Atomunfall im Golf durch HERO/Elektrosmog?

von Inge Lindemann

Mit der Aufrüstung am Golf geht die Gefahr einher, da· es schon durch die "Verkettung unglücklicher Umstände" und somit ungewollt, zu einer atoma­ren Ex­plosion oder einem chemischen Unfall größeren Ausmaßes kommen könnte. Da moderne Waffensysteme heute kaum mehr ohne komplexe elektronische Steuerung und Zündung auskommen, diese aber sehr störanfällig sind und eine hohe Fehlerquote aufweisen, stellt sich ein Problem, da· den Militärs weltweit schon seit über dreißig Jah­ren als HERO bekannt ist. Dieses Problem begegnet uns Überall dort, wo die Me­chanik durch die Elektronik in der Technik ersetzt wurde. Die damit ein­hergehende immer weiter zuneh­mende elektromagnetische Strahlen­verseuchung wird im Alltag als "Elektrosmog" bezeichnet.

HERO steht für "hazards of electroma­gnetic radiation to ordnance" und be­schreibt die Aus­wirkungen elektromag­netischer Strahlenfelder. Das HERO Projekt, eine Forschungs­gruppe in Washington DC, hat sich in zahlreichen Veröffentlichungen bereits mit der Ge­fahr eines HERO Unfalls, eines Unfall aus Versehens, beschäftigt. Unter Lei­tung von Patricia Axel­rod untersuchen Wissenschaftler und Techniker des HERO Projektes die Anfälligkeit von Waffensystemen im Hinblick auf elek­tro-magnetische Störungen. Sie werden ständig verursacht durch Radiowellen, Fernseh- und Mi­krowellen, aber auch in Folge elek­tromagnetische Störfelder in der Atmosphäre (z.B. durch Gewitter). Diese sogenannten Sferics und ELFs (extremly low frequency) treten auf als Niedrigfrequenzfelder mit 1 Hz bis 10 KHz, Hochfrequenzfel­der bewegen sich in den Bereichen 10 kHz bis 200 GHz. Zahlreiche HERO Unfälle sind bereits bekannt. (vgl. Axelrod 1988, 1989, 1990)

Wenn man sich vor Augen fährt, da· normale Haushaltsgeräte bei herzna­hem Betrieb den Ausfall eines Herz­schrittmachers auslösen können (RAHN et al., 1990), gewinnen wir einen Ein­druck von dem, was passie­ren könnte, wenn die Steuerungssys­teme eines Tor­nados, einer F-14, F-15, F-16 oder F-111 oder eines Airbusses durch elektro-magnetische Strahlung gestört oder außer Kraft gesetzt werden. Diese elektro-magnetische Beeinträchtigung kann zum Absturz, aber auch zu Feuer an Bord durch elektrische Aufladung und Kurzschluss führen. Unter den MilitÑrhub­schraubern gelten Black­hawk und Apa­chi als besonders HERO gefährdet. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass je mehr Elek­tronik an Bord ist, das HERO Risiko um so größer wird. 

Die Zünder, auch EEDs (electro-ex­plosive devices) genannt, sind stark HERO-anfällig. Das fährt beispiels­weise dazu, da· bei Fehlimpul­sen Ra­keten aus Versehen ihre Silos verlassen, da· Bomben aus Ver­sehen abgeworfen werden, da· es un­vorhergesehen zur Zündung kommt, dass Waffensysteme unkontrolliert feu­ern und Piloten aus Versehen aus ih­rer Kan­zel katapultiert werden. All dies ist nicht science fic­tion, sondern Realität und schon häufig gesche­hen. (Vgl. Axelrod, Taylor and Curtis, 1989)

Die meisten konventionellen und atoma­ren Waffen haben diese mit Sprengstoff umwickelten Drähte (EEDs) als Auslöser. Wird der Draht unter Strom gesetzt wird, entzündet er sich bei einer be­stimmten Frequenz, einer bestimmten elektro-magneti­scher Feldstärke oder Leistungsdichte. Eine Atomwaffe allein kann hunderte dieser EEDs eingebaut haben, die für Niedrig-und Hochfrequenzfelder anfällig sind. (vgl. Taylor 1988 und 1890). Das Militär, die Marine und die Luft­waffe in den USA, sowie die Welt­raumbehörde NASA versuchten ohne Erfolg, HERO in den Griff zu be­kommen. Abschirmungen, Isolie­rungen, Erdungen und Filter, die in­stalliert wur­den, erwiesen sich allesamt als unzurei­chend. Teilweise wurde das Risiko so­gar noch erhöht, wie zum Beispiel durch die Verwendung neuer Isolierungsmate­rialien zur Minimie­rung der Strahlen­belastung. Auch die zahlreichen "zivilen" Projekte zur Erforschung der "elektromagne­tischen Verträglichkeit" in der Elektronik sind nicht erfolgrei­cher. In jüngster Zeit widmet sich MBB in Manching mit ei­ner militärischen Prototypanlage im großangelegten "Freiland­versuch" dem Problem. Wobei zurzeit noch unklar ist, ob die EMV-Anlage in Manching bereits in Betrieb ist und Tornados mit nieder-, hochfre­quenten und elektromagnetischen Fel­dern testet. Fakt ist: In den letzten vier­zig Jahren ist es nicht gelungen, dieses Problem auch nur annähernd zu be­greifen, geschweige denn zu lösen. Trotzdem wurde weiter auf Elektroni­fizierung und Computerisierung ge­setzt.

"Elektro-Smog" macht aber nicht nur elektronischen Systemen, sondern auch und besonders den Menschen und der Umwelt zu schaffen. Die gesetzlichen Grenzwerte wurden aber den Erforder­nissen von Radaranlagen, Satelliten, Rundfunk-und Fernseh­stationen ange­passt, nicht den möglichen Auswirkun­gen auf Menschen. 

Auch die Golfregion zählt derzeit zu den Regionen der Welt, die durch den Ein­satz von zivilmilitärischen Kontroll- und Kommunikationstechniken zu Luft, Land und Wasser, aber auch aus dem Weltraum via Satellit einen ho­hen Grad an "elektromagnetischer Verseuchung" aufweisen. Im Golf la­gern darüber hin­aus mittlerweile Ar­senale von konven­tionellen, chemischen und nuklearen Waffen, die leicht einen nicht auf die Region beschränkten Holocaust auslösen können. Welche Gefahr von Verdich­tung der magnetischen Felder und der elektrischen Energien ausgeht, wurde zu Beginn des Jahres für das Ge­biet der Bundesrepublik anschaulich in einem Fernsehbeitrag von Monitor unter dem Titel: "Atomunfall aus Ver­sehen" geschildert. Die Entsendung der Nato Kriegsmaschine­rie, der Aufmarsch der amerikani­schen, britischen und französischen Streitkräfte in die Golf-Region, die Bereitstellung der militärischer Ein­richtungen in Europa als Stützpunkte für die sich weiter im Aufmarsch befinden­den Truppen und die Beteiligung von immer mehr Ländern an diesem mörderischen Kessel­treiben, hat nicht nur die politische und militärische Lage verschärft, sondern auch die HERO Risiken verstärkt.

Dr. Theodore Taylor, der 40 Jahre lang an der Entwicklung von Atom­waffen in Los Alamos und im Penta­gon gearbeitet hatte, berichtete auf dem öffentlichen Kongress· der Inter­nationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) vom 5.- 7. Oktober 1990 in Bonn, da· mehr als 200 Waffensysteme als HERO-anfällig gelten. Es gäbe eine ganze Liste HERO-Verdächtiger Unfälle, die sich seit 1945 bereits weltweit ereignet hätten. Er selber sei das erste Mal mit elektromagnetischen Strah­lungsfeldern in Form des EMP (des elektromagnetischen Impulses der Ato­mexplosion) bei den frühen Atombom­bentests konfrontiert wor­den. Er könne bestätigen, dass seitdem dieses Problem als solches erkannt worden sei, man ge­nau so leichtgläubig weiter ins Desaster gerannt sei, wie dies sich beim nuklea­ren Dilemma der Lagerung von Atommüll, dem Atom­unfallrisiko und der immer weiter an­steigenden radioaktiven Verseuchung von Mensch und Umwelt durch Atombombentests und Atomanla­gen ergeben hätte. Das HERO Risiko be­deutet eine große Gefahr, die uns ge­rade auch im Hinblick auf die Lage im Golf bedroht. HERO kann die Überall tickenden Zeit­bomben zum Explodieren bringen. Offensichtlich ist dies auch im Pentagon kein Geheimnis mehr. MANN spricht nur nicht laut darüber. Ted Tay­lor, der selber zum Strahlenopfer seines atomphyskalischen Machbarkeits­wahnes wurde, forderte zur Bannung der Atomkriegsgefahr und Minimierung des HERO Risikos den sofortigen Rückzug der Nato aus dem Golf. Er rief auf zum Stopp der Atomtests und der Verschrot­tung von Raketen und Sprengköpfen in der gan­zen Welt. 

 

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Inge Lindemann ist freie Journalistin und arbeitet u.a. für die Redaktion "Explosiv" von RTL-Plus in Köln