Atomkrieg geringen Ausmaßes kann globale Umweltkatastrophe bewirken

von Jeanna Bryner

SAN FRANCISCO - Ein regionaler Atomkrieg von kleinem Ausmaß kann das globale Klima für mindestens ein Jahrzehnt durcheinanderbringen, und damit, laut aktuellen Forschungsergeb-nissen, negative und bedrohliche Umweltfolgen für die gesamte Menschheit auslösen.

Die Forscher gaben an, über 40 Staaten der Erde seien im Besitz von Plutonium oder Uran und würden so viel davon produzieren können, dass damit ausreichende Nukleararsenale aufgebaut werden könnten. Nach dieser Annahme kann eine Bombe der Größe der von Hiroshima bei einem Abwurf so viele Menschen töten wie alle Opfer und Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs zusammen.

Dazu meint Richard Turco, einer der Forscher der Universität Kalifornien, L.A.: "Wenn man die relativ kleine Anzahl und Größe der Waffen nimmt, ist es umso erstaunlicher, wie groß deren Wirkung ist. Eine mögliche Zerstörung hätte katastrophale, lang anhaltende Folgen."

Die zerstörerischen Effekte könnten nämlich die Umwelt in nie zuvor vorgestellter Weise verändern. Dies betrifft vor allem das Klima, und da könnte die Explosion einer Atomwaffe die Temperaturen auf großen Teilen des Globus fallen lassen. Laut Alan Robock, einem weiteren Mitglied des Forschungsteams und stellvertretenden Direktor des Zentrums für Umweltveränderungen (Center for Environmental Prediction) am Rutgers` College, wäre dies dann die drastischste Klimaveränderung, die jemals seit den Aufzeichnungen der Menschheitsgeschichte festgestellt wurde. Diese Ergebnisse wurden im Dezember 2006 während der Jahreskonferenz der Geophysikalischen Gesellschaft Amerikas vorgestellt.

Hohe Zahl an Bombenopfern befürchtet
In einer Studie unter der Leitung von Owen "Brian" Toon der Universität Colorado, Boulder, analysierten Wissenschaftler, welche möglichen Schäden und Opfer es unter der Bevölkerung gibt, wenn sie durch den aktuellen Bestand an Atomwaffen, die auf Städte von Staaten mit einer hohen Bevölkerungsdichte abgeworfen werden, getroffen werden. Das Team konzentrierte sich dabei auf den schwarzen Rauch, der entsteht, wenn es zur Explosion einer Atom-bombe und Feuerstürmen - d.h. lang andauernden heftigen Feuerbrünsten mit eigenen starken Winden - kommt.

Im Falle eines regionalen Konflikts könnte die Zahl der Opfer unter der Bevölkerung in den jeweiligen Ländern von über zwei Millionen sogar auf bis zu 16 Millionen steigen. Laut Toon ist es in solch einer Situation dann anzunehmen, dass ein kleines Land seine Waffen gegen dicht besiedelte Bevölkerungszentren richten wird, um so den größten Schaden unter der Bevölkerung anzurichten und dem angegriffenen Land dadurch den größten Vorteil zu erzielen.

Die Folge wären kühlere Erdtemperaturen
Aufgrund der Informationen, die dem Wissenschaftler Robbock und seinem Team vorliegen, führten sie eine Serie vonComputersimulationen übe mögliche Klima-Anomalien ausgelöst durch einen kleinen Atomkrieg durch.

Robock erklärte gegenüber LiveScience, sie hätten ein atomares Bedrohungsszenario zwischen Staaten wie Indien und Pakistan analysiert, welche beide fünfzig atomare Waffen gegen die jeweils gegnerischen Städte ausgelöst hätten, wodurch es zu extremer Rauchentwicklung gekommen wäre. Durch diese Rauchentwicklung würden die Temperaturen auf der Erde selbst über weite Teile von Nordamerika sowie Europa und in Asien, die von dem Konflikt weit entfernt sind, um 1,25 Grad Celsius fallen.

Das erklären sie sich folgendermaßen: Normalerweise werden, wenn das Sonnenlicht durch die Erdatmosphäre dringt, die Sonnenstrahlen von Luftpartikeln aufgenommen, bevor sie dann die Erdoberfläche erreichen. Nach einem atomaren Angriff kommt es jedoch zu einem vermehrten Ausstoß von schwarzem Rauch, der sich in der oberen Atmosphäre absetzt und das Sonnenlicht absorbiert, bevor es die Oberfläche unseres Planeten erreicht. Dann würde sich der Rauch wie ein schwarzer Vorhang über weite Teile der Erdoberfläche ausbreiten und dadurch nicht nur die Temperaturen abkühlen, sondern auch Dunkelheit und weniger Niederschläge bewirken, aber auch einen Abbau der Ozonschicht erzeugen.

Interessant hierbei war, dass sich das simulierte Klima nach den zehn Jahren, die in der Simulation veranschlagt worden waren, noch nicht von diesen äußeren Veränderungen erholt hatte.

Globales Fazit
Die erwähnte Studie zeigt, dass es nicht viel Atomenergie bedarf, um extreme Resultate zu erzielen. Und dazu kommt, dass das beschriebene Szenario nur mit der kleinen Anzahl an Atomwaffen der beiden Beispielländer arbeitet, deren Zahl nur ein dreihundertstel Prozent des weltweit tatsächlich vorhandenen Waffenarsenals ausmacht.

Man kann die berechtigte Frage stellen, ob diese Schlussfolgerungen dann hoffentlich zu einem veränderten politischen Umdenken auf der ganzen Welt führen? Dazu wieder Robock: "Natürlich hoffen wir, dass diese Untersuchungen politische Antworten herbeirufen, denn soviel steht fest: Atomwaffen sind die gefährlichste Bedrohung für die globale Umwelt des gesamten Erdplaneten. Sie sind gefährlicher als die globale Erwärmung."

Übersetzung: Julia Fehl-Jünemann

Zuerst veröffentlicht in LiveScience (Dezember 2006), http://www.livescience.com/environment/061211_nuclear_climate.
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