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Bericht von der Hauptversammlung der Daimler-Benz AG 1997
vonAm 28. Mai fand die 101. Hauptversammlung der Daimler-Benz AG in Stuttgart statt. Bereits zum siebten Mal trat dabei wieder der "Dachverband Kritischer AktionärInnen" auf.
Im Vorfeld hatten die kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in 15 Gegenanträgen u.a. die Rüstungsproduktion und hierbei vor allem die Produktion der Panzerabwehrrichtminen (PARM 1) und den Bau des Eurofighter 2000 scharf kritisiert und gefordert, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten.
Am Tag vor der Hauptversammlung lud der Dachverband zu einer Pressekonferenz nach Stuttgart ein. In dieser wurden nochmals die Standpunkte deutlich gemacht und an der Rüstungsproduktion sowie an der Ökologisch verfehlten Produktpolitik von Mercedes-Benz Kritik geübt. Erstmals wurde eine Studie der "Kritischen AktionärInnen Daimler-Benz" in Zusammenarbeit mit dem "Dachverband der kritischen Aktionäre" Köln vorgestellt, in welcher der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von Mercedes, Audi und BMW analysiert und den Klimaschutzzielen gegenübergestellt werden. Der Erfolg der Pressekonferenz war durchschlagend: In allen drei Sendungen der Landesschau sowie bundesweit im ARD-Morgenmagazin wurde in Filmbeiträgen ausführlich über die Studie, die Minen- und sonstige Rüstungsproduktion und die Forderungen nach Einhaltung sozialer Standards berichtet.
Bereits vor Beginn der Hauptversammlung wurden die knapp 8000 Aktionärinnen und Aktionäre mit Trommeln und Auto-Warndreiecken vor Panzerabwehrrichtminen "gewarnt" und von einem Modell der PARM 1 buchstäblich "ins Visier genommen". Gleichzeitig verteilten zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten den alternativen Geschäftsbericht ("Andere bauen Autos. Daimler baut Minen und Autos...") des Dachverbands Kritischer AktionärInnen Daimler-Benz. Hierin wurde sowohl die Rüstungsproduktion als auch die viel zu hohen Kraftstoffverbräuche der Mercedes-Pkw kritisiert und die Einhaltung von sozialen Standards gefordert.
Frisch geleugnet ist halb gewonnen
In der Hauptversammlung hat der Vorstandsvorsitzende Jürgen Schrempp den "Kritischen" bereits in seiner Rede zum Geschäftsjahr 1996 einen Teil der Arbeit abgenommen. Er selbst thematisierte die Rüstungsproduktion. Schrempp wörtlich: "In unseren Partnerländern Großbritannien und Spanien ist der Eurofighter längst eine beschlossene Sache. Mir ist unverständlich, wie man eine solche Entscheidung solange hinausschieben und derzeit sogar wieder in Frage stellen kann". Diese Äußerung hatte zur Folge, daß neben den kritischen Aktionären auch zahlreiche andere Redner/innen den Eurofighter in der Aussprache thematisierten und zum Teil ebenso ablehnten. Schrempp blieb im übrigen bei seiner Aussage, daß Daimler-Benz keine Landminen herstelle. In der Aussprache hatte der Konzernchef dringend darum gebeten, die Minenkampagne (Daimler-Minen stoppen!) "endlich zu beenden. Sie können meinetwegen gerne weiter gegen den Eurofighter protestieren", so Schrempp.
Der Konzernchef bekannte sich erneut nachdrücklich zur "Wehrtechnik". Mit dem Hinweis, ein demokratischer Staat müsse in der Lage sein, sich zu verteidigen, sagte er: "wenn die jungen Männer bei der Bundeswehr ihren Dienst tun, dann ist es unsere Pflicht, sie auch ordentlich auszurüsten". In zahlreichen Redebeiträgen hatten die "Kritischen Aktionäre" immer wieder den Ausstieg des Konzerns aus der Minenproduktion und die Konversion der Rüstungssparte verlangt.
Dies jedoch beeindruckte den Konzern sichtlich wenig: Vielmehr bestätigte Schrempp im Vorfeld veröffentlichte Presseberichte, in denen gemeldet wurde, Daimler-Benz suche die Zusammenarbeit mit der französischen Lagarre-Gruppe und Thomson-CSF. Außerdem plant der Konzern, die Wehrtechnik von Siemens aufzukaufen. "Langfristig könne Daimler-Benz nur im europäischen Maßstab auf die europäische Herausforderung antworten", so Schrempp. Sollten sich die Vermutungen der Rüstungsgegner bewahrheiten und die DASA eine führende Rolle innerhalb der europäischen Rüstungsindustrie suchen, so würde Deutschlands größter Rüstungskonzern mit einem Schlag vom 11. auf den 6. Platz der weltweit größten Rüstungskonzerne aufsteigen.
Während der Hauptversammlung wurde Jürgen Schrempp dann auch "für seine Verdienste um den Ausbau der Rüstungsproduktion bei Daimler-Benz" mit dem "schwarzen Schaf" ausgezeichnet. Es ist ein jährlich an Politiker und Unternehmer vergebener Preis der im Dachverband Kritischer AktionärInnen zusammengeschlossenen Friedensgruppen. Schrempp nahm den Preis dankend an. "Obwohl ich weiß, daß Herr Bischoff jetzt sehr neidisch auf das Schaf ist, werde ich es nicht hergeben", so Schrempp bei der Preisverleihung. Die "Kritischen Aktionäre" vertraten auf der diesjährigen HV ein Aktienpaket von ca. 12.500 Aktien im Kurswert von über 1,6 Millionen Mark - erneut gleichzeitig bisheriger Rekord. Freilich wurden alle ihre Gegenanträge trotzdem mit einer Stimmenmehrheit von über 99,9% abgeschmettert. Doch auch einen Erfolg konnten die Daimler-Kritiker für sich verbuchen: Erstmals nach jahrelanger Kritik wurden im Jahr 1996 die Zuwendungen an das Studienzentrum Weikersheim, in dem sich regelmäßig die rechte politische Szene trifft, von 50.000 DM auf 30.000 DM reduziert. Im Moment wird geprüft, ob das Studienzentrum im Jahr 1997 überhaupt noch einmal Zahlungen vom Daimler-Konzern erhält. Schrempp wörtlich: "Herr Grässlin, Sie können sich sicher sein: Ich war noch nie im Studienzentrum Weikersheim und ich werde da auch nicht hingehen".
Der alternative Geschäftsbericht
("Andere bauen Autos. Daimler baut Minen und Autos...") sowie die Studie "Ökologische Bewertung der Pkw-Programme von Audi, BMW und Mercedes-Benz anhand des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen" sind beim Dachverband Kritischer AktionärInnen Daimler-Benz, c/o ORL, Sophienstr. 19, 70178 Stuttgart, Tel.: 0711/608396, Fax: 0711/608357 zu beziehen. Ansprechpartner ist auch Landessprecher Alexander Dauensteiner, Gmünder Straße 40, 73614 Schorndorf, Tel.: 07181/66209.
Kritische AktionärInnen gibt es auch bei vielen anderen Unternehmen (Bayer, RWE, Schering, Deutsche Bank u.a. Infos: Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V., Schlackstr. 16, 50737 Köln, Tel.: 0221/5995647, Fax: 0221/5991024, e-Mail: 100451 [dot] 1401 [at] compuserve [dot] com; http://ourworld.compuserve.com/homepages/critical_shareholders/