Netzwerk Friedenssteuer:

Alle Zwangsdienste ausgesetzt?

von Gertie Brammer
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Denkste! Trotz ausgesetzter Wehrpflicht geht der Kriegsdienst mit unser aller Steuergelder weiter; denn wir alle zahlen über den Verteidigungshaushalt für Rüstung, Militär und Krieg. Auf Wehrpflichtige und Zivildienstleistende kann der Staat verzichten – auf unsere Steuern nicht. Wenn wir hier nichts unternehmen, bleiben wir also lebenslang Soldaten in Zivil. Weil das unser Gewissen weiterhin belastet, bleiben wir am Ball für ein Zivilsteuergesetz. Das ermöglicht es uns SteuerzahlerInnen, zwischen Militärsteuer und Zivilsteuer zu wählen, d.h.: wir könnten bestimmen, ob der entsprechende Anteil der Steuern in den Verteidigungshaushalt kommt oder nicht.

Wie das praktisch gehen soll, steht im Entwurf des ‚Zivilsteuergesetzes’, den das Netzwerk Friedenssteuer mit kompetenter, fachjuristischer Hilfe formuliert hat. Auch gibt es schon länger zwei ebenso kompetente, fachjuristisch erstellte Gutachten dazu. Alle drei Texte finden sich auf der Internetseite des Netzwerks unter ‚Zivilsteuergesetz’ (Menü links). Mit diesen Texten machen wir, die AG Gesetzesinitiative, seit Oktober 2010 wieder intensive Lobbyarbeit. Um diese zu unterstützen, starten wir im Mai 2011 die bundesweite Steueraktion: ‚Hallo Finanzamt – Steuern gegen Gewalt’, bei der alle mitmachen können, die Einkommen- bzw. Lohnsteuer zahlen.

Der 15. Mai ist der internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung. Auf der 13. Internationalen Konferenz für Militärsteuerverweigerung und Friedenssteuer-Initiativen in Norwegen (2010) entschieden sich die angeschlossenen Länderorganisationen, diesen Tag ebenfalls für die Militärsteuerverweigerung zu begehen. Der 15. Mai eignet sich für eine Steuerverweigerungsaktion in Deutschland besonders gut, weil kurz darauf (31. Mai) der Termin für die Abgabe der Einkommensteuererklärung ist.

Also haben wir dazu eingeladen, sich am 15. Mai 2011 an der Aktion ‚Hallo Finanzamt – Steuern Gegen Gewalt’ zu beteiligen und einen Musterbrief an die jeweiligen Finanzämter zu schicken. Dieser Brief enthält für ArbeitnehmerInnen den Antrag, die Steuern zu hinterlegen (d.h.: nicht an den Bundeshaushalt weiterzuleiten); für Nicht-ArbeitnehmerInnen, die Steuern zu stunden. Beides, bis eine gesetzliche Regelung in Kraft ist, nach der Steuerzahlende wählen können, dass ihre Steuern nur für zivile Aufgaben und nicht mehr für militärische verwendet werden. (Solche Briefe können natürlich auch nach dem 15. Mai noch verschickt werden; Anmerkung d.Red.)

Gibt es eine Erfolgsaussicht? Ja: Das Finanzamt kann entscheiden, die Steuern zu hinterlegen oder zu stunden, weil ein Härtefall vorliegt. Bis jetzt wurden nur wirtschaftliche Gründe für einen Härtefall akzeptiert, aber niemand verbietet dem Finanzamt, einen Härtefall unter Berufung auf das Recht auf Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) festzustellen. Die Grundrechte sind wichtiger als die einfachen Gesetze, wozu auch das Bundeshaushaltsgesetz mit dem Haushaltsplan gehört. Das ist auch die Argumentation einer Verfassungsbeschwerde von 10 Militärsteuerverweigernden und 1.244 UnterstützerInnen, die seit zwei Jahren in Karlsruhe liegt.

Die Musterbriefe zur persönlichen Verwendung (getrennt nach ArbeitnehmerInnen und Nicht-ArbeitnehmerInnen) samt ‚Beipackzettel’ können bei www.netzwerk-friedenssteuer.de herunter geladen (Menü oben: Downloads > öffentliche Downloads), oder bei unten stehender Kontaktadresse bestellt werden. Die Nebenwirkungen finden sich auf dem ‚Beipackzettel’, aber so viel vorab: straf- oder zivilrechtliche Folgen gibt es keine. Man kann den Brief zusammen mit der Steuererklärung, aber auch extra senden, je nachdem, ob die Steuererklärung erst später gemacht wird oder das Lohnsteuerjahresausgleichsformular schon vorher eingereicht wurde.

Und damit wir diese Aktion auswerten können, bitten wir um Rückmeldung (z.B.: Brief an Finanzamt X am Tag Y abgeschickt und Antwort des Finanzamtes).

Persönliche Daten werden natürlich vertraulich behandelt.

Schluss mit dem letzten, teuersten Zwangsdienst – Steuern Gegen Gewalt!
Es sind schon viele Dinge passiert, die niemand erwartet hat – warum soll nicht jetzt ein Finanzamt den wirklich existierenden Spielraum für eine Grundrechtssache nutzen! Aber wenn das Finanzamt ablehnt: Dann kann man widersprechen und klagen!

Kontakt: Netzwerk Friedenssteuer, c/o Lina Hoffmann, Olivenweg 36, 90441 Nürnberg, Tel.: 0911 – 662 993, email: lina-helmut [dot] hoffmann [at] t-online [dot] de

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Gertie Brammer ist aktiv beim Netzwerk Friedenssteuer e.V. und in der Flüchtlingshilfe im Wendland.