Banken

Atomwaffen, ein Bombengeschäft?

von Anne Balzer
Deutsche Bank: Don't Bank on the Bomb
Deutsche Bank: Don't Bank on the Bomb

Vor einem Jahr, am 07. Juli 2017, wurde der Vertrag zum Verbot von Nuklearwaffen bei den Vereinten Nationen in New verabschiedet. Viel wurde darüber diskutiert. Auch wie die Finanzierung und Investitionen in Atomwaffen unterbunden werden könnten. ICAN setzte sich für ein klar ausformuliertes Verbot ein. Doch Verhandlungen sind kein Wunschkonzert. Abschnitt (e) des ersten Artikels des Vertrags zum Verbot von Atomwaffen stellt eine Kompromisslösung dar. Er lautet: „Die Vertragsstaaten verpflichten sich, unter keinen Umständen jemals irgendjemanden in irgendeiner Weise zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Vertrags verboten sind.“

Auch wenn es nicht ausdrücklich ausformuliert wurde, so bedeutet „Unterstützung der durch den Vertrag verbotenen Tätigkeiten“ - u.a. Entwicklung, Herstellung, Modernisierung, Weitergabe etc. auch ein Verbot der Finanzierung sowie der Investitionen in Atomwaffen.
Im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichten ICAN und die niederländische Friedensorganisation PAX ihre jährlich erscheinende Studie zur Finanzierung von Atomwaffen. Untersucht werden Investitionen bei20 Atomwaffenherstellern seit 2014. Dazu wurden öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet, etwa Berichte von Finanzinstituten, Medienmeldungen oder NGO-Informationen. Laut Studie haben zehn deutsche Finanzdienstleister seit Januar 2014 insgesamt rund 10 Milliarden US-Dollar den Atomwaffen-Produzenten zur Verfügung gestellt. Diese Produzenten stellen teilweise Atombomben, Atomsprengköpfe sowie Atomraketen her oder beauftragen die Wartung der Systeme.

Der größte Finanzier in Deutschland ist die Deutsche Bank. Im Vergleich zur vorangegangenen Studie aus dem Herbst 2016 sind die Investitionen der Deutschen Bank von 5,15 auf 6,62 Milliarden US-Dollar gestiegen. An zweiter Stelle der Rangfolge höchster Investitionen steht die Commerzbank mit 1,264 Mrd. Dollar. Ins Auge fällt aber auch die Finanzspritze der DZ Bank, die ihr Investment in Atomwaffenhersteller von 66 Mio. auf 470 Mio. US-Dollar massiv erhöht hat. Die DZ Bank ist das Zentralinstitut von rund 1.000 Genossenschaftsbanken in Deutschland, dazu gehören etwa Volks- und Raiffeisenbanken.

Niederschmetternde Neuigkeiten? Ja, aber es gibt auch Grund für Optimismus. Denn es tut sich etwas in der Bankenwelt. Eine ICAN-Vertreterin hat auf der Jahreshauptversammlung der Commerzbank geredet. Sie appellierte an die AktionärInnen:
„Wir erwarten von der Commerzbank, dass Sie alle Geschäftsbeziehungen mit Atomwaffenherstellern beenden, dass Sie Ihre Ausschlussliste veröffentlichen, und über die Einhaltung Ihrer Richtlinie Rechenschaft erteilen. Sie würden damit dem Beispiel zahlreicher anderer Banken und Investoren folgen, die diesen Schritt bereits gegangen sind.“

Die Deutsche Bank suchte selbst das Gespräch mit ICAN-VertreterInnen. Am 23. Mai 2018 wurde dann eine neue Richtlinie zu den Geschäften mit Atomwaffen veröffentlicht. Mit Unternehmen, die eindeutige und direkte Verbindungen unter anderem zu nuklearen Waffen haben, wird die Deutsche Bank laut Selbstauskunft keine neuen Geschäftsbeziehungen eingehen und keine bestehenden fortsetzen. Damit werden erstmals alle Transaktionen mit diesen Firmen ausgeschlossen und nicht bloß die direkte Finanzierung einzelner Atomwaffenprojekte.

„Die Deutsche Bank hat eine klare und feste Haltung zu umstrittenen Waffen. Wir haben den Anwendungsbereich unserer Richtlinie erweitert und die gute Unternehmensführung in diesem Bereich weiter gestärkt“, sagte Risikovorstand Stuart Lewis. Die aktualisierte Richtlinie beschreibt, welche Arten von Geschäften die Bank nicht eingehen wird und welche Steuerungs- und Eskalationsverfahren sicherstellen, dass die Richtlinie eingehalten wird.

Natürlich bleibt abzuwarten, wie diese Richtlinie in der Praxis umgesetzt wird. Aber es ist ein Anfang. Martin Hinrichs, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland sagt: „Die neue Richtlinie ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung.“ ICAN wird  weiter beobachten, wie die Deutsche Bank mit Atomwaffenherstellern umgeht.

Der Vertrag zum Verbot von Atomwaffen wurde von vielen Seiten kritisiert – zu seicht, begrenzt auf die Nicht-Atomstaaten, ohne den Beitritt der NATO-Mitglieder habe er keinen Sinn. Doch das Beispiel der Deutschen Bank zeigt: Er bleibt nicht ohne Wirkung, er entwickelt Ausstrahlungskraft. Die Deutsche Bank ist das größte Finanzinstitut Deutschlands und die fünfzehntgrößte Bank der Welt. Wenn eine Institution dieser Größenordnung  beginnt, seine Richtlinie zu ändern, ist das ein großer Schritt nach vorn. Und das, obwohl die Klausel im Atomwaffenverbotsvertrag Interpretationsspielraum lässt. Obwohl Deutschland den Verhandlungen ferngeblieben ist. Obwohl sich die Bundesregierung bis jetzt weigert, dem Beispiel der Mehrheit der Staaten zu folgen und Atomwaffen vertraglich zu ächten.

Weitere Informationen zum Thema Investitionen in Atomwaffen gibt es unter: http://atombombengeschaeft.de/. Jede Entscheidung macht einen Unterschied. Daher lohnt es sich, zu prüfen, wie sich die eigene Bank zu Investitionen in Atomwaffen verhält.

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Anne Balzer studiert Politikwissenschaften im Master an der Freien Universität Berlin.