Eine Woche vor Ostern rufen wir mit unserem Aufruf "Kriege stoppen - Frieden und Abrüstung jetzt! " in mehreren Zeitungen zur Teilnahme an den Ostermärschen 2025 auf. Hilf auch du mit bei der Mobiliserung!
An die deutschen Friedensbewegungen
Liebe Freundinnen und Freunde,
auf der kürzlich stattgefundenen END-Konferenz in Helsinki und Tallinn (3.-7.Juli) wurde viel Besorgnis geäußert über die gegenwärtige Strategie der einseitigen Integration des vereinigten Deutschland in die NATO. Unserer Ansicht nach würde eine solche Lösung der „deutschen Frage“ eine ernsthafte Niederlage der Friedensbewegungen bedeuten. In unserem ursprünglichen END Appell wurde festgestellt:
„Wir arbeiten nicht zum Vorteil der NATO oder des Warschauer Pakts. Unser Ziel muss die Beseitigung der Blockkonfrontation, Entspannung zwischen den USA und der Sowjetunion, und letztlich die Auflösung beider Militärblöcke sein.“
Die Vorstellung, Deutschland nur in die NATO zu integrieren, ist ein Versuch, einen Vorteil gegenüber dem anderen Block zu gewinnen und die Kämpfe für Demokratie und Menschenrechte im „Osten“ zum Vorteil des „Westens“ auszunutzen.
In der Tat ist eine solche Lösung ist nicht nur weit davon entfernt, den Kalten Krieg endlich zu beenden, sondern sie könnte ihn in anderer Form auf Jahrzehnte hin verlängern. Sie könnte ein „Rollback“ der Sowjets hinter die sowjetische Westgrenze bringen, ohne dass die NATO vergleichbare Zugeständnisse machen muss, und dies könnte zu einem Gefühl historischer Ungerechtigkeit und einer Art „Versailles-Komplex“ in künftigen Generationen sowjetischer Bürger führen.
Unserer Meinung nach muss die „deutsche Frage“ als europäische Frage betrachtet werden, tatsächlich sogar als Blockfrage. Kann dies nicht so gelöst werden, dass die Vereinigung der beiden deutschen Staaten eingebettet in die Überwindung der europäischen Teilung ist ?
Unsere Besorgnis kommt nicht von „antideutschen Gefühlen“. Aber es muss gesagt werden, dass bestimmte regierende Kreise in der BRD heute übertrieben selbstbewusst und wirtschaftlich aggressiv sind. Diese werden mit der NATO-Strategie identifiziert und repräsentieren nicht die besten Kräfte in Deutschland, welche vielmehr mit der Friedensbewegung identifiziert werden.
Wir haben eine Reihe konstruktiver Vorschläge für die deutsche Wiedervereinigung in einem europäischen Rahmen zur Kenntnis genommen. Dazu gehören Vorschläge der tschechoslowakischen Regierung unter Bezugnahme auf den 35-Staaten-KSZE-Prozess; sowjetische Vorschläge für die symbolische Mitgliedschaft Deutschlands im politischen Bündnis sowohl der NATO wie auch des Warschauer Pakts; Vorschläge für gegenseitige Sicherheitsabkommen, die in beiden deutschen Staaten diskutiert werden; Vorschläge für die mögliche Neutralisierung und teilweise Demilitarisierung des vereinigten Deutschland, und anderes.
Wir sind nicht für die einen oder gegen die anderen dieser Vorschläge. Jeder ist es wert, gründlich untersucht zu werden, und wir sollten uns nicht darüber zerstreiten. Aber wir sind überzeugt, dass die Friedensbewegungen in Europa und den USA sich mit ganzer Kraft der Integration des vereinigten Deutschland in die NATO widersetzen müssen.
Es ist noch nicht zu spät, dieses schlechte Ergebnis zu verhindern. Im gegenwärtigen Augenblick gibt es sowohl Chancen als auch Gefahren. Tatsächlich kann die unumgängliche Vereinigung der beiden deutschen Staaten gleichzeitig auch zur Gelegenheit gemacht werden, gegenseitige Vereinbarungen zwischen beiden Blöcken abzuschliessen und einen grossen Schritt zur Auflösung beider Blöcke zu machen. Nur das würde den vielen jetzt allseits geäußerten Hoffnungen auf ein „Ende des Kalten Krieges“ gerecht werden.
Wenn wir zusammen handeln, ist dieses Ergebnis immer noch möglich. Aber wir müssen bald handeln. Die gegenwärtige Umbruchphase, in der Institutionen und Ideologien leicht veränderbar sind, dürfte nicht mehr allzu lange dauern. 1981-1983 haben wir die grossen Friedensbewegungen in Westeuropa in Aktion gesehen; 1989 die grossen Bewegungen für Demokratie in Osteuropa. Können wir 1990/91 vergleichbare Bewegungen sowohl in Ost- als auch Westeuropa sehen für die Forderung „Nein zu Deutschland in der NATO ! Schluss mit dem Blocksystem jetzt !“ ?
Wir warten darauf, dass die deutsche Friedensbewegung und ihre Sprecher sich dazu äussert. Keine andere Nation oder Bewegung kann den Deutschen ihren Willen aufzwingen. Wenn ihr aber diese Umbruchphase nützen könnt, um dafür zu sorgen, dass nicht nur Deutschlands Zukunft, sondern auch Europas Zukunft die eines blockfreien Kontinents ist, habt ihr unseren Dank verdient und habt unsere aktive Unterstützung.
Mit friedlichen Grüssen
Edward Thompson (European Nuclear Disarmament / END)
Bruce Kent (Campaign for Nuclear Disarmament / CND)
Gillian Reeve (Medical Campaign Against Nuclear Weapons / MCANW)
Elnora Ferguson (National Peace Council / NPC)