Wo bleibt das Atomwaffenverbot für Deutschland?

Unterschriftenübergabe und Menschenkette für atomare Abrüstung

von Angelika Wilmen
Menschenkette gegen Atomwaffen in Berlin
Menschenkette gegen Atomwaffen in Berlin
( c ) Michael Schulze von Glaßer

FriedensaktivistInnen der Kampagne "Büchel ist überall. atomwaffenfrei.jetzt", der IPPNW und der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten ICAN-Kampagne haben am 13. Oktober 2017 mehr als 43.000 Unterschriften für den Abzug der US-Atomwaffen und einen Beitritt Deutschlands zum Vertrag über ein Verbot von Atomwaffen an Cem Özdemir und Agniezska Brugger übergeben. Damit wollten die AktivistInnen den Grünen in den Jamaika-Sondierungs-Verhandlungen der Rücken stärken.

In dem öffentlich bekannt gewordenen Zwischenergebnis der Sondierungsgespräche fehlte ein eindeutiges Bekenntnis zum UN-Atomwaffenverbot. Offen blieb zudem die Frage einer Aussetzung der sogenannten  "Modernisierung" und des Abzugs der US-Atomwaffen in Büchel. Während sich die Grünen für diese Forderungen eingesetzt hatten, blockierten FDP, CDU und CSU. Enttäuschend war dabei vor allem die Rolle der Liberalen, die sich offensichtlich von ihrer langjährigen abrüstungspolitischen Tradition verabschiedet haben. Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche ist nun noch völlig offen, mit welchen Parteien wir es bei unserer Lobbyarbeit für einen deutschen Beitritt zum UN-Vertrag über ein Verbot von Atomwaffen künftig zu tun haben werden.

Die mehr als 43.000 UnterzeichnerInnen des Aufrufs fordern von der künftigen Bundesregierung jedenfalls - in welcher Zusammensetzung auch immer - eine Unterstützung des Atomwaffenverbots, den Stopp der nuklearen Aufrüstung und den Abzug der Atomwaffen aus Büchel. In dem Appell heißt es: „Auf dem Fliegerhorst Büchel lagern noch immer ca. 20 US-Atomwaffen. In den kommenden Jahren ist geplant, diese durch weiter entwickelte und zielgenauere Typen zu ersetzen, womit die Hemmschwelle für einen Atomwaffeneinsatz sinkt. Dies ist eine klare nukleare Aufrüstung, die von der deutschen Regierung unterstützt wird und an der sich Deutschland finanziell beteiligen soll. International unterstützt die Bundesregierung die ablehnende Haltung der Atomwaffenstaaten gegenüber einem Verbotsvertrag, der von der Mehrheit der UNO-Staaten angestrebt wird.“

Neue Petition
Die Übergabe der Unterschriften war gleichzeitig der Startschuss für eine neue Petition an die zukünftige Bundesregierung unter dem Motto "Unterzeichnen Sie das UN-Atomwaffenverbot!". Bisher haben die Forderung nach einem Beitritt Deutschlands zum UN-Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen schon knapp 7.000 Menschen unterstützt. Agnieszka Brugger von den Grünen, der Regina Hagen die Unterschriftenliste bei der Unterschriftenübergabe in die Hand gedrückt hatte, unterzeichnete die Petition vor laufenden Kameras.

Während die PolitikerInnen in Berlin einige Tage später bei den Sondierungsgesprächen noch um Positionen rangen, verband ein bunter kreativer Zug von Menschen am 18. November 2017 die Botschaften der USA und Nordkoreas und forderte atomare Abrüstung und den Beitritt Deutschland zum Atomwaffenverbotsvertrag. Mit der einen Kilometer langen Menschenkette setzten am bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung rund 700 Menschen ein deutlich sichtbares Zeichen gegen atomare Aufrüstung und die Gefahr eines Atomkrieges, das sogar bis in die USA gehört wurde. Denn neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk berichtete auch die US-amerikanische Nachrichten- und Presseagentur Associated Press, was zu Berichterstattungen in der Washington Post und auf Fox News führte.

Veranstalter der Menschenkette war ein breites Bündnis von Friedens-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, dem neben IPPNW, ICAN, der DFG-VK, IALANA und den NaturFreunden unter anderem auch Greenpeace Deutschland, Oxfam und Brot für die Welt angehörten. Nach der Friedensnobelpreisverleihung an ICAN gelang es mit der Aktion erstmals seit langer Zeit wieder, eine große Zahl von Menschen für das Thema "Atomare Abrüstung" auf die Straße zu mobilisieren. Die Mitwirkung von ICAN-AktivistInnen wirkte sich zudem dahingehend positiv aus, dass unter den TeilnehmerInnen der Menschenkette auffallend viele junge Menschen zu finden waren.

Bei der Aktion, die am Brandenburger Tor startete, führten mehrere FriedensaktivistInnen eine große Weltkugel mit sich, die von Kim Jong-un mit einer nachgebauten Atombombe in Originalgröße „verfolgt“ wurde. Ein weiterer Friedensaktivist stellte Donald Trump dar, der ebenfalls eine Bombenattrappe schob. In der Mitte trafen sich die beiden Regierungschefs und bedrohten die Weltkugel von beiden Seiten, die daraufhin von den DemonstrantInnen beschützt wurde, die sich zwischen Weltkugel und Bombenattrappen stellten.
Die Forderung an die künftige Bundesregierung, dem UN-Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen beizutreten und die US-Atombomben aus Deutschland abzuziehen, ging am Ende zumindest als Theater in Erfüllung: Am Brandenburger Tor zerstörte ein Aktivist mit der Maske von UN-Generalsekretär António Guterres symbolisch eine Atomrakete. Und anschließend unterzeichnete die Darstellerin mit der Maske von Bundeskanzlerin Angela Merkel einen überdimensionierten UN-Vertrag für ein Verbot von Atomwaffen.

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