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Gegen die "7 Reichen"
Aufruf zu einem "Internationalen Kongreß gegen den Weltwirtschaftsgipfel" in München, 3.-5. Juli 1992
Im dritten Anlauf kam's zur Einigung: Nach zwei konfliktreichen Arbeitstreffen vereinbarten verschiedene Gruppen am 22. Februar d.J. in Wuppertal Rahmen und Ziele eines Gegenkongresses zum Weltwirtschaftsgipfel. Neben lokalen Gruppen beteiligen sich u.a. Teile des Bundeskongresses entwicklungspolitischer Aktionsgruppen, die Evangelischen StudentInnengemeinden in der BRD und die JungdemokratInnen NRW.
Im Jahr 1992 liegen mit dem 500. Jahrestag des Beginns der Eroberung und Kolonialisierung von Amerika, der Verwirklichung des EG-Binnenmarktes, der UN-Konferenz über "Umwelt und Entwicklung" in Brasilien, vor allem aber mit dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben reichsten Industrienationen ("Weltwirtschaftsgipfel") in München zentrale Ereignisse vor uns, die Anlaß sind, uns intensiv mit den gegebenen Weltordnungsstrukturen auseinanderzusetzen. Eine Möglichkeit zu dieser Auseinandersetzung soll der internationale Kongreß gegen den Weltwirtschaftsgipfel bieten.
"Weltwirschaftsgipfel" - Bündnis der Reichen gegen die Armen
Vom 6.-8. Juli werden in München die Staats- und Regierungschefs der USA, Deutschlands, Kanadas und Italiens sowie die EG-Kommission zu ihrem alljährlichen "Weltwirtschaftgipfel" (G-7-Treffen) zusammenkommen. Die "Gruppe der 7" (G7) steht für die reichsten und mächtigsten Industrienationen der Welt. Der "Weltwirtschaftsgipfel" verfügt über keine globale demokratische Legitimation, gibt jedoch die Richtung für die bestehende ungerechte Weltwirtschaftsordung vor.
Die sieben Reichen vertreten ein Wirtschaftsmodell, das einer sozialen, ökologischen und damit auch ökonomischen Überlebensfähigkeiten der ganzen Welt entgegensteht. Sie sind verantwortlich für die Weltwirtschaftsordnung, die es den Industrieländern ermöglicht, Menschen und Ressourcen auszubeuten. Wir kennen die Ergebnisse: Hunger, Elend, Naturzerstörung, Ausbeutung, Folter und Krieg. Es sind dies Zustände, die alles Lebenswerte und die Lebensgrundlagen sofort zerstören.
Zu den wesentlichen Unterdrückungsmechanismen, die diese herrschende Weltordnung stützen, gehören patriarchale Strukturen, die die weltweite Unterdrückung von Frauen verursachen.
Globale Herausforderungen
Die globalen Herausforderungen unserer Zeit sind längst bekannt. Das herrschende Industrialisierungsprogramm bedroht die natürlichen Lebensgrundlagen. Die Verschuldung der Länder des Südens, für die vor allem die Banken und Finanzsituation des Nordens verantwortlichen sind, nimmt weiter zu. Weil riesige Geldsummen als Schuldendienstzahlung aus den Ländern des Südens fließen, kommt es dort zu fortschreitender Verelendung, wobei die Frauen die Hauptlasten des täglich härter werdenden Überlebenskampfes tragen. Auch die Länder des ehemaligen Ostblocks geraten immer stärker in die Abhängigkeit von den reichen Industrieländern.
Noch immer halten viele Länder an einer Politik der Hochrüstung fest und sind zu militärischen Konflikten bereit. Noch immer verdienen Unternehmer skrupellos im Rüstungsgeschäft. Immer mehr Menschen werden aus wirtschaftlichen, politischen, ethnischen, religiösen Gründen oder aufgrund ihres Geschlechts zur Flucht gezwungen. Fliehen sie in die hochindustrialisierten Staaten und schaffen sie den Sprung über die Mauern, die gegen sie errichtet werden, dann wendet sich dort der Rassismus gegen sie.
Die Politik der G7 ist nicht dazu geeignet, dieses Probleme auch nur annähernd zu lösen. Ganz im Gegenteil - diese Politik ist verantwortlich für diese Krise.
Wenn wir für soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Frieden und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen eintreten wollen, müssen wir die Ursachen der gegenwärtigen Probleme und ihren inneren Zusammenhang begreifen. Den globalen Herausforderungen kann nicht begegnet werden, ohne die legitimen Forderungen der Menschen in den sogenannten Entwicklungsländern nach einer raschen Verbesserung ihrer Lebensqualität anzuerkennen. Die Tatsache, daß die Ressourcen und Reichtümer der Welt sowohl beschränkt, als auch ungleich verteilt sind, fordert vor allem in den Industrieländern Konsequenzen: das Überleben aller Menschen erfordert den Bruch mit dem vorherrschenden Produktions- und Konsummodell.
Der Gegenkongreß - eine andere Politik
Anknüpfend an Bewegungen wie die Anti-IWF-Kampagne 1988 in Berlin und an die "Alternativen Weltwirtschaftsgipfel" ("The Other Economic Summit" - TOES) wollen wir in München einen "Internationalen Kongreß gegen den Weltwirtschaftsgipfel" durchführen. Dieser Kongreß wird die Unterschiedlichkeit der teilnehmenden Verbände, Initiativen, Organisationen und Gruppen nicht verdecken, sondern sie als wichtiges Teilelement einer anderen Politik begreifen.
Der Gegenkongreß wird, unter breiter internationaler Beteiligung, die Verantwortung der Regierungen der G7 deutlich machen. Vor allem aber soll er Raum bieten zur Vorstellung von Alternativen und Anforderungen an eine andere Politik weltweit, mit dem Ziel einer dauerhaft gerechten Welt(wirtschafts)ordnung. Zusammen mit Basis-, Befreiungs- und Volksbewegungen sollen Lösungsansätze zur Überwindung der herrschenden Weltordnung diskutiert werden. Auf dem Gegenkongreß werden die Beteiligten in vielfältigen Diskussionsforen alternative Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und durch die Wahl der Themen, ihre Arbeitsweise und Standpunkte eine andere Politikpraxis entwickeln.
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