"BattleScape - Ermöglicht die Visualisierung von Schlachtfeldern für Krieger rund um die Welt" (1). Ein Angebot der US-Firma Autometric aus der Produktfamilie EDGEÖ. "Wings Mission Rehearsal - Erleben Sie die Mission, bevor Sie sie ausführen"(2). Ebenfalls Autometric. Ein Beispiel von vielen aus Sicht der Industrie.

"US-amerikanisches Weltraumkommando - Dominiert zum Schutz US-nationaler Interessen und Investitionen bei militärischen Operationen die Weltraumdimension. Integriert die Weltraumstreitkräfte in die Kampffähigkeit über das komplette Konfliktspektrum."(3) Dies ist die offizielle Vision des Space Command (Weltraumkommandos) der US Air Force (US-amerikanische Luftstreitkräfte).

Im "Weißbuch zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" von 1994 findet sich der Satz: "Deutschlands territoriale Integrität und die seiner Verbündeten ist militärisch auf absehbare Zeit nicht existentiell bedroht." (4) (S. 23). Deutschland und seine Verbündeten haben sich im Militärbündnis NATO zusammengeschlossen, zu dem als gewichtigster Partner die Vereinigten Staaten gehören. Unbeeindruckt von den friedlich klingenden Zukunftsaussichten planen die USA weiterhin für den Krieg, auch für den Krieg im und aus dem Weltraum. Für das Finanzjahr 1998 sieht der US-Haushalt speziell für die Ballistic Missile Defense Organisation (BMDO), Nachfolgeorganisation der Strategic Defense Initiative Organisation (SDIO) aus den 80er Jahren, die Summe von $ 3.554 Mrd. (knapp DM 6.5 Mrd.) vor(5). Wohlgemerkt - dieser Betrag ist ausschließlich für die BMDO reserviert. Die Air Force der USA, zu der das Space Command gehört, hat natürlich ihr eigenes Budget. Dies gilt auch für die anderen Teilstreitkräfte, die unter dem Schlagwort "Joint Vision 2010"(6) (Teilstreitkräfte-übergreifende Vision für 2010) in das Gesamtkonzept des Space Command eingebunden sind.

Sind diese Zitate Ausnahmen? Leider nein. Das US-Verteidigungsministerium beschreibt in öffentlich zugänglichen Dokumenten die kurzfristige "Vision für die Weltraumaktivitäten des Verteidigungsministeriums".(7) Etwas dauerhafter angelegt ist der Langzeitplan des US Space Command zur Implementierung der Vision für 2020. Kostprobe gefällig? "Kontrolle des Weltraums bedeutet die Fähigkeit, den Zugang zum Weltraum zu gewährleisten, Operationen im Weltraum ungehindert duchführen zu können und nötigenfalls die Weltraumnutzung durch andere zu unterbinden."(8)

Auch das eingangs erwähnte Zitat aus Industriekreisen war kein Ausrutscher. In einem großformatigen Faltblatt zur Entwicklung eines luftgestützten Lasersystems beschwört die Firma Boeing die Gefahren durch Raketen mit strategischer Reichweite sowie durch Kernwaffen. Die darauf gezeigte Landkarte listet unter der Überschrift "Die Gefahr ist real und wächst weiter" bedrohliche Feinde wie Algerien, Rumänien, Bulgarien und die Slowakei auf(9). Töne des Kalten Krieges? Oh nein, das Druckdatum lautet auf April 1997!

Da ist es nur konsequent, daß es nicht bei einem luftgestützten Lasersystem bleibt (dabei handelt es sich eine laserbasierte Raketenabwehr, die in einem Flugzeug untergebracht ist). Kürzlich teilte die Firma TRW erfreut mit, daß sie gemeinsam mit Boeing von der BMDO einen 6-Monatsvertrag für die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für einen weltraumbasierten Laser (Space-Based Laser) erhalten hat. Der Vertragswert für die Studie lautet auf $ 10 Mio. (DM 18 Mio.). Aufgabe des weltraumgestützten Lasersatelliten soll es sein, feindliche Raketen noch während der Startphase zu vernichten.(10) Daß die Stationierung dieses Lasersatelliten dem gültigen ABM-Vertrag(11) widerspricht, ist nur von untergeordnetem Interesse...

Eigentlich sollte dieser Artikel vom interessanten und informativen Jahrestreffen 1998 des Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space (Globales Netzwerk gegen Waffen und Kernenergie im Weltraum) berichten, an dem ich vom 7. bis 9. April in Colorado Springs, Colorado/USA teilnahm. (Zur Erinnerung: Unter dem Dach des Global Network hatten das Darmstädter Friedensforum und die Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen im vergangenen Jahr die deutschen Protestaktionen gegen die Weltraummission Cassini mit ihren 32 kg Plutonium an Bord koordiniert.) Statt dessen ließ ich mich von meiner Fassungslosigkeit über die Absichten der Weltraumkrieger davontragen, die auf dem parallel in Colorado Springs stattfindenden "National Space Symposium" und der dazugehörigen Industriemesse in Wort und Schrift nur all zu klar geäußert wurden. Daher in Kürze die wichtigsten organisatorischen Ergebnisse der Jahrestagung:

- Das Global Network wächst und gedeiht. Es wurden drei ehrenamtliche KoordinatorInnen gewählt, die
  in den nächsten 12 Monaten die Geschäfte führen werden, bei Bedarf nach Absprache mit einem
  Beratergremium (darin vertreten drei AktivistInnen aus Europa).

- Das Global Network bemüht sich bei den Vereinten Nationen um eine Registrierung als
  Nichtregierungsorganisation (NRO).

- Das Global Network beantragt bei den US-amerikanischen Behörden die Eintragung als
  gemeinnützige Organisation; dann sind Spenden an die Gruppe steuerfrei.

- Das Global Network beantragt bei dem weltweiten Netzwerk zur Abschaffung sämtlicher Atomwaffen,
  Abolition 2000, eine neue Arbeitsgruppe zur Militarisierung und Kernenergienutzung im
  Weltraum und bittet darum, das Global Network insgesamt als diese Arbeitsgruppe zu akzeptieren.

- Das nächste Jahrestreffen findet im Frühjahr 1999 in Darmstadt/Deutschland statt. Dabei soll an das
  internationale Symposium "Ambivalence in Space Technology" (Ambivalenz der Weltraumtechnologie)
  vom März 1997 angeknüpft werden, das ebenfalls in Darmstadt durchgeführt wurde und VertreterInnen
  von Weltraumorganisationen, Wissenschafts- und Friedens-/Umweltgruppen miteinander ins Gespräch
  brachte.

P.S. Zitate aus Unterlagen des deutschen Konzerns Daimler-Benz mit seiner Sparte Aerospace fehlen in diesem Artikel ausschließlich deshalb, weil sich der DASA-Stand auf der oben erwähnten Industriemesse in einem Teil der Ausstellung befand, der der Allgemeinheit (und damit mir) noch nicht einmal in den insgesamt gewährten zwei Stunden Öffnungszeit für das Laienpublikum zugänglich war. Ziehen Sie daraus aber keine voreiligen Schlüsse: Die DASA präsentierte sich auf dem National Space Symposium 1998 mit dem deutlich größten Stand. Grund genug, sich auch in Deutschland in das Thema "Krieg im Weltraum" einzumischen!

P.P.S. Glücklicherweise kümmerten sich die ausstellenden Firmen auch um unseren Spieltrieb: Außer zahl- und aufschlußreichen Prospekten sowie einigen Büchern, CDs, Mouse Pads und Aufklebern konnte ich noch zwei besonders vergnügliche Mitbringsel ergattern: einen orangeroten, raketenförmigen Radiergummi sowie ein (hoffentlich maßstabgerechtes) Ausschneidebogenheftchen, das es mir erlaubt, den kriegswichtigen Militärsatelliten MILSTAR zusammenzubauen. Mit freundlicher Unterstützung der Firmen Aerospace und Lockheed Martin.

Kontaktmöglichkeit und weitere Informationen: Tel. 06151/47114, Fax 06151/47105 Am 30. April gestaltet das Friedensforum Darmstadt eine Sendung in Radio Darmstadt mit Eindrücken von der "Weltraumreise". Eine Kassette mit dem Sendungsmitschnitt ist erhältlich gegen DM 10,- in bar bei: Regina Hagen, Teichhausstraße 46, 64287 Darmstadt.

Anmerkungen:

1. Produktprospekt der Autometric, Incorporated Group; "BattleScape" läßt sich etwa mit
   "Schlacht-Landschaften" übersetzen

2. Produktprospekt der Autometric, Incorporated Group

3. "Vision for 2020", US Space Command, Peterson Air Force Base, 2. Auflage August 1997

4. "Weißbuch 1994", Bundesministerium der Verteidigung

5. "National Defense Authorization Act for Fiscal Year 1998", Report 105-29, US-Kongreß und Senat,
   Juni 1997

6. "Joint Vision 2010", Pentagon, o.J.; http://www.nsa.gov:8080/

7. "Department of Defense Space Program", deckt die
   Jahre1998-2003 ab; http://www.fas.org/spp/military/program/sp97

8. "Long Range Plan. Implementing USSPACECOM Vision
   for 2020", US Space Command, März 1998

9. Produktprospekt zum "Airborne Laser", Boeing, April 1997

10. "TRW-led Team SBL Awarded $10 Million Space Laser Contract"; Pressemitteilung von TRW vom März
    1998; http://www.businesswire.com/trw

11. Anti-Ballistic Missile-Vertrag zwischen den USA und der damaligen UdSSR; steht 1999 zur
    Überprüfung anBattleScape - die Lösung für den Weltraumkrieger