzt aber wird für sie die Rolle einer technologischen Allmachtsvision der Weltsteuerung eines sich omnipotent gerierenden Staates und seines Gefolges entwickelt. Horst-Eberhard Richter erkennt in dieser Entwicklung eine Geiselhaft, in die sich die Menschheit begibt. Sie entmündigt sich selbst, weil sie ihre Verantwortung für eine humanitäre Entwicklung an die Atomwaffen delegiert und diese zum allbestimmenden Ordnungsfaktor in Politik und Sozialem setzt.

So erleben wir bereits, wie die Kosten der Entwicklung, Herstellung und Bereitschaftshaltung der Atomwaffen und der benötigten militärischen Interventionsstrukturen - entsprechend dem Rüstungswettlauf des Kalten Krieges - zu sozialen und politischen Belastungen führen. Der Schrecken der neuen Atomwaffen wird zusätzlich eine Fülle sozialer und politischer Konflikte aktualisieren und vorantreiben, was wiederum die Bedingungen von Frieden untergräbt. Den Sozialabbau in den USA, in Europa und nicht zuletzt in Deutschland erleben wir bereits. Da die USA ihre Strategie mit vermehrtem Gelddrucken finanzieren ist zu befürchten, dass das Tempo des Sozialabbaus und der politischen Konfrontationen sich auch bei uns zwangsläufig verschärfen wird.

Wir sollten nicht vergessen, dass der Irakkrieg auch von Deutschland ausging. Von den US-Anlagen in Ramstein in der Pfalz und Spangdahlem in der Eifel starteten die Bomber und nahm der Nachschub seinen Weg in den Irak. Der geplante und von Land und Bund finanziell geförderte Ausbau Ramsteins ist nur mit Zwangsenteignungen durchzusetzen. Die massiven Gesundheits- und Umweltschädigung zu Lasten von Bevölkerung und Umwelt werden weiter zunehmen. Die Menschenverachtung und Kollateralschäden der Kriegsmaschinerie beginnen mit Ramstein von einem Ort, an dem auch US-amerikanische Atomwaffen lagern.

Es muss in Erinnerung gerufen werden, das der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Atomwaffenstaaten bereits 1996 in einem Gutachten an ihre Verpflichtung zur vollständigen atomaren Abrüstung gemahnt hat. Die Kernaussage des Richterspruches lautete: Schon die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen verstößt generell gegen das Völkerrecht und im besonderen gegen die Regeln des humanitären Kriegsvölkerrechts. Die angekündigten atomaren US-Rüstungsmaßnahmen von 6,3 Milliarden Dollar für atomwaffenbezogene Ausgaben in 2004 beweisen dagegen das absichtsvolle Zurückschwenken zu einer nuklearen Erpressungsstrategie unter zynischer Missachtung des internationalen Rechts.

Horst-Eberhard Richter fordert dazu auf, dass die Menschen sich wieder das Vertrauen anmaßen, als Menschen Frieden zu schaffen, anstatt das an Waffensysteme zu delegieren. Die eine Welt kann keinen Frieden erlangen, wenn die Atomwaffen nicht abgerüstet werden. Diese Erkenntnis muss der Aktionstag am 20.3. in Ramstein vermitteln. Er soll die Entschlossenheit und die moralische Kraft einer großen Mehrheit verdeutlichen, die der gescheiterten Kriegspolitik und der rechtswidrigen Atomwaffen-Strategie entgegentritt und eine Kehrwendung hin zu einer fortschrittlichen Kultur des Rechts und der Humanisierung verlangt.

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